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Von Seilen des Magistrats waren anwesend'
der Stadt Banrath Hoffman», der Stadtralh Dr. Strohmann,
der Geheinie Mediziualrath Professor Dr Moeli, Direktor
der Jrren-Anstalt Herzberge und der Stadt Bauinspektor M a tz
dorff.
Am Beginn der heutigen Sitzung des von der Verfainnilung
durch Beschluß vom 23. Januar 1900 — Protokoll 19 — zur Cor-
beralhung der oben bezeichneten Angelegenheit eingesetzten Ausschusses
gab der Vorsitzende einen kurzen aktenmäßigen Bericht über de» Ver
sauf der bisherigen Verhandlungen, wobei er ausführte, daß die Ver
sammlung sich auf Vorschlag des Magistrats unterm 2. Januar 1896
mit dem Bau einer dritten Irren-Anstalt für 1200 Geisteskranke
grundsätzlich einverstanden erklärt habe. Ein Grundstück für den Bau
der Jrren-Anstalt habe damals noch nicht zur Verfügung gestanden.
Späterhin sei als geeigneter Bauplatz für die Anstalt ein Terrain des
Rieselgutes Buch ins Auge gefaßt worden, und der Magistrat habe
durch Vorlage vom 5. Januar 1890 (Drucksache 99.. der Versamm-
lung das Bauprogramm und den Vorentwnrf zum Neubau der
dritten Jrren-Anstalt zu Buch für 1 MO (statt 1 200) Betten sowie
den mit 10249000 M abschließende» Kostenüberschlag zur Ge
nehmigitng vorgelegt. Die Vorlage sei einem Ausschüsse Überwiesen
worden, bei dessen Berathung die erkerartigen Erweiterungen der
Fenster bezw. die Ausgestaltung der Fassade bereits Bedenken erregt
hätten, die Versamntlung habe sich schließlich aber auf Vorschlag des
Ausschusses durch Beschluß vom 12. Februar 1900 — Protokoll 14 —
vorbehaltlich der Vorlegung des speziellen Entwurfs und des Kosten
anschlages mit dem Antrage des Magistrats einverstanden erklärt.
Von den projektirten etwa 40 Gebäuden der neuen Jrren-Anstalt
seien sodann auf Grund der vorgelegten speziellen Entwürfe von der
Versammlung unterm 1. März 1900 die gegenwärtig bereits im Roh
bau fertig gestellten 4 Pflegehäuser und uiiteriu 3. April 1901 die
beiden offenen Häuser für ruhige Kranke zu den veranschlagten Kosten
von 2 295 600 M und 941 900 ^ genehmigt worden. Nach der
heute zur Berathung stehende Vorlage beantrage nun der Magistrat
unter Vorlegung der Spezialentwürfe die Genehmigung zum Bau
von 4 weiteren Gebäuden, nänilich des Verwaltungsgebäudes, des
offenen Hauses für Frauen und der beiden Aufnahmehäuser. Die
Baukosten beliefen sich nach den Anschlägen ans 606 OM M,
445000 M und 772 000 M, während sie früher überschläglich auf
616000 Jt, 434 300 Ji und 736 900 JC berechnet worden seien.
Wie aus der Berathung der Vorlage im Plenum der Versamm-
lung hervorgehe, werde der Ausschuß sich hauptsächlich mit der Frage
zu beschäftigen haben, ob es im gegenwärtigen Stadium der An
gelegenheit noch zweckmäßig sei, behufs Herabmindcrnng der Bau
kosten Aenderungen an den Bauten und insbesondere an der Fassade
vorzunehmen. Gebunden sei nian in dieser Beziehung in keiner
Weise, da die Genehniignng des Vorentwurfs mit dem oben gedachten
Vorbehalt erfolgt sei und somit die Möglichkeit vorliege, auch jetzt
noch Erinnerungen vorzubringen und etwa nothwendige Abände
rungen des Bauprojekts zu beschließen.
