Anregung zu einer im Jahre 1888 in Berlin zu veranstaltenden
nationalen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung unverfolgt zu lassen;
vielmehr seien dringende Gründe vorhanden, ohne jeden Zeitverlust in
die gewünschten weiteren Verhandlungen einzutreten. Wir sind dieser
Anschauung gern und sofort beigetreten. Wir haben uns hiervon
durch den Umstand, daß ein Theil der Industrie dem Plane der Aus
stellung gegenüber sich bisher ablehnend verhält, um so weniger abhalten
lassen, als diesen Kundgebungen die aus Tausenden von Erklärungen
einzelner außerhalb Berlins domicilirter Gewerbetreibender oder freier
gewerblicher Vereinigungen sich ergebende lebhaft kundgegebene Billigung
des Projccts gegenübersteht.
Es kommt hinzu, daß aus Baden, Bayern, Württemberg, Ost
preußen, Westpreußen, Pommern, anderen Theilen Deutschlands zahl
reiche nach ihrer industriellen wie gewerblichen Bedeutung sehr gewichtige
Bezeugungen warmen Interesses für das geplante Unternehmen vorliegen.
Mit einer aus 7 Mitgliedern — darunter deren Herren Prä
sidenten — bestehenden Deputation des Aeltesten-Kollcgii der Kaufmann-
schaft ist hierauf in Folge der erwähnten Anregung eine die gleiche
Mitgliederzahl aufweisende Kommission des Magistrats am 11. v. Mts.
zusammengetreten. Das Ergebniß dieser Berathungen führte zu der
Ueberzeugung, daß es für die Förderung der Sache unerläßlich sei,
nunmehr dem allgemeinen Gedanken einer zum ersten Male seit der
Gründung des Reichs in dessen Hauptstadt im Jahre 1888 zu ver
anstaltenden nationalen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung eine festere
Form und greifbarere Gestalt dadurch zu gebe», daß in technischen
und sonst erforderlichen Vorarbeiten insbesondere:
die Frage der Auswahl des Platzes für die Aus
stellung;
die Aufstellung eines Projects für die Ausstellungs
gebäude, sowie der etwaigen Verbindungswege zu denselben;
die ohngefähre Veranschlagung der Baukosten der Gebäude
und seiner Verbindungen
behandelt werden.
Erst einem so konkret gestalteten, einen Anhalt für die Beurthei
lung der erforderlichen Geldmittel gewährenden Project gegenüber —
dies war die Ansicht, welche in der gemischten Kommission durchdrang
— würde die gesammte Industrie eine bestimmte Stellung nehmen
können.
Vor Allem aber wird von der Gestaltung des allgemeinen Ge
dankens zu einem objectiv vorliegenden, bestimmten Project die
Stellungnahme der höchsten Reichsbehörden zu demselben abhängen.
So lange eine solche konkrete Vorlage nicht vorhanden ist, kann die
höchste Reichsbehörde, und vermögen auch die Länderbehörden aus
ihrer lediglich abwartenden Stellung zu positiver Förderung des Unter
nehmens nicht heraustreten.
Eine Bestättgung dieser Anschauung erhielten wir wenige Tage
nach dem gefaßten Beschlusse durch einen uns mitgetheilten Erlaß des
Herrn Reichskanzlers, welchen derselbe auf eine den Gegenstand, um
welchen es sich hier handelt, betreffende Vorstellung mehrerer in Süd-
und Norddeutfchland domieilirenden Herren am 13. v. Mts. hat er
gehen lassen.
Abschrift des bezüglichen Schriftstücks fügen wir bei.
Den vorstehend dargelegten in den kommissarischen Berathungen
angenommenen Anschauungen unserer Herren Kommissarien sind wir
durchweg beigetreten.
Daß die städtische Verwaltung mit ihren Mitteln auch für die
Vorarbeiten eintritt, erachten wir durch die bisherige, dem Project
entgegenkommende Stellungnahme der städtischen Behörden, wie auch
durch die sonstige Sachlage für natürlich gegeben.
Für die beabsichtigte greifbare Gestaltung des Planes einer Aus
stellung ist die Auswahl des Platzes — welchen event, die Stadt»
gemeinde zu gewähren haben möchte — der Hauptpunkt. Aber auch
für die sonstige Feststellung des Projects, die Versorgung der Aus
stellungsräume mit Wasser, Licht und Verbindungen — deren Ent
wässerung — ist die Stadt mit ihren verschiedenen Betriebs-Verwaltungen
erheblich interesstrt.
So erschien es uns nur zweckmäßig und natürlich, daß — als
erster thatsächlicher Schritt zur Förderung der Verwirklichung des
Unternehmens die Stadtgemeinde die Herstellung der Vorarbeiten be
wirke und die hierfür erforderlichen Mittel hergebe.
Ferner aber sind wir der Ansicht, daß neben einer finanziellen
Betheiligung der Stadt eine entsprechende directe Betheiligung und
Unterstützung des Ausstellungs-Unternehmens durch das Reich erforderlich
sein wird, damit dasselbe in die Wirklichkeit treten kann. Die Stadtgemeinde
wird eine Deutsche nationale Ausstellung nicht für sich allein unter
nehmen, vielmehr einem diesfälligen. aus allen Theilen des Reichs zu
bildenden Comitee überlassen; wohl aber die von einem solchen freien
Verein in Vertrauen erweckender Weise unternommene Ausstellung —
unter Voraussetzung der Erfüllung jener eben erwähnten Vorbedingung
nachdrücklich und im Verhältniß ihrer Kräfte unterstützen.
