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Volume No. 8 (113-126), 8. Februar 1902

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1902 (Public Domain)

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Der Magistrai beantrage dem Vorschlage des Viehhofs Kura 
toriums entsprechend, sich damit einverstanden zu erklären, das; der 
Zuschlag an Herrn Gustav Lücke zum Preise von 37 000 J(- für 
das Jahr ertheilt werde, obgleich drei Höchstgebote von 58000 bezw. 
65 000 M vorlägen. Ein weiteres, von einer Brauerei-Aktiengesell 
fchatt gemachtes Gebot von 65 000 Jt sei von vornherein aus 
geschieden. weil der Restanrationsbetrieb ein für alle Mal an solche 
Gesellschaften nicht vergeben werden solle, wogegen Widerspruch in der 
Versammlung nicht erhoben worden wäre. Die Nichtberücksichtigung 
eines der anderen Höchstbieiendcn dagegen habe zur Einsetzung des 
Ausschusses geführt, weil in der Magistratsvorlage angeführt fei, daß 
die Bieter nicht diejenigen Garantieen zu leisten ini Stande erscheinen, 
die für den umfangreichen Betrieb der Viehhofsrestanration im Inter 
esse der Gewerbetreibenden auf dem Viehhof und im Interesse der 
Stadtgemeinde gefordert iverden müßten, während in der Versammlung 
die Ansicht verlantbarte, ob bei einer gründlichen Untersuchung das 
nicht dennoch der Fall sein möchte. 
Es sei ferner, wie der stenographische Bericht vom 23. v. Mts. 
ergebe, gesagt ivorden, dast bei der kürzlich erfolgten Weiterverpachlnng 
des Restaurationsbetriebes der Markthalle in der Neuen Friedrichstraße 
der Vater des Herr» Gustav Lücke, da er der Unterstützung seines 
Sohnes benöthige, das Verlangen gestellt habe, dast in dem Pacht- 
vertrag auch sein Sohn, Herr Gustav Lücke als Pächter mit ein 
getragen werde und daß damals in der Vorlage ausgesprochen worden, 
die Unterstützung des Vaters durch den Sohn sei absolut nothwendig, 
letzterer wäre dann aber doch nicht in der Lage, den Schlacht und 
Vichhof zu bewirthschaften. Zur Richtigstellung der Sachlage wurde 
daher bemerkt, dast eine derartige Vorlage an die Versammlung nicht 
gelangt sei und die Prolongation des Vertrages mit Herrn Lücke l'e». 
■— um eine solche habe es sich nur gehandelt — nach Rücktritt 
des Herrn Gustav Lücke allein mit dem Vater staltgefnnden habe. 
Demnächst wurde in die Berathung eingetreten und die Erivartniig 
ausgesprochen, es würde», wie bei der Vermiethung ini Jahre 1897 
geschehen, dem Ausschüsse zunächst die speziellen Angaben über die ein 
gegangenen Miethsofferten gemacht iverden. Letzteres gesckiah. indem 
der Herr Magistrats-Vertreter unter näherer Bezeichnung der be- 
tresfendcn Personen mittheilte, dast geboten hätten: 
1. Herr Grost 65 000 ,M, 
2. - Anders . . . . 58 000 - 
3. - Kolb 58 000 
4. - Lücke 57 000 • 
5. - Christel 65 000 - 
6. bis 15. die Herren Pateruacki, Hempel, 
Martin ». s. w. 54 000 M bis herab zu. . 40 000 « 
16. die Brauerei-Aktiengesellschaft, wie schon Ein 
gangs gesagt, ebenfalls 65 000 - 
Urner den Mindcstbietenden befinde sich auch der bisherige 
Miether Herr Flechs mit dem Angebot von 52 000 M. 
Bei der hierauf erörterten Personenfrage herrschte Uebereinstimmuilg 
darüber, daß die Mindergebote ohne Weiteres auszuscheiden seien. 
