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Volume No. 18 (156-175), 6. März 1886

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1886 (Public Domain)

Anregung zu einer im Jahre 1888 in Berlin zu veranstaltenden 
nationalen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung unverfolgt zu lassen; 
vielmehr seien dringende Gründe vorhanden, ohne jeden Zeitverlust in 
die gewünschten weiteren Verhandlungen einzutreten. Wir sind dieser 
Anschauung gern und sofort beigetreten. Wir haben uns hiervon 
durch den Umstand, daß ein Theil der Industrie dem Plane der Aus 
stellung gegenüber sich bisher ablehnend verhält, um so weniger abhalten 
lassen, als diesen Kundgebungen die aus Tausenden von Erklärungen 
einzelner außerhalb Berlins domicilirter Gewerbetreibender oder freier 
gewerblicher Vereinigungen sich ergebende lebhaft kundgegebene Billigung 
des Projccts gegenübersteht. 
Es kommt hinzu, daß aus Baden, Bayern, Württemberg, Ost 
preußen, Westpreußen, Pommern, anderen Theilen Deutschlands zahl 
reiche nach ihrer industriellen wie gewerblichen Bedeutung sehr gewichtige 
Bezeugungen warmen Interesses für das geplante Unternehmen vorliegen. 
Mit einer aus 7 Mitgliedern — darunter deren Herren Prä 
sidenten — bestehenden Deputation des Aeltesten-Kollcgii der Kaufmann- 
schaft ist hierauf in Folge der erwähnten Anregung eine die gleiche 
Mitgliederzahl aufweisende Kommission des Magistrats am 11. v. Mts. 
zusammengetreten. Das Ergebniß dieser Berathungen führte zu der 
Ueberzeugung, daß es für die Förderung der Sache unerläßlich sei, 
nunmehr dem allgemeinen Gedanken einer zum ersten Male seit der 
Gründung des Reichs in dessen Hauptstadt im Jahre 1888 zu ver 
anstaltenden nationalen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung eine festere 
Form und greifbarere Gestalt dadurch zu gebe», daß in technischen 
und sonst erforderlichen Vorarbeiten insbesondere: 
die Frage der Auswahl des Platzes für die Aus 
stellung; 
die Aufstellung eines Projects für die Ausstellungs 
gebäude, sowie der etwaigen Verbindungswege zu denselben; 
die ohngefähre Veranschlagung der Baukosten der Gebäude 
und seiner Verbindungen 
behandelt werden. 
Erst einem so konkret gestalteten, einen Anhalt für die Beurthei 
lung der erforderlichen Geldmittel gewährenden Project gegenüber — 
dies war die Ansicht, welche in der gemischten Kommission durchdrang 
— würde die gesammte Industrie eine bestimmte Stellung nehmen 
können. 
Vor Allem aber wird von der Gestaltung des allgemeinen Ge 
dankens zu einem objectiv vorliegenden, bestimmten Project die 
Stellungnahme der höchsten Reichsbehörden zu demselben abhängen. 
So lange eine solche konkrete Vorlage nicht vorhanden ist, kann die 
höchste Reichsbehörde, und vermögen auch die Länderbehörden aus 
ihrer lediglich abwartenden Stellung zu positiver Förderung des Unter 
nehmens nicht heraustreten. 
Eine Bestättgung dieser Anschauung erhielten wir wenige Tage 
nach dem gefaßten Beschlusse durch einen uns mitgetheilten Erlaß des 
Herrn Reichskanzlers, welchen derselbe auf eine den Gegenstand, um 
welchen es sich hier handelt, betreffende Vorstellung mehrerer in Süd- 
und Norddeutfchland domieilirenden Herren am 13. v. Mts. hat er 
gehen lassen. 
Abschrift des bezüglichen Schriftstücks fügen wir bei. 
Den vorstehend dargelegten in den kommissarischen Berathungen 
angenommenen Anschauungen unserer Herren Kommissarien sind wir 
durchweg beigetreten. 
