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Beneficiums aus der Stiftung der Bürger-Ressource in Vor
schlag gebrachten Personen Einwendungen erhoben werden.
Berlin, den 22. Mai 1886.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckcnbeck.
443. Vorlage (J.-Nr. 934 B. V. II. 86) — zur Beschluft
fassung —, betreffend die Gewährung einer Beihilfe
zu den Kosten fürAusführnng des Lpree-Regulirungs-
Projects in Berlin.
Die Benutzung der Berliner Wasserstraßen hat in Folge der
ansteigenden Größe, Einwohnerzahl und Bedeutung Berlins einen
Umfang erlangt, welcher die Schaffung neuer oder verbesserter Wasser
wege im Interesse der Stadtgemcinde wie im allgemeinen Schifffahrts-
Interesse als geboten erscheinen läßt.
Die vorhandenen Schifffahrtsverbindungen der oberen und unteren
Spree — Schleusenkanal und Landwehrkanal — genügen dem Be
dürfnisse nicht; der Landwehrkanal bietet eine zu geringe nutzbare
Breite, während die Schleusen bei ihren knappen Abmessungen nur
gewöhnlichen Oderkähnen und kleineren Elbfahrzeugen den Durchgang
gestatten. Die fortschreitende Verbesserung der Schiffbarkeit der Elbe
hat eine Vergrößerung der Flußfahrzeuge zur Folge gehabt, welche
letztere nunmehr bei einer Länge von 65 m eine Breite von 8 m und
einen Tiefgang von 1,-s m erreichen; das sind Abmessungen, für
welche die'Beschaffenheit der Unterspree und der Berliner Schleusen
nicht genügen.
Das Bedürfniß, diese größeren Fahrzeuge auch bis in die Ober
spree zu leiten, ist bereits früher anerkannt worden.
Nachdem der für diesen Zweck geplante Südkanal seiner großen
Kostspieligkeit wegen, wie bekannt, aufgegeben worden, darf die Kanali
sirung der Unterspree und die Herstellung eines neuen Schiffsweges
in Berlin wohl als das einzig geeignete Mittel zur Abhilfe angesehen
werden. Ein Theil des hierfür aufgestellten Projects, soweit dasselbe
die Verbindung Berlins mit der Havel bis Spandau betrifft, ist
einschließlich der Stauanlage bei Charlottenburg bereits im Wesentlichen
zur Ausführung gelangt; der andere Theil, die Herstellung eines neuen
Schiffsweges in Berlin, kann nur unter Hinzutritt der Stadtgemeinde
Berlin ausgeführt werden.
Zur Herstellung dieser neuen und besseren Verbindung der Unter-
und Oberspree drängt nicht nur der oben erwähnte Umstand, daß die
Elbe und der Wasserweg von der Elbe nach Berlin in den Zustand
einer erheblich größeren Leistungsfähigkeit versetzt ist, bezw. wird,
sondern auch ganz besonders die staatlichen Bestrebungen zur Verbesserung
der Wasserstraße nach der Oder hin, und der Oder selbst.
Während durch den Ausbau der Havelstraße und theilweise
Kanalisirung der Unterspree — den größten Elbfahrzeugen der Wasser
weg nach Berlin geöffnet wird, soll ein Gleiches für die größeren
Oderfahrzeuge durch ein Project erreicht werden, welches unter dem
13. März dieses Jahres dem Landtage Seitens der Königlichen
Staatsregierung vorgelegt worden ist. Dasselbe bezweckt die Verbesserung
der Schifffahrtsverbindung der mittleren Oder und der Oberspree bei
Berlin durch einen unter theilweiser Benutzung des Friedrich-Wilhelm-
Kanals zu bewirkenden Neubau eines Kanals von Fürstenberg nach
dem Kersdorfer See, durch die Regulirung der Spree von dort bis
unterhalb Fürstenwalde einen Schleusen-Neubau bei Fürstenwalde und
durch einen Kanalbau bis zum Seddin-See.
