125
Der Magistrai beantrage dem Vorschlage des Viehhofs Kura
toriums entsprechend, sich damit einverstanden zu erklären, das; der
Zuschlag an Herrn Gustav Lücke zum Preise von 37 000 J(- für
das Jahr ertheilt werde, obgleich drei Höchstgebote von 58000 bezw.
65 000 M vorlägen. Ein weiteres, von einer Brauerei-Aktiengesell
fchatt gemachtes Gebot von 65 000 Jt sei von vornherein aus
geschieden. weil der Restanrationsbetrieb ein für alle Mal an solche
Gesellschaften nicht vergeben werden solle, wogegen Widerspruch in der
Versammlung nicht erhoben worden wäre. Die Nichtberücksichtigung
eines der anderen Höchstbieiendcn dagegen habe zur Einsetzung des
Ausschusses geführt, weil in der Magistratsvorlage angeführt fei, daß
die Bieter nicht diejenigen Garantieen zu leisten ini Stande erscheinen,
die für den umfangreichen Betrieb der Viehhofsrestanration im Inter
esse der Gewerbetreibenden auf dem Viehhof und im Interesse der
Stadtgemeinde gefordert iverden müßten, während in der Versammlung
die Ansicht verlantbarte, ob bei einer gründlichen Untersuchung das
nicht dennoch der Fall sein möchte.
Es sei ferner, wie der stenographische Bericht vom 23. v. Mts.
ergebe, gesagt ivorden, dast bei der kürzlich erfolgten Weiterverpachlnng
des Restaurationsbetriebes der Markthalle in der Neuen Friedrichstraße
der Vater des Herr» Gustav Lücke, da er der Unterstützung seines
Sohnes benöthige, das Verlangen gestellt habe, dast in dem Pacht-
vertrag auch sein Sohn, Herr Gustav Lücke als Pächter mit ein
getragen werde und daß damals in der Vorlage ausgesprochen worden,
die Unterstützung des Vaters durch den Sohn sei absolut nothwendig,
letzterer wäre dann aber doch nicht in der Lage, den Schlacht und
Vichhof zu bewirthschaften. Zur Richtigstellung der Sachlage wurde
daher bemerkt, dast eine derartige Vorlage an die Versammlung nicht
gelangt sei und die Prolongation des Vertrages mit Herrn Lücke l'e».
■— um eine solche habe es sich nur gehandelt — nach Rücktritt
des Herrn Gustav Lücke allein mit dem Vater staltgefnnden habe.
Demnächst wurde in die Berathung eingetreten und die Erivartniig
ausgesprochen, es würde», wie bei der Vermiethung ini Jahre 1897
geschehen, dem Ausschüsse zunächst die speziellen Angaben über die ein
gegangenen Miethsofferten gemacht iverden. Letzteres gesckiah. indem
der Herr Magistrats-Vertreter unter näherer Bezeichnung der be-
tresfendcn Personen mittheilte, dast geboten hätten:
1. Herr Grost 65 000 ,M,
2. - Anders . . . . 58 000 -
3. - Kolb 58 000
4. - Lücke 57 000 •
5. - Christel 65 000 -
6. bis 15. die Herren Pateruacki, Hempel,
Martin ». s. w. 54 000 M bis herab zu. . 40 000 «
16. die Brauerei-Aktiengesellschaft, wie schon Ein
gangs gesagt, ebenfalls 65 000 -
Urner den Mindcstbietenden befinde sich auch der bisherige
Miether Herr Flechs mit dem Angebot von 52 000 M.
Bei der hierauf erörterten Personenfrage herrschte Uebereinstimmuilg
darüber, daß die Mindergebote ohne Weiteres auszuscheiden seien.
Dann wurden die Gründe mitgetheilt, welche das Knratoriltm bewogen
hätten, vor allen übrigen Bietern Herrn Gustav Lücke den Vorzug
zu gebe». Derselbe habe, wie bekannt, zu allgemeiner Zufriedenheit
lange Zeit das Geschäft seines. Vaters in der Markthalle geführt,
befinde sich — 35 Jahre alt —■ im besten Mannesalter und laste
hoffen, daß die Viehhofs-Verwaltnng endlich einen Miether erhalte,
mit dem sie prolongiren könne, was sehr erwünscht sei. Die Restau
ration auf dem Schlachthof wäre zurückgegangen, es sei deshalb rin
Mann hinein zu bringen, der etwas verstehe und das Geschäft wieder
hoch bringe. Die Verwaltung wolle doch die vorhandenen Räume
angemessen verwerthen, und Herr Lücke erscheine ihr durchaus
geeignet, die gehegten Erwartungen zu erfüllen, da er in fachmännischer
und finanzieller Beziehung die bestmöglichsten Garantien biete. Dast
sein Vater die Markthallen-Restauration habe, könne doch nicht hindert,,
dem Sohn, welcher sich selbstständig niachen wolle, die Schlachthof-
Restauration zu übertragen.
Auf anderer Seite war man der Meinung, deut Magistrats
antrage, ganz abgesehen von der Person, auch rein sachlichen Gründen
nicht zustinimeu zu können. Der Vater des Herrn Lücke habe außer
der Markthallen-Restauration noch andere geschäftliche Unternehmungen
und ivcrde in Krankheits und sonstigen Fällen immer wieder auf den
Sohn angewiesen sein, welcher dann behindert märe, dem ViehhofS-
unternehmen seine nngetheilte Kraft zu ividmen, wenngleich er von
seiner Betheiligung an der Micthung der Markthallen-Restauration
formell zurückgetreten sei. Ini Prinzip müsse daran festgehalten
iverden, daß bei Ausschreibungen dem Meistbietenden der Zttlchlag
ohne Gründe zwingender Natur nicht vorenthalten werde. Meist-
bietendcr sei aber nicht Herr Lücke; drei andere Bieter hätten höhere
Gebote gemacht, von denen wenigstens zivei ebenfalls zu der Annahme
berechtigten, daß sie den zu stellenden Ansprüchen genügen werben.
