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Schiffahnskanal über diesen hinweg in den Zug des Nordnfcrs und
der Führer Straße übergeleitet werden soll.
Bezüglich der durch die geplante Anlage erwachsenden Kosten
verweisen wir auf die der Stadtverordnetenversammlung gleichzeitig
übersandte Vorlage vom 8. Februar 1907.
Wir ersuchen in Uebereinstimmung mit unserer Tiefbaudeputation
um folgende Beschlußfassung:
Die Versammlung erklärt sich mit der Abänderung der durch
Allerhöchste Kabinettsorder vom 29. Juli 1889 genehmigten Straßen-
anlage behufs Verlängerung der Putlitzstraße über den Bahnhof
Moabit bis zur Straße 30. Abteilung VIII des Bebauungsplanes
sowie mit der Festsetzung einer Fluchtlinie vor der Einmündung
der abzuändernden Verlängerung der Putlitzstraße in die Straße 30
Abteilung VIII des Bebauungsplanes nach Maßgabe des vor
gelegten Projekts einverstanden.
Berlin, den 8. Februar 1907.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.
»4. -Vorlage (J.-Nr. 158 B. II. 0n — zur Beschlußfassung —,
betreffend die Erbauung einer Ueberführung der ver
längerten Putlitzstraße über den Bahnhof Moabit und
einer im Zuge der Föhrerstraße über den Spandauer
Schiffahrtskanal führenden Straßenbrücke zur Her
stellung einer weiteren Verbindung zwischen den Stadt
teilen Moabit und Wedding.
In richtiger Erkenntnis der Tatsache, daß bei fortschreitender
Entwickelung der beiden Stadtteile Moabit und Wedding die beiden
hier bestehenden Verbindungen, d. h. die Fennstraße und Beusselstraße,
für den Verkehr sich als unzureichend erweisen würden, war seitens
der städtischen Tiefbaudeputation bereits im Jahre 1876 gelegentlich
des Prüfungstermins für die Erweiterung des Bahnhofes Moabit
die Herstellung einer dritten Verbindung ini Zuge der verlängerten
Slromstraße — jetzt Puttlitzstraße — von der Bahn gefordert worden.
Leider war es mit Rücksicht auf frühere im Jahre 1868 bei Ge
nehmigung der Lehrter Bahn gemachte Zugeständnisse nicht mehr
möglich, diese Forderung durchzusetzen.
Bei der Bearbeitung und Festsetzung einzelner Teile des Be-
bauungsplanes der hier in Frage kommenden Stadtteile ist im Jahre
1884 die Frage wegen der Straßenüberführung wieder aufgenommen.
Ein endgültiges Projekt ließ sich noch nicht aufstellen, da die in
Aussicht stehende Umgestaltung des Bahnhofes Moabit noch nicht fest
stand, es konnte also nur nach Verhandlungen mit der Bahn eine
grundsätzliche Zustimmung des Ministers der öffentlichen Arbeiten zu
dieser Absicht erwirkt werden, und es wurden weiter die Baufluchten
der Putlitzstraße so abgeändert, daß eine spätere Anlegung der für
die Ueberführung notwendig werdenden Rampe, die in der Mitte der
Straße ihren Platz finden sollte, ermöglicht war.
Auf unsere Vorlage vom 22. November 1887 hin hat sich die
Stadtverordnetenversammlung durch Beschluß vom 2. Februar 1888
im Prinzip mit der Anlage der Verbindung der beiden Stadtteile
einverstanden erklärt vorbehaltlich der Genehmigung des speziellen
Entwurfes und der Zeit der Ausführung.
An eine Ausarbeitung der Sonderenlwürfe konnte aber auch
damals noch nicht gegangen werden, da immer noch keine Entscheidung
über die Ausgestaltung des Bahnhofes Moabit getroffen war. Erst
im Jahre 1891 kam die Angelegenheit wieder in Fluß, als seitens
der Eisenbahn die Absicht kundgegeben wurde, mit Rücksicht auf das
stets wachsende Bedürfnis eine neue Personenstation an der künftigen
Straßenüberführung — den heutigen Bahnhof Putlitzstraße — zu
errichten. Vorbedigung hierfür war jedoch die Herstellung der
Straßenüberführung.
