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Jortagen
für die
Stadtverordnetenversammlung zu Berlin.
III. Vorlage (J.-Nr. 203 Markth. 10) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die Schließung der Markthalle
XIII — Wörther Straße 43 und Tresckowstraße II.
In unserer Borlage vom 10. September 1300 — J.-Nr. 1385
Markth. 09 - haben wir um die Zustimmung der Stadtverordneten
versammlung zur Schließung der Markthalle III — Mauerstraße 82
ersucht und gleichzeitig dabei erwähnt, daß auch die Schließung der
Markthallen IV Dorotheenstraße 20 und am Reichstagsufer
und XIII — Wörther Straße 45 und Tresckowstraße 11 in Aus
sicht genommen sei, daß aber über den Zeitpunkt der Schließung
unsere Markthallendeputation noch Borschläge machen werde. Mil
der Schließung der Markthalle III hat die Stadtverordnetenversamm
lung sich durch Beschluß vom 14. Oktober 1000 - Protokoll 21
einverstanden erklärt.
Betreffs der Markthalle IV hat unsere Markthallendeputation
die Entscheidung noch ausgesetzt, weil die Möglichkeit vorhanden ist,
daß die zur Zeit in der Markthalle III untergebrachten Teltower und
Caputhcr Obstzüchtervereine hier Stände mieten und vielleicht auch
noch andere Standinhaber aus dieser Halle ihnen folgen werden, so
daß dadurch der Berkehr in dieser Halle sich heben wird. Die Wcrder-
schcn Obstzüchtervereine, welche die freien Plätze neben der Ausfahrt
am Reichstagsufer gemietet haben, wollen diese Plätze zwar auch nach
Schließung der Halle behalten. Das wird indes nicht angängig sein,
da eine gute anderweite Verwertung dieser Markthalle nur unter Mit-
verwenduna der der Werderschcn Obstzüchtergesellschast zur Zeit über
wiesenen Plätze am Reichslagsufer möglich ist. Es wird daher auf
eine anderweitige -Unterbringung der Wcrderschen Obstzüchter zu
nächst Bedacht genommen werden müssen. Diese Umstände lassen cs
angebracht erscheinen, den Zeitpunkt für die Schließung der Halle
noch hinauszuschieben.
Anders verhält es sich mit der Markthalle XIII. Diese war, wie
wir in der oben gedachten Vorlage erwähnt haben, bereits bei der
Eröffnung zu nur 22 v. H. besetzt und ihre Besetzung ist im Jahre
1007 bis auf II v. h. zurückgegangen. Zur Zeit befinden sich nur
noch 18 Händler in der Halle und von 393 Ständen sind nur noch
28 vergeben.
Der Zuschuß für das Jahr 1900 beträgt bei der Verwendung
als Markthalle rund 53 000 M. Nach Schließung der Halle berechnen
sich die Einnahmen auf 17 617 M, die Ausgaben auf 63 413 ,M,
so daß nur noch ein Zuschuß von 45 706 M zu leisten sein wird.
Allein durch die Schließung der Halle wird sich der Zuschuß also
schon um rund 7 500 M verringern. Durch die anderweitige Ver
wendung der Markthalle wird dieser Zuschuß voraussichtlich ganz
in Fortfall kommen.
Unsere Markthallenoerwaltung hat im vergangenen Sommer
noch einen letzten Versuch gemacht, den Verkehr in jener Halle zu
heben, indem sie im Einverständnis mit dem Verbände der Gemüse
züchter Berlins hier einen Großmarkt für Gemüse und Obst er
richten wollte. Um das Unternehmen in jeder Weise zu fördern,
wurden den Gemüsezüchtern für die Zeit vom 15. Mai bis zum
30. Juni die Stände sogar unentgeltlich zur Verfügung gestellt; diese
Vergünstigung sollte auch jedem Obstgroßhändler eingeräumt werden.
Durch Anschlag an den öffentlichen Säulen und in den übrigen Markt
hallen sowie durch Zeitungsartikel und Verteilung von Bekannt
machungen in den einschlägigen Geschäften wurde für das Bekannt
werden^ des Unternehmens in weitestgehender Weise gesorgt.
Von etwa 60 Gärtnern, die sich bereit erklärt hatten, ihre
Produkte in der Markthalle XIII abzusetzen, hielt leider nur eine kleine
Anzahl Wort: von den Obstgroßhändlern aber hat keiner von dem
Entgegenkommen Gebrauch gemacht. Bei Erössnung dieses Marktes
in, Mai 1900 wurde die Halle von nur 12 Gärtnern, im folgenden
Monat nur noch von 5 bis 6 Gärtnern besucht, und als am
1. Juli v. Js. Standgeld erhoben wurde, nahmen nur noch 5 Gärtner
Abonnementsstände. Am 1. August 1000 schieden weitere 2 Gärtner
aus und zur Zeit befindet sich kein Gärtner mehr im Besitz eines
Abonnementsstandes.