Im Anschlüsse an diese Ausführungen bemerfte der Herr Siadt-
Bauraih, daß es nach den Ansichten der Irrenärzte in hygienischer Be
ziehung am zweckmäßigsten sein würde, die Geisteskranken in kleinen
Häusern unterznbringen. Eine derartige Bauweise würde aber eine
so große Anstalt wie Buch, die für 1 5M Irre bestimmt sei, sehr ver-
theuern und man sei daher aus Sparsamkeitsrücksichteu gezwungen,
einzelne große Bauten herzustellen. Um jedoch durch kaserncn- oder
gefängnißartige Bauten in den Geisteskranken beim Betreten der An
stalt keine ungünstige Stimmung aufkommen zu lassen und um der
Anstalt einen freundlichen Charakter zu verleihen, werde es von den
Irrenärzten für dringend wünscheuswerth bezeickmet, daß bei diesen
großen Bauten die Fassade etwas gegliedert und belebt werde. Diesem
Wunsche der Irrenärzte sei durch die crkcrartigeu Erweiterungen der
Fenster in bescheidener Weise Rechnung getragen worden. Im klebrigen
habe man sich bei der Aufstellung der Spezialprojekte für die in
Frage komnienden Gebäude streng nach dem durch alle Instanzen ge-
nehnligten Vorentwurf gerichtet und seien Abweichungen von dem
selben nicht vorgenommen worden. Unter diesen Umständen erscheine
es im gegenwärtigen Zeitpunkte, wo ein Theil der Gebäude im Roh
bau bereits fertiggestellt sei und mit dem Bau der beiden offenen
Häuser für ruhige Kranke vorgegangen werden solle, nicht zulässig,
an der Architektur der übrigen korrespondirenden Gebäude etwas zu
ändern Bei den mehr zurückstehenden, mit einer Mauer zu ver
sehenden Gebäuden, den sogenannten Ueberwachungshäusern, sei es
weniger erforderlich, den obigen Gesichtspunkt zu betonen, und es
werde hier die Fassade etwas einfacher gehalten werden.
Der Herr Stadt-Baurath erläuterte sodann an der Hand der
Projcktzeichnnngen die einzelnen Baulichkeiten und hob hierbei ins
besondere hervor, daß die durchaus nicht etwa luxuriös auszugestaltenden
Festräume in Buch, obgleich hier für 1 5M Irre vorgesorgt werden
müsse, kleiner seien als in den übrigen städtischen Jrren-Anstalten.
Die Festräume umfaßten in Dalldorf 761 gm, in Herzberge 755 gm,
in Wuhlgarte» 887 qm. in Buch aber nur 678 gm.
Im Ausschüsse wurden von zwei Seiten die bereits im Plenmu
der Versammlung bezüglich der crkerartigen Fenstervorbanten geäußerten
Bedenke» heule wiederholt. Man hob hervor, daß es als unzweck
mäßig zu erachten sei, die Fenster sämmtlich vorzubauen, da hierdurch
die Anstalt ein monotones Aussehen erhalte und die ini Interesse der
Geisteskranken gestellte Forderung der Aerzte auf Abwechslung in den
Gebäuden nicht erfühl werde. Es müsse versucht werden, hieran noch
zu ändern und Ersparnisse herbeizuführen. Da für Steiniuetzarbeitcn
beim Berwaltungsgebände 88 000 M, bei dem offenen Hause für
Frauen 74 000 M und den beiden Anfnahinehänscrn je 68000 M.
im Ganzen also für diese 4 Gebäude 2980M„« verlangt werden und
die Vermuthung berechtigt sei, daß höchstwahrscheinlich diese Summe
größtenthcils zu den Fenstervorbanten gebraucht wird, so ständen recht
erhebliche Beträge in Frage.
Seitens des Herrn Stadt Baurathtz wurde dieser Ansicht als
unzutreffend widersprochen. Derselbe bemerkte, daß von diesen Koste»
ein verhältnißmäßig nur geringer Theil auf die Fcnstervorbauten
entfalle und wies aus den, Kostenanschläge nach, daß zu diesem Zweck
nur 4 800-j-3 200 — 8000 Jt für ein Gebäude verlangt würden.
