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Volume No. 51 (1097-1109), 8. Dezember 1900

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1900 (Public Domain)

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1105« Vorlage <J. - Nr 3 153 81r. B. 00) — zur Kenntnis 
nähme —, betreffend die Erhöhung des Tagelohnes 
der bei der städtischen Strastenreinigung aushilfs 
weise beschäftigten Arbeiter. 
Durch unsere Vorlage vom 13. v. Mts. — 9fr. 1052 — hatten 
wir die Stadtverordueteu-Bcrsammlung ersucht, sich damit einverstanden 
zu erklären, daß der Tagelohu der bei der Straßenreinigung be 
schäftigten Hilfsarbeiter bereits für das Etatsjahr 1900 auf 2,«o M 
erhöht werde. 
Die Versammlung hat iu ihrer Sitzung vom 6. d. Mts. 
— Protokoll Nr. 12 — beschlossen, diesen Tagelohn auf 2,8« M zu 
erhöhen, und uns ersucht, diesem Beschlusse 
unsere Zustimmung zu geben. 
Wir sind nun nicht iu der Lage, diese Zustimmung auszusprechen, 
und zwar im Wesentlichen deshalb nicht, weil zur Zeit die ständigen 
Arbeiter der untersten Lohnklasse (70 Mann) einen Tagelohn von 
2,7» M beziehen und es uns nicht angängig erscheint, die anzu- 
nehmenden Hilfskräfte höher oder ebenso hoch wie ständige Arbeiter 
zu löhnen. 
Es könnte nun die Frage entstehen: 
a) ob es unter diesen Umständen bei den jetzigen Etatssätzen 
<2,2» Jt Tagelohn) verbleiben muß oder 
l>) ob der von uns beantragte Satz von 2,sv M als durch die 
Versammlung bewilligt anzusehen ist für den Fall, daß 
unsere Zustimmung zu der Mehrbewilligung ausbleibt. Mit 
Rücksicht darauf, daß der Satz von 2,so M zweifellos den 
Absichten der Versammlung, wie sie durch den oben genanuten 
Beschluß zum Ausdruck gekommen sind, mehr entspricht als 
der bisherige Satz von 2,2» Ji, glauben wir den Beschluß 
voni 6. d. Mts. in dem zu d) ausgedrückten Sinne aus 
legen zu niüssen und werden dementsprechend verfahren. 
Im Uebrigen bemerken wir, daß wir für den jetzt kommenden 
Etat eine Erhöhung der Löhne der Straßenreiniguugsarbeiten, also 
auch der jetzt auf 2,7» M gesetzten Lohnklasse, in Erwägung gezogen 
haben. 
Berlin, den 7. Dezember 1900. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt. 
Kirschner. 
1100. Vorlage (J.-Nr. 2 479 B. II. 00) — zur Beschlust 
fassung —, betreffend den Abschlust eines Vergleiches 
mit der Gastwirthssrau Sophie Linke, jetzt ver 
ehelichten Schwarthann, Kirchstraste 27 wohnhaft 
Die über die Spree führende, die Kirchstraße niit der Brücken- 
Allee verbindende Moabiterbrücke wurde im Jahre 1893/94 in 
Stein neu erbaut und während dieser Zeit der zur Lagerung von 
Banmaterialicn wie znm Ban selbst erforderliche Raum gegen die 
Straße durch einen Zaun abgeschlossen. 
Kurz nach Beginn des Baues erhob die Frau Sophie Linke, 
jetzt verehelichte Schwarthann, welche in der Kirchstraße 27 un- 
niitlelbar an der Moabiterbrücke eine Gastwirthschaft betreibt, bei 
uns Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihrem Geschäfte durch 
den seine Sichtbarkeit hindernden Bauzaun zugefügt würde. Die 
Forderung lehnten wir jedoch ab, weil es sich hier um Maßnahmen 
handelte, welche dicsseils allein im Interesse des öffentlichen Verkehrs 
und in Erfüllung der der Stadt obliegenden Straßenbau- und Unter- 
hallungspflicht getroffen waren und als erheblich schädigende nicht 
anerkannt werden konnten. In Folge dessen strengte die Unter 
nehmerin gegen die Stadtgenieinde die Klage wegen^ Ersatzes des 
durch die Absperrung des Lokalzuganges entstandenen Schadens beim 
hiesigen Landgericht 1 an, welches unterm 25. Juni 1894 dahin er 
kannte, daß der Klägerin der durch den Umban der Brücke ent- 
stände»« und in Zukunft noch entstehende, in einem besonderen Ver 
fahren zu ermittelnde Schaden zu ersetzen sei. 
Die gegen dieses Urtheil von uns eingelegte Berufung ivnrde 
durch Erkenulniß des Königlichen Kammergerichts von, 15. März 1895 
verworfen: auf die hiergegen eingelegte Revision hob das Reichsgericht 
unterm 16. November 1895 das kanimergerichtliche Urtheil auf und 
verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung 
an die Berufungsinstanz zurück, indeni es im Falle der Verurtheilung 
zur Prüfung anheimgab, ob nicht lediglich der Schaden zu ersetzen 
sei, welcher durch die Absperrung des vor dem Geschäftslokale der 
Klägerin liegeudeu Theiles der Kirchstraße und durch die Aufführung 
des Bauzaunes entstanden ist oder noch entstehen wird. 
Das Kammcrgericht gelangte im Erkenntniß von, 21. März 1899 
abermals zu einer Vernriheilnng der Stadtgemeinde, jedoch nur inner 
halb der durch das Reichsgericht angedeuteten Grenzen, wobei es in 
der Absperrung des Zuganges znni Lokal für den Wagcnverkehr und 
