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Es empfiehlt sich, die Grenzen des neuen Gebäudes als Bauflucht
linien förmlich zur Feststellung zu bringen. Behufs Herstellung einer
fortlaufenden Fluchtlinie für die Stralauer Straße genügt cs jedoch
nicht, die Fluchtlinie auf die beiden städtischen Grundstücke zu be
schränken: sie ist vielmehr zweckmäßiger Weise auf das Nachbargrund
stück Stralauer Straße 56 in der Weise, wie der anliegende Plan
zeigt, erstreckt worden, so daß sie erst an der Grenze des Grundstücks
Stralauer Straße 55 die bestehende Fluchtlinie wieder erreicht.
Die Stadtverordnetenversammlung ersuchen wir um folgenden
Beschluß:
Die Versammlung erklärt sich mit der Festsetzung einer neuen
Fluchtlinie auf der Südseite der Stralauer Straße für die Grund
stücke 56 bis 58, sowie auf der Westseite der Neuen Friedrichstraße
zwischen Stralauer Straße und einer neu anzulegenden Uferstraße
nach Maßgabe des Entwurfs der städtischen Tiefbaudcputalion vom
Januar 1907 einverstanden.
144 Planabzeichnungen liegen bei.
Berlin, den 8. Februar 1907.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.
»2. Vorlage (J.-Nr. 1 066 V. 07) - zur Beschlutzfaffung —,
betreffend den Bau der beiden nördlichen städtischen
Straßenbahnlinien sowie die nachträgliche Bewilligung
eines vorschußweise zur Verfügung gestellten Betrages
von 10 000 M für die Kosten weiterer Vorarbeiten.
Durch Beschluß vom 12. Januar 1905 — Protokoll 11 — hat
die Stadtverordnetenversammlung die Herstellung der in der Vorlage
vom 26. Mai 1904 (Drucksache 470) bezeichneten fünf Straßenbahn
linien sowie die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Mittel aus
dem Vorschußkonto der Haupikasse der städtischen Werke genehmigt.
Wir haben demgemäß das Projekt mit Antrag vom 9. Januar 1905
dem Herrn Polizeipräsidenten zur Erteilung der kleinbahngesetzlichen
Genehmigung überreicht unter Hinweis darauf, daß das vorliegende
Projekt den im Jahre 1902 seitens der Gcnehmigungsbchörde de»!
damals eingereichten Projekt gegenüber geäußerten Wünschen entspräche,
und daß gegen der Mitbenutzung der Gleisanlagen in der Petersburger
Straße mit der Großen Berliner Straßenbahn verhandelt werden würde.
Verschiedene bei Prüfung unseres Entwurfs hervorgeiretene Be
denken und Beanstandungen gelangten in einer im März desselben
Jahres stattfindenden kommissarischen Beratung zwischen Vertretern
des Herrn Polizeipräsidenten und des Magistrats zur Besprechung.
Zur Behebung der Bedenken, welche bezüglich der nach der Groß-
görschenstraße projektierten Linie bestanden, erfolgte eine Abänderung
des Entwurfs hinsichtlich der Führung über die Augustabrücke durch
Ausarbeitung einer Variante, welche eine Abänderung der Vorgarten-
fluchtlinien vor den Häusern Königin Augustastraße 3 und 4 und
r eine Straßenverbrciterung in Aussicht nahm und hierdurch eine
günstigere Führung der Gleise ermöglichte. Dieses Projekt wurde der
Geiiehmigungsbehörde am 5. April 1905 übersandt.
Durch das in der Anlage I beigefügte Schreiben vom 25. Mai
1905 wurden uns seitens des Herrn Polizeipräsidenten gegen ver-
schiedene Einzelheiten unseres Projekts weitere Bedenken mitgeteilt
und wir um Abänderung ersucht. Es wurde ferner an Stelle der
Kreuzung der Augustabrücke der Neubau einer Brücke im Zuge der
Köthener Straße und die Benutzung dieser Brücke für die Groß-
görschenstraßenlinie angeregt und die Genehnügung von eigenen Gleis-
anlagen in der Petersburger Straße abgelehnt, dagegen anheimgestellt,
eventuell unter Vermittelung des Herrn Polizeipräsidenten i'vegeu
Mitbenutzung der Gleise der Großen Berliner Straßenbahn in der
Petersburger Straße mit dieser zu verhandeln.