Die übrigen Redner des Ausschusses sowie die Herren Magistrats
Vertreter sprachen sich für die unveränderte Annahme des Magistrats
antragcs aus. Man hielt es nicht für zweckmäßig, nachdeni bereits
ein Theil des Bauplanes in die Wirklichkeit überführt worden und
eine Reihe von Spezialeutwürfen unbeanstandet genehmigt seien,
nunmehr noch Neuerungen au der zugehörigen Baugruppe ein
zuführen bezw. Veränderungen an der Fassade vvrznuchinen.
Eine Beaustauduug der Spezialprojekte mache eine Umarbeitung
derselben nöthig, die viel kostbare Zeit erfordere: eS fei daher zweifel
haft, ob in diesem Falle in der bevorstehenden Bauperiode über
haupt noch mit dem Bau der Häuser werde begonnen werden können.
Die baldige Fertigstellung der Anstalt in Buch sei aber dringend
wünscheuswerth, da die übrigen städtischen Irren-Anstalten bis aus
den letzten Platz gefüllt seien und sich gegenwärtig bereits 1 7M Geistes
kranke in Prival-Anstalten befänden. Bedenke mau ferner, welche
Zinsverluste durch eine Verzögerung des Baues entstehen, so komme
man zu der Ueberzeugung, daß hier eine durch Veränderung der
Fassade zu erzielende Sparsamkeit am falschen Platze sei.
Von einer Seite wurde ferner hervorgehoben, daß in der gegen
wärtigen Priode des wirthschasllichen Niedergangs und der Arbeits-
losigkeit die städtische Bau-Deputation viel zur Linderung der Noth
beitragen könne, wenn sie flott mit ihren Bauten vorgehe. Hieran
dürfe mau sie durch kleinliche Bedenken und Ausstellungen an den
Spezialeutwürfen nicht hindern, im Gegentheil empfehle es sich durch
Annahme einer Resolution den Magistrat dahin zu dränge», die
Fertigstellung der Anstalt nach Möglichkeit zu beschleunigen.
Andererseits hielt inan es im Ausschüsse aber auch für erforderlich,
mit Rücksicht auf die städtische Finanzlage und auf das voraussicht
liche Herabgehen der Neuverträge, sich auch bei den Bauten eine
thunlichste Beschränkung aufzuerlegen und nach der Decke zu strecken.
Demgemäß wurde beantragt, eine Resolution zu beschließen, durch
welche der Magistrat ersucht wird, bei der Ausführung der noch nicht
speziell genehmigten Bauten der Irren-Anstalt zu Buch durch thun
lichste Vereinfachung der Fassade auf Ersparnisse hinzuwirken.
In Folge dieses Antrages lvurden sämnitliche heute gegen die
Magistratsvorlage geäußerten Bedenken fallen gelassen und der Aus
schuß hat, nachdem auf eine desfallsige Anfrage der Herr Stadt
Baurath noch die Einstellung eines Postens von 21 5M M für eine
bessere Ausstattung des Festsaales liebst Bühiieueiurichtung, des Speise-
und Musiksaales k. unter Titel „Insgemein" des Kostenanschlages,
kurz gerechtfertigt hatte, einstinimig beschlossen, der Versammlung
folgende Beschlußfassung zur Annahme zu empfehlen:
Die Versammlung genehmigt die ihr vorgelegten speziellen
Entwürfe zu dem Verwaltungsgebäude, dem offenen Haufe
für Frauen und zwei Aufnahmehäusern der Irren-Anstalt in
Buch, sowie die mit 606 OM M bezw. 445000 JC und
772 000 M abschließenden Kostenanschläge hierzu und stellt
diese Beträge a conto der in dem Spezial-Etat 35 für die
Irren Anstalt in Buch vorgesehenen Bauraten zur Verfügung.
Gleichzeitig ersucht die Versammlung den Magistrat:
1. bei Ausführung der noch nicht speziell genehmigten Bauten
der Irren-Anstalt in Buch durch thunlichste Vereinfachung
der Gestaltung der Fassade auf Ersparnisse hinzuwirken,
2. die Fertigstellung der Anstalt nach Möglichkeit zu beschleunigen.
Der Druck des Protokolls soll stattfinden, zum Berichterstatter
ist der unterzeichnete Vorsitzende gewählt worden.
V. w. o.
Louis Sachs.
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