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JV; 20.
(312—315.)
Worlagen
für die
Stadtterordueten'Bersammlung zu Berlin.
312. Vorlage (J.-Nr. 1252 Lrk. II. 01) — zur Beschluß,
fafsung —, betreffend die Verleihung eines Benefiziums
der Rentier Wunderlich'schen Stiftung.
In der Männer-Abtheilung der mit unserm Friedrich Wilhelms-
Hospital verbundenen Wunderlich-Stiftung ist durch Ableben des bis
herigen Inhabers ein Benefizinm frei geworden.
Das Stiftungs-Beiiefizium besteht aus freier Hospitalverpflegung
nebst einem Taschengelde von 1,bo M monatlich. Für die frei
gewordene Stelle ist der in unserem Hospitale verpflegte Brettschneider
Friedrich Bernhardt als besonders würdig und bedürftig in Vor-
schlag gebracht worden, zumal derselbe von keiner Seite Zuwendungen,
namentlich auch keine Invaliden- oder Altersrente bezieht.
Unter Beifügung der Personalakten des Bernhardt beantragen
wir, zu beschließen:
Die Versammlung erklärt sich mit der Verleihung eines
Beneiizuuns der Wunderlich-Stiftung an den in unserem
Hospital in der Fröbelstraße verpflegten Hospitaliten Bern
hardt einverstanden.
Berlin, den 12. März 1902.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.
313. Protokoll des Ausschusses zur Borberathung (Druck
sache 136», betreffend die Erwerbung der zur Liebig-
straste verwendeten Flächen der Grundstücke Liebig-
straste 4 und 5.
Berlin, den 18. März 1902.
Anwesend:
Stadtverordneter Iden, Vorsitzender,
- Meybring, Vorsitzender-Stellvertreter,
Gemeinhardt,
- Hintze,
- Homanii,
Quednow,
- Runge.
Anwesend als Magistrats-Vertreter:
Stadtrath Kau ff mann.
Es fehlten:
Stadtverordneter Banmann, entschuldigt,
- Glocke,
Sutter, entschuldigt.
Die Versammlung hat in ihrer Sitzung voni 6. d. Mts. —
Protokoll Nr. 14 — beschlossen, obige Vorlage durch einen Ausschuß
vorberathen zu lassen.
Der Magistrat beantragt, die beiden Flächen im Enteignungs-
versahren zu erwerben, da die Eigenthümer 150 resp. 35 jt pro
Quadratmeter nebst Erlaß der Anliegerbeiträge gefordert hätten.
Hierzu wurde ausgeführt, daß nach der Vorlage des Magistrats vom
15. Mai 1899 «Drucksache 446» und nach dem Beschlusse der Ver
sammlung voni 15. Juni 1899 — Protokoll Nr. 8 — ein Preis von
25 M pro Quadratmeter Straßenland für angemessen befunden sei,
dergestalt, daß dieser Preis freihändig gezahlt iverde» solle, daß aber
alle darüber hinausgehenden Forderungen abzulehnen seien und in
diesen Fällen die Erwerbung im Wege der Enteignung bewirkt werden
solle. Die Versammlung sei daher gedungen und müsse der Magistrats-
vorläge zustimmen.
Demgegenüber wurde geltend gemacht, daß beide Häuser int
Jahre 1876 erbaut worden seien, während das Ortsstatut II erst im
Jahre 1877 Geltung erlangt habe. Außerdem sei die Liebigstraße
bereits im Jahre 1876 zu mehr als 3 / 4 ihrer Länge bebaut gewesen,
sie habe mithin vor dem Inkrafttreten des Ortsstatllts ll den
Charakter einer zum Anbau fertigen, also einer „historischen" Straße
gehabt. Hiernach läge keine der Möglichkeiten vor, nach welchen die beiden
Besitzer als Anlieger der Liebigstraße zu den Anliegerbeiträgen heran
gezogen werden könnten, umsoweniger, als auch in der Entscheidung
des Oberverwaltungsgerichtes, II. Senats, vom 4. März 1896 —
II. N. 485 — ausdrücklich festgestellt sei, daß die Errichtung eines
Gebäudes vor Erlaß eines Ortsstatutes auf Grund des Fluchtlinien-
gesetzes die Heranziehung zu Anliegerbeiträgen niemals rechtfertigen
könne. Der Magistrat möge daher die Befreiung der Besitzer von
Liebigstraße 4 und 5 von den Anliegerbeiträgen zugestehen, das
Straßenland solle ihm dann unentgeltlich überlassen werden.
Der Herr Magistrats-Vertreter erwiderte, daß nach den »lagistrai-
lichen Feststellungen die Liebigstraße eine ausgebaute Ortsstraße der
Gemeinde Lichlenberg nicht gewesen sei. Sie sei nur eine provisorische
Zufahrtsstraße zum Viehhof gewesen und im Jahre 1880 — sofort
nach ihrer Einverleibung — mit einem sogenannten Bauerndamm
von 8 m Breite provisorisch von der Stadtgemeinde Berlin gepflastert
worden. Die herangezogene Judikatur sei eine so schwierige und io
schwankende, daß derartige Fragen zum Mindesten in diesem Ausschüsse
nicht erledigt werden könnten. Im Enteigniingsverfahren könne ja in
jedem Stadium desselben eine diesbezügliche Einigung mit beiden
Besitzern stattfinden, falls diese eine solche anstreben sollten. Auch
von Seiten des Ausschusses wurde deni beigepflichtet und hinzu
gefügt, daß mau die Anliegerbeiträge von allen Eigenthümern gleich-
mäßig einziehen müsse und daß daher, um überhaupt vom Fleck zu
kommen, das Enteignungsversahren unverzüglich zu beantragen sei:
in diesem Verfahren biete sich Zeit und Gelegenheit, die Angelegenheit
zum beiderseitigen, befriedigenden Abschluß zu bringen.
Der Ausschuß nahm daher den Magistratsantrag einstimmig an,
sodaß der Versammlung folgende Beschlußfaffung vorgeschlagen wird
Die Versammlung ist mit der Erwerbung der zur Liebig
straße verwendeten beiden Flächen der Grundstücke Liebig
straße Nr. 4 und 6 von je 48 gm im Euteignungsverfahren
einverstanden.
Der Druck des Protokolls ist beschlossen und zum Berichterstatter
der unterzeichnete Vorsitzende gewählt worden.
G. w. o.
Iden.
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