Unter Rücksendung der Projektzeichnuugen nach erfolgter Ab-
änderung gemäß den Wünschen der Genehmigungsbehörden baten
wir im Schreiben vom 28. Juli desselben Jahres in bezug auf die
beiden angeführten Punkte unseren Anträgen stattzugeben, indem wir
folgendes ausführten:
„Der Neubau einer Brücke im Zuge der Köthener Straße biete
der dort obwaltenden Höhenverhältnisse wegen ungewöhnliche
Schwierigkeiten, so daß wir zur Zeit nicht in der Lage seien, der
Angelegenheit näher zu treten. Da wir indessen die bei den
darüber geführten Verhandlungen für die Ueberführung der Gleise
über die Augustabrücke gestellten Bedingungen in dem als Variante
bezeichneten Entwurftsplane erfüllt hätten, bäten wir, mit dieser
Lösung sich einverstanden zu erklären Ferner hätten die mit der
Direktion der Großen Berliner Straßenbahn über die Mit
benutzung der Gleise in der Petersburger Straße stattgehabten Ver
handlungen zu einen, Ergebnisse nicht geführt. Da, wie wir an
nehmen, die Verhandlungen eine wesentliche Erleichterung erfahren
würden, sobald der Stadtgemeinde der Einbau der Gleise auf der
westlichen Siraßenseile genehmigt sei, so bäten wir auch in bezug
auf diesen Punkt um Zustimmung."
Aber auch der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten, dem unser
Projekt seitens des Herrn Polizeipräsidenten zur Herbeiführung der
Allerhöchsten Genehmigung unterbreitet war, wünschte zunächst noch
Aufklärung über die vorerwähnten vom Polizeipräsidium bereits be
anstandeten beiden Punkte — Ueberführung der Straßenbahn über
den Landwehrkanal und Milbenutzung der Gleise in der Petcrburger
Straße —. Diesem Wunsche, welcher uns vom Herr» Polizei-
Präsidenten durch Schreiben vom 6. November 1905 übermittelt
worden, sind wir nachgekommen und haben in dem in der Anlage mit
geteilten Schreiben vom 7. Dezember desselben Jahres (Anläge II)
die Gründe, die unsere ablehnende Haltung gegen die angeregten
Aenderungen unseres Projekts veranlaßlcn, inner ausführlicher Dar
stellung der Schwierigkeiten, die sich den gewünschten Abänderungen
entgegenstellten, angegeben.
Hierauf teilte uns der Herr Polizeipräsident mit (Schreiben vom
13. März 1906, Anlage III). daß der Herr Minister die Einholung
der Allerhöchsten Genehmigung bezüglich der Großgörschenstraßelinie
in der beabsichtigten Führung über die Augustabrücke - ablehne,
auch wegen der Mitbenutzung der Gleise in der Petersburger Straße
erneute Verhandlung mit der Straßenbahn empfehle.
Im Jntereffe einer rascheren Förderung des größten Teils
unseres Projektes hielten wir es für zweckmäßig, unsern Antrag auf
Genehmigung dahin abzuändern, daß wir auf die Genehmigung der
Großgörschenstraßelinie vorläufig verzichteten und für die Nord-
linien unter vorläufigem Fortfall der zwischen der Landsberger Allee
und dem Baltenplatz liegenden Strecke als Endhaltepunkt die Lands-'
berger Allee wählten.
Dies teilten wir der Gcnehmigungsbehörde durch Schreiben vom
11. April 1906 mit. Ende August 1906 erhielten wir aus dem
Polizeipräsidium die Nachricht, daß auch die letzte früher niemals
beanstandete Endhaltestelle in der Krauscnstraße im Ministerium der
öffcnilichen Arbeiten deshalb Bedenken errege, weil sie der Einrichtung
eines Schleifenbetriebes für die Große Berliner Straßenbahn hinder-
lich werden könnte. Der Anregung, auch diese Endhaltestelle noch
aufzugeben, gaben wir in dem in Abschrift beigesüglen Schreiben
vom 29. August 1906 keine Folge.
