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Volume No. 60 (935-943), 23. Dezember 1893

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1893 (Public Domain)

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Anstalt beschäftigten Lehrer — wie dies im vergangenen 
Winter ganz besonders der Fall gewesen wäre — häufig 
von rheumatischen Leiden befallen. 
Der Direktor habe schon vor längeren Jahren wieder 
holt auf diesen Uebelstand aufmerksam gemacht und um 
Abhülfe desselben gebeten, seine Bitte sei aber unerfüllt 
geblieben. Das Lehrerkollegium bäte deshalb, 
der Magistrat wolle den beregten Uebelständen dadurch 
Abhülfe schaffen, daß die Portalöffnung in der Doro 
theenstraße, sowie die Durchfahrt nach dem Hofe mit 
festen Thüren abgeschlossen werden und als Eingang 
die Thür benutzt werde, welche von der Charlotten 
straße am Turngebäude vorüber zum Hofe führe, wie 
bei Gelegenheit der Durchlcgung der Charlottenstraße 
vom Direktor wiederum erfolglos beantragt worden sei. 
Da bis jetzt der Magistrat nicht geneigt gewesen wäre, 
dieser Bitte Gehör zu schenken, bei der eingetretenen kalten 
Witterung aber die in der Petition erwähnten Uebelstände 
sich wiederum in empfindlicher Weise geltend machten, so 
glauben die Unterzeichner der gegenwärtigen Eingabe einer 
unabweisbaren Pflicht gegen ihre Schüler, deren Familien 
und gegen sich selbst zu genügen, wenn sie ihr Gesuch 
nunmehr an die Stadtverordneten-Versammlung richten. 
Im Ausschüsse wurde die Petition unter Betheiligung des Herrn 
Magistrats-Vertreters eingehend erörtert und von einigen Seiten der 
Meinung Ausdruck gegeben, daß die beschriebenen Uebelstände doch 
tvohl nicht in dem angegebenen Umfange vorhanden sein könnten, da 
die Anstalt seit 18 Jahren bestehe und früher Klagen der bezeichneten 
Art nicht erhoben worden waren, auch der Gesundheitszustand der 
Schüler, wie Rückfragen ergeben hätten, ein normaler sei. Die großen 
Portalöffnungen seien s. Z. wohl gerade zur Erzielung einer gründ 
lichen Ventilation für erforderlich erachtet worden, da die Höfe der 
beiden an fraglicher Stelle befindlichen Lehranstalten verhältnißmäßig 
sehr klein seien. Die Beseitigung der vorhandenen schweren Gitter- 
thüren würde nur mit großen Kosten möglich sein und das Ansehen 
des von vornherein auf diese Portalöffnungen berechneten Baues stören, 
ohne Gewähr dafür zu bieten, daß an Stelle des vorhandenen Uebel 
standes nicht ein anderer eingetauscht werde. Zug sei überall, auch 
im Rathhaussaale und in anderen Gebäuden. Im Friedrich-Werderschen 
Gymnasium würde der Uebelstand bei größerer Benutzung der Seiten 
treppen weniger empfunden werden, vielleicht könnten die Gitterthüren 
auch, wie im Rathhause, verglast werden, doch würde man sich in 
diesem Falle wohl auf einen größeren Scheibenbruch gefaßt machen 
müssen, da die Eingänge dort nicht wie im Rathhause von einem 
Portier bcwactt werden. Die Zimmertemperatur von 14° werde in 
den Schulen bei Beginn des Unterrichts immer als ausreichend erachtet, 
da die Wärme bei Füllung der Klassen schnell steige. 
Uebrigens sei, wie von dem Herrn Magistratsvertreter mitgetheilt 
wurde, die Angelegenheit, da eine gleiche Petition auch dorthin gelangt 
wäre, schon Gegenstand eingehender Erörterung beim Magistrat und 
werde beabsichtigt, bei der nächsten Baubercisung zu prüfen, ob und 
wie weit Abhülfe geschaffen werden könne. 
Die Benutzung der Thür in der Charlottenstraße als Eingang 
wurde, da sie nur sehr schmal sei, als eine Unmöglichkeit bezeichnet. 
Andererseits wurde die Petition für begründet erachtet und Ab 
hülfe der beklagten Uebelstände sowohl für erforderlich, als auch aus 
führbar bezeichnet und unter Widerlegung der entgegenstehenden Ein 
wände beantragt, die Petition dem Magistrat zur Berücksichtigung 
zu überweisen. 
Dieser Antrag wurde bei der Abstimmung zum Beschluß erhoben 
und die Berichterstattung dem Stadtv. vr. Friedemann übertragen. 
2. (J.-Rr. 89) Petition des fortschrittlichen Vereins 
„Waldeck", um Stellungnahme der Stadtverord 
neten-Versammlung gegen die Einführung einer 
Tabakfabrikatsteuer. 
Der Vorstand des obenbezeichneten Vereins bringt durch 
die vorliegende Eingabe die nachstehende, in der Sitzung 
dieses Vereins vom 29. November er. gefaßte Resolution 
zur Kenntniß der Versammlung: 
„Der fortschrittliche Verein „Waldeck" zu Berlin 
ersucht die Berliner Stadtverordneten-Versammlung, 
gegen die geplante Tabakfabrikatsteuer Stellung zu 