Die Abmessungen der Fahrzeuge, welche auf der Oder verkehren,
sind in Breite und Tiefe die gleichen, wie auf der Elbe, während
ihre Länge eine geringere ist; dementsprechend sollen die Schleusen
kammern des neuen Kanals auch nur eine Länge von 55 w haben.
Wenngleich die Genehmigung der staatlicherseits für Ausführung
dieses Projects geforderten 12 600 000 JC Seitens der Häuser des
Landtags noch nicht erfolgt ist, so darf doch nach den in der General
diskussion hierüber verlautbarten Anschauungen und nach den Beschlüssen
der zur Prüfung der Vorlage eingesetzten Commission angenommen
werden, daß die Genehmigung und die Bewilligung der Mittel nicht
versagt werden wird.
Während dies der gegenwärtige Zustand der staatlicherseits
geplanten und, wie gesagt, zu einem Theile bereits ausgeführten
bezüglichen Unternehmungen ist, erscheint es nunmehr angezeigt, kurz
zu erwähnen, daß und wie die Frage einer Betheiligung Berlins an
der Spreeregulirung an die städtischen Behörden früher schon heran
getreten ist.
Die Magistrats-Acten ergeben, daß bereits unter dem 24. No
vember 1880 ein Ministerialrescript einging, welches darauf hinweist,
daß die mit dem Projecte der Schiffbarmachung des Hauptarmes der
Spree im engen Zusammenhange stehende Erweiterung des Landwehr
kanals von der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses aus dem
Grunde abgelehnt worden sei, weil eine stärkere Heranziehung der
Stadtgemeinde Berlin vermißt wurde. Zugleich wird in dem Rescripte
bezüglich des Projects der Schiffbarmachung der Spree auf die hier
beigefügte Wiebe'sche Denkschrift, betreffend die Regulierung der
Spree rc. — cfr. Anlage 1, verwiesen. In seinem Berichte vom
20. December 1880 an den Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten rc.
erklärt sich der Magistrat eventl. bereit, eine Beihülfe zur Spreeregulirung
zu gewähren: er will jedoch erst dieses Project genauer kennen lernen;
eine Betheiligung an der Erweiterung des Landwehrkanals wird unter
Hinweis auf den ausschließlich staatlichen Charakter des Unternehmens
abgelehnt.
Am 29. September 1881 sendet der Herr Minister der öffent
lichen Arbeiten eine Anzahl von Exemplaren der Wiebe'sche»
Denkschrift, betreffend die Kanalisirung der Untcrspree, mit dem Er
suchen, von dem Inhalte Kenntniß zu nehmen und den Beschluß der
städtischen Körperschaften darüber herbeizuführen, ob dieselben geneigt
seien, durch eine angemessene Betheiligung der Stadt an den Kosten
des Unternehmens dessen Ausführung zu ermöglichen.
Ein hierauf gefaßter Magistrats-Beschluß vom 6. Januar 1882
drückt zwar die Geneigtheit einer finanziellen Betheiligung der Stadt
gemeinde an den Kosten des Unternehmens aus, wünscht jedoch eine
weitere Klarlegung des ProjectcS in Bezug auf den Mühlendamm und
die event, sonst umzubauenden Spreebrückcn.
Das dem Magistrat am 10. März 1882 zugegangene ministerielle
Rescript bezeichnet die vom Magistrat gestellte Forderung einer Ver
vollständigung der Unterlagen des Projects als unannehmbar, wünscht
eine nochmalige Prüfung der Angelegenheit durch den Magistrat, und
deutet an, daß im Ablehnungsfälle einem neuen, lediglich das Staats
interesse berücksichtigenden Projecte näher getreten werden müßte.
Es folgt am 29. Juni 1882 eine neue kommissarische Berathung,
in welcher eine Vervollständigung der Unterlagen des Projectes be
schlossen wird.