Daß die städtische Verwaltung mit ihren Mitteln auch für die 
Vorarbeiten eintritt, erachten wir durch die bisherige, dem Project 
entgegenkommende Stellungnahme der städtischen Behörden, wie auch 
durch die sonstige Sachlage für natürlich gegeben. 
Für die beabsichtigte greifbare Gestaltung des Planes einer Aus 
stellung ist die Auswahl des Platzes — welchen event, die Stadt» 
gemeinde zu gewähren haben möchte — der Hauptpunkt. Aber auch 
für die sonstige Feststellung des Projects, die Versorgung der Aus 
stellungsräume mit Wasser, Licht und Verbindungen — deren Ent 
wässerung — ist die Stadt mit ihren verschiedenen Betriebs-Verwaltungen 
erheblich interesstrt. 
So erschien es uns nur zweckmäßig und natürlich, daß — als 
erster thatsächlicher Schritt zur Förderung der Verwirklichung des 
Unternehmens die Stadtgemeinde die Herstellung der Vorarbeiten be 
wirke und die hierfür erforderlichen Mittel hergebe. 
Ferner aber sind wir der Ansicht, daß neben einer finanziellen 
Betheiligung der Stadt eine entsprechende directe Betheiligung und 
Unterstützung des Ausstellungs-Unternehmens durch das Reich erforderlich 
sein wird, damit dasselbe in die Wirklichkeit treten kann. Die Stadtgemeinde 
wird eine Deutsche nationale Ausstellung nicht für sich allein unter 
nehmen, vielmehr einem diesfälligen. aus allen Theilen des Reichs zu 
bildenden Comitee überlassen; wohl aber die von einem solchen freien 
Verein in Vertrauen erweckender Weise unternommene Ausstellung — 
unter Voraussetzung der Erfüllung jener eben erwähnten Vorbedingung 
nachdrücklich und im Verhältniß ihrer Kräfte unterstützen. 
Die von uns nachgesuchte Bewilligung eines der Größe der 
Aufgabe entsprechenden Fonds zu Vorarbeiten — dessen Verausgabung 
im Uebrigen innerhalb strenger Grenzen des absolut Erforderlichen 
erfolgen wird — greift der Frage: 
ob im Jahre 1888 oder wann sonst, oder ob überhaupt einc 
Ausstellung der geplanten Art zu veranstalten, 
in keiner Weise vor. 
Die von uns hiermit nachgesuchte Bewilligung ist also nicht 
geeignet und erfolgt nicht, um die Entscheidung der Frage vorgreifend 
herbeizuführen, sondern lediglich um dieselbe vorzubereiten und zu 
ermöglichen. 
Selbst im unerwünschten Falle eines rein verneinenden Ausganges 
sind, so glauben wir bestimmt annehmen zu dürfen, die aufgewendeten 
Mittel nicht ohne Nutzen für eine spätere Verwirklichung des Gedankens. 
Wir ersuchen hiernach — in dem wir bemerken, daß bei dem 
Fonds für unvorhergesehene Ausgaben die nachgesuchten Mittel noch 
bereit sind — unserm Antrage gemäß zu beschließen. 
Berlin, den 6. März 1386. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt, 
gez. von Forckenbeck. 
Zu Nr. 173. 
Berlin, den 13. December 1885. 
An die 
Commission des Aeltestcn- Collegiums der 
Berliner Kaufmannschaft zur Vorberathung 
der in Berlin zu veranstaltenden Deutsch- 
Nationalen Gewerbe-Ausstellung. 
Anbei 3 Bände Anlagen. 
