(634—651.)
Jorlagen
für die
Stadtverordneten -Versammlung zu Berlin.
634. Vorlage (J.-Nr. 1 852 8t. E. B. 93) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die Ertheilung des Zuschlages
auf Uebernahme der Kehricht- und Schnee-Abfuhr
aus den Straßen Berlins auf die Zeit vom 1. April
1894 bis 31. März 1897.
Durch Abkommen vom 14./18. Juli 1887 war die Abfuhr des
Straßenkehrichts und des Schnees den beiden Unternehmern A. Tabbert
und C. Nauck auf die Dauer von 6 Jahren und zwar vom 1. April
1888 ab übertragen worden.
Diese Vereinbarung läuft mit dem 31. März 1894 ab. Es ist
daher eine neue Submission auf Uebernahme der Abfuhr für fernere
3 Jahre also bis zum 31. März 1897 ausgeschrieben worden. Aus
dieser ging als Mindestfordernder für sämmtliche 6 Loose, in welche
das Stadtgebiet eingetheilt ist, der Fuhrunternehmer A. Tabbert,
hier Mühlenstr. 61/63 wohnhaft, hervor. Derselbe fordert für die
Abfuhr des Straßenkehrichts eine jährliche Pauschalsumme von 562 200 JC,
für jede Schneefuhre, d. h. soweit dieselben nicht innerhalb des Rahmens
der gewöhnlichen Abfuhr, sondern auf besondere Anordnung der Direktion
der städtischen Straßenreinigung nach starken Schneefällen außerordent
lich zu leisten sind, eine Vergüttgung von 2,so JC. Die höchste Forde
rung aus jener öffentlichen Submission betrug 610 000 JC für die
Kehrichtabfuhr und 2,»s JC für die Fuhre Schnee.
Das Ergebniß der diesjährigen Submission erscheint demjenigen
aus dem Jahre 1887 gegenüber als ein ungünstiges. Die derzeitigen
Unternehmer erhalten für die Kehrichtabfuhr:
Tabbert für Loos 1—4, 6: 303 160 JC,
Nauck - - 5: 75 000 -
sind 378 160 Je für das Jahr
und für die Schneeabfuhr: Tabbert für die Fuhre 2,ss JC, Nauck
für die Fuhre 2,so JC.
In den letztvergangenen 5 Jahren betrug die Kehrichtabfuhr durch
schnittlich 100 000 Fuhren, so daß sich der Preis für jede Fuhre auf
3,7 JC berechnete, während nach der neuen Forderung sich der Preis
pro Fuhre aus 5,o JC stellt, also um etwa 1,° JC erhöht. Wir vermögen
trotzdem diese Mehrforderung als eine unberechtigte nicht zu bezeichnen.
Die Verhältnisse haben sich in den letzten 6 Jahren außerordentlich
verändert. Es sind nicht nur die von den Unternehmern ihren Arbeitern
zu zahlenden Löhne sehr gestiegen, sondern cs find die durch die
Arbeiterversicherungsgesetze den Arbeitgebern auferlegten Verpflichtungen
für die Abfuhrunternehmer bedeutende geworden. Fernerhin ist eine
erhebliche Vergrößerung des Arbeitsgebietes eingetreten, welches sich in
Folge der Aufnahme vieler neuer Straßen in den Arbeitsplan um
3 allmählich neugebildete Aufseher-Abtheilungen vermehrt hat. Es
darf bei Beurtheilung der Verhältnisse auch nicht außer Acht gelassen
werden, daß die Futterpreise in den letzten Jahren außerordentlich ge
stiegen sind und daß die Beschaffung von geeigneten Abladeplätzen,
welche nach den Bedingungen dem Unternehmer selbst obliegt, von
Jahr zu Jahr größere Schwierigkeiten und Kosten bereitet. Wir
führen hierzu noch an, daß die Abfuhrunternehmer aus Anlaß aller
dieser Umstände schon während des jetzt noch laufenden Vertrages
wegen einer Erhöhung ihrer Bezüge wiederholt bei uns vorstellig ge
worden sind.
