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Begründung.
Der Wittwe des am 3. Januar 1887 verstorbenen Gemeinde
schullehrers Jungnickcl ist durch Beschluß der Sladtverordneten-
Bcrsammlung vom 1. Mai 1890 — Protokoll Nr. 22 — sür ihren
am 1. Oktober 1879 geborenen Sohn Edgar ein monatliches Er-
ziehungsgcld bis ult. April d. Js. bewilligt worden. Sie hegt nun
den Wunsch, ihren Sohn, welcher Schüler der Tertia der höheren
Bürgerschule ist, Lehrer werden zu lassen, und soll derselbe zu diesem
Zweck bis zum 17. Lebensjahre, dem Alter, in welchem er in eine
Präparanden-Anstalt aufgenommen wird, die Schule weiter besuchen.
Diesen Wunsch kann sie jedoch nur durchführen, wenn ihr das Er
ziehungsgeld noch auf weitere Jahre gezahlt wird. Frau Jungnickel,
welche eine Wittwenpension von 825 JC erhält, ist durch die Krankheiten
ihrer beiden Töchter in große Bcdrängniß gerathen, sie sucht deshalb
durch Anfertigung von Handarbeiten ihr Einkommen zu erhöhen.
Auch die beiden ältesten Söhne, welche in hiesigen kaufmännischen
Geschäften thätig sind und bei der Mutter wohnen, unterstützen
diese nach besten Kräften, aber dennoch ist die Familie in Schulden
gerathen. Die älteste, 27 Jahre alte Tochter, seit Jahren nervenleidend,
war 11 Monate in einer Nervenheilanstalt. Der Aufenthalt daselbst
hat trotz bedeutender Preisermäßigung mehr als 2 000 JC gekostet,
und sind zur Zeit noch 750 JC zu entrichten. Diese Schulden sind
der Wittwe eine schwere Last, von welcher sie sich unter den größten
Entbehrungen nach und nach zu befreien sucht. Die zweite Tochter
ist 20 Jahre alt und in Folge eines rheumatischen Leidens gleichfalls
erwerbsunfähig.
Unter diesen Umständen erscheint es nothwendig, der schwer
geprüften Wittwe das erbetene Erziehungsgeld fernerhin und auch
über das 15. Lebensjahr des Sohnes hinaus zu gewähren. Sie
wohnt noch Veteranenstr. 28IV.
Berlin, den 10. Mai 1893.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. Zelle.
488. Borlage (J.-Nr. 923 8. D. I. 93) — zur Bcschluß-
fassung —, betreffend die Zahlung des Gehalts des
verstorbenen Gemeindelehrers Ernst Lunenburg
pro Juli/August d. Js. an seine Mutter, Wittwe
Lunenburg, hiersclbst, Grünauerstr. 7 wohnhaft,
als Gnadenbewilligung.
Der Gemeindeschullehrer Ernst Lunenburg ist am 27. Mai d. Js.
gestorben. Er war nicht verheirathet. Das 1 600 JC betragende
Gehalt ist bis ultimo Juni er. erhoben, so daß für die Hinterbliebenen
nur noch pro Juli/August er. das Gnadengehalt beansprucht werden
könnte.
Die Mutter des Verstorbenen hat in einem Gesuche vom
5. d. Mts. die Auszahlung dieses Gnadengehaltes erbeten unter der
Ausführung, daß sie 70 Jahr alt, gänzlich vermögenslos und arbeits
unfähig sei und in dem Verstorbenen den einzigen Ernährer verloren
habe, sowie daß ihre noch lebenden Kinoer ebenfalls in dürftigen Ver
hältnissen leben und nicht in der Lage seien, sie zu unterstützen.
Nach dem Berichte des Schulinspektors Herrn vr. Pohle wird
die Wahrheit der in dem Gesuche gemachten Angaben im vollen Um
fange bestätigt.
Wir beabsichtigen daher, der Bitte der Frau Lunenburg zu
willfahren, wenngleich der Lunenburg erst seit 1. April 1892 als
ordentlicher Lehrer angestellt worden ist und schon am 9. August des
selben Jahres seine Lehrthätigkeit krankheitshalber eingestellt hat, so
daß nicht einmal seine Vereidigung stattgefunden hat. Da Lunenburg
indessen seit I. April 1888 als Hülfslehrer gewissenhaft an unseren
Gemeindcschulen thätig gewesen ist, so ersuchen, wir die Sladl-
verordneten-Versammlung um folgende Beschlußfassung:
Die Stadtverordneten-Versammlung genehmigt die Zahlung
des Gehalts für den am 27. Mai d. Js. gestorbenen
Gemeindeschullehrer Ernst Lunenburg pro Juli/August er.
im Betrage von 266,er JC an die Mutter desselben, die
Wittwe Lunenburg, Grünauerstr. 7 wohnhaft, als Gnaden
bewilligung.
