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Volume No. 7 (44), 23. Januar 1886

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1886 (Public Domain)

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Der Kursstand der Berliner Stadtanleihe sei bisher immer etwas 
niedriger gewesen als der der Staatspapiere, und werde daher nicht 
darauf gerechnet werden können, daß eine 3 1 /» pCt. Stadtanleihe den 
Kurs der 3'/- pCt. Staatsanleihe erreichen werde. Es frage sich 
nun, ob man annehmen könne, daß der Zinsfuß von 3*/, pEt. ein 
dem jetzigen Geldmärkte entsprechender sei. Andererseits aber seien die 
städtischen Behörden, die sogleich mit der Herabsetzung des Zinsfußes, 
der erst recht langweilig wirken kann, vorgegangen, wenn es möglich 
gewesen sei, sondern sie hätten immer so lange damit gewartet, bis 
sie geboten gewesen und sich nicht mehr gut verschieben ließ. Er, der 
Vorsitzende, spreche sich auch jetzt noch für die Festhaltung des Zins 
fußes von 4pCt. aus. Von verschiedenen Seiten wurde es ebenfalls 
als nicht richtig bezeichnet, wenn die Kommunalbehörden schon jetzt 
eine 3 Vs procentige Anleihe beschließen würden; der von dem Staate 
mit einer solchen Anleihe unternommene sehr kleine Versuch könne nach 
den Wahrnehmungen, welche hinsichtlich dieser Anleihe an der Börse 
gemacht würden, der Kommune keine Veranlassung geben, in gleicher 
Weise vorzugehen. Das Risiko bei der Festsetzung eines Zinsfußes 
von 3 1 /» pSt. sei zu groß, namentlich wenn es sich um Aufnahme einer 
größeren Anleihe handele. Die Stadtgemeinde sei schon einmal ge 
nöthigt gewesen, den Zinsfuß einer 3V- procentigen Anleihe recht stark 
zu erhöhen. 
Für eine Anleihe ä 3V» PCt. werde jetzt höchstens eine Valuta 
von 97, Andere meinen nur 96pEt., zu erlangen sein, während für 
eine 4 procentige Anleihe voraussichtlich 102 pEt. erzielt werden 
würden. 
Diese Kursdifferenz rechtfertige die Entschließung für eine 4 pro- 
centige Anleihe vollkommen, denn der Gewinn von mindesteus 5 pEt. 
repräsentire eine respectable Summe, von welcher man auch noch die 
Zinsen in Betracht ziehen müßte. 
Für diese 5 pCt- nebst Zinsen kann man, wenn berücksichtigt 
werde, daß in den ersten vier bis fünf Jahren nicht amortisirt werden 
würde, sehr bequem mindestens 12 Jahre hindurch V- pSt. mehr 
Zinsen geben. Stelle man die Summe gegenüber, welche einerseits 
für eine 3V> pSt. bezw. 4 pSt. Anleihe erzielt werde, andererseits 
für die Verzinsung und Amortisation einer jeden Anleihe aufzuwenden 
sei, so ergebe sich, daß die letztere Summe bei der 4 pCt. Anleihe 
verhältnißmäßig niedriger sei. Man sollte sich deshalb für die letztere 
Anleihe entschließen, deren Konvertirung, wenn sie sich als gerecht 
fertigt erzeigen sollte, sodann zur geeigneten Zeit erfolgen könnte. Ein 
Bedenken gegen die letztere Maßnahme könne man durchaus nicht 
haben, da eine solche durch die Kündbarkeit der Anleihe immer vor 
behalten sei. Wenn also nach einer Reihe von Jahren mit der Kon 
vertirung vorgegangen werden sollte, so würde darin keineswegs eine 
auffällige oder nicht gerechte Maßnahme erblickt werden können, über 
dies sei es ja dann der Kommune immer noch unbenommen, in Rück 
sicht auf den erzielten Gewinn eine Prämie zu bewilligen. Sollte sich 
aber ergeben, daß die Konventrung schon in nächster Zeit vorgenommen 
werden könnte, wo die Anleihe noch nicht vollständig begeben sei, so 
würde, ebenso wie dies mit der 4pSt. Anleihe äo 1878 geschehen, 
der noch vorhandene Bestand von Anleihescheinen auf 3V» pSt. ab* 
zustempeln fein. 
Für eine 3V>pSt. Anleihe wurde geltend gemacht, daß es durch 
aus vermieden werden müsse, jetzt eine Anleihe zu einem Zinsfüße zu 
beschließen, dessen Herabsetzung in naher Zeit zu erwarten stehe; der 
Zug sei nach einem billigeren Zinsfuß hin. Es würde ei» solcher von 
3V- pSt. nach der gegenwärtigen Lage des Geldmarktes ein ange 
messener und eine mit 3*/, pSt. verzinsliche Anleihe für 97 pSt. 
leicht unterzubringen sein. 
Allerdings sei für eine vierprocentige Anleihe ein höherer Kurs 
zu erzielen, dafür erfordere sie aber auch jährlich '/- Procent Zinsen 
mehr. 
Es käme auch in Betracht, daß diese Anleihe, wenn dieselbe unter 
pari stände, nicht zum Nennwerthe eingelöst werden brauchte, indem 
die erforderlichen Amortisationsquanten an der Börse angekauft werden 
könnten, wodurch immer noch wieder der Kurs gestützt werden 
würde. 
Es wurde von anderer Seite das Bedenken angeregt, ob die 
Staatsbehörde die Aufnahme einer 3 1 /» pSt. Anleihe genehmigen 
werde, man würde, falls eine solche Anleihe beabsichtigt werde, erst 
bei der zuständigen Stelle darüber anfragen müssen, ehe man einen 
solchen Beschluß fasse. 
Schließlich wurde über die gestellte Frage abgestimmt, und ergab 
sich hierbei, daß neun Stimmen gegen sieben für die Festsetzung des 
Zinsfußes auf 4 pSt. abgegeben wurden. 
Hiermit wurde die Sitzung geschloffen. 
a. u. s. 
gez. Runge. Loewe. Sarre. Mamroth. 
Stadthagen. Frentzel. Wolfs. 
Berlin, den 23. Januar 1886. 
Der Stadtverordneten-Vorsteher 
Büchtemann. 
Druck von Gebrüder Grunert, Berlm.
	        
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