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Streitpunkte prinzipieller Art in Frage kamen, eine gemeinschaftliche.
Die Antragsteller betonten, daß die Gemeindekrankenversicherung ihre
Mitglieder nicht schlechter stellen dürfe, wie dies Seitens der Orts-
krankenkassen und freien Hilfskassen, die den gestellten Anträgen gemäß
verfahren, geschehe. Wenn der §. 6 des Krankenversicherungs
gesetzes ein Sterbegeld auch nicht aufführe und von einer Kranken
unterstützung auf die Dauer von 13 Wochen spreche, so seien hierdurch
nur die Mindestleistungen festgestellt, deren Erhöhung gemäß der ge
stellten Anträge angezeigt und zulässig sei.
Demgegenüber wurde geltend gemacht, daß nach Sinn und Wort
laut des Gesetzes die Gemeindekrankenversicherung lediglich eine
kommunale, von dem Gemeindevorstand verwaltete Einrichtung sei, die
eine eigene Kasse habe, die aber keine organisirte Krankenkasse im Sinne
des Krankenversicherungsgesetzes sei. Die Gemeindekrankcnverstcherung
solle die Bildung von Ortskrankenkassen nicht entbehrlich machen oder
mit diesen konkurriren, sondern solle nach positiver Gesetzesvorschrift
nur subsidiär und aushilfsweise eintreten. Wenn auch der §. 6 des
Gesetzes nur die Mindestleistungen feststelle, so enthalte der §. 6 a die
Aufführung der sämmtlichen Ermächtigungen der Gemeinden, diese
Leistungen zu Gunsten oder zu Ungunsten der Mitglieder zu modi-
fizircn. Befugnisse auf Erweiterung der Leistungen, die nicht besonders
aufgeführt sind — und dies treffe auf die gestellten Anträge zu —
könne die Gemeinde hiernach nicht ausüben, weshalb sich ein materielles
Eingehen auf den Inhalt der Abänderungsvorschläge erübrige, diese
vielmehr als gesetzlich unzulässig zu verwerfen seien.
Die Majorität stellte sich auf den Boden dieser Auffassung und
lehnte die gestellten Anträge ab.
Zu §. 12 des Regulativs wurde folgende Fassung beantragt:
Die freiwillig beigetretenen Personen haben vom Tage
des Beitritts ab gerechnet auf Krankcnunterstützung Anspruch.
Ein anderer Antrag ging dahin, diesen Personen nach 2 Wochen
vom Tage des Beitritts ab gerechnet Anspruch auf Krankengeld zu
gewähren.
Allseitig wurde anerkannt, daß die im Regulativ enthaltene Frist
von 6 Wochen zu weit ginge. Wenn auch im alten Regulativ diese
Frist enthalten sei, so war dies durch die Ungewißheit gerechtfertigt,
in welcher man sich hinsichtlich der von der Gemeinde selbst zu machen
den Aufwendungen befand. Es habe sich nun herausgestellt, daß diese
Aufwendungen verhältnißmäßig unbedeutend seien. Um die Mitglieder
einerseits in nicht zu langer Frist in den Genuß der Mitgliederrechte
zu setzen und die Kasse andererseits vor Simulation und Mißbrauch
durch Beitritt im letzten Moment zu schützen, sei ein Zeitraum von
2 Wochen geboten, aber auch ausreichend.
Hierauf wurde entgegnet, daß die Befürchtung von Simulationen
übertrieben sei und daß der Beitritt einer kranken Person bereits durch
§. ö des Regulativs wirkungslos gemacht sei.
Dieser letzteren Ausführung wurde entgegengehalten, daß es viel
fach schwierig sei, die eingetretene Erkrankung im Momente des
Beitritts festzustellen.
Die Majorität nahm schließlich den 8- 12 des Regulativs unter
Ablehnung des Magistratsantrages in folgender Fassung an:
Die freiwillig beigetretenen Personen haben erst nach Ab
lauf von 2 Wochen, vom Tage des Beitritts ab gerechnet,
auf Kranken-Unterstützung Anspruch.
Eine lebhafte Debatte entspann sich bei 8- 14 des Regulativs.
Es wurde folgender Antrag eingebracht:
§. 14. Zur ärztlichen Behandlung stehen den Versicherten,
soweit dieselben nicht einem Krankenhause überwiesen werden,
die Aerzte beim Gewerkskrankenverein oder diejenigen Aerzte
zur Verfügung, welche sich dem Verein der freigewählten
Kassenärzte angeschlossen haben.
Motivirt wurde dieser Antrag durch die geringe Zahl der Ge
werkskrankenvereinsärzte im Vergleich zu der Zahl der im Verein der
freigewählten Kassenärzte befindlichen Aerzte. Es wurde auf einen
Bezirk im Osten exemplifizirt, in dem ein Gewerksvereinsarzt, dagegen
31 freigewählte Kassenärzte sich befänden. Eine größere Zahl von
Aerzten, an die sich der Kranke wenden könne, sei nicht bloß für ihn
ersprießlicher, sondern käme durch die Ermöglichung einer sorgfältigeren
und schnelleren Heilung der Kasse selbst zu Gute.
