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Zu Nr. »6.
III.
Verhandelt Berlin, den 30. Januar 1902.
Anwesend:
Stadtverordneter Wallach. Vorsitzender.
- Bracke, Stellvertreter des Vorsitzenden,
. Baumann,
- Borgmann,
. Fähndrich,
Hoffmann,
- Homann,
. Kyllmann,
. Meißner,
Meybring,
- Queduow,
- Riemer,
Zylicz.
Als Vertreter des Magistrats:
Stadt-Baurath Krause.
Stadtrath Kauffmann.
Entschuldigt:
Stadtverordneter Kluth,
. Rosenow.
Am Beginn der heutigen Sitzung erfolgte die Neukonstituirung
des Ausschusses, worüber ein besonderes Protokoll aufgenommen ist.
Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls über die zweite
Ausschußsitzung wurden seitens der Herren Magistrats-Vertreter über
die bisher seitens des Magistrats geführten Verhandlungen nähere
Mittheilungen gemacht und ist aus diesen Verhandlungen im Wesent
lichen Folgendes zu entnehmen:
Die städtische Bau-Verwaltung und der Magistrat hielten, wie
bereits in der letzten Ausschußsitzung ausgeführt wurde, den jetzigen
Zeitpunkt für eine Durchlegung der verlängerten Magazinstraße nach
der Straße An der Stadtbahn bezw. bis zur Neuen Friedrichstraße
nicht für geeignet, weil das Projekt viele Millionen Mark erfordere
und zur Zeit andere nothwendigere Straßendurchlegungen zur Aus
führung gelangen sollen. Es wurde insbesondere hingewiesen auf die
Weiterführung der Kaiser Wilhelnistraße nach dem Schönhauser bezw.
Prenzlauer Thore, welche ganz besonders hohe Anforderungen an
die Stadtgemeinde stelle. Bei dieser Straßeudurchlegnng sei aber auch
noch gar nicht abzusehen, wie viele Kosten noch weiterhin für dieselben
entstehen würden.
Der Ansicht des Magistrats gegenüber hätten sich die fiskalischen
Behörden betreffs der verlängerten Magazinstraße auf einen anderen
Standpunkt gestellt. Dieselben hätten nänilich bei dem Magistrate
beantragt, die Baufluchtlinien für diese neue Straße wieder aufzu
heben, weil das Kasernengrundstück Aleranderstraße 10/11, über
welches diese Straße führen solle, für die Erbauung eines zweiten
fiskalischen Steuergebäudes in Aussicht genommen wäre. Der Magistrat
hätte aber diesen Antrag definitiv abgelehnt. Daraufhin sei der Stadt
gemeinde in Aussicht gestellt ivorden, daß, weil das vorbezeichnete
Grundstück durch die Straßenanlage den, fraglichen Zwecke nicht mehr
genügte, das Steuergebäude aus dem Zentrum verlegt und dazu das
Grundstück des ehemaligen Ostbahnhofsgebäudes in Aussicht genommell
werden müsse. Nach den deninächst stattgehabten kommissarischen
Verhandlungen zwischen den fiskalischen Behörden und deni Magistrate
sei von den Vertretern des letzteren der Vorschlag gemacht worden,
das Stenergebäude auf dem fiskalischen Grundstücke am Molkenmarkte
zu errichten. Auch wurde tioch von den städtischen Vertretern die
Ueberlassung des an das fiskalische Grundstück angrenzenden städtischen
Terrains, unter Hinweis auf die Verhandlungen ivegen Anlegung einer
Uferstraße zwischen Mühlendamm und Waisenbrücke, angeregt. Diese
Verhandlungen wären vor 1 Vs Jahren gepflogen worden und sei
seitdem nichts Weiteres bekannt geworden.
Aus diesen Vorgängen dürfte zu entnehmen sein, daß zur Zeit
auf ein Etitgegcnkommen der fiskalischen Behörden für eine Weiter
führung der Magaziustraße über die Aleranderstraße hinweg wohl
nicht zu rechnen sein dürfte.
Bezüglich der Abtretung des Straßeniandes von dem Grund
stücke Aleranderstraße 12 berichtete der Herr Stadtrath Kauffmann,
daß der Vertreter der Lessing'schen Erben an der Abnahme des ganzen
Grundstücks für ben Preis von 520000 M festhalte.
Ferner sei, soweit in Erfahrung gebracht werden konnte, die
sogenannte Bäckereigasse als eine historische Straße nicht zu betrachten.
Näheres festzustellen würde event. Sache des Prozesses sein.
Hierbei wurde von einem Ausschußmitgliede angeregt, daß bei
Erwerbung von Grundstücken seitens der Stadtgenieinde möglichst
direkt mit den betreffenden Grundstücksbesitzern in Verbindung getreten
werden möchte, weil bei solchen Verhandlungen eher eine Einigung
über die Preisforderungen zu erzielen sei. als wenn mit Bevoll
mächtigten verhandelt würde.
Sodann erläuterte der Herr Stadt-Baurath Krause in ein
gehender Weise die Vorlage betreffs des Kasernengrundsrücks
Aleranderstraße 10/11. Es solle danach das alte Kasernen
gebäudc bis zum mittleren Treppenflur, also in einer From-
länge von zirka 53 m zum Abbruch gelangen. Ergäbe sich bei dem
Abbruch des Gebäudetheils, daß sich die Treppenwand zur Ver
wendung als Giebel für den Abschluß des Gebäudes nach der neuen
Straße zu nicht eigne, daun solle ein neuer Giebel errichtet werden.
