Druck von Gebrüder Grunert, Berlin.
6.
(460
Aorkage
für die
Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin.
4«. Protokoll des Ausschusses für die Vorberathung der
Vortage Nr. 1040 von 1892 —, betreffend die
Miethung von Bureau-Lokalitäten im Hause König
straffe 1 — 0 und die Beschaffung von Jnventarien-
stücken für das Gewerbegericht.
Verhandelt Berlin, den 17. Januar 1893.
Anwesend:
Stadtv. Reiß, Vorsitzender,
- Michelet, Stellvertreter desselben,
- Friederici, Schriftführer,
- Jordan, Stellvertreter desselben,
- George,
- Pincussohn,
- Schoenflies,
- Seibert,
- Toermer,
- Wagner.
Von Seiten des Magistrats:
Stadtrath Borchardt.
Die Mitglieder des Ausschusses traten nach der gemäß Verab
redung erfolgten gemeinschaftlichen Besichtigung der in den Grund
stücken Königstr. t — 6 und Stralauerstr. 3—6 angebotenen Räumlich
keiten im Rathhause zu einer Berathung zusammen. Der Vorsitzende
leitete die Verhandlungen mit einigen Worten ein, in denen er her
vorhob, welche Vortheile und Nachtheile die einzelnen besichtigten
Räume hätten.
Von einer Seite wurde die Annahme der Offerte im Bier'schen
Grundstücke Stralauerstr. 3—6 empfohlen, dort seien die geforderten
Preise viel niedriger als in dem vom Magistrat vorgeschlagenen Hause,
und man könne leicht noch Räume hinzu nehmen, wenn die jetzt zu
miethenden nicht ausreichen sollten.
Vom Magistrats-Vertreter wurde bemerkt, daß ursprünglich für
die Lokalitäten im Bier'schen Hause mehr gefordert sei, die Besitzer
seien erst später mit ihren Forderungen heruntergegangen; die Räume
in der Königstraße hingen besser zusammen und seien auch heller.
Der Magistrat halte deshalb diese Räumlichkeiten für geeigneter, zumal
der Preis von 12 700 JC — zirka 20 JC pro Quadratmeter bei
Einrechnung der Dienerwohnung — kein zu hoher sein.
Von Mitgliedern des Ausschusses wurde entgegnet, daß der Preis
in der Stralauerstraße doch wesentlich niedriger sei. Dort würden für
590 qm k 16 JC 9 440 JC inkl. sämmtlicher Nebenabgaben gefordert,
es werden aber schon jetzt 1 000 qm zur Verfügung gestellt, ohne daß
für den Rest Zahlung bis zum 1. April 1894 beansprucht werde.
Dort sei außer einer zweckmäßigen Heiz-Einrichtung (Warmwasseranlage),
die gegen eine Entschädigung von 5 pCt. der Miethe benutzt werden
könne, auch elektrische Beleuchtung vorhanden, für deren Benutzung
eine Entschädigung von 4 4 pro Lampe und Stunde inkl. aller Neben
kosten (auch der Lampen) gefordert werde. Die Lage sei in Bezug auf
Entfernung vom Rathhause ebenfalls günstig. Der Straßenlärm
dringe weniger leicht in die Räume, da sie meistens an den Höfen
lägen; durch die Brauerei sei eine Störung nicht zu befürchten: an
Licht fehle es nicht, und wenn eine Vermehrung der Räumlichkeiten
nöthig werden sollte, so könnte dort bis 1 400 qm gemiethet werden.
Der vom Magistrats-Kommissar bezüglich der Räume in der König
straße 4/6 hervorgehobene Vorzug der größeren Helligkeit habe auch
seine Nachtheile. Die Beamten, die in den von den Ausschuß
mitgliedern dort ebenfalls besichtigten Zimmern arbeiteten, klagten
über den Zug an den großen Schaufenstern, ebenso aber auch
über die unerträgliche Hitze in der Nähe der eisernen Oefen,
es seien dort nur wenige Plätze vorhanden, wo die Temperatur eine
behagliche sei; große Schaufenster eignen sich nicht für Bureauräume.
Wenn der Magistratsvertreter beabsichtige, durch Aufstellen von Kachel
öfen die Zustände zu verbessern, so werde er den Zweck sehr schwer
erreichen, da so große Räume durch Kachelöfen wohl kaum hinreichend
erwärmt werden könnten. Der Annahme, daß es dafür im Sommer um
so angenehmer in diesen Räumen sein würde, müsse widersprochen werden,
da die nach der Burgstraße belegenen Zimmer fast während der ganzen
Arbeitszeit der Sonne ausgesetzt seien. Die Besitzer des Grundstücks
Stralauerstr. 3—6 hätten sich ebenfalls bereit erklärt, die erforderlichen
Zwischenwände und Korridore auf eigene Kosten herzustellen. Die
baulichen Einrichtungen würden sich dort leicht herstellen lassen, da
als Zugang 4 Treppen benutzt werden könnten. Da nun auch Klosets,
Waschbecken u. s. w. reichlicher vorhanden seien, so verdienten diese
gewölbten Räume in jeder Beziehung den Vorzug. Der Ausschuß schloß
sich diesen Ausführungen an und einigte sich dahin, die Ablehnung der
Magistrats-Vorlage zu empfehlen.
Eine Berathung über den 2. Theil der Vorlage, betreffend die
Bewilligung der zur Beschaffung des Inventars für das Gewerbe
gericht erforderlichen Mittel, hat (als vorläufig gegenstandslos) nicht
stattgefunden.
Es wird folgende Beschlußfassung vorgeschlagen:
Die Versammlung lehnt den Antrag des Magistrats, daß
a) im Hause Königstr. 1—6 zur Aufnahme von Bureaux der
Gewerbe-Deputation geeignete Räume vom 1. April 1893
bis zum 31. März 1898 gegen Zahlung von 12 700
jährlich L conto der Spezial-Verwaltung 39 der Stadt-
Hauptkasse gemiethet und
b) die zur Beschaffung des Inventars für das Gewerbe
gericht erforderlichen Mittel bis auf Höhe von 13 000 JC
aus den Ueberschüssen des Rechnungsjahres 1. April 1891/92
entnommen werden,
ab und
sieht einer neuen Vorlage, betreffend die Miethung von
Räumen für das Gewerbegericht, entgegen.
Zum Berichterstatter ist der Vorsitzende, Stadtv. Reiß, erwählt
worden.
Ed. Reiß. Friederici.
Berlin, den 23. Januar 1893.
Der Stadtverordneten-Vorsteher
Langeryans.