Im November 1906 ging uns endlich, wie wir verausgreifend
schon hier erwähnen wollen, die Mitteilung zu, daß die 4 städtischen
Linien die Allerhöchste Genehmigung gesunden hätten.
In der Zwischenzeit halten wir unsere Bemühungen, die bezüg-
lich der Petersburger Straße und bezüglich der Augustabrücke ent
standenen Schwierigkeiten zu beheben fortgesetzt.
Es wurden mit der Großen Berliner Straßenbahn neue Verhand
lungen auf der Grundlage, die das mitgeteilte Schreiben des Herrn
Polizeipräsidenten vom 13. März 1906 (Anlage III) bol, angeknüpft
und ein Abkommen auf der Grundlage anzubahnen versucht, daß die
Straßenbahn gegen Erteilung unserer Zustimmung zu den von ihr
gewünschten neuen Verbindungen und Ergänzungsstücken und Ein-
räumung eines dem verlangten Mitbenutzungsrecht entsprechenden
Rechts auf Mitbenutzung der städtischen Südlinieu in der Wilhelm-
bezw. Markgrafenstraße uns das Mtbenutzungsrecht für alle von den
projektierten städtischen Nord- bezw. Südlinien in Anspruch genommeiicii
Gleissirecken der Großen Berliner und der Berlin-Charlottenburger
Straßenbahn einräumen solle. Auch das lehnten die Vertreter der
Straßenbahn ab, indem sic eine vertragliche Verpflichtung zur Ein
räumung eines Mitbenutzungsrechts aus Strecken auch van weniger
als 400 m bezüglich der Südlinien überhaupt bestritten. Sie erklärten
sich aber bereit, die Mitbenutzung in der Petersburger Straße gegen
Erteilung der Zustimmung zu den oben erwähnten neuen Verbindungs
strecken ,'c. und Zahlung einer Vergütung des ihr angeblich durch die
Mitbenutzung entstehenden Schadens, den sie auf eine jährliche Summe
von etwa 12 000 M beziffert, einzuräumen. Für die Mitbenntzung
sämtlicher durch unsere jetzt vorliegenden Linien in Aussicht ge
nommenen Strecken ihres Bahnnetzes aber beanspruchten sic eine
Entschädigung wegen des ihr dadurch angeblich verursachten Einnahme-
ausfalls in Höhe von jährlich 50 OM M.
Da diese Forderungen der Straßenbahn eine weitere Verhandlung
als aussichtslos erscheinen ließen, haben wir die Frage der Mit
benutzung durch die Südlinien in Gemäßheit des § 39 des Vertrages
zur Entscheidung einem Schiedsgericht unterbreitet, welches bereits
zusammengetreten ist, eine Entscheidung voraussichtlich aber erst nach
einem inzwischen eingeleiteten Schriftwechsel fällen wird.
Den Streit um die Mitbenutzung in der Petersburger Straße
aber wollen wir endgültig dadurch erledigen, daß wir die beiden
nördlichen Linien, wie der beigefügte Plan zeigt, durch die Lands
berger Allee unter Mitbenutzung der Linie der Kontinentalen Gesellschaft
und durch die Ebertystraße nach dem Viehhof und damit zum An
schluß an die Flachbahntinie der Hochbahngesellschaft führen. Der
Nachteil, der dadurch entsteht, daß die verkehrsreichere und den kürzeren
Weg zum Baltenplatz führende Petersburger Straße ausgeschaltet
wird, kann zum größten Teil dadurch als ausgeglichen gelten, daß
wir mir den beiden Linien den städtischen Viehhof direkt berühren.
Auch die andere die Durchführung des städtischen Projekts bisher
hindernde Schwierigkeit, die zur vorläufigen Zurückziehung der Groß,
görschenstraßenlinie uns veranlaßte, dürste beseitigt werden können.
Bei der Beratung des Projekts eines über kurz oder lang notwendigen
Umbaues der Augustabrücke würde wiederum, wie schon vor Jahren