dieselbe schwer bedrückt werden. Durch Einführung der Wertzuwachs-
steuer solle nun eine weitere empfindliche Belastung des Grundbesitzes
eintreten. Dies gehe entschieden zu weit und es müsse hiergegen Front
gemacht werden. Sei es nicht möglich die Wertzuwachssteuer durch
Ablehnung zu beseitigen, so müsse zur Beseitigung einer Doppel
besteuerung wenigstens der obige Antrag angenommen und bestimmt
werden, daß alles was an dieser letzteren Steuer bezahlt worden auf
die Umsatzsteuer verrechnet wird. Es sei dies ein Akt ausgleichender
Gerechtigkeit, welcher die neue Belastung der Hausbesitzer abzuschwächen
geeignet sei.
Andererseits wurde bemerkt, daß, wenn es gelingen sollte, den
obigen Antrag durchzubringen, damit der finanzielle Effekt der Wert-
zuwachssteuer vernichtet werden würde. Die Erträge der neuen
Steuer würden in diesem Falle sich derartig verringern, daß es sich
kaum empfehlen dürfte, die Steuer überhaupt einzuführen. Den Be-
griffen der Gerechtigkeit entspreche es keineswegs, wenn nach dem
Antrage verfahren werde, da bei einem guten Geschäfte, wo also ein
Wertzuwachs vorliege, eine Anrechnung stattfinde und weniger oder
gar keine Umsatzsteuer zu entrichten sein würde, während bei einem
schlechten Geschäft, wo also kein Wertzuwachs vorhanden sei, die volle
Umsatzsteuer gezahlt werden müsse.
Wolle man dem Grundbesitz entgegenkommen, so dürfe man nicht
individualisieren und eine Anrechnung im Einzelfall festlegen, vielmehr
würde man dann eine Bestimmung treffen müssen, wie solche im § 15
der Steuerordnung von Köln enthalten sei, die dahin gehe, daß bei
Erreichung eines gewissen Steuerbetrages der Prozentsatz der Umsatz
steuer für das folgende Jahr herabzusetzen ist. Eine derartige Maß
regel komme allen Grundbesitzern zugut und entspräche am besten der
Gerechtigkeit. Seitens des Herrn Magistratsvertrelers wurde an
schließend hieran hervorgehoben, daß, wenn man auf diese Anregung
eingehen wolle, man auch gleiche Vorbedingungen schaffen und zunächst
die hohen Sätze der Kölner Steuerordnung für Berlin einführen und
namentlich die Umsatzsteuer für sämtliche Grundstücke auf 2 pCt. er-
höhen müßte. Was den Umsatz der Grundstücke anlangt, so seien nach
dem in Arbeit befindlichen Verwaltungsbericht der Steuerdeputation
ini Jahre 1905 umgesetzt worden: 1 575 bebaute Grundstücke im Werte
von 479 512 177 JC mit einem Umsatzsteuersoll von 4 765 461 J6 und
808 unbebaute Grundstücke im Werte von 93 439 854 Jt und einem
Steuersoll von 1 836 068 M, zusammen also 2 378 Grundstücke im
Werte von 572 952 032 Jt und einem Steuersoll von 6 601 530 M.
Hiernach würde es vielleicht zulässig sein, nach Schaffung gleicher
Bedingungen wie bei Köln, zu bestrmmen, daß bei einem Erträgnis
von 4 Millionen Mark Umsatzsteuer eine Herabsetzung des Prozent
satzes um 1/2 pCt. stattfinden könne.
Von anderer Seite bemerkte man, daß die Umsatzsteuer den
Käufer, die Wertzuwachssteucr dagegen den Verkäufer treffen solle;
schon aus diesem Grunde verbiete es sich, auf den gestellten Antrag
einzugehen. Privatim könnten dergleichen Abmachungen wohl ge
troffen werden, von Stadtwegen aber dürfe man nicht zulassen, daß
eine Anrechnung der Wertzuwachssteuer auf die Umsatzsteuer statt
finde. Beide Steuern seien auch ganz anders geartet und nicht mit
einander zu vergleichen. Bei der Wertzuwachssteucr müsse man sich
stets vor Augen halten, daß durch dieselbe eine Beteiligung der Stadt-
gemeinde an dem Uebergewinn bei Grundstücksverkäufen geschaffen
werden solle. Dies erscheine auch insofern gerechtfertigt, als der
Uebergewinn dem Grundstücksbesitzer fast regelmäßig ohne irgend
welche Aufwendungen zugewachsen sei, während die Stadtgemeinde
durch ihre Veranstaltungen und durch ihr Wachstum die Steigerung
des Wertes des Grundbesitzes herbeiführe.
