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Volume No. 7 (90-109), 1. Februar 1902

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1902 (Public Domain)

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Danach hätte die Versammlung sich' bereits im Jahre 1876 
(siehe Beschluß vom 9. März desselben Jahres — Protokoll Nr. 15) 
mit der Festsetzung von Baufluchtlinien für die Verlängerung der 
Magazinstraße von der Alexanderftraße bis zur Neuen Friedrichstraße 
einverstanden erklärt, sowie durch Beschluß vom 27. September 1883 
— Protokoll Nr. 13 — die anderweitige Festsetzung von Bauflucht- 
ltnieii für die Alexanderftraße zwischen der Magazin- und der Holz 
marktstraße mit der Maßgabe genehmigt, daß die neuen Fluchtlinien 
nur bei Neu- und Umbauten hergestellt werden sollen. Durch die 
Festsetzung dieser Banfluchtliuien sei nun auch die, die Südseile des 
Grundstückes Alexanderstraße Nr. 11 begrenzende sogenannte Bäckerei- 
gasse entbehrlich geworden. Die Genehmigung zum Fortfall dieser 
Gasse, iowie zur vorgedachten anderweitigen Festsetzung der Bauflucht 
linien für die Alexanderstraße sei durch Allerhöchste Kabinetsordre 
vom 7. Juni 1881 erfolgt. 
Hinsichtlich den Höhe der für das Straßenland vor dem Grund 
stücke Alexanderstraße 10/11 seitens des Domäncnfiskus geforderten 
Preises wurden noch andere Preise in Vergleich gezogen, welche für 
in nächster Nähe des gedachten Grundstückes erworbene Straßcuflächen 
gezahlt worden seien. So sei z. B. im Jahre 1887 das Straßenland 
vor den Grundstücken 2h und 28 a mit 100 M, vor Nr. 17 mit 
220 ,M und im Jahre 1895 das Straßenland an der Stadtbahn von 
den, ehcnialigcn Bäckereigrundstücke mit 225 M bcwerthet worden. 
In der demnächst erfolgten Berarhitug erkannte man allseitig an, 
daß die bestehenden Verkehrsverhältnisse in der Alexanderstraße zivischen 
der Magazin und der Blnmenstraße unhaltbare seien und daß mit 
der Freilegung des Straßenlandes vor Nr. 10/11 jetzt fast gar nichts 
erreicht werde, ivcil die Nachbargrundstücke Nr. 12 und 12 a erheblich 
über die Baufluchtlinie hinousragteu und der Verkehr dann doch in 
noch gefährlicherer Weise zusammengedrängt werde, als es jetzt geschähe. 
Die Breite des Fahrdammes an dieser Stelle betrage nur 11 m 
und der Bürgersteige zirka 2 bezw. 1 m. Dabei kommen noch in 
Betracht, daß hart an der Bordschwelle des Bürgersteiges vor Nr. 12 
und 12 a sich die Schienen der Straßenbahn befänden, wodurch das 
den Bürgersteig passierende Publikum äußerst gefährdet werde. Diese 
Vereugtliig der Alexanderstraße erschwere also nicht nur den äußerst 
lebhaften Wagen und Fußgängerverkehr, sondern bringe auch Fnhr- 
ivcrke und Passanten in große Gefahr. Im Interesse des Verkehrs 
und zur Sicherheit der Fußgänger erscheine es daher geboten, auf die 
sofortige Verbreiterung des ganzen fraglichen Theiles der Alexanderstraße 
hinzuivirken. Der Schwerpunkt liege hier jedenfalls vor den Grund 
stücken Nr. 12 und 12 a, weshalb sowohl die vor diesen als auch die 
gegenüber vor den Nr. 271, und 27 a befindlichen Straßenflächen, 
sowie ferner diejenigen vor dem Grundstücke Nr. 25. wo der Straßen 
dämm sogar nur zirka 9 m breit sei, ohne Zweifel gleichzeitig freizu 
legen feien. 
Dar- Straßensaud vor Nr. 10/11 müsse ja unbedingt freigelegt 
werden, aber in der Weise, wie der Magistrat in feiner Vorlage 
beantrage, die Straßenfreilegniig vorzunehmen, darauf sönne man 
doch wohl nicht so ohne Weiteres eingehen. 