, In Berücksichtigung dieser Verhältnisse und da nach der uns zu
treffend erscheinenden Annahme der Deputation für das Straßen-
rnnigungswesen ein nochmaliges Ausschreiben ein uns günstigeres
Resultat nicht ergeben würde, beabsichtigen wir, nach dem Vorschlage
der genannten Deputation, dem A. Tabbert, den Zuschlag zu er-
theilen und ersuchen demgemäß um folgende Beschlußfassung:
Die Versammlung ist damit einverstanden, daß das
Unternehmen der Kehricht- und Schneeabfuhr aus den Straßen
Berlins an den Fuhrherrn A. Tabbert, Mühlenstr. 61/63,
auf die Zeit vom 1. April 1894 bis 31. März 1897 ver
geben werde und zwar gegen eine Entschädigung, welche für
die Kehrichtabfuhr auf insgesammt 562 200 JC jährlich, für
jede Schneefuhre dagegen aus 2,°o JC zu bemessen ist.
Berlin, den 6. September 1893.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. Kirschner.
635. Vorlage (J.-Nr. 936 G. 8. II. 93) — zur Beschluß
fassung—, betreffend Niederschlagung von Erstattungs
ansprüchen der Armen-Direktion gegen den Vorstand
der hiesigen Allgemeinen Orts-Krankenkasse gewerb
licher Arbeiter und Arbeiterinnen für Insassen der
hiefigen Arbeiter-Kolonie.
Wir ersuchen die Stadtverordneten-Versammlung um folgende
Beschlußfassung:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß
die Kosten im Betrage von 435,oo JC, welche die hiesige
Allgemeine Orts - Krankenkasse gewerblicher Arbeiter und
Arbeiterinnen für Krankenhauspflege von Insassen der
Berliner Arbeiter-Kolonie an die Armen-Direktion zu erstatten
hat, niedergeschlagen werden und genehmigt die an diese
Kasse bereits erfolgte Rückzahlung solcher Kosten in Höhe
von 697,ls JC nachträglich.
Begründung.
Nachdem seit dem Bestehen der staatlichen Krankenversicherung der
Arbeiter Jahre lang Seitens der hiesigen zuständigen Stellen an der
Ansicht festgehalten worden war, daß die in den sogenannten Arbeiter-
Kolonien beschäftigten Personen dem Versicherungszwange nicht unter
lägen, ist auf Grund einer entgegengesetzten Entscheidung des hiesigen
Bezirks-Ausschusses vom 8. September 1891 die Versicherungspflicht
allgemein auch von unserer Gewerbe-Deputation ausgesprochen und
von dem Vorstande der hiesigen Arbeiter-Kolonie anerkannt worden.
Die Folge davon war eine doppelte: einmal verlangte die Armen-
Direktion von der für die Kolonisten in Betracht kommenden Allgemeinen
Orts-Krankenkasse gewerblicher Arbeiter und Arbeiterinnen Hierselbst
Ersatz aller Unterstützungen, die sie erkrankten Kolonisten gewährt hatte,
sodann aber beanspruchte die genannte Orts-Krankenkasse ihrerseits
von dem Vorstande der Kolonie die rückständigen Beiträge und die
Rückerstattung ihrer Zahlungen an die Armen-Direktion, letzteres auf
Grund des §. 50 des Krankenversicherungs-Gesetzes, weil der Vorstand
seine Meldepflicht verabsäumt har.
Die Ansprüche der Armen-Direktion an die Orts-Krankenkasse
belaufen sich auf 697,is JC, welche die letztere bereits gezahlt hat und
deren Rückzahlung vorbehaltlich der Genehmigung der Stadtverordneten-
Versammlung bei Spezial-Verwaltung 20. Titel II, 2 des Etatsjahres
1892/93 erfolgt ist, und wettere 435,so JC, wegen deren Niederschlagung
der Vorstand der Orts-Krankenkasse bei uns vorstellig geworden ist.
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