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die Räume — falls ein solcher eingetreten — den Vorschriften des
§. 8 Absatz 2 des Enteignungsgesetzes entspricht und durch den Vertrag
kein Präjudiz für die rein thatsächliche, durch Sachverständige zu be
antwortende Frage geschaffen wird, ob überhaupt eine solche Eut-
werthung eingetreten ist.
m.
In den vorangegangenen Darlegungen ist bereits ein Abkommen
mit dem Königlichen Eisenbahn-Betriebs-Aint (Stadt- und Ringbahn)
erwähnt worden, durch welches die Entwerthungsfrage für die Viadnct-
bögen 138 bis 140 ihre Erledigung finden soll.
Dieses Abkommen (otr. Anlage 6.) bezweckt, die vorbezeichneten
Stadtbahnviaduktbögen im Zusammenhange mit den anschließenden
städtischen Anbauten und dem südlich der letzteren belegenen städtischen
Schutzstreifen einheitlich auszunutzen.
Eine derartige Ausnutzung der durch den Bau des Anschluß-
geleises entstehenden Räume liegt unseres Dafürhaltens recht eigentlich
im städtischen Interesse, weil diese Räume ihrer Form und Lage wegen
für sich allein kaum und jedenfalls nicht Vortheilhaft ausgenutzt werden
können
Werden dagegen diese Räume mit den an der Parallelstraße be
legenen Stadtbahnbögen vereinigt, so erlangen sie denselben Grad von
Vcrmiethbarkeit wie die unmittelbar an der Parallelstraße gelegenen
Stadtbahnräume.
Das im §. 4 des Vertragsentwurfs vorgeschlagene Vertheilungs-
verhältnitz, wonach der Stadtgemeinde Vs der Ertrüge zustehen soll,
halten wir für angemessen, weil die im Eigenthume der Stadt stehenden
Theile des gemeinschaftlichen Miethsobjekts ungefähr V« desselben
betragen und in ihrem Miethswerthe mindestens um die Hälfte weniger
werth sind als die das Vorderland bildenden Stadtbahnbögen.
Wir ersuchen die Stadtverordneten Versammlung hiernach:
zu I, II, III unseren Anträgen gemäß zu beschließen.
Berlin, den 12. April 1886.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
von Forckenbeck.
Zu Nr. 311. Anlage A.
Mieths-Vertrag.
§• l.
Die Stadtgemeinde Berlin hat zufolge des mit der vormaligen
Königlichen Eisenbahn-Bau-Commisfion für die Berliner Stadteisenbahn
unterm Z^Dczember 1882 bezw. 2. März 1883 geschlossenen Mieths-
verlragcs die auf der Viaductstrecke zwischen der Zufahrtstraße am
Bahnhof „Alexanderplatz", der jetzigen Panoramastraße und der Kaiser
Wilhelmstraße belegenen, auf dem jenem Vertrage beigefügten
Situationsplane mit l, II, III, IV, V, VI und VII bezeichneten
7 Viaducträume (jetzige Bezeichnung Nr. 118—>24) mit einem Flächen
inhalte von 16,03 a für die Zeit vom 1. Oktober 1881 bis Ende
September 1901 zwecks Verwendung zu Markthallen für eine jährliche
Miethe von 16 930 JC gemiethet. Außer diesen Räumen sollen der
Stadtgemeinde Berlin auch die zwischen der Kaiser Wilhelmstraße und
der Rochstraße belegenen, auf dem angehefteten Plane mit den Nummern
125 bis 131 bezeichneten 7 Viaducträume mit einem ungefähren
Flächeninhalte von 13,so a ab 1. April 1886 auf die gleiche Zeitdauer
theils zu Markthallen- theils zu Schulzwccken vermiethet werden und
ist daher zwischen dem, den Königlichen Eisenbahnfiskus vertretenden
Königlichen Eisenbahn-Betriebsamte (Stadt- und Ringbahn), vorbehaltlich
der Genehmigung der Königlichen Eisenbahn-Direktion Hierselbst und
der Stadtgemeinde Berlin folgender, ab 1. April 1886 an die Stelle
des Eingangs gedachten Vertrages tretender Miethsvertrag vereinbart
worden, derart, daß bei Ertheilung der vorbehaltenen Genehmigung
der Vertrag vom Dezember 1882 2 ' 1883 mit "* em
1. April 1886 außer Kraft tritt.
8. 2.
Der Königliche Eisenbahnfiskus vermiethet der Stadtgemeinde
Berlin die vorstehend im §. 1 bezeichneten 14 Stadtbahn-Viaducträume,
ohne Gewährleistung für die Richtigkeit der angegebenen Flächengröße
und ferner ohne Gewähr für Thür- und Fensterrecht nach den an
grenzenden Grundstücken für die erwähnten Zwecke und Dauer gegen
Zahlung folgender Jahresmiethen:
a) für die zur Zeit bereits vermietheten Viaducträume Nr. 118
bis 124 die bisherige Miethe von 10 JC pro qm Flächcn-
raum, mithin IG 930 JC,
b) für die ab 1. April 1886 weiter anzumiethenden
Viaducträume Nr. 125 bis 131 L qm Flächcn-
raum 15 JC, mithin 19 950 -
also zusammen 36 880 JC,
buchstäblich: „Sechsunddrcißig Tausend achthundert achtzig Mark",
welcher Betrag in Quartalsraten pränumerando an die der Mietherin
zu bezeichnende Kasse bis zum dritten Tage eines jeden Quartals
kostenfrei abzuführen ist.
8- 3.
