die jetzt zu einem Säuglingskrankenhause mit 24 Betten ausgebildet
worden ist. Da die Berliner Krankenhäuser nur unbedeutende
Säuglingsabteilungen besitzen, so ist der Verein mit der Eröffnung
seiner Anstalt einem lebhaft empfundenen Bedürfnisse nachgekommen,
ohne es allerdings bei dem jetzigen Umfange des Hauses schon
befriedigen zu können. Der tägliche Verpflegungssatz in dem
Krankenhause beträgt 2,bo Jt, die wahren Kosten des Vereins sind
aber 3,so Jt. Die Differenz hat der Verein mit den ihm zu
fließenden Beiträgen nicht ganz zu decken vermocht, so daß er schon
jetzt einem, wenn auch noch kleinen Fehlbeträge gegenübersteht, der
aber zu steigen droht. Um die segensreiche Mitarbeit des Vereins
im Kampfe gegen die Säuglingssterblichkeit, die auch die Armen
direktion durch Zuweisung kleiner Patienten würdigt, zu erhalten
und zu fördern, erscheint eine Unterstützung von 1 000 Jt aus
städtischen Mitteln erwünscht.
Seitens eines Mitgliedes des Ausschusses wurde es bedauert,
daß sich überhaupt ein solcher Verein gebildet hätte, da man in den
Krankenhäusern leicht eine derartige Einrichtung treffen könnte.
Der Herr Magistratsvertreter wies darauf hin, daß nur noch
das Säuglingsasyl in der Kürassierstraße und das Neumann'sche
Asyl in der Blumenstraße in Frage kämen. Diese könnten aber
lange nicht alle kranken Säuglinge aufnehmen.
Diesen Ausführungen wurde von anderer Seite des Ausschusses
zugestimmt und hinzugefügt, daß es garnicht vorteilhaft wäre, wenn
die Säuglinge in die großen städtischen Krankenhäuser untergebracht
würden, da je kleiner ein derartiges Säuglingskrankenhaus wäre, je
sorgfältiger und individueller die Behandlung wäre und vor allem
Epidemien, wie sie im Kaiser Friedrich-Kinderkrankenhaus vor
gekommen wären, vollständig ausgeschlossen.
Der Magistratsantrag wurde hierauf angenommen,
w) Für den „Verein zur Speisung armer Kinder und Notleidender"
4000./# (zur Zeit 8 000./#) mit der Begründung:
Der Verein hat im Geschäftsjahr 1905/06 für arme Kinder, die
von ihren Eltern nicht ernährt werden können, und sonstige Not
leidende, deren Bedürftigkeit und Würdigkeit festgestellt war, be
sonders für solche, die der öffentlichen Armenpflege noch nicht
anheimgefallen waren, durch Bewilligung von Lebens- undSiärkungs-
I Mitteln, Volkslüchenessen, Lieferung von wollenen Decken, Stroh
säcken und Brennmaterial sowie durch Zahlung von Geldunter
stützungen 11 913 Jt verausgabt: für Verabreichung von Mittagessen
und Milch nebst Weißbrot in den Volkskindergärten wendete er
2685*# auf: die Verteilung von Frühstück an arme Kinder in den
Gemeindcschulen kostete 13 265 Jt. Trotzdem der Verein einen
Fehlbetrag nicht gescheut hat, genügten die Ausgaben doch nicht,
um das dem Verein bekannt gewordene Bedürfnis zu befriedigen.
Durch Erhöhung des städtischen Beitrages auf 4 OM Jt wünschen
wir dem Verein die ungeschmälerte Fortführung seines bedeutsamen
Werkes zu erleichtern.