Auf Grund des mir gewordenen Auftrages überreiche ich der 
Commission hiermit nachstehenden Bericht: 
Nach der Unterredung, welche die Commission mit Sr. Excellenz 
dem Herrn Staatssecretair des Innern von Bötticher über den Plan, 
im Jahre 1888 eine Allgemeine Deutsch-Nationale Gewerbe- 
Ausstellung zu Berlin zu veranstalten, hatte, richtete das Aeltesten- 
Cöllegium seinerseits eine diesen Plan betreffende Umfrage an die 
Handelskammern und sonstigen officiellen Vertretungskörper der Industrie 
in Deutschland, während — entsprechend den vom Minister geäußerten 
Wünschen — die im letzten Frühjahr zusammengetretene „Freie Ver 
einigung zur Vorbereitung der Deutsch-Nationalen Gewerbe-Ausstellung" 
es übernahm, mit den gewerblichen Vereinen sowie einzelnen Gewerb- 
treibenden in Verbindung zu treten, um dadurch ein möglichst richtiges 
Bild von den Anschauungen und Wünschen der großen Masse der 
Interessenten in Bezug auf den Ausstellungsplan zu gewinnen. 
Es konnte durch diese Enquete selbstverständlich nicht einc Ab 
stimmung sämmtlicher Gcwerbtreibenden Deutschlands und damit 
gewissermaßen ein Majoritätsbeschluß über die Ausstellung herbei 
geführt werden, sondern man mußte und durfte sich seitens der 
„Freien Vereinigung" darauf beschränken, neben denjenigen gewerblichen 
Vereinen, deren Adresse bekannt war, eine Anzahl einzelner Personen 
und Firmen aus den verschiedenen Branchen und Bezirken zu befragen 
und dabei sowohl die Groß-Jndustrie, wie auch die Mittel- und Klein- 
Industrie und das Handwerk zu berücksichtigen. Die auf diese Anfragen 
eingegangenen Antworten gewinnen als Ergänzung der von den 
Handelskammern rc. erstatteten Berichte um so mehr Bedeutung, als 
in den Letzteren bekanntlich vielfach, wenn nicht rein merkantile Inter 
essen, so doch diese in Verbindung mit den grobindustriellen vorwiegend 
vertreten sind, während die Mittel- und Klein-Industrie, sowie das 
Handwerk darin weniger zur Geltung kommen. Auch wird diese 
Bedeutung der von der „Freien Vereinigung" veranstalteten Erhebungen 
dadurch nicht beeinträchtigt, daß ein Theil der eingegangenen Zu 
stimmungs-Erklärungen von Gcwerbtreibenden ausgegangen ist, welche 
als selbstständige Aussteller an der geplanten Ausstellung sich zu be 
theiligen nicht in der Lage sind. Es handelte sich doch zunächst um 
die Feststellung des Interesses, welches der deutsche Gewerbestand im 
Allgemeinen an dem Ausstellungsplane hat, und dabei kamen und 
kommen doch mit Recht auch die Anschauungen jener weitaus über 
wiegenden Mehrheit der deutschen Gcwerbtreibenden in Betracht, welche, 
ohne sich selbst als Aussteller betheiligen zu können, von dem Unter 
nehmen Vortheile für die Gesammtheit und dadurch auch für sich selbst 
erwarten. Unter den rund 7000 einzelnen Gcwerbtreibenden, welche 
bis jetzt den Wunsch nach Veranstaltung der Ausstellung hierher zu 
erkennen gegeben haben, befinden sich mindestens 3000 solche, welche 
selbst ausstellen wollen. In dieser Richtung sind neuerdings Erhebungen 
von der „Freien Vereinigung" begonnen worden und lauten aus allen 
Branchen und aus allen Landestheilen die Nachrichten übereinstimmend 
dahin, daß, wenn die Ausstellung stattfindet, die Aussteller sich im 
Uebermaß melden werden, so daß nicht die Gewinnung derselben, 
sondern vielmehr die Abwehr die Hauptfrage sein dürfte. 
Von den bis jetzt bei der „Freien Vereinigung" eingegangenen 
Einzelerklärungen rühren etwa 750 von Handwerkern her, während 
die übrigen von industrieellen Unternehmern ausgehen. Die Groß 
industrie ist in den letzteren etwa zur Hälfte betheiligt. Die An 
lagen I. und II. enthalten Verzeichnisse der nur bis jetzt in den Details 
bekannt gewordenen Zustimmungs-Erklärungen, erstens nach Branchen,
	        
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