126
Die Stadtverordneten-Versammlung hat durch Beschluß vom
23. v. Mts. — Protokoll Nr. 9o — mit der Vorberathung der vor-
bezeichneten Vorlage einen Ausschuß beauftragt. In der heutigen
Sitzung dieses Ausschusses wurde zur Begründung für eine nähere
Prüfung der Vorlage bemerkt, daß in dem derselben beigefügten Kosten-
überschläge zu den in Folge Höherlegung der Straße 12, Abtheilung UV
erforderlichen Aenderungen der baulichen Anlagen auf dem fiskalischen
Werkstattgelände die einzelnen Kostenansätze in Pauschalbeträgen an
gegeben seien. Zur genaueren Prüfung dieser Beträge erschien eine
neue Spezialisirung derselben nothwendig.
Aus den hierauf seitens des Herrn Magistrats-Vertreters
Stadtrath Kauffmann und des Herrn Stadt-Bauinspektors Lasser
an der Hand eines Situationsplanes gegebenen Erläuterungen ergab
sich Folgendes:
Die König!. Eisenbahn Direktion habe zuerst das Straßenland
unentgeltlich der Stadtgemeinde übereignen wollen. Hierbei sei jedoch
verlangt worden, daß die Stadtgemeinde den Fiskus nicht nur
schadlos halten sollte wegen diejenigen Einrichtungen, welche in Folge
der Straßenregulirung insbesondere der damit verbundenen Auf-
höhung des Geländes an dem Werkstattsgrundstücke nothwendig
wurden, sondern auch von allen Anliegerbeiträgen hinsichtlich des
Grundstücks für jetzt und in Zukunft befreie. Die städtische Bau-
Verwaltung habe aber geglaubt, die Bedingung betreffs des Erlasses
der Anliegerbeiträge grundsätzlich den Gemeindebehörden nicht zur
Annahme empfehlen zu können.
Der mit der Königl. Eisenbahn-Direktion geführten weiteren
Verhandlungen zu Folge werde jetzt für die 3113 gm große und
zirka 380 m lange Straßenfläche ein Betrag von 18 678 Jfc = 6 Jt
für das Quadratmeter, sowie die Erstattung der durch die Straßen
regulirung nothwendig werdende» Aenderungen auf dem Werkstatts-
grundstücke entstehenden Kosten verlangt. Unter Hinzurechnung dieser
Kosten im Betrage von 88 500 Jt stellten sich demnach die Gesammt-
kosten für das Straßeugelände aus 107178 Jt = 35 Jt für das
Quadratmeter.
Die Besitzer der an der nördlichen Sttaßcnseite belegenen Grund
stücke seien, um eine möglichst baldige Anbaufähigkeit der Sttaße her
beizuführen. bereit, die von ihrem Gelände benöthigte» Straßenflächen
unentgeltlich der Stadtgemeinde zu übereignen.
Die Straße 12 liege zirka 3 m tiefer als die au dieser vorbei-
führende Warschauerstrabe und noch tiefer als die benachbarte
Memclerstraße. Vor dem hier in Betracht kommenden Werkstatts-
grundstücke müßte die Straße zur projektirten Regulirung derselben
um zirka 2.3» bis 2,so m höher gelegt werden. Durch die Straßen-
aufhöhung würden aber die nahe der Straße befindlichen und von
dieser Straße aus zugänglichen Baulichkeiten des Werkstattsgeländes
in Mitleidenschaft gezogen. Um die nothwendigen Zugänge zu den
Baulichkeiten ,'c. zu schaffen, seien erforderlich:
1. zwei Freitreppen zu dem Beamtenhause, bezw. zum jetzigen
westlichen Haupteingangc am Speisesaale des Werkstatt-
gebäudes und
2. die Anlage einer Zufahrtsrampe von rund 900 gm Grund-
fläche westlich hinter dem Magazingebäude.
Ferner würde die Herstellung und Abdeckung von 12 Licht
schächten für die durch die Rampe verschütteten Kellerfenster, sowie die
Verlegung des Einganges zum Oelkeller im Magazingebäude noth
wendig. Die Herstellung der Umfassungsmauern von zirka 1 370 ebm
Mauerwcrk und Ziegelsteinen einschließlich Material erfordern allein
zirka 68500 Jt. Hierzu kämen noch die Kosten für den Abbruch
und die Wiederaufstellung einer eisernen Einfriedigung vor dem
Beamtenwohnhause, für theilweise Aenderung der Entwässerungs-
anlage und für anderweitige geringfügigen Arbeiten. Die veran
schlagten Kosten von 88 500 Jt seien nach der besonderen Prüfung
seitens der städtischen Bau-Verwaltung für ausreichend und auch für
angemessen erachtet worden.
Hinsichtlich des Verkaufsrechts, welches auf den zu erwerbenden
fiskalischen Straßenflächen ruhe. sei zu bemerken, daß es sich hier nur
um Straßenland. also um ein der Bebauung entzogenes Gelände
handle. Ein Geltendmachen des Vorkaufsrechts seitens der Vor
besitzer, welche dasselbe im Enteignungsverfahren an den Eisenbahn-
fiskus hätten abtreten müffen, dürfte wohl kaum zu erwarten sein,
event, stände der Stadtgemeinde das Recht der Enteignung zur Seite.