Gegen den Antrag des Magistrats wurde kein Widerspruch er
hoben.
n) Für den „Deutschen Verein gegen den Mißbrauch geistiger Ge
tränke" 500 Jt (bisher nicht unterstützt) mit der Begründung:
Der Verein hat sich die Aufgabe gestellt, durch Versammlungen
und Veröffentlichungen auf die vielen wirtschaftlichen Schäden und
gesundheitlichen und sittlichen Verheerungen aufmerksam zu machen,
die der Trunk im Familien- und Gemeindehaushalle hervor
ruft. Zahlreiche Reformvorschläge haben die Aufmerksamkeit der
Regierungen und vieler Städte, deren Armenverwallungen den
wirtschaftlichen Niedergang der Trunksüchtigen am unmittelbarsten
verspüren, auf die Bestrebungen des Vereins gelenkt. Die Stadt
Berlin unterstützt bereits eine Unterabteilung des Deutschen Vereins,
den Bezirksverein Berlin, mit jährlich 10M Jt. Während der
Bezirksverein sich aber im wesentlichen auf die Heilung der Alkoholiker
beschränkt, legt der Deutsche Verein selbst den Hauptwert auf die Auf-
klärung der Bevölkerung, um dem Mißbrauch geistiger Getränke
entgegenzuwirken und auf diese Weise vorbeugend zu wirken. Wir
glauben, diese wichtige Aufgabe des Vereins durch eine Beihilfe von
500 Jt unterstützen zu sollen.
Von verschiedenen Seiten des Ausschusses wurde Ablehnung des
Magistratsantrages beantragt, weil man unmöglich dem Alkohol
genusse in irgend einer Weise vorbeugen könnte, und der Verein erst
ernste Schritte unternehmen sollte, wie die Errichtung von Restaurants,
in denen alkoholfreie Getränke ausgeschenkt werden, ehe man ihm
weitere Zuwendungen machen sollte.
Der Herr Magistratsvertreter bemerkte hierzu, daß der Verein
sich sehr viel Mühe gäbe und durch Wort und Schrift zu den Trinkern
spräche, indeni er sie auf die überaus schädlichen Folgen durch den
übermäßigen Alkoholgenuß sowohl an der Gesundheit der einzelnen
Individuen als auch in wirtschaftlicher Beziehung hinwiese.
Bei der Abstimmung wurde der Magistratsantrag angenommen.
o) Für den Zentralverein für Arbeitsnachweis 45 000 Jt (zur Zeit
40000 Jt) mit der Begründung:
Nach dem uns vorgelegten Haushaltsplan für 1907 wird der
Verein für unabwendbare Ausgaben in Höhe von 16M Jt keine
Deckung haben. Dabei ist aber die nicht länger zu umgehende Ge-
haltsaufbefferung der Vereinsbeamten, die wenigstens 3 OM Jt be
tragen wird, unberücksichtigt geblieben. Der Verein beabsichtigt aber
auch die Verlegung des von ihm ins Leben gerufenen Dienstboten
nachweises in eine geeignetere Stadtgegend und eine Ausgestaltung
dieses Instituts, die voraussichtlich zunächst 10 OM Jt jährlich
erfordern wird. Weiter bedarf er zur Errichtung von Fachardeits-
nachweisen für gelernte Arbeiter noch 5 OM Jt. Da es dem Verein
nicht möglich ist, seine Einnahmen zu steigern, hat er Erhöhung des
städtischen Zuschuffes um 20 OM Jt beantragt. Wir können uns nur
entschließen, Mittel zur Deckung des berechneten Fehlbetrages und zu
den Gehaltserhöhungen von zusammen 5 OM Jt zu gewähren. Die
Zahlung des städtischen Zuschusses bleibt wie bisher an die Bedingung
geknüpft, daß für den Zutritt in die Vereinsräumc und den Arbeits
nachweis keine höhere Gebühr als 20 -j für die Person erhoben
werden darf.
Von verschiedenen Seiten des Ausschuffes wurde beantragt, den
Wagistratsantrag abzulehnen. In jedem Jahre käme der Verein mit
Anträgen auf Erhöhung des Zuschuffes. Wenn der Verein mit dem.
was er erhielte, nicht auskäme, so sollte man zunächst den Beschluß
über die Erhebung der Beiträge aufheben bezw. abändern. Die ganze
Sache scheine doch vom Verein falsch angefaßt zu werden. Die ge
lernten Arbeiter hätten bereits in den Innungen ihren Arbeitsnachweis
und auch die ungelernten Arbeiter hätten zum größten Teil ebenfalls
jetzt schon den Arbeitsnachweis. Die Verlegung des Dienstboten
nachweises könnte auch auf keinen Fall einen derartig hohen Kosten
aufwand herbeiführen. Im übrigen könnten die Haussrauen, welche
jetzt schon an Private 8—10 Jt für den Nachweis von Dienstboten
zahlen müßten, auch ihrerseits einen geringen laufenden Beitrag zu
den Betriebskosten entrichten.