Dann wurden die Gründe mitgetheilt, welche das Knratoriltm bewogen 
hätten, vor allen übrigen Bietern Herrn Gustav Lücke den Vorzug 
zu gebe». Derselbe habe, wie bekannt, zu allgemeiner Zufriedenheit 
lange Zeit das Geschäft seines. Vaters in der Markthalle geführt, 
befinde sich — 35 Jahre alt —■ im besten Mannesalter und laste 
hoffen, daß die Viehhofs-Verwaltnng endlich einen Miether erhalte, 
mit dem sie prolongiren könne, was sehr erwünscht sei. Die Restau 
ration auf dem Schlachthof wäre zurückgegangen, es sei deshalb rin 
Mann hinein zu bringen, der etwas verstehe und das Geschäft wieder 
hoch bringe. Die Verwaltung wolle doch die vorhandenen Räume 
angemessen verwerthen, und Herr Lücke erscheine ihr durchaus 
geeignet, die gehegten Erwartungen zu erfüllen, da er in fachmännischer 
und finanzieller Beziehung die bestmöglichsten Garantien biete. Dast 
sein Vater die Markthallen-Restauration habe, könne doch nicht hindert,, 
dem Sohn, welcher sich selbstständig niachen wolle, die Schlachthof- 
Restauration zu übertragen. 
Auf anderer Seite war man der Meinung, deut Magistrats 
antrage, ganz abgesehen von der Person, auch rein sachlichen Gründen 
nicht zustinimeu zu können. Der Vater des Herrn Lücke habe außer 
der Markthallen-Restauration noch andere geschäftliche Unternehmungen 
und ivcrde in Krankheits und sonstigen Fällen immer wieder auf den 
Sohn angewiesen sein, welcher dann behindert märe, dem ViehhofS- 
unternehmen seine nngetheilte Kraft zu ividmen, wenngleich er von 
seiner Betheiligung an der Micthung der Markthallen-Restauration 
formell zurückgetreten sei. Ini Prinzip müsse daran festgehalten 
iverden, daß bei Ausschreibungen dem Meistbietenden der Zttlchlag 
ohne Gründe zwingender Natur nicht vorenthalten werde. Meist- 
bietendcr sei aber nicht Herr Lücke; drei andere Bieter hätten höhere 
Gebote gemacht, von denen wenigstens zivei ebenfalls zu der Annahme 
berechtigten, daß sie den zu stellenden Ansprüchen genügen werben. 
Bekäme Herr Lücke die Micihung. so käme ein toeitcres bedentendes 
Geschäst in seine Familie. Gegen derartige Monopolistrnnge» von 
Geschäfien müsse aber Einspruch erhoben und grundsätzlich dahin 
gestrebt iverden, an gewerblichen Unternehmungen jeglicher Art moguchn 
viel Bürger zli hetheiligen. Aber alich ein Rinko sei mit einer anbei 
iveiten Vergebung der Miethnng nicht verbunden, da die Stadl in 
allen Fällen durch die Kaution gedeckt sei. Es werde empfohlen, 
über die Herren Groß und Anders event, durch eine Subkonnniffion 
nähere Erkundigungen einzuziehen oder ein neues Ausschreiben zu 
erlösten. 
Von einem nichi dem Ausschnste angehörenden Mitgliebe der 
Versanimlnng tvtirde ein Schriftstück des Sprit und Ligneur >r. 
Fabrikanten Emil Kopfch (i. F.: A. E. Hoffman» Rachf.l über 
reicht, inhaltlich besten der Bewerber Lücke bei Gelegenheit der Abgabe 
seines Gebots geäußert habe, Flechs bekomme die Restauration auf 
keinen Fall, die Sache liege nur zwischen Pagel und ihn, Lücke. 