Am 26. Januar l 885 — wie man sieht, nach längerer Pause —
geht dem Magistrate ein Ministerial-Rescript zu, welches eine kommissarische
Verhandlung zum Zwecke der allgemeinen Vorbereitungen zur Project-
und Anschlags-Aufstellung vorschlägt; zugleich wird die Erklärung der
grundsätzlichen Uebereinstimmung des Magistrats mit dem Wiebe'schen
Projecte verlangt. Die angeregte Conferenz findet am 26. März 1885
statt; die Verhandlungen beziehen sich auf Fluchtlinien am Mühlen
damm, Pferdebahn-Durchführung, Enteignungs-Befugniß rc. und
schließen mit der Vertheilung der Ausarbeitung weniger hierauf be
züglicher Spezial-Projecte.
Es darf hier, am Ende der Darstellung der stattgehabten Ver
handlungen, nicht unausgesprochen bleiben, daß von diesen Verhandlungen
ein positives Resultat um deswillen nicht erzielt werden konnte, bezw.
nicht erreicht ist, weil die Stadt Berlin sich damals nicht im Besitze
des Mühlendammes, welcher stets und mit Recht als der Schlüssel zur
Lösung der ftaglichcn Angelegenheit bezeichnet worden ist, befand; mit
dem Ankauf des Mühlendammes (d. h. der Grundstücke, Rechte rc.,
welche s. Z. von dem Fiskus an den Kaufmann Geber veräußert
worden sind) war erst der Boden gewonnen, auf welchem Verhand
lungen über die geplante Spreeregulirung mit dem Staat zu einem
Abschluß gelangen konnten.
Nachdem am 31. August 1885 eine Vorlage des Magistrats,
betreffend den Ankauf der sogenannten Dammmühlengrundstücke an die
Stadtverordneten - Versammlung gelangt und von der letzteren durch
Beschluß vom 8. October 1885 genehmigt war, wurden die benannten
Grundstücke am 30. October 1885 an die Stadtgemeinde Berlin auf
gelassen.
Bei diesem Stand der Dinge, gegeben durch den Besitz der
Dammmühlengrundstücke einerseits und andererseits durch die statt
gehabte theilweise Ausführung des Seitens der Königlichen Staats
regierung aufgestellten Projects zur Kanalisirung der Unterspree,
endlich durch die Annahme versprechende Vorlage der Königlichen
Staatsregierung, betreffend die Regulirung der Oberspree, trat an
die städtische Verwaltung nunmehr die begrenzte und übersehbare
Frage heran:
ob und inwieweit dieselbe gewillt ist, sich an der staatlicher
seits geplanten Schiffbarmachung des Hauptarmes der Spree
bezw. der Spree selbst in Berlin zu betheiligen.
Für die Entscheidung dieser Frage ist eine Abwägung derjenigen
Vortheile, welche aus der Ausführung des geplanten Projectes für
die Stadtgemeinde entspringen, gegenüber den für diesen Zweck von
der Stadt etwa zu bewilligenden Kosten maßgebend.
Zur Bemessung der Vortheile ist zunächst eine Darstellung der
Spree-Gestaltung, wie sie das Project in's Auge faßt, erforderlich.
In dieser Beziehung sei Folgendes bemerkt: Als Unterlage für
das Project ist die oben erwähnte Denkschrift des Geheimen Ober
bauraths Wiebe vom Jahre 1881, unter besonderer Berücksichtigung
der städtischen Interessen hinsichtlich der Verbesserung des Landverkehrs,
angenommen worden.
Hiernach stellt sich das Gesammtproject gegenwärtig, wie folgt, dar:
Für die Zwecke der Schiffbarmachung sind nach Maßgabe des
Wiebe'schen Projects folgende Bauausführungen erforderlich:
I. Die Festsetzung einer bestimmten Normalbreite durch ent
sprechenden Um- bezw. Neubau der beiderseitigen Uferein
fassungen.