Demgegenüber wurde angeführt, daß der Verein entschieden vieles
Gute gewirkt habe. Die Arbeitsvermittelungen wären früher sehr
schlecht gewesen, namentlich für die ungelernten Arbeiter, und wenn
nun noch der Dienstbotennachweis von dem Verein in die Hand ge
nommen würde, so wäre dies entschieden mit Freuden zu begrüßen.
Auch der Herr Magistratsvertreter stimmte diesen Ausführungen
bei und fügte noch hinzu, daß der Verein einen Fehlbetrag von
20 MO Jt hätte und die Beamtengehälter entschieden der Ausbesserung
bedürftig wären.
Bei der Abstimmung wurde der Magistratsantrag mit großer
Mehrheit abgelehnt.
* *
*
Der Ausschuß trat nunmehr in die Beratung der ihni durch Be
schluß der Versammlung vom 10. Januar d. Js. — Protokoll 5 —
überwiesenen Vorlage — 20 — vom 4. I. 07.
Der Magistrat hatte in derselben beantragt, in den Etat 49 für
1907 noch hinzuzusetzen:
1. für den Berliner Asylverein für Obdachlose 12 0M Jt, statt
wie bisher 10 0M Jt mit folgender Begründung:
Infolge Niederlegung des Scheunenviertels ist der Verein
gezwungen gewesen, sein Frauenasyl in der Füsilierstraße auf
zugeben und ihm in der Kolberger Straße 30 ein neues Heim
zu schaffen. Die Aufnahme der hierzu erforderlichen Summen
hat dem Verein eine jährliche Zinsenlast von 30 0M Jt auferlegt.
Dazu kommt, daß bei der allgemeinen Preissteigerung für Lebens-
mittel und Bedarfsgegenstände die Ausgaben für die Verpflegung
der Obdachlosen und die Gehälter und Löhne des Anstaltspersonals
erheblich gestiegen sind. Der beim Abschlüsse des Jahres 1905
bereits 57 284 Jt betragende Fehlbetrag hat sich deshalb weiter
vergrößert und wird für 190.. wenn nicht erhebliche einmalige
Zuwendungen erfolgen, auf 107 0M Jt veranschlagt.
Durch Erhöhung des städtischen Zuschusses wollen wir dem Verein
die Beschaffung der laufenden Mittel für seine gemeinnützige Wirk
samkeit erleichtern.
Von einer Seite des Ausschusses wurde beantragt, über den
Magistratsantrag hinauszugehen und anstatt der vom Magistrat
bewilligten 12 0M Jt einen Beitrag von 20000 Jt dem Asylvercin
als Beihilfe zu gewähren. Der Asylverein hätte durch den Abriß des
Scheunenviertels das Frauenasyl verlegen bezw. einen Neubau hierfür
errichten müffen. Der Verkauf des alten Grundstücks hätte nicht so
viel eingebracht, wie vorher angenommen war, vor allem wäre der
Neubau dem Verein bedeutend höher zu stehen gekommen, als ver
anschlagt worden war. Hierdurch wäre eine Ziiiscnlast von beinahe
30 000 Jt entstanden, so daß der Verein jetzt mit einer Unterbilauz
von 54287 Jt arbeitete. Auch die privaten Zuwendungen an Geld
und Kleidungsstücken hätten im vergangenen Jahre gegen die früheren
Jahre bedeutend nachgelassen. Man sollte ferner auch bedenken, daß
der Verein die Not der Aermsten der Armen zu lindern und sie vor
Unredlichkeiten zu bewahren versuchte.
Vor allem würde der Stadt durch diese private Uueigennützigkeit
eine große Arbeit und Last abgenommen.
Demgegenüber führte der Herr Magistratsvertreter aus, daß man
erst den Ablauf des neuen Geschäftsjahres abwarten sollte, dann wäre
es ja immer noch Zeit, den Verein durch eine größere Summe zu
unterstützen bezw. ihn von der drückendsten Schuldenlast zu befreien.