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Volume No. 31 (276-288), 10. April 1886

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1886 (Public Domain)

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:r Ansicht, daß der Antrag auf Erthcilung der Decharge so lange 
usgesetzt bleiben müsse, bis die Gabriel'sche Defektensache ihren 
bschluß gefunden habe. 
Nachdem nunmehr durch Beschluß der Versammlung vom 
8. Februar er. — Prot. Nr. 7 — diese Angelegenheit beendigt ist, 
nnen auch die qu. Rechnungen dechargirt werden, und beantragt der 
echnungsausschuß demgemäß folgende Beschlußfassung: 
Die Versammlung dechargirt: 
1. die Rechnungen der Vorspann-Verwaltung pro 1883 und 1884, 
2. die Rechnung des Tilgungsfonds der Anleihe de 1869 
pro 1884, 
3. die Rechnung des Tilgungsfonds der Anleihe de 1870 
pro 1884, 
4. die Rechnungen über den Fonds zur inneren Ausschmückung 
des Rathhauses pro 1883 und 1884, 
5. die Rechnung der Alterversorgungsanstalt der Kaiser Wilhelm- 
und Augusta-Stiftung pro 1. Januar 1882 bis 1. April 1883, 
6. die Rechnung der Feuersozietätskasse pro 1. Oktober 1882/83, 
7. die Rechnung des Fonds zur Gewährung von Beihülfen an 
Angehörige der Reserve und Landwehr pro 1883, 
8. die Rechnungen des Fonds der Stiftung vom 17. November 1822 
pro 1883 und 1884, 
9. die Rechnungen der von Scheve'schen Stiftung pro 1883 
und 1884, 
10. die Rechnungen des Leichenhaus-Baufonds pro 1883 und 1884, 
11. die Rechnung des Stipendicnfonds pro 1883, 
12. die Rechnungen des Fonds aus den Einnahmen der Rath- 
hausthurm-Besteigung pro 1883 und 1884, 
13. die Rechnung der Arbeitshausbäckereikasse pro I. April 1882/83. 
Der Druck des Protokolls ist beschlossen, zum Berichterstatter ist 
der Stadtv. Bortmann ernannt worden. 
Schmidt. Bortmann. 
279. Antrag 
Die Stadtverordneten-Versammlung wolle beschließen, dem Magistrat 
zur Erwägung zu empfehlen, ob nicht die Gehälter der ordentlichen 
Lehrer an den höheren Lehranstalten städtischen Patronats künftig 
denjenigen der Lehrer an den Staatsanstalten gleichzustellen sein. 
gez. Dr. Langerhans. Stryck. Dr. Schwalbe. 
Namslau. Bortmann. Dr. Leo. Friedemann. 
Kalisch. Solon. Friederici. 
Gerth. 
Meyer I. 
28«. Vorlage (J.-Nr. 275 F. B. I. 86) — zur Beschluß 
fassung —, betreffend die versuchsweise Errichtung 
einer Anstalt zur Gewinnung von Kälberlymphe auf 
dem Central-Viehhofc. 
Wenngleich in Folge der ärztlichen Erfahrungen auf dem Gebiete 
der Schutzpocken-Jmpfung die Jmpfschädigungen bei der Verwendung 
humanistrter Lymphe verhältnißmäßig selten geworden sind, so sind sie 
doch nicht ausgeschlossen, und drängt sich daher das berechtigte Ver 
langen nach einem Jmpfverfahren immer mehr in den Vordergrund, 
welches die bisher bewiesene Schutzkraft gegen die Pockenkrankheit be 
sitzt, gleichzeitig aber die Gefahr ausschließt, zur Uebertragung von 
anderen Krankheiten Gelegenheit zu geben. Um dies zu erreichen, ist 
man in verschiedenen Ländern und Städten (in Neapel seit circa 
60 Jahren) dahin gekommen, die Impfungen nicht mehr mit humanistrter, 
sondern mit animaler — von Rindern oder Kälbern gewonnener — 
Lymphe auszuführen. 
