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Volume No. 27 (233-251), 27. März 1886

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1886 (Public Domain)

der Hausableitungsrohre entstehen, die über den Bürgersteig hinaus 
in den Straßcndamm bis zur Straßenleitung verlegt werden müssen. 
Die Höhe derselben ist eine geringe, da einmal die Straßenleitungen 
nur sehr selten im Straßendamm vom Bürgersteige entfernt liegen, 
andererseits diese Entfernungen selbst nur sehr kurze sind. Ein zahlen 
mäßiger Nachweis kann dafür nicht erbracht werden, da nicht mit 
Sicherheit die Traqe der Straßenleitungen für die noch nicht aus 
geführten Radialsysteme wegen mannigfacher Umstände, namentlich 
wegen der sich oft erst bei zu diesem Zwecke veranstalteten Nach 
grabungen zeigenden unterirdischen Hindernisse, so ausgeführt werden 
kann, wie sic projektirt ist. 
Eine ans der Ausführung der schon im Betriebe befindlichen 
Systeme hergeleitete Vergleichung wäre nur von geringem Werthe, 
insbesondere da die in Betracht kommenden thatsächlichen Verhältnisse 
in diesem Systeme Jedem bekannt sind noch jetzt ohne Schwierigkeit 
erkannt werden können. Wir haben daher die Verwaltung für die 
Kanalisationswerke angewiesen, für die Zukunft zwar die ganze Haus 
anschlußleitung von der Straßenleitung bis zu der selbstthätigen 
Klappe und diese selbst auszuführen, eintretendenfalls aber die Wieder 
erstattung von Kosten dafür, daß ein Stück der Leitung über den 
Bürgersteig hinaus in den Straßcndamm verlegt werden niuß, nicht 
mehr zu verlangen. Hiernach verfährt die gedachte Deputation seit 
dem Jahre 1885, hat auch hinsichtlich hierüber hinaus erhobener 
Mehrbeträge bis zum 1. April 1884 rückwärts eine Zurückerstattung 
vorkommendenfalls eintreten lassen. 
Da diese Anweisung, soweit sie die Kostenerstattung betrifft, in 
einem Spezial-Beschwerdefall die Billigung des Herrn Ministers des 
Innern gefunden hatte, welcher gleichzeitig die frühere Praxis der 
Deputation der Kanalisationswerke als nicht zutreffend bezeichnet, 
so bedarf es nicht noch einer Aenderung des Statuts, um den 
in jener Anweisung enthaltenen Grundsatz, welcher ja außerdem mit 
dem Wortlaut übereinstimmt, zur Festsetzung zu bringen. 
Nicht unerwähnt darf bleiben, daß auch die in jener Bestimmung 
des §. 1 in Verbindung mit dem Umstande, daß die Bürgersteige ver 
schiedene Breiten zeigen, liegende Ungleichheit der Belastung der 
Eigenthümer Gegenstand der Erörterung und eines Vorschlages war, 
der dahin ging, daß überall gleichmäßig nur die Kosten einer nach 
zwei oder drei oder vier Metern bemessenen Strecke des Hausableitungs 
rohres im Bürgersteig wiederzuerstatten seien. Hiergegen ist zu be 
merken, daß, wenn nicht die allergeringste Länge angenommen wird, 
die Ungleichheit doch nicht vollkommen beseitigt würde; denn die Straßen 
leitungen können sonst bei einzelnen Straßenfronten doch noch innerhalb 
dieser aus der so festgesetzten Länge sich ergebenden Entfernung zu liegen 
kommen und da dieVerwaltung sich füglich nicht mehr wiedererstatten lassen 
darf, als sie ausgelegt hat, so würden die betreffenden Eigenthümer we 
niger Kosten für die Verlegung des Hausanschlußrohres zu tragen haben, 
als die Eigenthümer, vor deren Grundstücken die Straßenleitung ge 
rade auf der durch die Längenfestsetzung gegebenen Entfernung oder 
über dieselbe hinaus verlegt ist. Im Uebrigen ist noch darauf hinzu 
weisen, daß diese Ungleichheit nicht erst durch die Kanalisation herbei 
geführt ist, sondern von Alters her bestand, denn früher, als es nur 
offene Rinnsteine gab, richteten sich die Kosten für Herstellung und 
Unterhaltung einer Einleitung der Hauswässer auch nach der wechselnden 
Bürgersteigbreite und die Entfernung späterer unterirdischer Ent 
wässerungsanlagen war ebenfalls nicht überall eine gleiche, änderte 
sich vielmehr aus den allerverschiedensten Gründen. 