in der Beeinträchtigung seiner Sichtbarkeit eine Ueberschreitung des 
Maßes der durch den Umbau der Brücke gebotenen Belästigungen 
erblickte. 
Von der nochmaligen Einlegung der Revision nahmen wir diesmal 
mit Rücksicht auf das reichsgerichtliche Erkenntniß vom 16. No 
vember 1895 Abstand: es ist somit die Rechtskraft des Urtheils ein 
getreten. 
Das von dem Kammergerichte gemäß dem Gutachten der Sach- 
verständigen angenommene Versehen ist nach Ansicht unserer Bau- 
Deputation von der Bauleitung nicht begangen worden Die von 
der letzteren getroffenen Maßnahmen rechtfertigen sich nach den bei 
liegenden Erläuterungen, welche im Allgemeinen auch die Grundlage 
für die Beweiserhebung gebildet haben, die von den Sachverständigen 
aber nicht für ausreichend erachtet worden sind, uni die Beschränkung 
der Klägerin in dem gewählten Umfange zu begründen. 
Vor Anbringung der Klage auf Feststellung der Höhe des dem 
klägerischen Geschäfte erwachsene» Schadens hat »ns nun der gegne 
rische Anwalt Namens seiner Mandantin einen Vergleich dahin vor 
geschlagen, daß die Stadtgemeinde als Entschädigung den Betrag von 
5 500 M nebst den von der Klägerin verauslagten Kosten bis zum 
1. Januar 1901 baar zahlt, auch die Kosten des Prozesses trägt. 
Wir halten dieses Anerbieten, welches sich mit den Feststellungen 
der von der Bau-Deputation, Abtheilung II, zu den Unterhandlungen 
mit der Klägerin bevollmächtigten zwei Spezial-Depntirten und mit 
dem auf sorgfältiger Prüfung seitens der genannten städtischen Ver 
waltungsstelle beruhenden Dcpukations - Beschluß deckt, in Hinsicht 
sowohl auf das rechtskräftige, grundsätzliche Erkenntniß des König 
lichen Kammergerichts vom 21. März 1899, als auch mit Rücksicht 
auf die Höhe der zur Zeit verlangten Entschädigungssumme, welche 
Himer der ursprünglichen Forderung von rund 8 500 M erheblich 
zurückbleibt, als ein nicht unangemessenes und ersuchen in Ueberein- 
stimmung mit unserer Bau-Deputation um folgende Beschlußfassung: 
DieStadtverordneten-Versammlung ist damit einverstanden, 
daß in der Prozeßsache, Gastwirthssrau Sophie Linke, 
jetzt verehelichte Schwarthann, wider die Stadtgenieinde 
Berlin au die Klägerin als Entschädigung für die Absperrung 
des Zuganges zu ihrem Lokale und für die Beeinträchtigung 
seiner Sichtbarkeit während des Umbaues der Moabiter 
brücke im Wege des außergerichtlichen Vergleiches die Summe 
von 5 500 .M nebst den von der Unternehmerin veraus 
lagten Kosten bis znm 1. Januar 1901 baar gezahlt werde, 
auch die Kosten des Rechtsstreites von der Stadtgenieinde 
getragen werden unter der Bedingung, daß die Klägerin auf 
alle weitergehenden Ansprüche eudgiltig verzichtet. 
Berlin, den 2. Dezember 1900. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt. 
Kirschner. 
Zu Nr. 1100. 
Erläuterungen 
zur Stadtverordneten-Vorlage vom 2. Dezember 1900. 
— J.-Nr. 2 479 B. II. 00. — 
Der Bauzaun für den Neubau der Moabiter Brücke wurde im 
Mai 1893 gesetzt. In demselben Monat wurde der Abbruch der 
alten Brücke begonnen. 
Vorher war bereits die Nothbrücke angelegt worden. An der 
einen Seite der Nothbrücke lag der voni Straßendaniin durch den Zaun 
abgegrenzte Banplatz, an der anderen Seite der viel tiefer liegende 
Janicke'sche Platz. Zwischen beiden Plätzen war nur eine unbe 
queme Kommunikation nnter der Nothbrückc hindurch möglich. 
Naturgemäß wurde der tiefliegende Janicke'sche Platz zur 
Lagerung der 511 Wasser ankommenden Materialien, besonders des 
Maucrsandes und der Ziegel benutzt, während der hochliegende Bau 
platz auf dem Straßendaniin für die mittelst Fuhrwerk ankommenden 
Materialien, insbesondere die Werksteine, disponibel gehalten werden 
niußte. 
Seitens des Banleiteuden, Regierungs-Baumeister Bernhard, 
ist behauptet worden, daß dieser obere Bauplatz füglich nicht kleiner 
angelegt werden konnte, als thatsächlich geschcbeu ist. 
Er giebt an, daß auf diesem Platze ein Krähn znm Abladen der 
Werksteine, sowie Schienengeleise zum Transport derselben nach der 
im Bau begriffenen Brücke angelegt werde» mußten, und daß der 
übrige verfügbare Raum zur Lagerung der angekommenen und für 
die spätere Verwendung aufzustapelnden Werksteine, sowie für eine 
Mörtelbnde nur knapp ausreichte. Der Platz war dadurch besonders 
beschränkt, daß die Baugrube des Landpfeilers mit ihrer Löschung 
zirka 16 m Länge des Bauplatzes beanspruchte. Es war zeitweise 
nicht möglich, die Fuhrwerke, welche die Materialien heranbrachten, 
umwenden zu lassen, auch mußten die Pferde bei den Einfahrten 
geführt werden, um nicht zu nahe an die Baugrube zu gelangen.
	        
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