nehmen, da die Einführung derselben Tausende von 
Berliner Existenzen vernichten würde und auf das 
gesammte Leben Berlins in ungünstigster Weise ein 
wirken müßte." 
Im Ausschüsse wurde zunächst die Ansicht vertreten, daß diese 
Angelegenheit nicht vor das Forum der Stadtverordneten-Versammlung 
gehöre, sondern an die als Volksvertretung berufene Stelle, den Reichs 
tag, zu richten gewesen wäre, da es sich nicht um ausschließlich kom 
munale Interessen, sondern um ein allgemeines Landesinteresse handele. 
Andererseits wurde dagegen ausgeführt, daß es hierselbst ca. 500 Fabrik 
betriebe der Tabakindustrie meist kleiner Art gebe, daß die nach Ein 
führung der Steuer voraussichtlich eintretende Abnahme des Konsums 
von nicht zu unterschätzender Bedeutung für einen großen Theil der 
Bevölkerung Berlins sein würde und daß ein spezifisches Interesse für 
die Stadt noch insofern vorliege, als zu erwarten sei, daß ein Rückgang 
der Tabakindustrie auch eine nachtheilige Wirkung auf die Jmmobilien- 
wertbe haben werde. Es erscheine daher wohl angezeigt, dem Petitum 
beizutretcn und der Versammlung eine demselben entsprechende Beschluß 
fassung vorzuschlagen. 
Di« Mehrheit des Ausschusses schloß sich diesen Ausführungen 
an, und Letzterer beschloß demgeniäß, der Versammlung zu empfehlen, 
das vorliegende Gesuch dem Magistrat behufs Einreichung 
einer Petition in Gemeinschaft mit der Stadtverordneten- 
Versammlung gegen den eingebrachten Tabaksteuergcsctz-Entwurf 
zur Berücksichtigung zu überweisen. 
Berichterstatter: Stadtv. Sachs II. 
III. 
Die Einsender der nachstehend aufgeführten vier Petitionen haben 
den Justanzenzug noch nicht erschöpft, die Letzteren werden daher nach 
§. 31, Absatz 3 der Geschäftsordnung, auö diesem formellen Grunde 
zur Erörterung im Plenum für ungeeignet erachtet: 
1. (I.-Nr. 78) Petition des Architekten Wernicke, 
Kaiserstr. 36», um Anerkennung seines Anspruchs 
auf eine Entschädigung für die Bauleitung des 
Erweiterungsbaues des Hauses Poststr. 16. 
2. (J.-Nr. 82) Petition des Or. mvcl. Werner, Thurm 
straße 28, betreffend die erfolgte Erbauung einer 
neuen Mauer in der Stromstraßc vor dem 
Grundstücke der Aktienbrauerci Moabit auf Vor 
gartenland. 
Die Petition ad 1 ist zunächst an den Magistrat, die 
Petition ad 2 zunächst an die städtische Bau-Deputation, 
Abtheilung II, zu richten. 
3. (J.-Rr. 88) Petition der technischen Lehrerinnen 
an den Gemeindeschulcn um feste Anstellung. 
Die Petentinnen theilen auf den ihnen ertheilten 
Bescheid der Versammlung vom 9. November cr. (Prot. 26 
8. 5) mit, daß sie ein gleiches Gesuch am 18. September 
d. Js. der städtischen Schnl-Deputation unterbreitet hätten. 
Da eine Entscheidung der letzteren noch nicht getroffen, 
so haben die Petentinnen eine solche zuvörderst abzuwarten. 
Event, haben dieselben ein erneutes Gesuch zunächst an 
den Magistrat zu richten. 
4. (I -Nr. 91) Petition der Deutschen Gesellschaft 
für öffentliche Gesundheitspflege, betreffend die 
Ausdehnung der obligatorischen Fleischschau auch 
auf das von den Besitzern gewisser Gast- und 
Speisewirthschaften von auswärts eingeführte 
frische Fleisch. 
Die Petition ist zugleich dem Magistrat zugegangen,dessen 
Bescheid die Petentin zunächst ebenfalls abwarten wolle. 
IV. 
(J.-Nr. 80) Petition des Vereins der Schweine- 
Engros-Schlächter Berlins, um Herabsetzung der 
Schlacht- und Schaugebühr für Schweine bei Fest 
stellung des nächstjährigen Haushalt-Etats. 
Der Ausschuß empfiehlt, die Petition bei Berathung 
des Etats für den städtischen Schlachthof zu erledigen 
und dieselbe zu dem Zwecke s. Zt. event, dem zur Vor- 
berathung des Stadthaushall-Etats pro 1. April 1894/95 
einzusetzenden Ausschüsse zu überweisen. 
Die außerdem auf der Tagesordnung befindlich gewesene 
(J.-Nr. 90) Petition des Bankiers N. N. um Er 
stattung von, durch Doppelbesteuerung zuviel 
gezahlter Gemeinde-Einkommensteuer, 
wurde vertagt, uni zur Berathung über dieselbe in nächster 
Sitzung vom Magistrat die Absendung eines Magistrats- 
Vertreters zu erbitten. 
V. w. o. 
G. Bauke. 
«38. 
Berlin, den 4. Dezember 1893. 
Der Stadtverordneten-Versammlung übersenden wir in Gemäßheit 
des Beschlusses Wohlderselben vom 4. Mai 1893 die Akten über die 
am 13., 14. und 15. November d. Js. vollzogenen Ergänzungs- bezw. 
Ersatzwahlen, soweit solche vollendet find, zur weiteren Veranlassung 
mit dem Ersuchen um gefällige Rückgabe nach gemachtem Gebrauch, 
ergebenst.
	        
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