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Volume No. 34 (638-663), 16. Juni 1900

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1900 (Public Domain)

theilte der Herr Magistrats-Vertreter, nachdem der Ausschuß beschloßen 
halte, die Mittheilungen als vertrauliche entgegenzunehmen und Amts 
verschwiegenheit hierüber zu bewahren, niit, zu welchen Preisen und 
an welche Gesellschaften, Firmen und Großabnehmer der Kokes vcr- 
schlossen worden ist. Der Ausschuß erlangte hieraus die Ueberzeugung, 
daß bei den Verkäufen keineswegs wild gewirthschaflei bezw. der 
Kokes zu abnorm billigen Preisen verkauft worden sei. 
Was die Steigerung der Preise im Einzelverkauf anlange, so 
sei dieselbe nicht allein beim Kokes, sondern bei allen Brennmaterialien 
eingetreten. Der Kokes bilde einen besonderen Handelsartikel, der 
einen ganz allgemeinen Marktpreis habe, gegen den sich eine einzelne 
Gas-Anstalt nicht verschließen könne. Es sei nicht denkbar, daß die 
Stadt z. B. zu Gunsten der ärmeren Bevölkerung einen niedrigeren 
Preis halten könne, der Erfolg würde bei einem derartigen Vorgehen 
nur der sein, daß kein Mensch wo anders kaufen, sondern den Bedarf 
bei der Stadt decken wollte. Da es unmöglich sei, aus der Menge 
der Käufer die ärmeren Leute herauszufinden, so würde, wenn die 
Stadt unter dem Marktpreis den Kokes verkaufen würde, die Zufuhr 
von außerhalb aufhören und der Begehr im gleichen Verhältniß hier 
orts weiter wachsen. Mit einer derartigen Maßregel würde den 
wirthschaftlich Schwachen sicherlich kein guter Dienst erwiesen werden. 
Beim Kokes habe man es nicht allein mit der Englischen Gas-Gesell- 
schaft zu thun, sondern niit der großen Umgebung bis nach Stettin, 
Leipzig, Hamburg x. Von überall her werde Kokes eingeführt, aber 
nur so lange, wie der von Berlin verlangte Preis dies rentabel 
mache. Unter diesen Umständen sei es gänzlich unthunlich, auf die 
angeregte Idee der Festsetzung eines festen Einheitspreises für Kokes 
einzugehen. 
In Bezug auf den Antrag Pretzel führte der Herr Magistrats- 
Vertreter aus? daß der voraussichtliche Bedarf Berlins im eigenen 
Interesse der Gaswerke schon jetzt von den festen Abschlüssen aus 
genommen werde, daß dieser Bedarf aber sehr wechselvoll, je nach 
der Strenge des Winters sei. und sich gar nicht voraussehen lasse, in 
welchem Umfange die Berliner städtischen Gaswerke zur Deckung 
dieses Bedarfs neben den vielen anderen Bezugsquellen für Brenn- 
niaterial werden herangezogen werden. 
Schließlich erläuterte der Herr Magistrats-Vertreter noch das 
Wesen des jetzt zur Behebung der Kokeskalamität beseitigten Bons 
verkehrs und gab auf Wunsch unserer Ausschußmitglieder die Er 
klärung ab, daß, so lange der jetzige Zustand auf dem Kohlenmarkte 
andauere, kein Abschluß auf Kokeslieferungen seitens der Gas- 
Verwaltung gemacht werden würde. 
Im Ausschüsse hielt man von verschiedenen Seiten diese Mit 
theilungen des Herrn Magistrats-Vertreters znr Aufklärung der An 
gelegenheit für vollständig genügend, man erachtete ein Vorgehen in 
Gemäßheit der zur Berathung stehenden Anträge nach Lage der Ver 
hältnisse nicht für erforderlich, vertrat vielmehr die Meinung, daß die 
Angelegenheit durch Annahme der nachfolgenden Resolution zum Ab 
schluß gebracht werden könne: 
In Rücksicht auf die seitens des Herrn Magistrats-Vertreters 
im Ausschüsse gegebenen Erklärungen ersucht der Ausschuß 
die Versammlung, die Anträge der Stadtverordneten Singer 
und Pretzel abzulehnen. 
Von anderer Seite wurde trotz der obigen Ausführungen des 
Herrn Magistrats-Vertreters daran festgehalten, daß bereits im Monat 
Dezember v. Js. auf beii städtischen Gas-Anstalten Mangel an Kokes 
für den Detailhandel geherrscht habe, und daß es den kleinen Leuten 
äußerst schwer gefallen bezw. unmöglich gewesen sei, ihren Bedarf an 
Kokes zu decken. Unter diesen Umständen hätte mit dem Verschluß 
des Kokes unbedingt eingehalten werden müssen. Da die Kokeskalamität 
auch gegenwärtig noch bestehe, so niüßten Mittel und Wege zur Be 
seitigung derselben gefunden werden. In dieser Beziehung wurde 
vorgeschlagen, der Versammlung nachstehenden Antrag zur Annahme 
zu einpfehlen, welcher geeignet sei, die bestehenden Verhältnisse einiger- 