Dem Königlichen Eiscnbahnfiskus bleibt das Recht vorbehalten,
von fünf zu fünf Jahren, jedoch nicht vor dem 1. Oktober 1891, eine
Revision der Miethssätze eintreten zu lassen.
Zu diesem Behufe hat Vermiethcr und Mietherin, letztere bei
Verlust ihres Rechts dazu binnen 10 Tagen nach geschehener Auf
forderung, je cincn Sachverständigen zwecks Taxation der zu zahlenden
Micths-Einheitssätze zu erwählen.
Einigen sich diese beiden Sachverständigen nicht über den oder die
Sätze, die den nächstfolgenden fünf Jahren zu Grunde zu legen sind,
so entscheidet auf Anrufen einer oder der anderen Partei ein von dem
Herrn Finanzminister zu ernennender Obmann endgültig.
Resultiren aus dieser Revision höhere Micths-Einheitssätze, als
zehn und bezw. fünfzehn JC pro qm, so hat Mietherin ein Rücktritts
recht von dem Vertrage, welches sie bei Verlust dieses Rechts binnen
5 Monaten nach Ablauf des vorhergegangenen fünfjährigen Zeitraums
auszuüben hat.
Macht Mietherin von diesem Rücktrittsrechte Gebrauch, so sind
von Ablauf der jedesmal vorhergegangenen fünfjährigen Vertragszcit
ab für die darauf folgenden sechs Monate, in denen das Rücktritts
recht ausgeübt wird, die durch die Revision ermittelten höheren Taxen
als Miethszins zu entrichten.
In keinem Falle sollen die ursprünglich vereinbarten Einheits
sätze von 10 und bezw. 15^ pro qm gemindert, oder über die Be
träge von 25 M und bezw. 30 JC pro qm erhöht werden.
Durch vorstehende Stipulationen soll, wie ausdrücklich hinzugefügt
wird, nur bestimmt werden, wie es gehalten werden soll, wenn eine
oder die andere Revision der Mieths-Einheitssätze ein höheres Resultat
ergiebt, als die jetzigen Sätze von 10 und bezw. 15 JC pro qm und
Mietherin von ihrem Rücktrittsrechte rechtzeitig Gebrauch macht. Ergiebt
daher die Revision kein höheres Resultat, als 10 und bezw. 15 JC
pro qm, so findet ein Rücktrittsrecht nicht statt und bleibt die im §. 1
vorgesehene Vcrtragsdauer unverändert bestehen. Das Gleiche findet
statt, wenn Vermiether von Vornahme einer Revision absieht, oder
diese 10 und bezw. 15 JC, oder weniger, als Resultat ergiebt. Ergiebt
sie weniger, als 10 und bezw. 15 JC, so sind, wie bereits oben erwähnt
worden, diese Beträge zu entrichten.
8-4.
Die gemietheten Räumlichkeiten dürfen nur zu Markthallen- und
bezw. Schulzwecken Verwendung finden und ist eine anderweitige
Benutzung und Aftervermiethung derselben ohne Einwilligung des
Vermiethers nicht gestattet.
Bei etwaiger Einrichtung einer in Verbindung mit dem Markthallen
betriebe in dem Miethsobjecte zu betreibenden Restauration sind Ein
und Ausgänge der letzteren von und bezw. nach der künftigen nörd
lichen Parallelstraße nicht zulässig. •*
§• 5.
Die Benutzung der Viaducträume darf nur eine solche sein, welche
weder das Bauwerk selbst, noch die Betriebssicherheit gefährdet er
scheinen ließe. Daher ist bei Ausführung von baulichen Anlagen an
resp. in den Viaducträumen jede Beschädigung zu vermeiden, und sind
zu diesem Behufe sämmtliche Ausbauten nur nach Genehmigung des
Vermiethers und nur unter Kontrolle des Bahnmeisters auszuführen.
Dies gilt namentlich bei Ausführung von Ausschachtungen in oder
neben den Viaducträumen, sowie bei Herstellung von Pissoir- und
Closet-Anlagen.
8- 6.
Dem Vermiether steht das Recht zu, durch Beamte und Arbeiter
zum Zwecke der Revision des Zustandes der vermietheten Räume die
Räume betreten, auch im Falle eintretender Nothwendigkeit Reparaturen
darin oder daran vornehmen zu lassen.
8 7.
Vor Einwirkung und Schaden durch Nässe rc. innerhalb der
Viaducträume hat Mietherin sich selbst zu schützen und übernimmt
Vermiether in dieser Hinsicht Gewähr nicht. Dies gilt auch für den
Fall eines etwaigen Defectwerdens der Abfallrohre.
Schäden und Benachtheiligungen, welche den Anlagen und Ein
richtungen der Mietherin durch die Unterhaltung und den Betrieb des
Stadtbahn-Viaducts und Planums erwachsen, werden der Mietherin
nicht vergütet.
8- 8.
Während der und für die Dauer des Vertrages hat Mietherin
alle diejenigen Lasten und Abgaben zu tragen, zu deren Entrichtung
der Vermiether direct herangezogen werden könnte. Hierher gehören
beispielsweise: Steuern, Kanalisationsbeiträge, Anlegung und Unter
haltung der die Viaducträume besäumenden Bürgersteige, wie deren
Reinigung den polizeilichen Bestimmungen gemäß.
8- 9.
Mietherin ist verpflichtet, seiner Zeit die Viaducträume an die
Kanalisation anzuschließen und hat Vermiethcr dann das Recht, an
die diesem Zwecke dienenden Rohrleitungen seine Abfallrohrc unentgeltlich
anzuschließen.