Berlin, den 12. Juni 1893.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
48». Vorlage (J.-Nr. 471 G. B. 93) — zur Bcschluß-
faffung —» betreffend die Bewilligung von Erziehungs
geld.
Wir beantragen zu beschließen:
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit
einverstanden, daß der verwittweten Magistratsdiener a. D.
Böhmer, Albertine geb. Müller für ihre am 29. Dezember
1879 geborene Tochter Luise vom I. April b. Js. ab bis
Ende Dezember 1894 ein monatliches Erziehungsgeld von
9 JC gezahlt werde.
Begründung.
Am 19. November v. Js. verstarb der Stadtsergeant und
Magistratsdiener a. D. Adolf Böhmer, welcher am 1. Januar 1892
nach 34jähriger Thätigkeit wegen eingetretener Dienstunfähigkeit in
den Ruhestand versetzt war. Schon bei Lebzeiten des Mannes, der
eine Pension von 1 614 JC bezog, befand sich die Familie in be
drängter Lage, welche sich nach seinem Tode noch ungünstiger gestaltet
hat. Seine Wittwe ist nunmehr auf ihre Wittwenpension von 525 JC
jährlich angewiesen. Die Frau ist nun bei uns vorstellig geworden,
ihr für die jüngste Tochter Luise eine Erziehungsbeihülfe zu ge
währen.
Bei der Mutter befindet sich noch eine Tochter von 19 Jahren,
die sich durch Frisiren ernährt, und die oben genannte Tochter Luise,
die noch die Schule besucht. Ein Sohn von 20 Jahren ist Matrose
und muß jetzt seiner Militärpflicht genügen, ein Sohn von 37 Jahren
ist verheirathet und hat eine zahlreiche Familie.
Diese 4 Kinder können die Mutter in keiner Weise unterstützen.
Um die Miethe zu erschwingen, vermiethet Frau Böhmer von
ihrer Wohnung, „Bernburgerstr. 2911" zwei Zimmer.
Sie selbst kann eines Fußleidens wegen nichts verdienen.
Berlin, den 2. Juni 1893. *
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. Zelle.
49V. Vorlage (J.-Nr. 667 F. B. I. 93) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die Anstellung eines Elektro
technikers.
Durch Beschluß vom 2. März d. I. — Prot. Nr. 15 — hat die
p. sich mit der Anstellung eines Elektrotechnikers zunächst auf sechs
Jahre mit einem jährlichen Gehalte von 7 000 JC einverstanden
erklärt. Nachdem ein öffentliches Ausschreiben der Stelle statt
gefunden, haben wir aus der Zahl der Bewerber den Ingenieur
vr. Martin Kallmann Hierselbst, Zimmerstr. 28 wohnhaft,
gewählt. Derselbe ist am 4. Juni 1867 geboren. Er hat nach
Absoloirung des Gymnasiums an den Universitäten Heidelberg und
Berlin, sowie vornehmlich an der technischen Hochschule zu Charlotten
burg dem Studium der Physik und des Maschinenbaufachs, ins
besondere dem der Elektrotechnik obgelegen. Er hat dabei den
Schwerpunkt auf den Maschinenbau sowie die theoretischen und
experimentellen Arbeiten im physikalischen Institut der Universität
Berlin, in demjenigen der Hochschule und in dem elektrotechnischen
Laboratorium der letzteren Anstalt gelegt. Zu seiner praktischen Aus
bildung hat er in einer Maschinenfabrik und in verschiedenen
mechanischen Werkstätten gearbeitet. Seit April 1890 ist er bei der
Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft bezw. bei der Aktien-Gesellschaft
Berliner Elektrizitätswerke als Ingenieur beschäftigt, und hat zur Zeit
die vollständige Leitung der gesammien elektrotechnischen Abtheilung der
Berliner Elektrizitätswerke, den ganzen Betrieb und das Leitungsnetz
mit allen Arbeiten umfassend.
Die p. ersuchen wir
um Aeußerung gemäß §. 56, 6 der Städte-Ordnung.
Berlin, den 17. Juni 1893.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.
Berlin, den 17. Juni 1893.
Der Stadtverordneten-Vorsteher
Langerhans.
Druck von Gebrüder Grunert, Berlin.