Die von uns nachgesuchte Bewilligung eines der Größe der
Aufgabe entsprechenden Fonds zu Vorarbeiten — dessen Verausgabung
im Uebrigen innerhalb strenger Grenzen des absolut Erforderlichen
erfolgen wird — greift der Frage:
ob im Jahre 1888 oder wann sonst, oder ob überhaupt einc
Ausstellung der geplanten Art zu veranstalten,
in keiner Weise vor.
Die von uns hiermit nachgesuchte Bewilligung ist also nicht
geeignet und erfolgt nicht, um die Entscheidung der Frage vorgreifend
herbeizuführen, sondern lediglich um dieselbe vorzubereiten und zu
ermöglichen.
Selbst im unerwünschten Falle eines rein verneinenden Ausganges
sind, so glauben wir bestimmt annehmen zu dürfen, die aufgewendeten
Mittel nicht ohne Nutzen für eine spätere Verwirklichung des Gedankens.
Wir ersuchen hiernach — in dem wir bemerken, daß bei dem
Fonds für unvorhergesehene Ausgaben die nachgesuchten Mittel noch
bereit sind — unserm Antrage gemäß zu beschließen.
Berlin, den 6. März 1386.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
Zu Nr. 173.
Berlin, den 13. December 1885.
An die
Commission des Aeltestcn- Collegiums der
Berliner Kaufmannschaft zur Vorberathung
der in Berlin zu veranstaltenden Deutsch-
Nationalen Gewerbe-Ausstellung.
Anbei 3 Bände Anlagen.
Auf Grund des mir gewordenen Auftrages überreiche ich der
Commission hiermit nachstehenden Bericht:
Nach der Unterredung, welche die Commission mit Sr. Excellenz
dem Herrn Staatssecretair des Innern von Bötticher über den Plan,
im Jahre 1888 eine Allgemeine Deutsch-Nationale Gewerbe-
Ausstellung zu Berlin zu veranstalten, hatte, richtete das Aeltesten-
Cöllegium seinerseits eine diesen Plan betreffende Umfrage an die
Handelskammern und sonstigen officiellen Vertretungskörper der Industrie
in Deutschland, während — entsprechend den vom Minister geäußerten
Wünschen — die im letzten Frühjahr zusammengetretene „Freie Ver
einigung zur Vorbereitung der Deutsch-Nationalen Gewerbe-Ausstellung"
es übernahm, mit den gewerblichen Vereinen sowie einzelnen Gewerb-
treibenden in Verbindung zu treten, um dadurch ein möglichst richtiges
Bild von den Anschauungen und Wünschen der großen Masse der
Interessenten in Bezug auf den Ausstellungsplan zu gewinnen.
Es konnte durch diese Enquete selbstverständlich nicht einc Ab
stimmung sämmtlicher Gcwerbtreibenden Deutschlands und damit
gewissermaßen ein Majoritätsbeschluß über die Ausstellung herbei
geführt werden, sondern man mußte und durfte sich seitens der
„Freien Vereinigung" darauf beschränken, neben denjenigen gewerblichen
Vereinen, deren Adresse bekannt war, eine Anzahl einzelner Personen
und Firmen aus den verschiedenen Branchen und Bezirken zu befragen
und dabei sowohl die Groß-Jndustrie, wie auch die Mittel- und Klein-
Industrie und das Handwerk zu berücksichtigen. Die auf diese Anfragen
eingegangenen Antworten gewinnen als Ergänzung der von den
Handelskammern rc. erstatteten Berichte um so mehr Bedeutung, als
in den Letzteren bekanntlich vielfach, wenn nicht rein merkantile Inter
essen, so doch diese in Verbindung mit den grobindustriellen vorwiegend
vertreten sind, während die Mittel- und Klein-Industrie, sowie das
Handwerk darin weniger zur Geltung kommen. Auch wird diese
Bedeutung der von der „Freien Vereinigung" veranstalteten Erhebungen
dadurch nicht beeinträchtigt, daß ein Theil der eingegangenen Zu
stimmungs-Erklärungen von Gcwerbtreibenden ausgegangen ist, welche
als selbstständige Aussteller an der geplanten Ausstellung sich zu be
theiligen nicht in der Lage sind. Es handelte sich doch zunächst um
die Feststellung des Interesses, welches der deutsche Gewerbestand im
Allgemeinen an dem Ausstellungsplane hat, und dabei kamen und
kommen doch mit Recht auch die Anschauungen jener weitaus über
wiegenden Mehrheit der deutschen Gcwerbtreibenden in Betracht, welche,
ohne sich selbst als Aussteller betheiligen zu können, von dem Unter
nehmen Vortheile für die Gesammtheit und dadurch auch für sich selbst
erwarten. Unter den rund 7000 einzelnen Gcwerbtreibenden, welche
bis jetzt den Wunsch nach Veranstaltung der Ausstellung hierher zu
erkennen gegeben haben, befinden sich mindestens 3000 solche, welche
selbst ausstellen wollen. In dieser Richtung sind neuerdings Erhebungen
von der „Freien Vereinigung" begonnen worden und lauten aus allen
Branchen und aus allen Landestheilen die Nachrichten übereinstimmend
dahin, daß, wenn die Ausstellung stattfindet, die Aussteller sich im
Uebermaß melden werden, so daß nicht die Gewinnung derselben,
sondern vielmehr die Abwehr die Hauptfrage sein dürfte.
Von den bis jetzt bei der „Freien Vereinigung" eingegangenen
Einzelerklärungen rühren etwa 750 von Handwerkern her, während
die übrigen von industrieellen Unternehmern ausgehen. Die Groß
industrie ist in den letzteren etwa zur Hälfte betheiligt. Die An
lagen I. und II. enthalten Verzeichnisse der nur bis jetzt in den Details
bekannt gewordenen Zustimmungs-Erklärungen, erstens nach Branchen,