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Vorschlages nicht vorliege. Werde die Südseite der Königstraße ver
breitert und falle die Idee der Anlegung von Laubengängcn fort, so
würde das erst neu errichtete Gebäude der alten Post abgebrochen
bezw. einem Umbau unterzogen werden müssen, da nach dem Urtheile
sachverständiger Mitglieder des Ausschusses eine Erhaltung und Aus
nutzung des Vordergebäudes nach dem Grundrisse vollständig aus
geschlossen sei. Auch hierdurch würden sich die Kosten des Projektes
ins Ungemessene steigern.
Unter diesen Umständen müsse von einer Beseitigung der Häuser
am Schloßplatz und Verbreiterung der Königstraße auf der Südseite
gänzlich abgesehen werden. Wolle man im Interesse des Verkehrs
etwas thun, so möge man die Verbreiterung der nördlichen Seite der
Königstraße in Erwägung ziehen und einen dahingehenden Beschluß
fassen. Hier lasse sich mit übersehbaren und erschwingbaren Kosten
eine eingreifende und für nothwendig zu erachtende Verkehrsverbesserung
schaffen. Die Südseite der Königstraße bilde schon gegenwärtig eine
ziemlich gerade Linie, die Bürgersteige seien breit und ausreichend, die
Nordseite dagegen stelle eine unregelmäßige und gebrochene Linie dar,
deren Bürgersteige auf der Strecke zwischen Burg- und Heiligegeiststraße
außerordentlich schmal und gänzlich unzureichend seien. Die dort ob
waltenden Verhältnisse könnten auf die Dauer nicht erhalten bleiben,
sondern müßten beseitigt werden und es unterliege gar keinem Zweifel,
daß auch für den Fall der Annahme der Magistratsvorlage die Nord-
seite über kurz oder lang einer Regulirung unterzogen werden müsse.
Diesen Erwägungen entsprechend wurden zwei Anträge eingebracht;
davon lautet der eine:
Die Versammlung genehmigt das Projekt A des Magistrats
unter der Bedingung, daß Seitens des König!. Polizei-
Präsidiums die Genehmigung zur Ueberführung eines zwei
spurigen Pferdebahngeleises über die neu zu erbauende Kur-
sürftenbrücke über den Schloßplatz hinweg im Falle der
Verbreiterung der Königstraße auf der Nordseite gesichert wird.
Die Versammlung sieht einer entsprechenden Vorlage ent
gegen.
Der zweite Antrag hat folgenden Wortlaut:
Der Ausschuß empfiehlt der Versammlung, unter Ablehnung
der Magistratsvorlagc den Magistrat zu ersuchen, der Stadr-
verordneten-Versammlung eine Vorlage zur Verbreiterung der
Königstraße auf der Nordseite zu unterbreiten.
Zur Unterstützung des ersteren Antrages wurde ausgeführt, daß
zwar in dem vom Magistrat vorgelegten Projekte A eine Verbreiterung
der Königstraße auf der Nordseite, sowie ferner eine Verbreiterung der
Kurfürstcnbrücke um 2 m stromabwärts vorgesehen werde, daß aber
eine Garantie dafür nicht gegeben sei, daß im Falle der Durchführung
des Projekles die Konzession zum Bau und Betriebe einer Pferdebahn
linie Schloßplatz—Rathhaus durch die Königstraße auch ertheilt werde.
Da aber die Verbreiterung wesentlich von der Genehmigung der Pferde
bahnlinie abhängig zu machen sei, so empfehle es sich, bei Annahme
des Projektes einen dahingehenden Vorbehalt zu beschließen.
In Beziehung auf den zweiten Antrag wurde hervorgehoben, daß
der Magistratsantrag sich lediglich mit dem Projekt 8 beschäftige; zwar
habe der Magistrat das Projekt A aufgestellt und der Versammlung
mit herübergegeben, in der Vorlage seien aber eine Reihe von Bedenken
und Schwierigkeiten aufgeführt, welche nach der Ansicht des Magistrats
der Ausführung entgegenstehen. Demgemäß erscheine es vollständig
korrekt, wenn empfohlen werde, das Projekt 8 abzulehnen und den
Magistrat zu ersuchen, wegen Verbreiterung der Königstraße auf der
Nordseite eine besondere Vorlage zu machen. Eines besonderen Vor
behaltes wegen der Pferdebahn bedürfe es nicht, da, wenn die Straße
so breit angelegt werde, daß eine Pferdebahn kursiren könne, man dann
auch zu der Erwartung berechtigt sei, daß die Polizeibehörde die Ge
nehmigung zu der Anlage und den Betrieb ertheilen werde. Ebenso
könne man es der Erwägung des Magistrats überlassen, welche Breite
der Königstraße künftig gegeben werden solle, ob, wie von einer Seite
ausgeführt wurde, hierzu 16 m — nämlich 10 m Fahrdamm und je
3 m für die beiden Bürgersteige — ausreichend seien oder ob die Ver
breiterung auf der Nordseite eine größere Ausdehnung erhalten solle.
Von anderer Seite sowie von dem Herrn Magistratskommissar
wurde dagegen für die Annahme des Magistratsantrages eingetreten.
