502
das nächste Etatjahr auf das Soll der Gemeindegrundsteuer zu
verrechnen.
Zu § 14 der Magistratsvorlage wurden Ausführungen nicht
gemacht.
Zum Antrage A ist generell zu bemerken, daß derfelbe bereits
vom vorigen Ausschüsse als neuer ß 12 beschlossen worden, daß er
jedoch fortgefallen sei, nachdem bei der Schlußabstimmung der § 7
abgelehnt war (Protokoll IX vom 20. Februar 1907 — Druck
sache 191 — Seite 188).
Materiell wurde der Antrag auch heute damit begründet, daß
nian durch ihn die Wertzuwachssteuer in ihrer Wirkung abschwächen
wolle, weil man erstens eine neue Steuer nickt für nötig und weil
man zweitens eine Wertzuwachssteuer neben der Umsatzsteuer für
ungerechtfertigt halte, da eine Kommune von einer Veräußerung des
Grundbesitzes nicht doppelt Steuern erheben dürfe: man könne daher
in ihrer Formulierung einen Fortschritt nicht erblicken und man könne
es nicht zugeben, daß der Grundbesitz, der heute schon mehr als die
Hälfte der gesamten Steuern aufbringe, noch weiter belastet werde.
Etwas anders wäre es allerdings, wenn der Magistrat eine Vorlage
bringen würde, unter Aufhebung der Umsatzsteuer eine Wertzuwachs-
steuer einzuführen, dann ließe sich hierüber ganz anders reden. Das
gerechteste wäre cs, die Umsatzsteuer gänzlich zu beseitigen, denn diese
sei, als Verkehrssteuer eine der rohesten Steuern, da sie rücksichtslos
erhoben werde auch bei Verkäufen mit Verlust. Es sei indes un
möglich, hier im Ausschüsse nach dieser Richtung hin Amendements
zu stellen, dazu gehörten umfangreiche Berechnungen, man könne nur
sagen, daß man gewünscht hätte, daß der Magistrat auf diesem Wege
vorgegangen wäre. Ta man also vorläufig mit dem Weiterbestehen
der Umsatzsteuer rechnen müsse, so könne man sich nicht anders helfen,
als auf sie die Wertzuwachssteuer gemäß Antrag A anzurechnen.
Der Herr Oberbürgermeister erklärte, daß er nicht glaube, daß
der Magistrat irgend einem Antrage zustimmen würde, der auf die
Beseitigung der Umsatzsteuer, die sich bewährt habe, abziele. Würden
die Anträge A und B angenommen, dann habe die ganze Steuer-
ordnung für den Magistrat keinen Wert mehr. Beide Steuern, Umsatz-
und Wertzuwachssteuer, könnten sehr gut nebeneinander bestehen.
Würde man die Wertzuwachssteucr aus die Umsatzsteuer anrechnen
wollen, so wäre dies ungerecht, da dann der mit Verlust oder ohne
Gewinn Verlausende genau so viel bezahlen müsse als derjenige, der
beim Verkauf einen Gewinn erhalte. Ter Herr Oberbürgermeister
verwies nochmals auf die als Anlage zum Protokoll VI von> 19. No-
vembcr 1906 — Drucksache 191 — Seite 184 abgedruckte Zusammen
stellung von Beispielen, nach welcher die Werlzuwachssteuer knapp V 4
der zu entrichtenden Umsatzsteuer betragen würde, und hob hervor,
daß nach der Skala des Magistrats ein Wertzuwachs von 45 pCl.
erfolgen müßte, wenn überhaupt ein Mehr über die Umsatzsteuer
binaus erzielt werden sollte. Er bitte daher, die Anträge A und B
rundweg abzulehnen, dagegen den Kompromißantrag C anzunehmen,
der deni gesamten Grundbesitz, wenn auch nicht sogleich, so doch später,
außerordentlichen Gewinn bringen werde.