Das hier in Betracht kommende Grundstück gehört dem 
Doinänensiskus und sei mit einem ganz alten, dem Stadtheile 
keineswegs zur Zierde gereichenden Gebäude besetzt. Von der Fassade 
desselben sei die Kalkbekleidung vollständig abgefallen, auch befänden 
iich die in dem Gebäude vorhandenen Räumlichkeiten in einem solchen 
Zustande, daß sie für Wohnzwecke, denen sie jetzt noch dienten, aus 
sanitären Gründen wohl überhaupt nicht mehr vcrmiclhet iverden 
dürsten. Von diesem Gebäude solle mm ein Theil desselben abge- 
brocben und dadurch eine Fläche von 311 gm zur Straße freigelegt, 
sowie der stehcnbleibendc Theil des Gebäudes mit einer neuen Giebel- 
tvand in der Baufluchtlinie der neuen Straße versehen werden. Es 
iväre nun von verschiedenen Seiten in der Bürgerschaft der dringende 
Wunsch zu erkennen gegeben ivordcn, auf die Beseitigung des ganzen 
Gebäudes hinzuwirken. Gehe man also ohne weitere Bedenken 
daraus ein. an dem Gebäude einen neuen Giebel aufführe» zil lassen, 
dann möchte es wohl aus absehbare Zeit ausgeschlossen sein, daß das 
ganze Gebäude zum Abbruch gelange. An die Durchlcgung der 
verlängerten Magazinstraße wäre aber in diesem Falle überhaupt 
vorläufig nicht zu denken. Die Anlegung der letzteren Straße sei 
aber bereits vor 21 Jahre» für nothwendig befunden worden. Die 
erhebliche Zunahme des Verkehrs während dieser Zeit dränge unab- 
weislich daraus hi», diese Straße baldmöglichst zu öffnen. Jetzt 
trete auch noch der Umstand hinzu, daß durch die Erbauung eines 
Postamtes in größerem Umfange auf dem ehemaligen Magazin- 
Grundstücke an der Ecke der Magazin- und der Alexanderstraße eine 
iveitere Zunahme sowohl des Fahr als des Personenverkehrs ein 
treten und die Alexanderstraße überlasten werde. Deshalb sei schon 
aus diesem Grunde nicht nur eine Verbreiterung der letzteren Straße 
in dem fraglichen Theile, sondern auch die Dnrchlegung der ver 
längerten Magazinstraße zur Ablenkung des Verkehrs nach der Straße 
an der Stadtbahn, bezw. nach der Neuen Friedrichstraße nicht länger 
hinauszuschieben. 
Der Herr MagislratsVertretcr sowie der Herr Siadt-Bauinjpcktor 
Gottheiner äußerten sich demnächst dahin, daß man wohl allerseits 
darüber einig sei. den bisherigen Zustand in dem fraglichen Theile 
der Alexanderstraße nicht länger bestehen zu lassen. Dem Beschlusse 
der Stadtverordneten-Versammlung vom 27. September 1883, wonach 
die Freilegung der Alexanderstraße nur bei Um- oder Neubauten 
erfolgen solle, habe der Magistrat sich bisher gefügt. Durch die ver 
schiedencn eingegangenen Petitionen und Beschwerden sah sich der 
Magistrat gezwungen, jetzt mit der Freilegung der Straße vor 
zugehen. 
Die Grundstücke, welche in der Alexanderstraße das Verkehrs- 
hindcrniß bildeten, seien die Nummern 10/11, 12, 12a, 25, 27a, und 
27b. Man müsse deshalb zunächst mit der Freilegung der Straße 
vor dem Grundstücke Nr. 10/11 anfangen. Die Ban-Deputation be- 
absichtige demnächst auch die Verhandlungen ivegen Freilegung der 
Straße vor den Nummern 12 und 12a aufzunehmen. Die Kosten 
für die gänzliche Straßcnfreilegnng seien garnicht so unbedeutend und 
man dürste daher wohl annehmen, daß die Bewilligung der dazu er 
forderlichen Beträge seitens der städtischen Behörden nicht so leicht zu 
erhalten sein möchte. Da an die Stadtgemeinde zur Zeit größere 
Anforderungen gestclltt würden, erscheine es wohl cmpfehlenswerth, 
in erster Linie das kleinere Projekt zur Ausführung zu bringen. 
Die Bau-Deputation habe aus diesem Grunde geglaubt, nur stück 
weise bei der Freilegung der Alexanderstraße vorgehen zu sollen. 
, Im vorliegenden Falle sei es nun derselben gelungen, ein Ein 
Verständniß mit dem Domänenfiskus zu erzielen, uni wenigstens vor 
dem Grundstücke Nr. 10/11 die Straßeufreilegung zu ermöglichen. 