Der Herr Oberbürgermeister führte aus, daß die Wertzuwachs
steuer die Grundbesitzer nicht als Regel treffe, sondern nur in den
Fällen, wenn sie bei dem Verkauf ihrer Grundstücke ein gutes Ge
schäft machen. Dabei seien die in Vorschlag gebrachten Steuersätze
durchaus nicht hoch bemessen, weshalb es auch als ganz unzutreffend
bezeichnet werden müsse, wenn in Grundbesitzerkreisen behauptet werde,
daß die Wertzuwachssteuer gewissermaßen eine Konfiskation des Ver
mögens bedeute. Um das Irrtümliche einer solchen Ansicht einzu-
sehen, braucht man sich nur an einigen Beispielen die Wirkung der
Steuer klar zu machen. Wenn z. B. ein Haus für 200000 M er
worben worden und dasselbe innerhalb 5 Jahren für 220 000 Jt
verkauft werde, so behalte der Verkäufer au dem Gewinn 19000 M
und würde 1000 Jt an die Stadtgemeinde als Steuer abzugeben
haben. Erziele er aber 400000^«, so betrage sein Gewinn 174 000 Jt
und die Stadt erhalte 26 000 Jt Steuer. In beiden Fällen würde
man dem Eigentümer zu einem so brillanten Geschäfte gratulieren
können. Die Wertzuwachssteuer dürfe man nicht in einen Topf mit
der Umsatzsteuer werfen; letztere treffe alle Grundstücksverkäufer, erstere
aber nur diejenigen, die bei dem Verkauf einen besonderen Verdienst
erzielen.
Von einer Seite wurde hierzu noch hervorgehoben, daß bei dem
Ankäufe eines Grundstücks im Werte von 200000 Jt erfahrungs
mäßig in Berlin nur eine Anzahlung von etwa 50000 Jt geleistet
werde. Der Besitzer erziele somit im ersteren Falle, der doch keines-
wegs selten sei, auf eine Kapitalsanlage von 50 000 Jt einen Gewinn
von 19 000 Jt, daß somit von einer Vermögenskonfiskation bei Ein
führung der Wertzuwachssteucr keine Rede sein' könne, liegt hiernach
auf der Hand.
Von verschiedenen anderen Seiten wurde dagegen für Annahme
des obigen Antrages eingetreten und ausgeführt, daß eine erneute
Belastung der Grundbesitzer durch die Wertzuwachssteucr uni so un
gerechtfertigter sei, als der Wertzuwachs bezw. der Verkaufsgcwinn
schon durch die Einkommensteuer, die Staat und Kommune erhebe,
getroffen werde. Der beim Verkauf eines Grundstücks erzielte Gewinn
werde selbst dann, wenn es sich nicht um einen spekulativen Ankauf
des Grundstücks, sondern lediglich um eine Kapilalsanlage handele,
dem Einkommen hinzugeschlagen und zur Versteuerung gezogen.
Hiernach erscheine es durchaus der Billigkeit entsprechend, der ko'llossalen
Belastung der Grundbesitzer gegenüber einen Ausgleich dadurch zu
schaffen, daß die gezahlte Wertzuwachssteuer auf die Umsatzsteuer zur
Anrechnung gebracht wird. Die Steuer werde sich, ganz abgesehen
davon, wer sie trage, ob Käufer oder Verkäufer, stets in dem Preise
der Grundstücke ausdrücken, sie trage demgemäß zur Erhöhung der
Grundstückswerte und der Mieten bei und werbe auch aus diesem
Grunde abgewiesen werden müssen. Gelinge dies nicht, so werde
wenigstens durch Annahme des Antrages die Wirkung der Wertzuwachs-
steuer erheblich abgeschwächt, was im Interesse der Grundbesitzer nur
zu wünschen sei. Nach erschöpfter Diskussion wurde zur Abstinimung
über den Antrag geschritten, wobei derselbe mit 7 gegen 6 Stimmen
zur Annahme gelangte.
Der 8 1, gegen welchen von keiner Seite Einwendungen erhoben
wurden, gelangte ebenfalls zur Annahme.