maßen zu verbessern: 
Die Versammlung ersucht den Magistrat, die städtischen 
Werke anzuweisen, soweit angängig die Kokesfenerung ein 
zustellen, um der Kohlennoth der kleinen Leute zu steuern, 
diese Kokesmengen aber nur im Einzelverkauf abzugeben. 
Dieser Antrag fand nicht den Beifall des Ausschusses. Es wurde 
hervorgehoben, daß die Versammlung, nachdem sie erst bei der vor- 
letzten Etatsberathung eine Resolution auf Einführung der Kokes- 
seuerung bei den städtischen Anstalten und Werken beschlossen habe, 
nun nicht schon wieder eine gegentheilige Resolution annehnien könne. 
Bei den Schulen mit Zentralheizung wären die Fenerungsvorrichtungen 
erst zur Kokesverfeuerung eingerichtet worden, die neue Heizungsart 
hätte sich sehr gut bewährt und könne nicht schon wieder beseitigt 
werden. Im Uebrigeu sei es aber nach der Mittheilung des Herrn 
Magistrats-Vertreters den verschiedenen Werken und Anstalten vom 
Magistrat bereits freigestellt worden, bei der Dampferzeugung statt 
der Kokesfeuerung die Kohlenfeuerung wieder in Anwendung zu bringen. 
Der Ausschuß hat aus diesen Gründen den vorstehenden Antrag 
abgelehnt; dagegen gelangte die obige Resolution mit 6 gegen 3 Stimmen 
zur Annahme. 
DerjMisschnß schlägt hiernach der Versammlung folgende Be- 
schlußfassung vor: 
In Rücksicht ans die von dem betreffenden Herr» Magistrats- 
Vertreter im Ausschüsse abgegebenen Erklärungen lehnt die 
Versamnilung die Anträge des Stadtverordneten Singer 
und Genossen sowie des Stadtverordneten Pretzel ab. 
Die zur Sache eingegangenen Petitionen sind durch vorstehende 
Beschlußfassung erledigt. 
Der Druck des Protokolls ist beschlossen, zuni Berichterstatter ist 
der unterzeichnete Vorsitzende gewählt worden. 
V. w. o. 
Gcrstenberg. 
644. Vorlage (J.-Nr. 913 W. H.) — zur Beschlußfassung —, 
betreffend die Theilung des Gemeinde-Waisenrathes 
Nr. »6«. 
Der Gemeinde-Waisenrath Skr. 368, der die Stadtbezirke 76a, 1> 
und c mit ungefähr 15 000 Einwohnern umfaßt, bedarf dringend einer 
Theilung, damit die Geschäfte ferner ordnungsmäßig erledigt werden 
können. Wie beabsichtigen, die Theilung ebenso wie sie bei der 
Armcn-Kommisfion schon ausgeführt ist, zu bewirken, uänilich in der 
Weise, daß aus dem jetzigen Bezirk des Waisenrathes drei neue 
Bezirke gebildet werden. 
Wir ersuchen die Stadtverordneten-Versammlung daher, folgenden 
Beschluß zu fassen: 
Die Bersainlung ist mit folgender Theilung des Gemeinde- 
Waisenraths Nr. 36B einverstanden: 
aus den Häusern 
Hasenheide 1—19, 
Urbanstraße 63—81 und 84—108 ist 
der Waisenroth Nr. 36B zu bilden: 
aus den Häusern 
Camphausenstraße, 
Fichtestraße, 
Graefestraße 30—65«, 
Grimmstraße 25, 
Hasenheidc 39—60, 
Urbaustraße 25—38 und 125—137, 
Fontane-Promenade 
der Waisenrath Nr. 366 s 
aus den Häusern 
Hasenheide 20—38, 
Jahnstraße, 
Urbanstraße 39—52 und 109—124, 
Schönleinstraße 20 und 21 
der Waisenrath Nr. 36v. 
Berlin, den 7. Juni 1900. 
Btagistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt. 
Kir schlier. 
643. Vorlage (J.-Nr. 787 8t. II. 00) — zur Beschlußfassung —, 
betreffend die nach dem Einkommensteuer-Gesetze vom 
24. Juni 1861 vorzunehmenden Neuwahlen der 
Mitglieder und der Stellvertreter der hiesigen Vor- 
cinschätzungs-Kommission für die drei Steuerjahre 1661 
bis 1663. 
Die gegenwärtige dreijährige Wahl- und Ernennungsperiode der 
Mitglieder und Stellvertreter der hiesigen Voreinschätzungs-Kommission 
läuft mit dem Ende dieses Stenerjahres ab. Da somit die im Herbst 
d. Js. vorzunehmende Voreinschätzung der Einkommensteuer bereits 
von der neuzubildenden Voreinschätzungs-Kommission zu bewirken ist, 
so müssen die Vorbereitungen znr Herbeiführung der Wahlen für 
1901—1903 schon jetzt getroffen werden. 
Durch Verfügung der Königlichen Steuer - Direktion vom 
30. April 1897 war die Gesammtzahl der Mitglieder auf 8 803 und 
die der Stellvertreter auf 1926 festgesetzt worden. Inzwischen haben 
Theilungen der Stadtbezirke 
47 
in 
47« 
und 
47 b, 
75 
- 
75« 
75 b, 
113 
- 
113» 
. 
118b, 
189 
- 
189« 
- 
189b, 
247 a 
. 
247» 
- 
247 o, 
284 
- 
284« 
. 
284 b, 
314 
- 
314« 
- 
314b 
stattgefunden. Während nun für die Stadtbezirke 47, 75, 113 und
	        
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