Nach langen Verhandlungen mit der Königlichen Eisenbahn
direktion waren die Vorarbeiten soweit gediehen, daß im Etat 1895/96
beantragt wurde, für den Bau eine Summe einzusetzen, vorbehaltlich
des noch später vorzulegenden Entwurfes. In den Etatsberatungen
drang indes die Meinung durch, daß der Zeitpunkt für die Her
stellung dieser Straßenverbindung noch nicht gekommen sei und die
beantragte Summe wurde demgemäß abgesetzt. Um die Anlage des
Bahnhofes zu ermöglichen und einen Zugang zu diesem zu schaffen,
wurde dann der jetzt bestehende Fußgängersteg ausgeführt und im
Jahre 1898 dem Verkehr übergeben.
Das rasche Fortschreiten der Bebauung und das Anwachsen der
Bevölkerung sowohl in Moabit wie auf dem Wedding, daß dadurch
sich immer fühlbarer machende Bedürfnis nach Herstellung einer neuen,
für einen großen Verkehr ausreichenden Verbindung zwischen diesen
Stadtteilen und endlich nicht zum geringen Teil der berechtigte Wunsch
nach dem neuen Virchowkrankenhause einen zweckmäßigen Zugang
zu schaffen, führte zu dem Antrage der Herren Dinse und Genossen
vom 29. September 1904, uns zu ersuchen, nunmehr den Uebcr-
führungsenlwurf vorzulegen. Nachdem der Antrag am 1. Dezember
1904 zum Beschluß erhoben, wurden die Entwurfsarbeiten und Vor-
Verhandlungen wieder aufgenommen.
Eine der Hauptschwierigkeitrn für eine gute Lösung der uns
gestellten Aufgabe war es, auf der Nordseite der Ueberführung zwischen
Bahn und Südufcr eine günstige Planlage für die Rampe zu finden,
Es hat hier langer Verhandlungen bedurft, wie aus anderen vor
lagen bekannt sein dürfte, ehe wir in die Lage kamen, das hierfür
notwendige Gelände erwerben zu können. Nachdem diese Schwierig-
keit behoben war und wir außecdem von der Königlichen Eisenbahn-
direktion die Zusicherung erhalten hatten, daß unserem ihr vorgelegten
generellen Entwürfe grundsätzlich zugestimmt würde, konnten die Eni
würfe fertig gestellt werden. Unter Hinweis auf die kurz berührte
Vorgeschichte des Entwurfes und gestützt auf die Tatsache, daß bereits
im Jahre 1904 in dem vorerwähnten Antrag von der Versammlung
die Ausführung der neuen Straßenüberführung für notwendig erachtet
wurde und daß die damals für diese Notwendigkeit vorgebrachten
Gründe in der Zwischenzeit nur noch dringlicher geivorden find,
glauben wir selbst davon absehen zu können, nochmals umgehend dar
zulegen, daß die projektierten Bauwerke im Jntereffe der Berliner
Einwohnerschaft nunmehr baldigst errichtet iverden müssen.
Wir beabsichtigen noch in diesem Jahre mit dem Ban der beiden
Brücken zu beginnen und werden beim Etat 1907 die Mittel für die
ersten Bauraten beantragen.
Unter Bezugnahme auf eine der Lersommlung bereits diesseitig
gemachte Mitteilung fügen mir noch hinzu, daß wir uns vorbehalten
nach Fertigstellung des Brückenbauwerks Beiträge einzuziehen
auf Grund des sich an 8 9 des Komunalabgabengesetzes anschließenden
Gemeindebeschlusses, sofern es nicht gelingt, bereits vorher im Hinblick
hierauf angemessene freiwillige Beiträge von den unmittelbar oder
mittelbar interessierten Grundbesitzern zu erhalten.