Wir glauben daher, daß aus dieser Anregung ebenfalls kein 
Grund für eine Aenderung des 8- 1 zu entnehmen ist. 
Der letzte Punkt, welcher bei Prüfung des Bedürfnisses nach einer 
Revision des Ortsstatuts in Frage kam, betraf die jetzt bestehende, 
durch den 8- 7 festgesetzte Art der Aufbringung der durch das 
Kanalisationsunternehmen entstehenden Kosten. Dieser §. 7 lautet: 
„Von jedem der Kanalisation angeschlossenen Grundstücke 
ist sür die Benutzung der öffentlichen Entwässerungskanäle 
eine an dem ersten Tage jeden Quartals des Etatsjahres 
(1. April eines, bis 31. März des folgenden Kalenderjahres) 
fällige Abgabe zu erheben, welche von dem Nutzertrage des 
Grundstückes in dem zuletzt verflossenen Kalenderjahre er 
hoben wird. 
Den Nutzertrag der einzelnen Grundstücke stellt der Ma 
gistrat alljährlich fest. Derselbe macht am Anfange jedes 
Etatsjahres öffentlich bekannt, welche Quote des Nutzertrages 
zur Deckung der laufenden Ausgaben der Kanalisation ein 
schließlich der Verzinsung und Amortisation des Anlagekapitals 
sür das betreffende Etatsjahr zu erheben ist." 
Vielfach wird angenommen, daß durch diese Bestimmungen die 
angeschlossenen Grundstücke die Kosten des Kanalisationsunternehmens, 
einschließlich der Zinsen und Amortisation des Anlagekapitals, zu 
tragen allein verpflichtet seien, was dann ferner für eine Unbilligkeit 
erklärt wird, da nicht blos die angeschlossenen Grundstücke, beziehungs 
weise deren Eigenthümer, sondern auch die übrigen Einwohner, letztere 
namentlich in sanitärer Beziehung, die Vortheile des Kanalisations- 
Unternehmens genießen. 
Der Vorschläge einer billigeren Verthcilung sind vielfache, haupt 
sächlich bestehen sie aber darin: die Einen wollen zur Deckung der 
Kosten den Grundbesitz überhaupt nicht herangezogen wissen, dieselbe 
vielmehr aus allgemeinen Steuern eintreten lassen; Andere wünschen 
die Beiträge der Grundstücke ein für allemal durch eine Quote des 
Nutzertragcs zu fixircn, den Mehrbedarf aus allgemeinen Steuern 
zu decken. 
Demgegenüber ist zunächst zu erwähnen, daß nicht beabsichtigt 
wird, die Kosten des Kanalisationsuntcrnehmcns allein durch den 
Grundbesitz aufbringen zu lassen. 
Unsere erste, diese Frage berührende Vorlage vom 7. Juli 1874 
beweist dies; denn die auf die Grundstücke zur Verthcilung zu 
bringenden Kosten der Kanalisation wurden in die Berechnung nicht 
zu ihrem vollen Betrage, sondern erst nach Abzug gewisser Zahle» 
eingestellt. 
Die damals von uns vorgeschlagene Kostenvertheilung beruhte zum 
wesentlichen Theil auf dem Flächeninhalt und von diesem wurden die 
Straßcnflächen uni deswillen in Abzug gebracht, „weil sie schon 
belastet seien", d. h. weil diejenigen Ersparnisse an dem Bau, der 
Unterhaltung, Reinigung u. s. w. der Straßen, welche durch 
die Kanalisation eintreten, schon bei der alljährlich entstehenden, 
zur Verthcilung kommenden Kostensumme mit berücksichtigt waren, 
mit anderen Worten, es sollten aus allgemeinen Mitteln in Höhe 
jener Ersparnisse Zuschüsse zur Gcsammtkostcndeckung geleistet werden. 
Wenn nun auch die Stadtverordneten - Versammlung den von nns 
vorgeschlagenen Vertheilungsmaßstab (Fläche und Wasserverbrauch) 
nicht annahm, sondern an Stelle dessen eine Quote des Nutzertrages 
vorzog, so haben wir, als wir durch Aufnahme dieses Grundsatzes in 
das Statut diesem Beschlusse der Stadtverordneten - Versammlung 
beitraten, nicht gemeint, die Stadtverordneten - Versammlung habe die 
Gesammtkosten ohne Rücksicht auf die der Stadtgcmeindc erwachsenden 
Ersparnisse durch den Grundbesitz allein aufbringen lassen wollen, 
sondern: sie habe sich nur mit dem von uns vorgeschlagenen 
Vertheilungsmaßstab nicht einverstanden erklären, dagegen das von 
uns vorgeschlagene Quantum der Kosten (d. h. die Gesammtkosten 
verringert durch die Ersparnisse), beibehalten wollen. Dem entsprach 
es daher, wenn alljährlich der zur Hebung festgesetzte Nutzertrag aus 
nahmslos hinter den zu deckenden Gesammtkosten zurückblieb, trotzdeni 
dies schon bei der Festsetzung mit absoluter Sicherheit erkannt wurde; 
die Differenz bestand in den ihrer Höhe nach geschätzten Ersparnissen. 