Die gegen die Vorlage erhobenen Bedenken wurden nach diesen
Erläuterungen von allen Rednern als beseitigt angesehen. Man ging
hierbei auch von der Ansicht aus, daß für den Fall der Enteignung
der fraglichen Straßenflächen wohl jedenfalls der Eiseubahnfiskus Ent
schädigungsansprüche aus Anlaß der Höherlegung der Straße würde
geltend machen. Ob dann eine Herabsetzung des Erwerbspreises von
36 ,n pro Quadratmeter erzielt werden würde, erscheine doch sehr
zweifelhaft. Im Hinblick darauf und um auch die durchaus noth
wendige Entwässerung der Straße ausführen zu können, dürfte es
jedenfalls zweckmäßiger sein, die fiskalischen Straßenflächen nach dem
Vorschlage des Magistrats zu erwerben.
Der Ausschuß hat sich sodann einstimmig für die Annahme
des MagistratSantrages erklärt, weshalb der Versamnilung folgende
Beschlußfassung empfohlen wird:
Die Versammlung ist mit der Erwerbung der zur Frei
legung der Straße 12, Abtheilung XIV, erforderlichen, eisen-
bahnfiskalischen Flächen von zusammen 3113 gm gegen
Zahlung der 88 500 Jt betragenden Kosten für die in Folge
Höherlegung und Regulirung der Straße vom Eisenbahn^
stskus vorzunehmenden baulichen Aenderungen und Ein-
richtungeu auf dem Grundstücke und Zahlung eines Preises
von 6 Jt pro Quadratmeter, zusammen also von 107 178 Jt,
einverstanden.
Die Verausgabung erfolgt beim Titel II A der Spezial-
Verwaltung Nr. 36.
Das Protokoll soll gedruckt werden und mit der Berichterstattung
ist der unterzeichnete Vorsitzende beauftragt worden.
V. w. o.
Wallach.
121 Protokolle des Ausschusses zur Borberathung der
Vorlagen:
a) (Drucksache 40), betreffend den Vorentwurf zum
Neubau der Gemeinde-Doppelschule in der Pappel-
Allee 41/42,
b> (Drucksache 45), betreffend de« Borentwurf zum
Neubau der Gemeinde - Doppelschule in der
Samariterstraffe,
«-) (Drucksache 47), betreffend den Borentwnrf zum
Neubau der Gemeinde - Doppelschule in der
Greifenhagenerstraffe.
I.
Berlin, den 4. Februar 1902.
An wesend:
Stadtverordneter Bracke, Vorsitzender,
vr. Glatzel, Vorsitzender-Stellvertreter,
- Bruns,
. Buchow,
. Cremer,
Haberland,
. Körte,
- Ladewig,
Stadtverordneten-Vorsteher vr. Langerhans.
Stadtverordneter Metzner,
- Raaz,
- Stapf,
. Tolksdorf.
. Ulrich,
Zylicz.
Anwesend als Magistrats-Vertreter:
Stadt-Baurath Hoffmann.
Außerdem mit Zustimmung des Ausschusses:
Stadt-Bauinspektor Matzdorff.
Die Versammlung hat in ihrer Sitzung vom 23. v. Mts. —>
Protokoll Nr. 17 — die Vorberathung obiger drei Vorlagen einem
Ausschüsse übertragen. Zu Mitgliedern desselben wurden von den
Abtheilungen die oben bezeichneten Stadtverordneten gewählt.
Auf Vorschlag des Vorsitzenden beschloß der Ausschuß, seine
Berathungen in der Weise vorzunehmen, daß ohne Generaldebatte die
Projekte jedes für sich eingehend geprüft und erörtert werden sollen.
Es wurde begonnen mit Vorlage 40, betreffend den
Vorentwurf zum Neubau der Gemeinde-Doppelschule
in der Pappel-Allee 41/42.
Prinzipielle Bedenken wurden geltend gemacht gegen die hohen
Dächer, gegen die Thürme und die Fenster.
Zur Erläuterung führte der Herr Stadt-Baurath aus, daß das
Grundstück für einen Schulbau nicht günstig gelegen sei, es habe eine
zu große Tiefe und zu schmale Fronten. Diese ungünstige Gestaltung
des Grundstücks habe dazu geführt, nach einander fünf Entwürfe
anzufertigen, von denen das vorliegende Projekt das beste und spar-
famste sei. —
Zu den hohen Dächern bemerkte der Herr Stadt-Baurath, daß
heute flache Dächer nicht mehr hergestellt würden, sondern stets hohe.
Man könne ja die Dächer dieser Vorlage etwas drücken, dann gehe
aber die wohlberechnetc Perspektive verloren. Ein hohes Dach sei
durchaus nicht theuerer als ein flaches Dach; bei ersterem koste das
Holz, bei letzterem die Drempelhöhe mehr Geld; die vollständig gleich
hohe Preislage beider Arten von Dächern sei in mehreren Fällen
rechnerisch nachgewiesen worden. Ueberdies seien die hohen Dächer