Bekäme Herr Lücke die Micihung. so käme ein toeitcres bedentendes
Geschäst in seine Familie. Gegen derartige Monopolistrnnge» von
Geschäfien müsse aber Einspruch erhoben und grundsätzlich dahin
gestrebt iverden, an gewerblichen Unternehmungen jeglicher Art moguchn
viel Bürger zli hetheiligen. Aber alich ein Rinko sei mit einer anbei
iveiten Vergebung der Miethnng nicht verbunden, da die Stadl in
allen Fällen durch die Kaution gedeckt sei. Es werde empfohlen,
über die Herren Groß und Anders event, durch eine Subkonnniffion
nähere Erkundigungen einzuziehen oder ein neues Ausschreiben zu
erlösten.
Von einem nichi dem Ausschnste angehörenden Mitgliebe der
Versanimlnng tvtirde ein Schriftstück des Sprit und Ligneur >r.
Fabrikanten Emil Kopfch (i. F.: A. E. Hoffman» Rachf.l über
reicht, inhaltlich besten der Bewerber Lücke bei Gelegenheit der Abgabe
seines Gebots geäußert habe, Flechs bekomme die Restauration auf
keinen Fall, die Sache liege nur zwischen Pagel und ihn, Lücke.
Sowohl Herr Flechs wie Herr Pagel waren Minderbietende mit
52000 bezw. 46 000 JC. Der Ausschuß war der Meinung, dem
Schriftstück keinerlei Bedeutung beimesien zu sollen. Aber auch ein
erneutes Ausschreiben der Vermiethung verspreche, so ivnrdr ans
geführt, keinen Erfolg, abgesehen davon, daß die Zeit hierfür, da der
jetzige Miehsvertrag mit Ende März er. ablaufe, z» kurz sei und auch
die abermalige Alisschreibung ini Jahre 1897 keinen Nutzen gebracht
habe. Es werde vielmehr de» anderweiten Vorschlägen gegenüber-an
der Einpfehlnng des Herrn Lücke sestznhallen sein, welcher die sichere
Gewähr einer rationellen Bewirthschaftung der Vieh und Schlachthof-
Restauration biete, ivas bei dem bedeutenden Fremdenverkehr dalelbst
ebenfalls von großer Wichtigkeit sei
Von gegnerischer Seile wurde indessen nochmals der vorher ge
iilachte Vorschlag, eine Subkvinniission einzusetzen zivecks näherer Er
mittelungen bezüglich der meistbietenden Bewerber, oder Veranlassung
einer nochmaligen Ausschreibung als der allein gangbare Weg i»
dieser Angelegenheit bezeichnet. Dast die Zeit für die Ausschreibung
zri kurz sei, könne nicht zugegeben iverden, denn auch 1897 iväre die
Zeit kurz gewesen ii»d es wäre gegangen, was aber damals ging,
würde'auch diesmal gehen.
Noch einmal ivurden die Gründe für und gegen die Magistrats-
vorläge erörtert und nebensächlich ails Veranlassung von Bemerkungen
in einer Personenfrage znr Ermöglichung der Anbringung von Klagen
über den Wirthschaftsbetrieb an Ort und Stelle znr Erivägnng anheim
gegeben, ob sich nicht wie auf den Bahnhöfen zu diesem Zivecke die
Auslegung von, durch die Verwaltung periodisch zu prüsendeii Be
schwerdebüchern empfehlen möchte, damil dieselbe von vorhandenen
Uebelständen rechtzeitig Kenntniß erhalte und, wenn niöglich, Remednr
schaffe.
Bei der, »ach Schluß der Debatte erfolgten Abstimmnng wurden
die Anträge
„ein nochmaliges Ausschreibe» zu erlassen"
oder
„durch eine Subkommission zunächst noch nähere
Erkundigungen über die Herren Groß und Anders
einzuziehen".
abgelehnt und hierauf der Magistratsantrag angenommen.
Der Ailsschuß empfiehlt somit dem letzteren entsprechend folgende
Beschlußfassung:
Die Versammlung erklärt sich mit der Verniiethnng der
Vieh- und Schlachthof-Restanration vom 1. April 1902 ab
auf 5 Jahre zuni Preise von 57 000 M pro Jahr an Herrn
Gustav Lücke Hierselbst einverstanden.
Das Protokoll soll gedruckt werden. Die Berichierstattung wurde
dem Stadtverordneten Runge übertragen.
V. w. o.
Reichnow. Ernst Runge.
ISO. Protokoll des Slusschuffes zur Borberathung der
Borlage (Drucksache 27), betreffend die Erwerbung des
zur Freilegung der Straffe IS, Abtheilung XIV,
erforderlichen eisenbahnfiskalischen Geländes.
Verhandelt Berlin, den 4. Februar 1902.
Anwesend:
Stadtverordneter Wallach, Vorsitzender,
Raaz, Stellvertreter des Vorsitzenden,
- Bitterboff,
- Drenske,
. Gemeinhardt,
Hintze,
Iden,
- Lemcke,
- Mepbring.
Stadtralh Kauffniann, als Verirrter des Magistrats,
Stadt-Bauinspektor Lasser.
Entschuldigt:
Stadtverordneter Wilke.