Nachdem dieser Vertheilungsmaßstab ein Jahrzent hindurch ge 
golten und zu wesentlichen Bedenken keinen Anlaß gegeben hat, sind 
wir nicht in der Lage, eine Aenderung empfehlen zu können. 
Vor allen Dingen wäre die Aufbringung der Gesammtkosten durch 
eine allgemeine Steuer zu vermeiden. Zunächst sind noch ganz erheb 
liche, vollkommen getrennt liegende Theile des Stadtgebietes nicht mit 
Kanalisation versehen, und man wird btlligerweise die Bewohner 
dieser Gebiete nicht zu den Kosten der Kanalisation mit heranziehen 
können. Werden sie freigelassen, so würden für die kanalistrten 
Stadttheile, in denen die Steuer von allen Bewohnern erhoben würde, 
hinsichtlich der Entwertung des Grundbesitzes unerwünschte Zustände 
entstehen. Es kommt hinzu, daß bei einer allgemeinen Steuer die 
jetzt zum Kanalisationsbeitrag verpflichteten Grundstücke auswärtiger 
Gesandten, des Reichs, des Staats u. s. w. nicht mehr herangezogen 
werden könnten. 
In der Absicht, einen Theil der Gesammtkosten durch eine ein 
für alle Male fixirte Quote des Nutzertrages der angeschlossenen 
Grundstücke, den Rest aus allgemeinen Steuern zu decken, liegt zwar 
die richtige Erkenntniß, daß der Eigenthümer, wenn nicht alle, so doch 
gewisse Vortheile der Kanalisation allein genießt, weshalb er auch mit 
Recht zu Präcipualbeiträgen heranzuziehen ist. Gegen die Deckung des 
Restes der Gesammtkosten durch eine allgemeine Steuer bestehen aber 
dieselben Bedenken, welche oben gegen die Aufbringung der ganzen 
Gesammtkosten durch eine allgemeine Steuer geltend gemacht sind. 
Ferner würde die Bemessung der zu fixirenden Quote des Nutz 
ertrages der angeschlossenen Grundstücke aus längere Zeit hinaus sehr 
schwierig sein. Denn wie dieselbe auch angenommen würde, die 
Möglichkeit, daß die wirklichen Kosten sie in dieser Höhe nicht erfordern, 
ist nie ausgeschlossen. Die in einer solchen Heranziehung des Grund 
besitzes über das Bedürfniß hinaus liegende Ungerechtigkeit würde 
dann jedesmal nur durch eine der Genehmigung der Gemeinde-Auf 
sichtsbehörden bedürfende Aenderung des Statuts beseitigt werden 
können. Dem ginge vielleicht dadurch vorzubeugen, daß man die 
Quote nur als ein Maximum festsetzt, bis zu dessen Höhe nach seinem 
Nutzertrage der Grundbesitz beitragspflichtig sein sollte, im Uebrigen 
aber die genaue Festsetzung dem Bedürfnisse entsprechend innerhalb 
dieses Maximums alljährlich eintreten läßt. Wenn dabei aber 
trotzdem die Möglichkeit jährlicher Schwankungen der Bcitrags- 
quote bestehen bleibt und wenn jährlich doch eine genaue 
Prüfung und Fesffetzung eintreten muß, so ist nicht abzusehen, 
weshalb die Stadtverwaltung sich ohne Noth jene in der Fixirung 
eines Maximums liegende Beschränkung auferlegen soll, welche nur 
dann ohne Bedenken, aber auch ohne jeden Werth bliebe, wenn das 
Maximum so hoch bemessen würde, daß es den Rest der Gesammt 
kosten, welcher nach Abzug der selbst reichlich gemessenen Ersparnisse 
an sonstigen Ausgaben der Stadtgemeinde noch aufzubringen wäre, 
unter allen Umständen sicher zu decken ermöglicht. Denn ein Ueber-
	        
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