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496. Protokoll des Ausschusses zur Borberathung der
Vorlage (Drucks. 432), betreffend den Ankauf des
Grundstücks Wafferthorstr. 46 zum Zweck der Er
richtung einer dritten städtischen Bolksbadeanstalt,
sowie
des Antrages des Stadtv. Reichnow und Genoffen
(Drucks. 417), betreffend die Errichtung von Dampf
bäder« bei der Erbauung einer neuen Bolksbadeanstalt.
Verhandelt Berlin, den 22. Juni 1893.
Anwesend:
Stadtv. (Beriefe, Vorsitzender,
• Kreitling,
- Liebenow,
- Manegold,
- Reichnow,
- Schoenflies,
- Weber,
- Wohlgemuth.
Von Seiten des Magistrats:
Stadtrath Borchardt.
Nicht anwesende
Stadtv. Dr. Gerstenberg, entschuldigt,
- Singer.
Die Versammlung hat durch Beschluß vom 16. d. M. — Prot.
Nr. 30 — die oben bezeichnete Vorlage, sowie den Antrag des Stadt
verordneten Reichnow und Genossen einem Ausschüsse zur Vorberathung
überwiesen. Nachdem der Ausschuß heute das Grundstück Wasserthor
straße 46 besichtigt hatte, trat er im Rathhause zu einer Berathung
zusammen.
In Betreff des ersten Berathungsgegenstandes der Magistrats
vorlage wegen Ankaufs des Grundstücks herrschte volle Ueber
einstimmung darüber, daß nach den günstigen Erfahrungen, welche die
Stadt mit der Volksbadeanstalt in Moabit gemacht habe, energisch
dahin zu streben sei, möglichst bald alle übrigen Stadttheile mit solchen
Anstalten zu versorgen. Indessen wurden gegen das vom Magistrat
vorgeschlagene Grundstück, sowie überhaupt gegen das Vorgehen des
Magistrats in dieser Angelegenheit verschiedene Bedenken geltend gemacht.
Das Vorderhaus des Grundstücks Wafferthorstr. 46 sei, so wurde
ausgeführt, von alter Bauart; seine Ausnutzung durch Vermiethung
sei für die Verwaltung mit Schwierigkeiten aller Art verknüpft. Der
Thorweg sei für die Zwecke der auf dem Hintcrlande zu erbauenden
Badeanstalt (Einfahrt der Kohlenwagen u. s. w.) unzureichend; es müßte
event, der Treppenaufgang verlegt werden. Wenn man aber erst hiermit
anfange, so werde sich bald die Nothwendigkeit zn einem völligen
Umbau des Hauses herausstellen. Hiernach könne von dem Vorderhause
nicht gesagt werden, daß es den Grundstückswerth erhöhe; das Grundstück
habe vielmehr für die Stadt nur Baustellenwerth, das Vorderhaus
müsse daher bei Bewerthung des Grundstücks ausgeschieden werden.
Dann sei aber der geforderte Preis von rund 1 862 JC für die
Ouadratruthe (133 JC für das Quadratmeter) viel zu hoch. Außerdem
wurde geltend gemacht, daß die Badeanstalt hier überhaupt nicht an
der richtigen Stelle errichtet werden würde. Nicht diesseits, sondern
in dem von der Arbeiter-Bevölkerung dicht bewohnten Stadttheile
jenseits des Kanals sei die Anstalt zu erbauen. Diese unzweckmäßige
Auswahl des Platzes für die Anstalt sei wesentlich der Art des Vor
gehens des Magistrats zuzuschreiben. Nachdem festgestellt sei, daß
mehrere Volksbadeanstalten zu errichten seien, mußte zunächst, ähnlich
wie es seiner Zeit bei der Erbauung der Markthallen geschehen sei, ein
bestimmtes Programm aufgestellt werden, welches die Stadtgegenden
bezeichnet, die Badeanstalten erhalten sollen. Erst wenn man sich
hierüber schlüssig gemacht habe, könne mit dem Erwerb geeigneter
Grundstücke vorgegangen werden. Es wurde deshalb beantragt, der
Versammlung folgende Beschlußfassung zu empfehlen:
Die Versammlung ^lehnt den Ankauf des Grundstücks
Wafferthorstr. 46 ab. sie ersucht den Magistrat, ihr baldigst
eine Vorlage zu machen, in welchen Stadtgegenden er für
die Folge den Bau von Volksbadeanstalten beabsichtigt.
Der Magistrats-Vertreter befürwortete dagegen die Annahme der
Magistrats-Vorlage, indem er auf die Schwierigkeiten, ein geeignetes
Grundstück zu finden, hinwies, und führte dann an, daß bereits die
Errichtung weiterer Badeanstalten in verschiedenen anderen Stadt
theilen in Aussicht genommen sei. Die übrigen Mitglieder des Aus
schusses schloffen sich indeß in ihren Ausführungen dem gestellten An
trage an. Dabei wurde besonders noch hervorgehoben, daß in der
Gegend der Wasserthorstraße reichlich Privat-Badeanstalten beständen,
so daß also auch danach das Grundstück Wasserthorstraße 46 nicht
glücklich gewählt sei. Hierauf wurde der gestellte Antrag einstimmig
angenommen.