Die äußerst günstigen Erfolge, welche durch dieses Jmpfverfahren 
erzielt worden sind, stellen dasselbe hinsichtlich des Procentsatzes der 
zur Entwickelung gelangten Pocken und deren Schutzkraft, den Impfungen 
mit humanistrter Lymphe nicht nur vollständig gleichwerthig zur Seite, 
sondern übertreffen die Letzteren in mehrfacher Beziehung, namentlich 
darin, daß die Uebertragung von Ansteckungsstoffen als ausgeschlossen 
betrachtet werden kann. Diese Umstände haben der animalen Impfung 
eine so weitgehende Verbreitung verschafft, daß zur Zeit beinahe in 
jeder größeren Stadt des In- und Auslandes Institute von Behörden 
oder von Aerzten errichtet worden sind, welche sich die Gewinnung von 
animaler Lymphe und die Verwendung derselben zur Impfung bei 
Menschen zur Aufgabe gemacht haben. In mehreren Ländern ist dieses 
Jmpfverfahren bereits obligatorisch geworden und in anderen wird 
demselben von den Aerzten und von der Bevölkerung der Vorzug vor 
den Impfungen mit humanistrter Lymphe eingeräumt. Auch in Berlin 
ist ein Prioat-Jnstitut der genannten Art, aus welchem hiesige und 
auswärtige Aerzte ihren Bedarf an Lymphe decken. Außerdem sind 
mit Genehmigung und Unterstützung des Herrn Ministers der geistlichen rc. 
Angelegenheiten durch den Director der hiesigen Königlichen Jmpf- 
anstalt wiederholt Versuche von Impfungen an Kälbern und Benutzung 
der gewonnenen Lymphe zu Impfungen von Menschen mit dem besten 
Erfolge vorgenommen worden. 
Das in den Jmpf-Jnstituten der verschiedenen Länder und Städte 
gewonnene Resultat geht übereinstimmend dahin, daß die Vaccination 
mit animaler Lymphe eine sehr wesentliche Verbesserung des Impf 
wesens ist und dem bisherigen Verfahren gegenüber folgende sehr er 
hebliche Vortheile gewährt. 
Zunächst wird durch die Cultur der animalen Lymphe die 
Schwierigkeit beseitigt, welche die Beschaffung von guter, zuverlässiger 
Lymphe zu gewissen Zeiten bietet, und wird die Möglichkeit geboten, 
zu jeder Zeit frische und gesunde Lymphe zu bekommen, was z. B. 
im Falle schnell auszuführender Masscnimpfungen bei Pockcncpidemien 
von der größten Wichtigkeit ist 
Zweitens gewährt sie für die Impflinge eine große Erleichterung 
dadurch, daß die — zur Gewinnung der humanisirten Lymphe noth 
wendige Abimpfung in Fortfall kommt. 
Drittens bietet sie einen absoluten Schutz gegen die Einimpfung 
der Syphilis. Es ist mit Sicherheit festgestellt, daß die menschliche 
Syphilis auf Rinder und Kälber nicht übertragbar ist, durch diese 
Thatsache ist auch eine vaccinale Syphilis durch animale Lymphe 
vollständig ausgeschlossen. 
Viertens ist man bezüglich der animalen Vaccination stets in der 
gesicherten Lage, nur Lymphe von wirklich gesunden Thieren anzu 
wenden. weil der Gesundheitszustand der Jmpfthiere sowohl im Leben 
als auch vorzugsweise nach dem Schlachten durch die Obduktion auf 
das Genaueste festgestellt wird und da die gewonnene Lymphe bis 
nach der Schlachtung unverwendet bleibt und deshalb in der Anstalt 
zurückgehalten wird, Lymphe von kranken Thieren überhaupt nicht 
gebraucht werden kann. Dieser Umstand ist für die Verhütung der 
möglichen Uebertragung anderer Krankheiten als die Syphilis von 
großer Bedeutung. 
Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß nach den Erfahrungen 
des größten Theiles der Jmpfärzte durch die animale Impfung die 
Häufigkeit entzündlicher Complicationen, namentlich des sehr belästigenden 
Jmpferysipels bedeutend verringert wird 
Also auch in diesem Punkte wird die Gesundheit der Impflinge 
mehr geschützt als es bisher der Fall war. 
Durch diese Vorzüge wird der Vorwurf, welchen die Jmpfgegner 
den Impfungen machen, nämlich daß durch dieselben andere Krankheiten 
hervorgerufen werden und dadurch die Kräftigkeit der Bevölkerung 
geschwächt und die Sterblichkeit besonders im Kindcsalter eine be 
deutendere geworden sei, vollständig widerlegt. 
In Berlin sind das Kuratorium des Central-Viehhofs und das 
Polizei-Präsidium der Frage über die Einführung des animalen Jmpf- 
verfahrens wiederholt näher getreten und hat das Poltzei-Präsidium 
neuerdings die Anfrage an uns gerichtet, ob wir geneigt sein würden, 
Behufs Anbahnung allgemeiner Einführung der Schutzpocken-Jmpfung 
mit animaler Lymphe in Berlin, eine Anstalt zur Gewinnung von 
Kälberlymphe auf dem Central-Viehhofc zu errichten. 
Bei der außerordentlichen Wichtigkeit, welche diese Frage für die 
öffentliche Gesundheitspflege hat, und in Erwägung, daß auch die von 
dem Herrn Reichskanzler im November 1884 einberufene Kommission 
von Sachverständigen sich für die Einführung der Impfung mittels 
animaler Lymphe ausgesprochen hat, und ferner der Herr Minister der 
geistlichen rc. Angelegenheiten durch Erlaß vom 2. Juni v. I. sich 
damit einverstanden erklärt hat, daß vorläufig für die öffentlichen 
Impfungen Kälberlymphe verwendet werde, haben wir beschlossen, 
vorläufig mit der Gewinnung animaler Lymphe einen Versuch auf 
dem Central-Viehhof zu machen. 
Dieser Versuch soll sich nicht auf eine Prüfung der von Fach 
männern bereits festgestellten Thatsache beziehen, sondern soll darauf 
gerichtet sein, zu ermitteln, in welcher Weise und in welchem Umsange 
die Gewinnung, die Abgabe und die möglichst allgemeine Benutzung 
der animalen Lymphe für Berlin am zweckmäßigsten eingerichtet und 
durchgeführt werden kann. 
Zu diesem Zweck soll ein „Institut zur Gewinnung von animalischer 
Lymphe^ in einem zunächst beschränkten Umfange mit Aufsicht des 
Kuratoriums für den Central-Viehhof und unter Leitung eines auf 
dem Gebiete der animalen Vaccination besonders erfahrenen Arztes 
auf dem Central-Viehhofc errichtet werden. 
Diese Oertlichkeit ist aus bestimmten Gründen und zwar deswegen 
gewählt worden, weil dort die geeigneten Räume vorhanden sind, die 
Uebernahme der zu impfenden und die Rückgabe der geimpften 
Kälber zum Schlachten leicht bewirkt werden kann, und endlich die 
Untersuchung der Jmpfthiere vor und nach der Schlachtung und 
während der Entwickelung der Pocken durch die tägliche Anwesenheit 
der städtischen Thierärzte auf dem Schlachthofe, besonders die des 
Ober-Thierarztes zu jeder Zeit möglich gemacht wird. 
Indem wir uns vorbehalten, lobald genügende Erfahrungen 
gesammelt sind, eventl. wegen dauernd zu treffender Einrichtungen rc. 
eine besondere Vorlage zu machen, ersuchen wir zu beschließen: 
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich mit der 
Vornahme von Versuchen in der Erzeugung animaler Lymphe 
einverstanden und bewilligt die erforderlichen Mittel bis zur
	        
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