Zur Begründung des Antrages B überreichte Antragsteller
jedem Mitgliede des Ausschusses eine Berechnung, nach welcher bei
Annahme des Antrages B (Anrechnung nur bei bebauten Grund-
stucken) die Wertzuwachssteuer nur einen Ueberschuß von 400 000 M
ergeben würde: wollte man aber die Umsatzsteuer von bebauten
Grundstücken nur halb anrechnen, so ergäbe dies einen Wertzuwachs-
steuercrtrag von rund 2 Millionen Mark, während bei Annahme des
Antrages A (Anrechnung bei allen Grundstücken» garnichts heraus-
kommen würde, dieser Antrag A sei somit gleichbedeutend mit völliger
Streichung der gesamten Wertzuwachssteuer. Der jährliche Umsatz
an Grundstücken betrage etwa 2 000, davon seien 1200 bebaut und
500 unbebaut.
Gegner dieses Antrages B führten an, daß man die soeben er
haltene komplizierte Berechnung unmöglich innerhalb weniger Minuten
nachprüfen könne, man müsse es sich daher versagen, auf dieselbe
einzugehen; soviel aber stehe jedensalls sest, daß der Antrag A doch
wenigstens das Mehr der Wcrtzuwachsstcuer über die Umsatzsteuer
einbringen müsse.
Ein weiterer Redner äußerte sich dahin, daß man ja nichts da
gegen habe, daß unbebaute Grundstücke schärfer genossen würden als
bebaute, daß man aber andererseits darüber wachen müsse, daß der
reelle Bauunternehmer dadurch nicht geschädigt werbe, man müsse )id)
in dieser Beziehung seine Entschließungen noch vorbehalten.
Zum Antrage 6 wurde ausgeführt, daß er nur Kompromiß-
bcdeuinng habe, da man in erster Linie unter Ablehnung der Anträge
A und B für die unveränderte Annahme der ganzen Magistratsvorlage
eintrete, daß man aber, um der gänzlichen Vernichlung der Wert-
zuwachsstkiicr durch den Antrag A vorzubeugen, der Strömung, den
Grundbesitz zu entlasten, beispringen und durch Antrag 0 jedem
Grundbesitzer wieder etwas zugute kommen lasten wolle. Man habe
fick berechnet, daß bei einer Grundsteuer von 28% Millionen Mark,
einer Umsatzsteuer von 6 Millionen und einer Wertzuwachssteucr von
IV.j Millionen Mark, die Umsatz- und die Wertzuwachssteuer mit
7% Millionen Mark etwa % des jetzigen Ertrages der Grundsteuer
ausbringen würden. Alles, was darüber hinaus einkomme, solle dem
' Grundbesitz wieder zugute kommen, und das werde kein geringer
Betrag sein, wenn man berücksichtige, daß z. B. in Köln mit seiner
verstümmelten Wertzuwachssteuer das zehnfache des Voranschlages
erreicht sei, so daß in Berlin statt 1% Millionen etwa 4 Millionen
Mark Wertzuwachssteuer einkommen werden, wenn man die Magistrats
oorlage unverkürzt annehme. Da von der Wertzuwachssteuer nicht
der gesamte, sondern nur der rollierende Grundbesitz getroffen werde,
so sollte eigentlich jeder einzelne Grundbesitzer ein Interesse daran
haben, die Wertzuwachssteuer möglichst kräftig auszugestalten, daniit
er in Gemäßheit des Antrages 0 möglichst viel an der Grundsteuer
erspare, indes, man wolle, wie ein anderer Redner ergänzend bemerkte,
durch diesen Antrag nach außen zeigen, daß man nicht einer über
mäßigen Steigerung der Wertzuwachssteuer zustrebe, sondern daß
man sie in angemessenen Grenzen zu halten bestrebt sei. Wenn es
gelänge, durch diesen Antrag die Magistratsvorlage zur Annahme zu
bringen, so könnte man für ihn stimmen trotz prinzipieller und logischer
Bedenken.
Diesem Antrage wurde entgegengehalten, daß kein Grundbesitzer
auf diese so verlockend erscheinende Brücke treten werde. Es werde
die Zeit kommen und sie sei teilweise schon da, in der der Ertrag der
Umsatzsteuer wieder gewaltig zurückgehen werde, und dann werde
eben die Wertzuwachssteuer herhalten müssen um wenigstens das
Gleichgewicht wieder herzustellen, ja, man werde sie bedeutend ver
schärfen, denn das wisse doch ein jeder, daß die jetzigen Sätze nur
Anfangssätze seien.