Hierauf wurde entgegnet, daß das Institut des Gewerkskranken
vereins sich bisher im Wesentlichen bewährt habe, daß bei der geringen
Anzahl der hier in Betracht kommenden Personen keine Veranlassung
vorliege, gerade bei der Gemeindekrankenversicherung das Verhältniß
zu lösen, in welchem sich die Gemeinde zu dem Gewerkskrankenverein
befinde. Ein solches Verhältniß bestehe zu dem Verein der freigewählten
Kassenärzte nicht. Nach dem Antrage würde die Kasse alsdann doppelt
zahlen müssen. Die nothwendige Kontrolle über die Krankmeldungen
würde eine mangelhaftere werden. Die Kosten würden sich erheblich
erhöhen. Wenn die Ortskrankenkassen, wie die Antragsteller ausführten,
theilweise im Sinne des Antrages vorgingen, so könne dies nicht maß
gebend sein für eine subsidiäre, aushilfsweise eintretende Institution,
wie die Gcmeindekrankenversicherung. Ueberdies blieben auch nach dem
Antrage diejenigen Aerzte unberücksichtigt, die sich dem Verein der frei
gewählten Kassenärzte nicht angeschlossen haben. Die Antragsteller
strichen hierauf in ihrem Antrage die Worte „die Aerzte beim Gewerks
krankenverein oder".
Nunmehr wurde der Antrag abgelehnt.
Der Ausschuß beschloß hierauf, der Versammlung das neue
Regulativ mit der alleinigen Abänderung des §. 12 in der von dem
Ausschuß gewählten Fassung zur Annahme zu empfehlen.
Zum Berichterstatter ist der Stadtv. Sachs II ernannt worden.
a. u. s.
G- Baute. Sachs II.
84. Vorlage (J.-Nr. 119 E. V. 93) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die Miethung von Räumen
im Hause Stralauerstr. 3/6 und die Beschaffung von
Jnventarienstülken.
Die Stadtverordneten-Versammlung ersuchen wir um folgende
Beschlußfassung:
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit
einverstanden, daß:
1. die auf dem hier beigefügten Plane mit rother Farbe
bezeichneten Räume des I., II. und III. Stockwerks des
Hauses Stralauerstr. 3/6 mit zusammen 966 qm Grund
fläche vom 1. April 1893 bis zum 31. März 1898 zu
Bureauzwecken gemiethet werden und zwar gegen Zahlung
a) von 9 440 JC Miethe für das erste Jahr vom 1. April
1893 bis 1. April 1894 und von 15 290 JC p. a. für
die vier Jahre vom I. April 1894 bis 1. April 1898,
b) von 5 pCt. der betreffenden Jahresmiethe für die Er
wärmung der Räume durch die Zentralheizung des
Hauses und
o) von 4 ^ für die Lampenbrennstunde einschließlich
Vorhaltung der für die Räume erforderlichen elektrischen
Glühlampen und Elektrizitätsmesser
a Conto der Spezial-Verwaltung 39 der Stadt-Haupt-Kaffe,
2. die zur Beschaffung von Jnventarienstücken für das Ge
werbegericht rc. erforderlichen Mittel bis auf Höhe von
13 000 JC aus den Ueberschüssen des Rechnungsjahres
1. April 1891/92 entnommen werden.
Begründung.
Ad 1. Die Stadtverordneten - Versammlung hat unsere Vorlage
vom 23. Dezember v. I. (Nr. 1 040 von 1892), betteffend die
Miethung von Lokalitäten im Hause Königstr. 1/6 rc. durch Beschluß
vom 26. Januar 1893 (Prot. Nr. II) abgelehnt und uns ersucht,
ihr einen neuen Antrag, betreffend Miethung von Räumen im Hause
Stralauerstr. 3/6 auf Grund der Bier'schen Offerte, vorzulegen. Wir
haben in Folge dessen mit der Berliner Weißbier-Brauerei und Malz
fabrik Albert Bier als Eigenthümerin des Hauses Stralauerstr. 3/6
von Neuem verhandelt und eine weitere Herabsetzung der ursprünglich
zu hohen Forderungen erzielt. Wie wir in der Begründung unserer
Vorlage vom 23. Dezember xr., auf welche wir hier ausdrücklich Bezug
nehmen, ausgeführt haben, sind zur Aufnahme des am 10. April d. I.
in Funktion tretenden neuen Gewerbegerichts und des zur Zeit
im Erdgeschoß des Köllnischen Rathhauses befindlichen Bureaus oer
Gewerbe-Deputation für Jnnungssachen und Fachschulen Räume mit
rot. 590 qm Grundfläche zu miethen. Auch ist bei der Miethung
darauf Bedacht zu nehmen, daß das bis zum 1 April 1894 in die
rot. 360 qm Grundfläche enthaltenden Räume der I. Etage von
Molkenmarkt 4 eingemiethete Bureau der Gewerbe-Deputatton für die
Kranken-, Jnvaliditäts- und Altersversicherungs-Angelegenheiten mit
den beiden anderen Bureaus dieser Deputation an derselben Stelle
vereinigt werden kann. Im Ganzen wären hiernach am I. April 1894
zur Aufnahme der sämmtlichen Bureaus der Gewerbe-Deputation
Räume mit mindestens 950 qm Grundfläche erforderlich.
Die Firma Bier bietet uns nun in ihrem Hause Stralauerstr. 3/6
leere Räume mit
520 qm im I. Stock
280 - - II. - und
166 - - III. -
zusammen mit 966 qm Grundfläche
zur Miethung auf 5 Jahre mit der Maßgabe an, daß sämmtliche
Räume vom 1. April d. I. ab zur Verfügung gestellt werden, die
Miethe aber für das erste Jahr April 1893/94 nur für die zunächst
erforderlichen 590 qm mit 16 pro Quadratmeter zusammen also mit
9 440 JC berechnet und verlangt wird. Erst vom 1. April 1894 ab
wird der volle Miethspreis gefordert, und zwar für die 800 qm des
I. und II. Stocks mit 16 JC und für die 166 qm des III. Stocks
mit 15 JC pro Quadratmeter und Jahr, zusammen also mit 15 290 JC
jährlich. Die sämmtlichen Räume sind von der städtischen Bauverwaltung
ausgemessen worden und die Messungsresultate mit Blei in anliegender
Zeichnung eingetragen.