Demnächst trat der Ausschuß in die Berathung über den Antrag
des Stadtverordneten Reichnow und Genossen ein:
Die Versammlung ersucht den Magistrat, bei der Er
bauung einer neuen Volksbadeanstalt auf die Errichtung von
Dampfbädern im Interesse der Kranken Bedacht zu nehmen.
Der Antragsteller begründete seinen Antrag, indem er ausführte,
daß in Berlin ein großer Mangel an Dampfbädern für die ärmere
Bevölkerung bestehe, die wenigen vorhandenen seien verhältnißmäßig
theuer. Namentlich von den Armenärzten und von den Aerzten der
Krankenkassen würden viele Dampfbäder verordnet, wegen ihres hohen
Preises würde ihre Zahl aber zum Nachtheil der Kranken von den
Krankenkassen soweit als irgend möglich beschränkt. Da in den Volks-
badeanstaltcn schon für den gewöhnlichen Betrieb Dampf erzeugt werde,
so werde sich die Einrichtung und Abgabe von Dampfbädern ohne
große Kosten bewerkstelligen lassen. Ohne weitere Diskussion wurde
hierauf der Antrag einstimmig angenommen.
Hiernach schlägt der Ausschuß der Versammlung folgende Beschluß
fassung vor:
I. Die Versammlung lehnt den Ankauf des Grundstücks Wasser-
thorstr. 46 ab.
II. Sie ersucht den Magistrat, ihr baldigst eine Vorlage zu
machen, in welchen Stadtgegenden er für die Folge den
Bau von Volksbadeanstalten beabsichtigt.
III. Sie ersucht ferner den Magistrat, bei der Erbauung einer
neuen Volksbadeanstalt auf die Errichtung von Dampfbädern
im Interesse der Kranken Beoacht zu nehmen.
Der Druck des Protokolls soll stattfinden. Zum Berichterstatter
ist der Stadtv. Schoenflies ernannt worden.
v. w. o.
Gcricke. Schoenflies.
497. Antrag.
Die Unterzeichneten ersuchen die Versammlung um folgende Be
schlußfassung:
Die Versammlung ermächtigt den Magistrat, schon jetzt
mit der Erbauung einer Jnterimsbrücke stromabwärts von
der jetzigen Kurfürstenbrücke vorzugehen, ohne dadurch die
Beschlußfassung der Versammlung, ob die Königstraße über
haupt oder auf welcher Seite dieselbe zu verbreitern sei, vor
zugreifen.
Die Versammlung sieht dabei von der vorherigen Vor
legung eines speziellen Planes und der Kostenberechnung
bezüglich der Jnterimsbrücke ab.
Berlin, den 22. Juni 1893.
Meyer I.
Schwalbe. Sachs I. Jacobi. Giese. Mentel. Spinola.
498. Borlage (J.-Nr. 598 Orä. v. 93) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die Bewilligung der Pflasterungs
kosten für den unbefestigten Theil des Lohmühlen
weges im Gemeindebezirk Treptow.
Die Gemeinde Treptow beabsichtigt, den noch unbefestigten Theil
des im Gemeindebezirk Treptow belegenen Lohmühlenweges im Verein
mit der Gemeinde Rixdorf, welche den in ihren Bezirk fallenden Theil
dieses Weges bis zum Maybachufer Herstellen wird, noch im Laufe
dieses Jahres im Anschluß an den bereits von der Berlin - Görlitzer
Eisenbahn-Verwaltung hergestellten Theil des Lohmühlenweges pflastern
zu lassen, wenn die entstehenden Kosten von den Anliegern des Loh
mühlenweges nach Verhältniß der Frontlänge ihrer Grundstücke auf
gebracht werden.
Der Damm soll in einer Breite von 11 m mit gutem Pflaster,
die Bürgersteige mit je 4 m Mosaikpflaster hergestellt werden: die Her
stellungskosten sind für das laufende Meter Grundstücksfront auf
60 JC berechnet.
Nach Mittheilung des Gemeinde-Vorstandes sind die zur Pflasterung
erforderlichen Mittel bis auf den Beitrag der Stadtgemeinde Berlin,
welche mit einer Grundstücksfront von 60 m bethetligt ist, gesichert.
Mit Rücksicht darauf, daß die am Kanal belegenen städtischen
Grundstücke nach Fertigstellung der Straße sich besser vermiethen lassen
werden, find wir im Einverständniß mit der Grundeigenthums-
Deputation bereit, als Anlieger die Herstellungskosten für 60 m
Grundstücksfront mit 60 JC pro laufendes Meter, mithin 3 600 JC
an die Gemeinde Treptow zu zahlen und ersuchen die Stadtverordneten-
Versammlung um folgende Beschlußfassung:
Die Stadtverordneten - Versammlung erklärt sich damit
einverstanden, daß die antheiligen Kosten für die Pflasterung
des unbefestigten Theiles des Lohmühlenweges nach Maß
gabe der Frontlänge der adjazirenden städtischen Grundstücke
am Lohmühlenwege dem Gemeinde-Vorstände zu Treptow er-