Sowohl Herr Flechs wie Herr Pagel waren Minderbietende mit 
52000 bezw. 46 000 JC. Der Ausschuß war der Meinung, dem 
Schriftstück keinerlei Bedeutung beimesien zu sollen. Aber auch ein 
erneutes Ausschreiben der Vermiethung verspreche, so ivnrdr ans 
geführt, keinen Erfolg, abgesehen davon, daß die Zeit hierfür, da der 
jetzige Miehsvertrag mit Ende März er. ablaufe, z» kurz sei und auch 
die abermalige Alisschreibung ini Jahre 1897 keinen Nutzen gebracht 
habe. Es werde vielmehr de» anderweiten Vorschlägen gegenüber-an 
der Einpfehlnng des Herrn Lücke sestznhallen sein, welcher die sichere 
Gewähr einer rationellen Bewirthschaftung der Vieh und Schlachthof- 
Restauration biete, ivas bei dem bedeutenden Fremdenverkehr dalelbst 
ebenfalls von großer Wichtigkeit sei 
Von gegnerischer Seile wurde indessen nochmals der vorher ge 
iilachte Vorschlag, eine Subkvinniission einzusetzen zivecks näherer Er 
mittelungen bezüglich der meistbietenden Bewerber, oder Veranlassung 
einer nochmaligen Ausschreibung als der allein gangbare Weg i» 
dieser Angelegenheit bezeichnet. Dast die Zeit für die Ausschreibung 
zri kurz sei, könne nicht zugegeben iverden, denn auch 1897 iväre die 
Zeit kurz gewesen ii»d es wäre gegangen, was aber damals ging, 
würde'auch diesmal gehen. 
Noch einmal ivurden die Gründe für und gegen die Magistrats- 
vorläge erörtert und nebensächlich ails Veranlassung von Bemerkungen 
in einer Personenfrage znr Ermöglichung der Anbringung von Klagen 
über den Wirthschaftsbetrieb an Ort und Stelle znr Erivägnng anheim 
gegeben, ob sich nicht wie auf den Bahnhöfen zu diesem Zivecke die 
Auslegung von, durch die Verwaltung periodisch zu prüsendeii Be 
schwerdebüchern empfehlen möchte, damil dieselbe von vorhandenen 
Uebelständen rechtzeitig Kenntniß erhalte und, wenn niöglich, Remednr 
schaffe. 
Bei der, »ach Schluß der Debatte erfolgten Abstimmnng wurden 
die Anträge 
„ein nochmaliges Ausschreibe» zu erlassen" 
oder 
„durch eine Subkommission zunächst noch nähere 
Erkundigungen über die Herren Groß und Anders 
einzuziehen". 
abgelehnt und hierauf der Magistratsantrag angenommen. 
Der Ailsschuß empfiehlt somit dem letzteren entsprechend folgende 
Beschlußfassung: 
Die Versammlung erklärt sich mit der Verniiethnng der 
Vieh- und Schlachthof-Restanration vom 1. April 1902 ab 
auf 5 Jahre zuni Preise von 57 000 M pro Jahr an Herrn 
Gustav Lücke Hierselbst einverstanden. 
Das Protokoll soll gedruckt werden. Die Berichierstattung wurde 
dem Stadtverordneten Runge übertragen. 
V. w. o. 
Reichnow. Ernst Runge. 
ISO. Protokoll des Slusschuffes zur Borberathung der 
Borlage (Drucksache 27), betreffend die Erwerbung des 
zur Freilegung der Straffe IS, Abtheilung XIV, 
erforderlichen eisenbahnfiskalischen Geländes. 
Verhandelt Berlin, den 4. Februar 1902. 
Anwesend: 
Stadtverordneter Wallach, Vorsitzender, 
Raaz, Stellvertreter des Vorsitzenden, 
- Bitterboff, 
- Drenske, 
. Gemeinhardt, 
Hintze, 
Iden, 
- Lemcke, 
- Mepbring. 
Stadtralh Kauffniann, als Verirrter des Magistrats, 
Stadt-Bauinspektor Lasser. 
Entschuldigt: 
Stadtverordneter Wilke.
	        
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