Im 2 tritt mit Rücksicht auf das Gesetz über die Reichs
erbschaftssteuer eine redaktionelle Aenderung ein. Die im Schlußsätze
angezogenen Gesetzesbestimmungen kommen in Fortfall und statt der-
selben ist zu sagen: „Reichserbschaftssteuer vom 3. Juni 1906,
§§ 16—20." Im übrigen wurde der § 2 unverändert angenommen.
In dem § 3 ist nachfolgende Bestimmung neu aufgenommen:
In gleicher Weise wird bei Zwangsversteigerungen
verfahren, wenn der Meistbietende seine Rechte einem
Dritten abgetreten hat.
Der Magistrat ist der Meinung, daß diese Bestimmung in die
Neuordnung hineingebracht werden müsse, weil die Abgabe des Meist-
gebotes den Eigentumswechsel ebenso vorbereitet, wie bei freiwilliger
durch Zwischenverträge herbeigeführter Veräußerung der erste Vertrag.
Hierzu liegt der Antrag vor,
diese Bestimmung zu streichen.
Zur Unterstützung wurde ausgeführt, daß die Verhältnisse hier
doch anders lägen, als bei den Zwischenverträgen. Diese habe man
mit der Umsatzsteuer treffen wollen, weil sie ein Handelsobjekt geworden
seien und im Spekulationsintereffe geschloffen würden. Dagegen einen
Bieter, der, um seine Hypothek zu retten, das verpfändete Grundstück
im Zwangsverfahren erwerben müsse und dann bis zum Zuschlags
termine noch einen Abnehmer des Grundstücks suche, mit der Umsatz
steuer zu belegen, sei eine große Härte. Daß die Abtretung der Rechte
aus dem Meistgebot Spekulationsinteressen nicht obwalteten, könne
wohl als sicher angenommen werde». Auch der Staat berechne für
solche Zwischenzessionen nicht den Kauf- sondern nur den Zessions
stempel.
Der Ausschuß trat diesen Ausführungen bei und er hat, nachdem
noch darauf hingewiesen worden war, daß keine andere Steuerordnung
eine derartige Bestimmung kenne, den gestellten Antrag angenommen
und die neue Bestimmung gestrichen.
Zu Absatz 3 des § 3 stellte der Herr Magistratsvertreter dem
Ausschüsse zur Erwägung, ob man nicht auch die Beurkundung von
Offerteerträgen mit der Umsatzsteuer belegen und eine entsprechende
Ergänzung der Steuerordnung beschließen wolle.
Nach kurzer Debatte, in welcher die rechtliche Bedeutung der
Angebotserträge beleuchtet und ausgeführt wurde, daß eine Besteuerung
solcher Verträge rechtlich nicht haltbar sein würde, ist der Vorschlag
fallen gelassen.
Der Ausschuß nahm hierauf den § 3 unter Fortfall des gestrichenen
Absatzes unverändert an.
Gegen den 8 4 fand sich nichts zu erinnern, weshalb seine
Annahme erfolgte.
Zn tz 5 nahm der Herr Magistratsvertreter bezug auf den Erlaß
des Herrn Minister des Innern vom 7. Juli 1906 worin gesagt wird:
„Was insbesondere die Einwirkung des Reichserbschaflssteuer-
gesetzes vom 3. Juni 1906 — R.-G. Bl. Seite 620. 654
— auf die Umsatzsteuer anlangt, so sollen nach 8 60 vom
Tage des Inkrafttretens, d. h. vom 1. Juli 1906 an, die Vor
schriften der Landesgesetzgebung, welche die Erhebung einer
Abgabe von dem den Gegenstand der Erbschaftssteuer bildenden
Erwerbe von Todeswegen sowie von Schenkungen unter Lebenden
oder den über solche Schenkungen ausgestellten Urkunden betreffen,
insoweit außer Kraft treten, als den Bundesstaaten nicht die Er
hebung besonderer Abgaben überlassen ist. Hinsichtlich des Erwerbs
von Todeswegen hatte die Verwalmngspraris schon bisher eine
Umsatzsteuer ausgeschlossen (Ministerialcrlaß vom 13. Juni 1905,
Erkenntnis des Oberverwaltungsgerichts vom 3. April 1906 —
II. 757). Es wird die Umsatzsteuer nunmehr in Ansehung der