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(220-236.)
Jorlagen,
welche den Zeitungen nicht mitgetheilt find.
220. Vorlage (J.-Nr. 399 G. B. 93) — zur Beschlußfassung —,
betreffend die Bewilligung von Erziehungsgeld.
Wir beantragen, zu beschließen:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß
der verwittweten Magistrats-Sekretär Sahm, Anna, geb.
Heine, für ihre beiden Kinder: Walter, geboren den
6. August 1886, Herbert, geboren den 7. Februar 1889,
ein monatliches Erziehungsgeld von je 15 JC vom 1. März
1893 ab auf die Dauer von 2 Jahren gezahlt werde.
Begründung.
Der Magistrats-Sekretär Eugen Sahm, welcher seit dem
Jahre 1876 im städtischen Dienste mit gutem Erfolge thätig war, ist
am 5. November v. Js. verstorben und hat eine Wittwe und die
beiden oben genannten Kinder hinterlassen.
Die Wittwe Sahm, welcher wir das zuletzt 2 900^ betragende
Jahresgehalt ihres verstorbenen Ehemannes bis Ende Februar d. Js.
als Gnadenbewilligung gezahlt haben, bezieht von da ab eine Wittwen-
pension von 750 JC, und aus der Pensionszuschuß-Kasse noch 100 JC
— 850 JC jährlich.
Diese Summe bildet ihre einzige Einnahme. Ersparnisse haben
die Eheleute nicht machen können, da der Ehemann selbst mittellos
war und von seinem, anfangs geringen Gehalte noch seine Mutter,
welche in sehr beschränkten Verhältnissen lebt und wenig erwerbsfähig
ist, hat unterstützen müssen.
An Verwandten leben noch von Seiten des Mannes die Mutter,
Wittwe eines Steuer-Erhebers, ohne Vermögen, und ein Bruder,
welcher als Unteroffizier im 4. Garde-Regiment z. F. dient, von
Seiten der Frau ebenfalls ein Bruder, der Buchhalter ist und selber
eine Frau und 2 kleine Kinder zu ernähren hat. Dieselben find nicht
in der Lage, irgendwie helfend einzutreten.
Die Wittwe beabsichtigt nun, die gegenwärtige Wohnung Hoch
straße 28III zum 1. April d. Js. aufzugeben, um in der Müllerstr. 14
eine geeignetere Wohnung zum Zwecke des Vermiethens eines möblirten
Zimmers zu beziehen. Eine anderweite Einnahme durch Nebenbeschäftigung
kann sich Frau Sahm nicht verschaffen, weil schon durch die Besorgung
der Häuslichkeit ihre geringen Kräfte übermäßig in Anspruch genommen
werden.
Sie ist eine sehr schwächliche und kränkliche Frau, welche sehr zu
Lungenaffektionen neigt und schon häufig deshalb ärztlich behandelt
worden ist. — Ihre Mutter ist s. Z. einem langjährigen Lungenleiden
erlegen. —
Wir wollen nun der Wittwe, welche bei uns um Bewilligung
einer Beihülfe zur Erziehung ihrer beiden Kinder vorstellig geworden
ist. in Anbetracht ihrer großen Bedürftigkeit ein angemessenes Erziehungs
geld in der oben beantragten Form gewähren.
Berlin, den 15. März 1893.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. Zelle.
221. Vorlage (J.-Nr. 759 G. B. 93) — zur Beschlußfassung —
betreffend die Weiterbewilligung von Erziehungsgeld.
Wir beantragen zu beschließen:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß
das der verwittweten Gemeindeschuldiener M assin o für ihren
Sohn Johannes bewilligte Erziehungsgeld von 9 monat
lich vom 1. April 1893 auf die Dauer von 2 Jahren weiter
gezahlt werde.
Begründung.
Durch Beschluß der Stadtverordneten-Versammlung vom 2. Juni
1892 — Protokoll Nr. 36 a — ist der Wittwe des Gemeindcschul-
dieners Massino, Friederike, geb. Riechart, für ihren am 29. Juni
1882 geborenen Sohn Johannes ein monatliches Erziehungsgeld von
9 JC bis Ende ds. Mts. bewilligt. Die Verhältnisse der Wittwe,
welche um Weiterbewilltgung dieses Erziehungsgeldes bittet, sind nach
dem Berichte des Armen-Kommissions-Vorstehers ebenso traurige wie
früher. Frau Massino, welche eine Wittwenpenston von 300 JC
bezieht, ist noch immer kränklich, ihre Tochter, die sich durch Näharbeiten
etwas zu verdienen sucht, ist bleichsüchtig; beide sind nur in beschränktem
Grade erwerbsfähig. Der älteste Sohn ist Tischler, aber häufig ohne
Arbeit, und sein Verdienst daher so gering, daß er nur wenig zum
Lebensunterhalt der Familie beitragen kann. Bei der großen Nothlage
der Familie, deren Verhältnisse sich in absehbarer Zeit kaum bessern
dürften, erscheint daher eine Erzichungsbeihülfe, wie oben beantragt,
dringend geboten.
Berlin, den 16. März 1693.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt.
Zelle.
222. Vorlage (I. - Nr. 632 G. B. 93) - zur Beschluß
fassung —, betreffend die Weiterbewilligung von
Erziehungsgeld.
Wir beantragen zu beschließen:
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit
einverstanden, daß das dem Magistrats-Sekretär a. D. Henckel
für seine jüngste Tochter bewilligte Erziehungsgeld von
15 JC monatlich vom 1. April d. Js. ab auf ein weiteres
Jahr gezahlt werde.
Begründung.
Dem Magistrats-Sekretär a. D. Henckel zu Görlitz, Hohestr. 28,
ist in Gemäßheit des Beschlusses der Sladtverordncten-Vcrsammlung
vom 10. September 1891 — Prot. Nr. 30 — für seine jüngste
Tochter Elise Catharina Bertha, geboren am 23. April 1879,
ein monatliches Erziehungsgeld von 15 JC bis Ende d. Mts. gezahlt
worden. Er ist nun bei uns vorstellig geworden, ihm dieses Er
ziehungsgeld vorläufig nicht zu entziehen.
Henckel bezieht eine Jahrespension von 1 IbO JC, und außerdem
eine laufende Unterstützung von 350 JC, für welche jedoch mit Rück
sicht auf seine kranke Ehefrau 470 JC in den nächstjährigen Etat
eingestellt worden sind. Vermögen besitzt Henckel nicht.
Nach dem bei den Akten befindlichen ärztlichen Atteste vom
5. September 1892 hat sich sein Rückenmarksleiden verschlimmert, die
Beine sind gelähmt, das Gehen so gut wie unmöglich, die heftig auf
tretenden Schmerzen bringen die Kräfte des Kranken sehr herunter.
Eine Besserung des Leidens scheint ausgeschlossen. Er muß sich jetzt
stets eines Fahrstuhls bedienen, dessen Fortbewegung ihm noch be
sondere Kosten verursacht. Seine Frau ist seit Jahren blutarm und
herzleidend, auch in Folge der häufig auftretenden Anfälle oft nicht
im Stande, die häuslichen Arbeiten zu verrichten. Die älteste Tochter
beschäftigt sich mit Wäschesticken, verdient jedoch so wenig, daß sie sich
hiervon kaum zu kleiden vermag; außerdem ist sie häufig genöthigt,
für ihre kranke Mutter die Häuslichkeit zu besorgen.
Die Bedürftigkeit des Henckel ist uns durch die Polizei-Ver
waltung zu Görlitz unterm 9. Juni v. Js. bestätigt worden, und sehen