Hierbei wurden die bereits bei Gelegenheit der früheren Berathungen
gemachten Ausführungen im Großen und Ganzen wiederholt. Ins
besondere ist nochmals darauf hingewiesen worden, daß der Mittelpunkt
der Stadt in seiner Entwicklung, anderen Stadttheilen gegenüber, ver
nachlässigt sei und durch Beseitigung der Verkehrshindernisse und Ver
breiterung der Hauptzugaugsstraßen ihm neues Leben und neuer Verkehr
zugeführt werden müsse. Den exorbitanten Forderungen der Eigenthümer
könne eine maßgebende Beachtung nicht geschenkt werden, vielmehr sei
anzunehmen, daß im Falle der Enteignung der Grundstücke keine
wesentlich höheren Summen zu zahlen seien, wie der Magistrat be
rechnet habe.
Nach erschöpfter Diskussion wurde zur Abstimmung, und zwar
zunächst über den oben gedockten zweiten Antrag, als den am weitest
gehenden, geschritten. Dabei wurde derselbe mit 10 gegen 5 Stimmen
angenommen.
Der Ausschuß empfiehlt demgemäß folgende Beschlußfassung:
Den Antrag des Magistrats:
„Die Versammlung erklärt sich grundsätzlich mit der
Durchführung des anliegenden Projekts 8 einverstanden,
ermächtigt den Magistrat zu den erforderlichen weiteren
Verhandlungen dieserhalb, und sieht einer Vorlage über
den Erwerb der dabei in Frage kommenden Grundstücke
und Rechte, sowie über die Deckung der Kosten entgegen"
lehnt die Versammlung ab. Sie ersucht dagegen den Magistrat,
ihr eine Vorlage zur Verbreiterung der Königstraße auf der
Nordseite zugehen zu lassen.
Der Druck des Protokolls soll stattfinden, zum Berichterstatter ist
der Stadtv Hütt ernannt worden.
Einem Wunsche des Herrn Oberbürgermeisters zufolge, soll die
Berichterstattung des Ausschusses erst auf die Tagesordnung der Stadt-
verordneten-Versammlung gesetzt werden, wenn der Herr Oberbürger
meister von seiner gegenwärtigen Urlaubsreise zurückgekehrt sein wird.
V. w. o.
Langerhans. Hütt.
«73. Protokoll des Ausschusses für Rechnungssachen.
Verhandelt Berlin, den 26. September 1893.
Anwesend:
Stadtv. Friederici, Vorsitzender,
- Alt,
- George,
- Hätt,
- Kalisch,
- Liebenow,
- Liebermann,
- Lüben,
- Michelet,
- Pincussohn,
- Reichnow,
- Sachs I,
- Schoenflies,
- Seile,
- Vogtherr,
- Wallach.
Von Seiten des Magistrats:
der Kämmerer Stadtrath Maaß.
Nicht anwesend:
Stadtv. Jacobi, entschuldigt,
- Kyllmann, entschuldigt,
- Schweißer, entschuldigt.
Am Beginn der heutigen Sitzung gab der Vorsitzende zunächst dem
Gefühle des Bedauerns Ausdruck, daß der Stadtv. Hellriegel,
welcher dem Rechnungsausschusse seit dem Jahre 1886 angehört, aus
Gesundheitsrücksichten sich veranlaßt gefühlt habe, aus dem Ausschüsse
auszuscheiden und widmete demselben zugleich für seine erfolgreiche
Thätigkeit bei Bearbeitung der Rechnungssachen einige Worte der An
erkennung und des Dankes.
Sodann trat der Ausschuß in die Tagesordnung ein. Auf der
selben standen 36 Rechnungssachen, die sämmtlich zum Vortrag gelangten.
Darunter befanden sich auch 16 Rechnungssachen, die als erledigt zu
den Akten gehen können, da die Decharge bereits früher ertheilt ist,
und die an den Magistrat gerichteten Anfragen genügend beantwortet
sind. Bei zwei anderen Sachen wünscht der Ausschuß, bevor er darüber
an die Versammlung berichtet, von dem Magistrat noch mancherlei
Aufklärungen zu erhalten, die von dem Vorsitzenden kurzer Hand er
beten werden sollen. Bezüglich der nachbezeichneten 18 Rechnungssachen,
bei denen entweder keine oder nur geringfügige Anstände vorliegen,
oder bei denen die gestellten Anfragen in zufriedenstellender Weise be
antwortet sind, beantragt der Rechnungsausschuß auf Grund der in
heutiger Sitzung festgestellten Revisionsprotokolle, welche sich bei den
betreffenden Rechnungsakten befinden, folgende Beschlußfassung:
Die Versammlung ertheilt die Entlastung für:
1. die Rechnung der städtischen Wasserwerke pro 1. April 1889/90,
2. die Rechnung der Spezialverwaltung 2 — Ländliche Grundstücke
und Kalksteinbruch zu Rüdersdorf — pro 1. April 1880/91,
3. die Rechnung der Spezialverwaltung 6 — Gemeinde-Ein
kommensteuer — pro.1. April 1890/91, ^
4. die Rechnung der Spezialverwaltung 18 — KönigstädtiM-''
Gymnasium — pro 1. April 1890/91,
5. die Rechnung der Spezialverwaltung 29E. — sechste städttlck
höhere Bürgerschule — pro 1. April 1890/91,
6. die Rechnung der Spezialverwaltung 43 — Armenwesen
pro 1. April 1890/91,
7. die Rechnung der Spezialverwaltung 44 — Friedrich Wickeln -
Hospital und Siechenanstalten — pro 1. April 1890/91,