Indem wir der Stadtverordnetenversammlung den Entwurf für
die beiden Bauwerke nebst zugehörigen Kostenanschlägen und Er
läuterungsberichten überreichen, ersuchen wir ergebenst folgenden Be
schluß fassen zu wollen:
Die Versammlung erklärt sich mit den vorgelegten Entwürfen
und Kostenanschlägen für die Ueberführung der Putlitzstraße über
den Bahnhof Moabit einverstanden.
Berlin, den 8. Februar 1907.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.
Zu 91.
Erläuterungsbe richt
für die Ueberführung der Putlitzstraße über den Bahnhof Moabit.
Zu dem eigentlichen Ueberführungsbauwerk führt eine in der
Putlitzstraße auf der Mittelpromenade erbaute Rampe init massiven
Seitenwänden, die in ihrem an die Quitzowstraße angrenzenden Teil
durch 8 Bögen, ähnlich denen des Stadtbahnviaduktes durchbrochen ist.
Die Quitzowstraße wird in einer Weite von rund 30 m durch
Blechträger überspannt, welche an den Außenseiten der Bürgersteige
gußeiserne Zwischenstützcn erhalten und an den Enden aus gemauerten
Pfeilern lagern Aus dem Eisenbahngelände werden 10 Zwischenstützen
von 12,o bezw. 19,8-22,4 m Entfernung derart angeordnet, daß von
den Mitten der Gleise ein Abstand von 2,so m gewahrt bleibt.
Da sie in der Richtung der Schienen liegen müssen, ergibt sich eine
schiefe Grundrißanordnüng für die Brücke. Die Schnittwinkel der
Achsen wechseln zwischen 67° 50' und 78° 50'. ,
Für das Tragwerk sind Gerber'sche Kragträger verwendet, deren
Ausleger 5 m über die Stützen auskragen. Die Bauhöhe in der
Mitte beträgt 1,7» m, während sie über den Stützen sich auf 2,so, iu
erhöht.
Die Träger sind der einfacheren Konstruktion wegen als Blech-
balken ausgebildet. Bei den Zwischengliedern ist die Verwendung
des Eisens möglichst vermieden und dafür, soweit angängig, eine
Betoneisenkonstruktion gewählt. Monierkapxen von 20 am Stärke
unter der Fahrbahn und von etwa 10 om unter den Bürgersteigen,
welche auf den Untergurten der Träger ruhen, nehmen die Brücken
bahn auf. Zur Ausfüllung der Gewölbezwickel kommt Bimsbcton
vom spezifischen Gewicht 1 zur Verwendung, welcher die Träger um
hüllt und in wirksamster Weise gegen Rostbildung schützt.
Von den Stützen auf dem Eisenbahngelände sind vier massiv und
so angeordnet, daß eine Gliederung des langen Viaduktzuges in drei
Systemgruppen entsteht. Die inzwischen eingeschalteten Pendelstüven
bestehen aus Flußeiscn.
Fahrdamm und Bürgersteige find 11,o bezw. je 4,o m breit. Für
einen bequemen Anschluß des östlichen Bürgersteiges an das Stations
gebäude „Putlitzstraße" ist Sorge getragen. Ueber der Quitzowstraße
werden Fahrdamm und Bürgersteige umsoviel verschmälert, daß iie
sich der Straßeneinteilung auf der Rampe in der Putlitzstraße an-
schließen. Die hier gewählten Breitenabmessungen sind später noch
näher begründet. Zur Entlastung dieser schmalen Strecke, sowie für
die in seitlicher Richtung verkehrenden Fußgänger ist an der nördlichen
Flucht der Quitzowstraße eine Treppenanlage mit beiderseitigen Läufen
von 2,s m Breite vorgesehen.
Die Fahrbahn der Brücke ist mit 16 cm hohen Granitstemen
III. Klasse abgeflastcrt und erhält eine rund 10 om starke Pflaster