Im allgemeinen Interesse dürfte es daher liegen, dem Antrage des 
Magistrats zuzustiinincn, vielleicht mit der Maßgabe, daß hinsichtlich 
der Erwerbung der übrigen zur Freilegung der Straße bcnöthigten 
Flächen die erforderlichen Verhandlungen baldmöglichst eingeleitet 
iverden möchten. 
Betreffs des Grundstücks Nr. 25 wurde mitgetheilt, daß dasselbe 
vermuthlich im Jahre 1903 zur Neubebauung und daß dann auch 
das davor belegcne Straßenland zur Freilegung gelangen würde. 
Wenn noch angeführt werde, daß durch die Errichtung eines 
neuen Giebels an dem alten Gebäude von Nr. 10/11 dasselbe in 
seinem jetzigen schlechten Znstandc noch weiter würde bestehen bleiben, 
so sei allerdings anzunehmen, daß der Fiskus eine gänzliche Be 
seitigung des Gebäudes in absehbarer Zeit wohl nicht vorzunehmen 
beabsichtige. 
Hierbei möchte noch zu bemerken sein, daß die Anlegung der 
verlängerten Magazinstraße sich noch viele Jahre hinziehen dürfte, 
weil auf ein großes Entgegenkommen seitens der Besitzer der hierbei 
in Betracht kommenden Grundstücke, des Domänen- und des Reichs- 
militärfiskus, doch wohl kaum zu rechnen sei. 
Was den geforderten Preis von 300 JC pro Quadratmeter an 
betreffe, so sei hingewiesen ivorden u. A. auch auf den dem Fiskus 
für Terrain an der Stadtbahn gezahlten Preis von 225 M pro 
Quadratmeter. Bei dieser Fläche habe es sich jedoch nur uni Hinter 
land gehandelt, während die von Nr. 10/11 zu erwerbende Fläche als 
Bauland zu hewerthen sei. In der Nähe dieses Grundstücks seien 
z. B. Grundstückspreise von 500 bis 600 M pro Quadratmeter bezahlt 
worden, wobei allerdings auch die Größe und Tiefe der betreffenden 
Grundstücke in Betracht zu ziehen sei. Jedenfalls könne man aber 
den hier geforderten Preis von 300 M pro Quadratmeter immer noch 
als einen annehmbaren bezeichne». 
Andere Redner sprachen sich dahin aus, daß wohl Niemand gegen 
die Freilegung des Straßenlandes vor dem Grundstücke stimmen werde. 
Der vorliegende Magistratsantrag sei auch nur beanstandet 
worden, weil er für unzulänglich gehalten werde, und nicht geeignet 
sei, die dort bestehenden Verkehrshindernisse zu beseitigen. In der 
Bürgerschaft würde man es nicht verstehen, wenn jetzt nur stückweise 
vorgegangen und halbe Arbeit geniacht werden sollte. Die Höhe der 
Kosten dürften keineswegs einen Hindernißgrund bilden. Der geforderte 
Preis von 300 M pro Quadratmeter sei allerdings hoch, aber mit 
Rücksicht auf das Vcrkehrsinteresse könnte man auch diesen. Preise 
zustimmen. 
Es entstehe bei dieser Angelegenheit nur die Frage, auf welche 
schnellste und beste Weise sowohl ini Interesse des Verkehrs, als auch 
im Interesse der Stadtgemcinde eine Beseitigung der Verkehrshindernisse 
in der Alexanderstraße und insbesondere eine Durchlegung der ver 
längerten Magazinstraße, wenn nicht bis zur Neuen Friedrichstraße, 
so doch mindestens bis zur Stadtbahn durchgeführt iverden könne. 
Durch die Annahme des Magistratsantrages werde die neue 
Straße an der Alexanderstraße von Baulichkeiten freigelegt und von 
dem alten Gebäude ein Theil in einer Front von zirka 53 m beseitigt. 
Diese neue Straße führe von der Alexanderstraße aus bis zur 
Stadtbahn, über domänen- bezw. reichsmilitärfiskalischen und von der 
Stadtbahn bis zur Neuen Friedrichstraße wiederum über domänen 
flskalischen Besitz. Der immer stärker werdende Verkehr fordere 
gebieterisch diese Dnrchlegung; auch sei bei den etwaigen Verhandlungen 
init dem Fiskus darauf hinzuweisen, daß ihm selbst große Vortheile 
daraus erwachsen. Nicht nur, daß ihni eine neue Straßenfront 
geschaffen ivürde, sondern die ganze Ausnützung seines großen Terrains 
würde eine viel vortheilhaftere sein. 
Es möchte deshalb vorgeschlagen werden, mit den hierbei i» 
Betracht kommenden staatlichen Behörden wegen Abtretung der zur voll
	        
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