Auch dieser letzte Versuch ist hiernach als gescheitert zu be
trachten und es ist erwiesen, daß für das Bestehen dieser Halle,
trotzdeni sie in einem dicht bevölkerten Stadtteil liegt, kein Be
dürfnis vorhanden ist. Unsere Markthallendeputation hat daher vor
geschlagen, diese Markthalle zum 1. Juli 1010 für den Verkehr I
dauernd zu schließen. Ueber ihre Verwendung zu anderen Zwecken soll
später Entscheidung getroffen werden.
Der mit dem Pächter der Markthallenrestauration abgeschlossene
Vertrag läuft noch bis zum 31. März 1912. Der Pächter hat nun
beantragt, ihn bei etivaiger Schließung der Halle aus dem Vertrage zu
entlassen, da er auf den Verkehr aus der Markthalle angewiesen sei,
von der Straße her aber fast gar keine Kundschaft habe, weil die
Restaurationsräume zu ungünstig lägen und die Konkurrenz in der
Umgebung zu groß sei. Außerdem beansprucht er die Zahlung einer
Entschädigung, die er auf die Zeit vom 1. April 1010 bis zum
31. März 1012 auf 2 500 JK> und vom 1. Juli 1010 — dem Tage
der Schließung der Halle - bis zum 31. März 1012 auf 2 187,so ’.M
berechnet. Seinem Entschädigungsanspruch legt er zu Grunde, daß
er zur Zeit aus dem Absatz ,von Speisen und Getränken in der
Markthalle einen reinen Verdienst von durchschnittlich 4 M täglich
beziehe.
Die Forderungen des Pächters entbehren nicht der rechtlichen
Grundlage und ihre Begründung entspricht den Tatsachen. Der
Verkehr in der Restauration, der nie von einiger Bedeutung ge
wesen ist, hat entsprechend dem immer schwächer werdenden Besuch
der Markthalle noch mehr nachgelassen. Die Pächter haben öfter
gewechselt und die Pacht hat wiederholt herabgesetzt werden müssen.
Der jetzige Pächter zahlt nur noch 800 M Pacht jährlich; nach
Schließung der Halle ist ihm in der Tat die Möglichkeit zu seiner
Existenz genommen.
Aus diesen Erivägungen hat unsere Markthallendeputation vor
geschlagen, den Anträgen des Restaurateurs stattzugeben. Die Ent
schädigung soll aus dem Titel XVII des Etats für das Rechnungsjahr
1910 ungeachtet der etwa hierdurch entstehenden Etatsüberschreitung
gezahlt werden.
Wir sind den Beschlüssen unserer Markthallendeputation in allen
Teilen beigetreten und ersuchen die Stadtverordnetenversammlung
daher uni folgende Beschlußfassung:
Die Versammlung erklärt sich mit der Schließung der Markt-
.halle XIII zum 1. Juli 1010 einverstanden. Sie genehmigt, daß
der Pächter der Markthallenrestauration daselbst zum 1. Juli 1010
von seinem Vertrage entbunden wird und er eine Entschädigung
von 21 87,5<i M aus dem Titel XVII des Etats für das Rech
nungsjahr 1010 ungeachtet der hierdurch entstehenden Etats
überschreitung ausgezahlt erhält.
Berlin, den 10. Februar 1010.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt.
K i r s ch n e r.
IIS. Vorlage (J.-Skr. 1304 Krk. V/09) — zur Beschluß-
fassung —, betreffend die Annahme eines BermächtniffeS
von 500 Jt für das Kaiser und Kaiserin Friedrich-
Kinderkrankenhaus.
Aus dem Nachlasse von Frau Fanny Leipziger, geborenen
Auerbach — Testamentsvollstrecker Kommerzienrat Heymann Auer
bach hier, Mittelstraße 64 — ist dem Kaiser und Kaiserin Friedrich-
Kinderkrankenhause ein Vermächtnis von 500 M laut testamentarischer
Anordnung zugefallen. Da an das Vermächtnis keinerlei Be
schränkungen oder Verpflichtungen geknüpft find, haben wir im Ein-
Verständnisse mit der Deputation für die städtischen Krankenanstalten
und die öffentliche Gesundheitspflege beschlossen, die Zuwendung an
zunehmen und als Freibettenstiftung für das Kinderkrankenhaus zu
verwenden.
Wir ersuchen um folgende Beschlußfassung:
Die Versammlung erklärt sich mit der Annahme eines Ver-
mächtniffes von 500 Ji aus dem Nachlasse von Frau Fanny
Leipziger, geborenen Auerbach, und seiner Verwendung als Frei-
bettenstiftung für das Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhaus
einverstanden.
Berlin, den 12. Februar 1010.
Magistrat hiesiger .üöuigl. Haupt- und Residenzstadt.
K i r s ch n e r.
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