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Volume No. 33 (445-461), 17. Juni 1893 Anlage: ad No. 33 (462-490), Vorlagen, welche den Zeitungen nicht mitgetheilt sind

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1893 (Public Domain)

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Begründung. 
Der Wittwe des am 3. Januar 1887 verstorbenen Gemeinde 
schullehrers Jungnickcl ist durch Beschluß der Sladtverordneten- 
Bcrsammlung vom 1. Mai 1890 — Protokoll Nr. 22 — sür ihren 
am 1. Oktober 1879 geborenen Sohn Edgar ein monatliches Er- 
ziehungsgcld bis ult. April d. Js. bewilligt worden. Sie hegt nun 
den Wunsch, ihren Sohn, welcher Schüler der Tertia der höheren 
Bürgerschule ist, Lehrer werden zu lassen, und soll derselbe zu diesem 
Zweck bis zum 17. Lebensjahre, dem Alter, in welchem er in eine 
Präparanden-Anstalt aufgenommen wird, die Schule weiter besuchen. 
Diesen Wunsch kann sie jedoch nur durchführen, wenn ihr das Er 
ziehungsgeld noch auf weitere Jahre gezahlt wird. Frau Jungnickel, 
welche eine Wittwenpension von 825 JC erhält, ist durch die Krankheiten 
ihrer beiden Töchter in große Bcdrängniß gerathen, sie sucht deshalb 
durch Anfertigung von Handarbeiten ihr Einkommen zu erhöhen. 
Auch die beiden ältesten Söhne, welche in hiesigen kaufmännischen 
Geschäften thätig sind und bei der Mutter wohnen, unterstützen 
diese nach besten Kräften, aber dennoch ist die Familie in Schulden 
gerathen. Die älteste, 27 Jahre alte Tochter, seit Jahren nervenleidend, 
war 11 Monate in einer Nervenheilanstalt. Der Aufenthalt daselbst 
hat trotz bedeutender Preisermäßigung mehr als 2 000 JC gekostet, 
und sind zur Zeit noch 750 JC zu entrichten. Diese Schulden sind 
der Wittwe eine schwere Last, von welcher sie sich unter den größten 
Entbehrungen nach und nach zu befreien sucht. Die zweite Tochter 
ist 20 Jahre alt und in Folge eines rheumatischen Leidens gleichfalls 
erwerbsunfähig. 
Unter diesen Umständen erscheint es nothwendig, der schwer 
geprüften Wittwe das erbetene Erziehungsgeld fernerhin und auch 
über das 15. Lebensjahr des Sohnes hinaus zu gewähren. Sie 
wohnt noch Veteranenstr. 28IV. 
Berlin, den 10. Mai 1893. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt, 
gez. Zelle. 
488. Borlage (J.-Nr. 923 8. D. I. 93) — zur Bcschluß- 
fassung —, betreffend die Zahlung des Gehalts des 
verstorbenen Gemeindelehrers Ernst Lunenburg 
pro Juli/August d. Js. an seine Mutter, Wittwe 
Lunenburg, hiersclbst, Grünauerstr. 7 wohnhaft, 
als Gnadenbewilligung. 
Der Gemeindeschullehrer Ernst Lunenburg ist am 27. Mai d. Js. 
gestorben. Er war nicht verheirathet. Das 1 600 JC betragende 
Gehalt ist bis ultimo Juni er. erhoben, so daß für die Hinterbliebenen 
nur noch pro Juli/August er. das Gnadengehalt beansprucht werden 
könnte. 
Die Mutter des Verstorbenen hat in einem Gesuche vom 
5. d. Mts. die Auszahlung dieses Gnadengehaltes erbeten unter der 
Ausführung, daß sie 70 Jahr alt, gänzlich vermögenslos und arbeits 
unfähig sei und in dem Verstorbenen den einzigen Ernährer verloren 
habe, sowie daß ihre noch lebenden Kinoer ebenfalls in dürftigen Ver 
hältnissen leben und nicht in der Lage seien, sie zu unterstützen. 
Nach dem Berichte des Schulinspektors Herrn vr. Pohle wird 
die Wahrheit der in dem Gesuche gemachten Angaben im vollen Um 
fange bestätigt. 
Wir beabsichtigen daher, der Bitte der Frau Lunenburg zu 
willfahren, wenngleich der Lunenburg erst seit 1. April 1892 als 
ordentlicher Lehrer angestellt worden ist und schon am 9. August des 
selben Jahres seine Lehrthätigkeit krankheitshalber eingestellt hat, so 
daß nicht einmal seine Vereidigung stattgefunden hat. Da Lunenburg 
indessen seit I. April 1888 als Hülfslehrer gewissenhaft an unseren 
Gemeindcschulen thätig gewesen ist, so ersuchen, wir die Sladl- 
verordneten-Versammlung um folgende Beschlußfassung: 
Die Stadtverordneten-Versammlung genehmigt die Zahlung 
