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Volume No. 22 (211-219), 25. März 1893 Anlage: ad No. 22 (220-236), Vorlagen, welche den Zeitungen nicht mitgetheilt sind

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1893 (Public Domain)

ad J\? 22. 
(220-236.) 
Jorlagen, 
welche den Zeitungen nicht mitgetheilt find. 
220. Vorlage (J.-Nr. 399 G. B. 93) — zur Beschlußfassung —, 
betreffend die Bewilligung von Erziehungsgeld. 
Wir beantragen, zu beschließen: 
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß 
der verwittweten Magistrats-Sekretär Sahm, Anna, geb. 
Heine, für ihre beiden Kinder: Walter, geboren den 
6. August 1886, Herbert, geboren den 7. Februar 1889, 
ein monatliches Erziehungsgeld von je 15 JC vom 1. März 
1893 ab auf die Dauer von 2 Jahren gezahlt werde. 
Begründung. 
Der Magistrats-Sekretär Eugen Sahm, welcher seit dem 
Jahre 1876 im städtischen Dienste mit gutem Erfolge thätig war, ist 
am 5. November v. Js. verstorben und hat eine Wittwe und die 
beiden oben genannten Kinder hinterlassen. 
Die Wittwe Sahm, welcher wir das zuletzt 2 900^ betragende 
Jahresgehalt ihres verstorbenen Ehemannes bis Ende Februar d. Js. 
als Gnadenbewilligung gezahlt haben, bezieht von da ab eine Wittwen- 
pension von 750 JC, und aus der Pensionszuschuß-Kasse noch 100 JC 
— 850 JC jährlich. 
Diese Summe bildet ihre einzige Einnahme. Ersparnisse haben 
die Eheleute nicht machen können, da der Ehemann selbst mittellos 
war und von seinem, anfangs geringen Gehalte noch seine Mutter, 
welche in sehr beschränkten Verhältnissen lebt und wenig erwerbsfähig 
ist, hat unterstützen müssen. 
An Verwandten leben noch von Seiten des Mannes die Mutter, 
Wittwe eines Steuer-Erhebers, ohne Vermögen, und ein Bruder, 
welcher als Unteroffizier im 4. Garde-Regiment z. F. dient, von 
Seiten der Frau ebenfalls ein Bruder, der Buchhalter ist und selber 
eine Frau und 2 kleine Kinder zu ernähren hat. Dieselben find nicht 
in der Lage, irgendwie helfend einzutreten. 
Die Wittwe beabsichtigt nun, die gegenwärtige Wohnung Hoch 
straße 28III zum 1. April d. Js. aufzugeben, um in der Müllerstr. 14 
eine geeignetere Wohnung zum Zwecke des Vermiethens eines möblirten 
Zimmers zu beziehen. Eine anderweite Einnahme durch Nebenbeschäftigung 
kann sich Frau Sahm nicht verschaffen, weil schon durch die Besorgung 
der Häuslichkeit ihre geringen Kräfte übermäßig in Anspruch genommen 
werden. 
Sie ist eine sehr schwächliche und kränkliche Frau, welche sehr zu 
Lungenaffektionen neigt und schon häufig deshalb ärztlich behandelt 
worden ist. — Ihre Mutter ist s. Z. einem langjährigen Lungenleiden 
erlegen. — 
Wir wollen nun der Wittwe, welche bei uns um Bewilligung 
einer Beihülfe zur Erziehung ihrer beiden Kinder vorstellig geworden 
ist. in Anbetracht ihrer großen Bedürftigkeit ein angemessenes Erziehungs 
geld in der oben beantragten Form gewähren. 
Berlin, den 15. März 1893. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt, 
gez. Zelle. 
221. Vorlage (J.-Nr. 759 G. B. 93) — zur Beschlußfassung — 
betreffend die Weiterbewilligung von Erziehungsgeld. 
Wir beantragen zu beschließen: 
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß 
das der verwittweten Gemeindeschuldiener M assin o für ihren 
Sohn Johannes bewilligte Erziehungsgeld von 9 monat 