Das Straßenland in der Aleranderstraße würde freigelegt und das
fiskalische Grundstück in der Front dieser Straße durch einen Bretter
zäun abgeschlossen werden. Was nun das Anerkenntniß anbetreffe,
daß die Stadtgenieinde nicht berechtigt sein solle, die ihr entstehenden
Kosten in Gestalt von Anliegerbeiträgen vom Fiskus oder dessen
Rechtsnachfolger im Besitz des Grundstückes Alexanderstraße 10/11
wieder einzuziehen, so sei zu beiuerkeu, daß sich dieses Anerkenntniß
nur auf die Freilegung der Alexanderstraße, nicht aber auch auf die
neue Straße (verlängerte Magazinstraße) beziehe. Auf diese Mit
theilungen hin wurden dir im Ausschüsse erhobenen Bedenken fallen
gelassen.
Alle Redner brachten jedoch besonders zum Ausdruck, daß nian
zwar zur Zeit von der Verfolgung der Durchführung der verlängerten
Magazinstraße Abstand nehmen müsse, daß aber doch abzuwarten
sei, wie das Enteignuugsverfahreu bezüglich der Straßenflächen vor
Nr. 12 und 12a, das wegen der hohen Preisforderungen der Besitzer
wohl nicht werde zu vermeiden sein, ausfallen werde. Sollte jedoch
die Stadlgemeinde gezwungen werden, die beiden Grundstücke zu
übernehmen, dann müsse im finanziellen Interesse der Stadtgemeinde
auch die baldige Weiterführung der Magazinstraße über die Alexander-
straße hinaus bis zur Stadtbahn, bezw. bis zur Neuen Friedrich
straße ins Auge gefaßt werden.
Die Berathung war hiermit beendet.
Bei der vorgenommenen Abstimmung wurden die vorliegenden
beiden Anträge des Magistrats wegen der Grundstücke Alexander-
straße 10/11 und 12/12a einstimmig angenommen.
Demnach enipfiehlt der Ausschuß der Versammlung, wie folgt,
zu beschließen:
I. Die Versanimlung ist einverstanden mit der Erwerbung der
zur Verbreiterung der Aleranderstraße erforderlichen Fläche
des Grundstücks Alexanderstraße 10/11 von zirka 344 qm
gegen Zahlung einer Baarentschädigung von 300 M pro
Quadratmeter und Uebernahme der durch die Freilegung
derselben entstehenden Nebenkosten im Betrage von zirka
3300 M, sowie mit dem Anerkenntniß, daß die der Stadt
gemeinde durch diesen Landermerb und die Verbreiterung
der Aleranderstraße erwachsenden Kosten vom Fiskus oder
dessen Rechtsnachfolgern in Gestalt von Anliegerbeiirägen
nicht wieder eingezogen werden können.
II. Die Versammlung ist mit der Erwerbung der zur Ver
breiternng der Aleranderstraße erforderlichen Flächen der
Grundstücke Aleranderstraße Nr. 12 und 12a von zirka
186 qm bezw. zirka 80 qm im Enteignungsverfahrcn ein
verstanden.
Die zur Ausführung dieser Beschlüsse erforderlichen Mittel gelangen
beim Titel TIA der Spezial-Verwaltung Nr. 36 zur Verausgabung.
Die Protokolle des Ausschusses sollen gedruckt werden.
Mit der Berichterstattung ist der unterzeichnete Vorsitzende be
auftragt worden.
V. w. o.
Wallach.
97. Borlage (J.-Nr. 5 536 I. Grd. 01) — zur Beschluftfassung
betreffend den Austausch und Verkauf einer Fläche au
der Mosischstrahe in Treptow.
Bei Bildung der Gemeinde Treptow zu einer selbstständigen
Landgemeinde wurde der Ueberweisung der öffentlichen Wege der
Separationsrezeß der Köllnischcu Haideländereien zu Grunde gelegt.
Zu den in diesen, Rezeß ausgewiesenen Wegen gehörte auch der auf
dem anliegenden Plane mit brauner Farbe bezeichnete Theil des im
Gemeindebezirk Treptolv belegeuen Separationsweges XI. Nachdem
Wortlaute der Ueberweisungsverhandlung vom 11. September 1876
ist daher auch dieser Wegetheil an die Gemeinde Treptow überwiese»
worden. Derselbe war aber in der durch den bezeichneten Rezeß fest
gestellten Lage am 11. September 1876 nicht mehr vorhanden. Der
bestehende Weg lag vielmehr zwischen den beiden mit rothen Linien
bezeichneten inzwischen als Baufluchtlinien der Mosischstraße förmlich
festgestellten Grenzen auf deni der Stadtgemeinde gehörigen Gelände.
Der Weg in dieser Lage hat schon im Jahre 1856 bestanden, gleich
wohl scheint auch noch bei Verpachtungen des städtischen an der Nord
feite des Weges liegenden Grundstücks das Flächenmaß ohne Rücksicht
auf die neue nach Norden vorgeschobene Wegelage den älteren Ver-