des Gehalts für den am 27. Mai d. Js. gestorbenen 
Gemeindeschullehrer Ernst Lunenburg pro Juli/August er. 
im Betrage von 266,er JC an die Mutter desselben, die 
Wittwe Lunenburg, Grünauerstr. 7 wohnhaft, als Gnaden 
bewilligung. 
Berlin, den 12. Juni 1893. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt. 
48». Vorlage (J.-Nr. 471 G. B. 93) — zur Bcschluß- 
faffung —» betreffend die Bewilligung von Erziehungs 
geld. 
Wir beantragen zu beschließen: 
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit 
einverstanden, daß der verwittweten Magistratsdiener a. D. 
Böhmer, Albertine geb. Müller für ihre am 29. Dezember 
1879 geborene Tochter Luise vom I. April b. Js. ab bis 
Ende Dezember 1894 ein monatliches Erziehungsgeld von 
9 JC gezahlt werde. 
Begründung. 
Am 19. November v. Js. verstarb der Stadtsergeant und 
Magistratsdiener a. D. Adolf Böhmer, welcher am 1. Januar 1892 
nach 34jähriger Thätigkeit wegen eingetretener Dienstunfähigkeit in 
den Ruhestand versetzt war. Schon bei Lebzeiten des Mannes, der 
eine Pension von 1 614 JC bezog, befand sich die Familie in be 
drängter Lage, welche sich nach seinem Tode noch ungünstiger gestaltet 
hat. Seine Wittwe ist nunmehr auf ihre Wittwenpension von 525 JC 
jährlich angewiesen. Die Frau ist nun bei uns vorstellig geworden, 
ihr für die jüngste Tochter Luise eine Erziehungsbeihülfe zu ge 
währen. 
Bei der Mutter befindet sich noch eine Tochter von 19 Jahren, 
die sich durch Frisiren ernährt, und die oben genannte Tochter Luise, 
die noch die Schule besucht. Ein Sohn von 20 Jahren ist Matrose 
und muß jetzt seiner Militärpflicht genügen, ein Sohn von 37 Jahren 
ist verheirathet und hat eine zahlreiche Familie. 
Diese 4 Kinder können die Mutter in keiner Weise unterstützen. 
Um die Miethe zu erschwingen, vermiethet Frau Böhmer von 
ihrer Wohnung, „Bernburgerstr. 2911" zwei Zimmer. 
Sie selbst kann eines Fußleidens wegen nichts verdienen. 
Berlin, den 2. Juni 1893. * 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt, 
gez. Zelle. 
49V. Vorlage (J.-Nr. 667 F. B. I. 93) — zur Beschluß 
fassung —, betreffend die Anstellung eines Elektro 
technikers. 
Durch Beschluß vom 2. März d. I. — Prot. Nr. 15 — hat die 
p. sich mit der Anstellung eines Elektrotechnikers zunächst auf sechs 
Jahre mit einem jährlichen Gehalte von 7 000 JC einverstanden 
erklärt. Nachdem ein öffentliches Ausschreiben der Stelle statt 
gefunden, haben wir aus der Zahl der Bewerber den Ingenieur 
vr. Martin Kallmann Hierselbst, Zimmerstr. 28 wohnhaft, 
gewählt. Derselbe ist am 4. Juni 1867 geboren. Er hat nach 
Absoloirung des Gymnasiums an den Universitäten Heidelberg und 
Berlin, sowie vornehmlich an der technischen Hochschule zu Charlotten 
burg dem Studium der Physik und des Maschinenbaufachs, ins 
besondere dem der Elektrotechnik obgelegen. Er hat dabei den 
Schwerpunkt auf den Maschinenbau sowie die theoretischen und 
experimentellen Arbeiten im physikalischen Institut der Universität 
Berlin, in demjenigen der Hochschule und in dem elektrotechnischen 
Laboratorium der letzteren Anstalt gelegt. Zu seiner praktischen Aus 
bildung hat er in einer Maschinenfabrik und in verschiedenen 
mechanischen Werkstätten gearbeitet. Seit April 1890 ist er bei der 
Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft bezw. bei der Aktien-Gesellschaft 
Berliner Elektrizitätswerke als Ingenieur beschäftigt, und hat zur Zeit 
die vollständige Leitung der gesammien elektrotechnischen Abtheilung der 
Berliner Elektrizitätswerke, den ganzen Betrieb und das Leitungsnetz 
mit allen Arbeiten umfassend. 
Die p. ersuchen wir 
um Aeußerung gemäß §. 56, 6 der Städte-Ordnung. 
Berlin, den 17. Juni 1893. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt. 
Kirschner. 
Berlin, den 17. Juni 1893. 
Der Stadtverordneten-Vorsteher 
Langerhans. 
Druck von Gebrüder Grunert, Berlin.
	        
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