Ein anderer Redner führte aus, daß dieser Antrag 0 eine bc-
denkliche Aebnlichkeit mit der Theorie des heiligen Florian habe, so daß
man ihm recht zustimmen könne.
Von dritter Seite wurde hervorgehoben, daß man auch gegen
diesen Antrag stimmen müffe, weil man nach wie vor auf dem Stand
punkte stehe, daß der Grundbesitz durch die Gesamtheit Vorteile erhalte,
für diese solle er die Wertzuwachssteuer zahlen. Man gebe nicht zu,
daß der Grundbesitz etwa zu hoch besteuert sei, so daß er keine Be-
rechtigung habe zu verlangen, daß ihm durch Mehrerträge bei der
Wertzuwachssteuer wieder etwas zugute komme bei der Grundsteuer;
wollte man den Antrag 6 annehmen, dann käme statt der Grund-
steuer höchstens die Gemeindeeinkommensteuer in Frage. Man halte
aber die ungeschmälerte Annahme der Magistratsvorlage für höchst
notwendig.
Die Beratung war hiermit erschöpft. Bei der Abstiiumung wurde
Antrag A: angenommen mit 8 Stimmen,
8 14 mit Antrag A: angenommen mit 8 Stimmen.
Zu § 15, welcher lautet:
8 15.
Die Veranlagung der Steuer geschieht namens des Magistrats
durch die Steucrdeputation
wurde beantragt, folgenden Absatz 2 einzufügen:
Durch Beschluß der Steucrdeputation können veranlagte Umsatz-
und Wertzuwachssteucrbeträge ganz oder teilweise niedergeschlagen
werden, wenn durch deren Beitreibung unbillige Härten nach Lage
der besonderen Verhältnisse entstehen würden. (Vergleiche steno
graphischen Bericht vom 14. März 1907 Seite 106.)
Antragsteller führte aus, daß diejenige Stelle, welche die Ver
anlagung selbst vorgenommen habe, die Steuerdeputation, am meisten
berufen erscheine, darüber zu entscheiden, ob u. a. durch ihre Vera»-
lagung besondere Härten hervorgerufen seien, auch hätten in der
Steuerdeputation beide Behörden, Magistrat und Stadtverordnete, ihre
Vertretung. Von anderer Seite hielt man es für unzulässig, eine
Niederschlagung durch Deputationsbeschluß herbeizuführen, die Depu
tation könne höchstens eine Niederschlagung beantragen, die Entschei
dung aber müsse einem Gemeindebefchlusse vorbehalten bleiben. Dein-
entsprechend wurde der Antrag geändert.
Der Herr Magistratsvertreter wies darauf hin, daß ein Antrag
fast gleichen Inhalts bereits bei der Beratung der Steuerordnung I
— Grundsteuer — gestellt, nach gehöriger Widerlegung jedoch abge
lehnt worden sei. (Protokoll von 18. Oktober 1906 — Drucksache 191
von 1907 Seite 177 —
Auch heute wurden allerseits große Bedenken gegen den Antrag
geäußert namentlich in bezug auf seine äußerst schwierige Ausführung.
Die Steuerdeputation, so hieß es, werde mit einer Unsumme von
Anträgen überschüttet werden, da ja der Begriff „unbillige Härten"
sehr dehnbar sei. Derartige Fälle, denen kern Recht zur Seite stehe,
könnten nur im Petitionswege ihre Erledigung finden.
Bei der Abstimmung wurde der Antrag gegen 3 Stimmen ab
gelehnt.
Zu 8 16, welcher lautet:
8 16.
Die zur Entrichtung der Steuer Verpflichteten haben innerhalb
zweier Wochen nach dem Erwerbe der Steuerdeputation hiervon,
sowie von allen sonstigen für die Festsetzung der Steuer in Betracht
kommenden Verhältnisse schriftliche Mitteilung zu machen, auch die
die Steuerpflichtigst betreffenden Urkunden vorzulegen.
Auf Verlangen der Steucrdeputation sind die Steuerpflichtigen
verbunden, über bestimmte für die Veranlagung der Steuer erheb-