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J\o 44.
C686—700.)
Hersagen
für die
Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin.
686. Vortage (J.-Nr. 3 098 ü'. B. II. 93) zur Beschluß
fassung —, betreffend die Aufstellung je eines
Jsolir- Pavillons für ansteckende Krankheiten bei
den Irren-Anstalten Dalldorf und Herzberge.
Schon seit längerer Zeit hat sich bei der Irrenanstalt zu Dalldorf
der Mangel einer Jsolirbaracke für ansteckende Krankheiten fühlbar
gemacht. Wenn auch im Allgemeinen eine derartige Einrichtung bisher
nicht dringend nothwendig erschien, weil die Gesundheitsverhältnisse
in der Anstalt recht gute waren und es noch immer gelungen ist,
ansteckende Krankheiten, welche vereinzelt auftraten, in ihrer Aus
breitung zu beschränken, so ist doch bei dem in den beiden letzten
Jahren an verschiedenen Orten, zum Theil in der Nähe von Berlin,
ja vereinzelt in Berlin selbst, erfolgten Auftreten der Cholera die
Gefahr nahe gelegt worden, daß diese Krankheit auch in der Anstalt
ausbrechen könnte. Wir können auch nicht in Abrede stellen, daß die
Gefahr der Einschleppung auch anderer ansteckender Krankheiten
bedeutend vergrößert worden, seit die Kranken in erheblicherem Um
fange als früher direkt in die Anstalt aufgenommen, also unmtltelbar
von ihren Wohnungen bezw. von den Polizei-Revieren in die Anstalt
eingeliefert werden, während sie früher in der Charit« beobachtet und
erst dann nach Dalldorf überwiesen wurden, wenn von den Charitv-
Aerzten die Unheilbarkeit ausgesprochen war. Es würde aber beim
Auftreten derartiger Krankheiten in Anbetracht der Entfernung der
Anstalt, der Umständlichkeit des Transports und ihrer Zugehörigkeit
zu außerhalb Berlins gehörigen Gemeinden und Kreisen und der
hieraus sich ergebenden Schwierigkeit, die erkrankten Personen in
andere Krankenanstalten zu verlegen, die Gefahr für die Anstalt eine
um so größere sein, als eine wirksame Trennung der Erkrankten von
den übrigen Geisteskranken in den vorhandenen Räumen sich nicht
recht ausführen läßt. Zu einer solchen Trennung wäre die theil-
wetse oder gänzliche Evacuirung je eines Pavillons für beide Geschlechter
d. h. die Verminderung des regelmäßigen Belegraumes um mindestens
120 Betten erforderlich. Eine theilweise Räumung der Pavillons
wie in anderen Krankenanstalten verbietet sich jedoch wegen der Eigen
art der meist sehr beweglichen Kranken, weil es trotz aller Vorsichts
maßregeln nicht möglich sein würde, eine Berührung der Erkrankten
mit den übrigen Geisteskranken zu verhüten. Eine gänzliche Räumung
zweier Pavillons, von denen die kleinsten mit ca. 60 Kranken belegt
sind, ist aber wegen der dauernd starken Belegung der Anstalt nicht
möglich oder wenigstens nicht zu empfehlen. Auch fehlen in den
Pavillons die erforderlichen Einrichtungen für ansteckungsfreie Ent
wässerung, Desinfektion, Abkochen der Dejektionen u. s. w. Aus den
vorstehenden Gründen ist auch eine Benutzung der Koloniehäuser zur
Aufnahme Erkrankter, die überdem einem Verluste dieser so wünschens-
werthen Beherbergungsform gleichkommen würde, nicht angängig.
Auf Antrag des Kuratoriums für die städtische Jrrenpflege haben
wir deshalb beschlossen, sowohl bei der Irrenanstalt zu Dalldorf,
als auch bei der Irrenanstalt Herzberge zu Lichtenberg, bei welcher
die gleichen Verhältnisse obwalten, in dem schon vor mehreren Jahren
entworfenen Programm aber eines Jsolirpavillons nicht gedacht worden
ist. je einen massiven Jsolirpavillon für ansteckende Krankheiten, und
zwar für beide Geschlechter gemeinsam, aufstellen zu lassen. Dieselben
sollen für 24 Betten, worunter 4 Einzelbetten, eingerichtet werden,
und eine Theeküche, Bad, Kloset sowie die erforderlichen Einrichtungen
für Desinfektion pp. enthalten. Die Kosten würden sich einschließlich
Inventarium, Be- und Entwässerung auf 37 000 JC für jeden
Pavillon belaufen.
Von Aufstellung provisorischer transportabler Baracken haben
wir Abstand genommen, da es sich um vorliegenden Falle nicht allein
um die Abwehr einer plötzlich auftretenden Epidemie, sondern vielmehr
um eine dauernde Einrichtung handelt und derartige provisorische
Bauten naturgemäß keine lange Dauer haben, viele Reparaturen
bedingen und während des Winters, wegen des schnellen Entweichens
der Wärme durch die Umfassungswände, Fußboden und Decken, sowie
weil stets die ganze Baracke geheizt werden muß, viel Brennmaterial
erfordern.
Unter Uebersendung einer Skizze nebst Kostenüberschlag ersuchen
die Stadtverordneten-Versammlung wir daher um folgende Beschluß
fassung:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß
bei den Irrenanstalten zu Dalldorf und Herzberge zu Lichten
berg je ein massiver Jsolirpavillon für ansteckende Krankheiten
aufgestellt wird, sie genehmigt die ihr vorgelegte Skizze und
steht der Vorlegung des speziellen Projekts nebst Kosten
anschlag entgegen.
Gleichzeitig erklärt sich die Versammlung damit ein
verstanden, daß die Kosten in dem nächstjährigen Etat
eingestellt werden.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. Kirschner.
«87. Protokoll des Ausschusses zur Vorberathung der
Vorlage (Drucksache 528), betreffend die Verpachtung
von Theilstücken der im Süden der Stadt Berlin
belegenen Rieselgüter, sowie die Vermicthung des
Schlosses Gütergotz nebst Park und Wohnungs-
Inventar.
Verhandelt Berlin, den 28. September 1693.
Anwesend:
Stadtv. Scheiding, Vorsitzender,
- Kreitling, Stellvertreter des Vorsitzenden,
- Banmgarten,
- Buchow,
- Gericke,
- Langenbucher,
- Liebenow,
- Lüben,
- Salge,
- Schem.
Als Vertreter des Magistrats:
Stadtrath Struve.
Die Stadtverordneten - Versammlung hat durch Beschluß vom
7. d. Mts. — Protokoll Nr. 23 — die Vorberathung der oben-
bezeichneten Vorlage, sowie den Zusatzantrag des Stadtv. Kreitling
und Genossen:
«Zur Verlängerung des Miethsvertrages oder zu einer
anderweitigen Vermiethung ist die Zustimmung der Stadt
verordneten-Versammlung erforderlich",
einem Ausschüsse übertragen. Letzterer ist heute zu einer Sitzung zu
sammengetreten und beschäftigte sich in erster Linie mit der Berathung