lich vom 1. April 1893 auf die Dauer von 2 Jahren weiter 
gezahlt werde. 
Begründung. 
Durch Beschluß der Stadtverordneten-Versammlung vom 2. Juni 
1892 — Protokoll Nr. 36 a — ist der Wittwe des Gemeindcschul- 
dieners Massino, Friederike, geb. Riechart, für ihren am 29. Juni 
1882 geborenen Sohn Johannes ein monatliches Erziehungsgeld von 
9 JC bis Ende ds. Mts. bewilligt. Die Verhältnisse der Wittwe, 
welche um Weiterbewilltgung dieses Erziehungsgeldes bittet, sind nach 
dem Berichte des Armen-Kommissions-Vorstehers ebenso traurige wie 
früher. Frau Massino, welche eine Wittwenpenston von 300 JC 
bezieht, ist noch immer kränklich, ihre Tochter, die sich durch Näharbeiten 
etwas zu verdienen sucht, ist bleichsüchtig; beide sind nur in beschränktem 
Grade erwerbsfähig. Der älteste Sohn ist Tischler, aber häufig ohne 
Arbeit, und sein Verdienst daher so gering, daß er nur wenig zum 
Lebensunterhalt der Familie beitragen kann. Bei der großen Nothlage 
der Familie, deren Verhältnisse sich in absehbarer Zeit kaum bessern 
dürften, erscheint daher eine Erzichungsbeihülfe, wie oben beantragt, 
dringend geboten. 
Berlin, den 16. März 1693. 
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt. 
Zelle. 
222. Vorlage (I. - Nr. 632 G. B. 93) - zur Beschluß 
fassung —, betreffend die Weiterbewilligung von 
Erziehungsgeld. 
Wir beantragen zu beschließen: 
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit 
einverstanden, daß das dem Magistrats-Sekretär a. D. Henckel 
für seine jüngste Tochter bewilligte Erziehungsgeld von 
15 JC monatlich vom 1. April d. Js. ab auf ein weiteres 
Jahr gezahlt werde. 
Begründung. 
Dem Magistrats-Sekretär a. D. Henckel zu Görlitz, Hohestr. 28, 
ist in Gemäßheit des Beschlusses der Sladtverordncten-Vcrsammlung 
vom 10. September 1891 — Prot. Nr. 30 — für seine jüngste 
Tochter Elise Catharina Bertha, geboren am 23. April 1879, 
ein monatliches Erziehungsgeld von 15 JC bis Ende d. Mts. gezahlt 
worden. Er ist nun bei uns vorstellig geworden, ihm dieses Er 
ziehungsgeld vorläufig nicht zu entziehen. 
Henckel bezieht eine Jahrespension von 1 IbO JC, und außerdem 
eine laufende Unterstützung von 350 JC, für welche jedoch mit Rück 
sicht auf seine kranke Ehefrau 470 JC in den nächstjährigen Etat 
eingestellt worden sind. Vermögen besitzt Henckel nicht. 
Nach dem bei den Akten befindlichen ärztlichen Atteste vom 
5. September 1892 hat sich sein Rückenmarksleiden verschlimmert, die 
Beine sind gelähmt, das Gehen so gut wie unmöglich, die heftig auf 
tretenden Schmerzen bringen die Kräfte des Kranken sehr herunter. 
Eine Besserung des Leidens scheint ausgeschlossen. Er muß sich jetzt 
stets eines Fahrstuhls bedienen, dessen Fortbewegung ihm noch be 
sondere Kosten verursacht. Seine Frau ist seit Jahren blutarm und 
herzleidend, auch in Folge der häufig auftretenden Anfälle oft nicht 
im Stande, die häuslichen Arbeiten zu verrichten. Die älteste Tochter 
beschäftigt sich mit Wäschesticken, verdient jedoch so wenig, daß sie sich 
hiervon kaum zu kleiden vermag; außerdem ist sie häufig genöthigt, 
für ihre kranke Mutter die Häuslichkeit zu besorgen. 
Die Bedürftigkeit des Henckel ist uns durch die Polizei-Ver 
waltung zu Görlitz unterm 9. Juni v. Js. bestätigt worden, und sehen
	        
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