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M 76.
(789—806.)
Dormagen
für bk
Stadtverordneten - Versammlung zu Berlin.
788. Protokoll des Ausschusses zur Borberathung der
Borlage (Drucksache 721), betreffend den Neubau einer
Jnterimsbrücke für den Neubau der Moltkebrücke.
Verhandelt Berlin, den 4. December 1885.
Anwesend:
Stadtv. Nicolai, Stellv.-Vorsitzender,
- Kreitling, Schriftführer,
- Hentz,
- Wincklcr,
- Dopp,
- Geiter,
- Heller,
- Weiß l,
- Schmeißer,
- Eltcste,
- Bulle,
- Beelitz,
- Manegold.
Als Vertreter des Magistrats:
Herr Stadtbaurath Hob recht.
Es fehlten:
Herr Stadtv. Reichnow, Vorsitzender, entschuldigt,
- - Schwalbe, desgl.
Der stellvertretende Vorsitzende eröffnet die Versammlung mit der
Bemerkung, daß es hauptsächlich die Aufgabe des Ausschusses sein
werde, darüber zu berathen, ob der Bau einer Jnterimsbrücke noth
wendig sei. Da der Umbau der Moltkebrücke bereits durch die Kommunal
behörden beschlossen sei, können hierauf bezügliche Beschlüsse nicht ge
faßt werden.
In der darauf folgenden Debatte wird trotzdem zunächst der Wunsch
ausgesprochen, von dem Herrn Magistratsvertreter Näheres über den
jetzigen Zustand der Moltkebrücke zu erfahren.
' Herr Stadlbaurath Hob recht schließt sich den einleitenden Worten
des Vorsitzenden in Bezug auf die Competenz des Ausschusses an, er
klärt sich aber gern bereit, die nöthige Auskunft zu geben.
In der nun folgenden Auseinandersetzung erörtert derselbe zunächst
die Construction des Oberbaues der Moltkebrücke. Die Eisenconstruction
ist an sich zu schwach und das System gerade kein sehr zweckmäßiges
zu nennen. Dadurch, daß die eisernen Bögen nicht ein festes Ganze
bilden, sondern an ihrem Scheitel ein Charnier tragen, ist es unver
meidlich, daß, wenn z. B. der Mittelbogen stark belastet wird, ein starker
Seitendruck auf die beiden Strompfeilcr ausgeübt wird. Da nun die
übrigen Bögen ebenfalls Charniere besitzen, so ist auf der anderen
Seite der Pfeiler kein Gegendruck vorhanden, und deshalb werden
dieselben seitlich verschoben, indem sich der Mittelbogen senkt, die beiden
Seitenbögen aber naturgemäß in die Höhe steigen. Diese Erscheinung ist
nun bei der Moltkebrücke umsomehr hervorgetreten, weil die Pfeiler
sehr flach, und durchaus ungenügend auf bloßem gestampften Unter
grund ohne Mörtelverbindung fundirt sind. Es ist- demnach nicht
möglich, die Strompfeiler bestehen zu lassen. Der ganze Zustand der
Brücke ist so gefahrdrohend, daß irgend welcher Lastverkehr auf keinen
Fall zu dulden ist. Bei dem Neubau der Brücke, welcher nicht etwa
wegen der in Aussicht stehenden Senkung des Spreespiegels erfolgen
soll, wird darauf Rücksicht zu nehmen sein, daß die Pfeiler so tief
fundamentirt werden, um durch die Senkung des Flußbettes nicht ge
fährdet zu werden.
Der Außschuß ist hiernach in seiner Gesammtheit überzeugt, daß
der Umbau der Moltkebrücke dringend nothwendig ist.
Bei Berathung über den Bau der Jnterimsbrücke wird von
mehreren Mitgliedern hervorgehoben, daß man diese große Ausgabe
wohl ersparen könne. Der Verkehr sei durchaus nicht so bedeutend
und die Pferdebahngeleise können mit 280 m Umweg über die Alsen-
brücke oder, wenn diese wegen ihrer geringen Breite nur ein Geleise
b'kommen könnte, zum Theil über die Kronprinzenbrücke am Alexander-
ufer entlang geführt werden.
Der Herr Magistratsvertreter hält es für unzweckmäßig, den Ver
kehr interimistisch über die Alsenbrücke zu führen Die Construction
dieser Brücke ist ebenfalls nicht geeignet, einen größeren Lastverkehr
auszuhalten, weil sie höchstens eine Tragfähigkeit von 6 000 kg pro Rad
Druck besitzt, während schon für einen großen Pferdebahnwagen 8 500 kg
Tragfähigkeit erforderlich sei. Außerdem würden die interessirten Be
hörden sicherlich auf den Bau der Jnterimsbrücke dringen.
Die Minorität des Ausschusses schloß sich den Ausführungen des
Herrn Magistratsvertreters an, und hob noch besonders hervor, daß,
wenn nach Eröffnung des neuen Packhofes der Lastverkehr über die
Alsenbrücke gehe, diese ebenfalls in ihrem Oberbau ruinirt werde und
dadurch viel höhere Kosten entstehen, als durch den Bau der Jnterims-
brücke erwachsen.
Die Mehrheit der Mitglieder hielt diese Auffassung nicht für ge
rechtfertigt und es wurde demnach beschlossen:
„Den Magistratsantrag auf Erbauung einer Jnterims
brücke abzulehnen."
Zum Referenten wurde der College Nicolai ernannt. Der Druck
des Protokolles wurde beschlossen.
Nicolai, Vorsitzender. Kreitling, Schriftführer.
788. Vorlage (J.-Nr. 4 251 B. Y. I. 85) — zur Kenntnift-
nahmc —, betreffend die erfolgte Bauabnahme der
neuen Gemeinde-Doppelschule in der Britzerstrafte.
Der Stadtverordneten-Versammlung übersenden wir in der Anlage
die Verhandlung vom 16. November d. Js, betreffend die Abnahme
und Uebergabe der neuerbauten Gemeinde-Doppclschule in der Britzer
straße zur Kenntnißnahme.
Mit Bezug auf die von den Vertretern der Schul-Deputation
ausweislich dieser Verhandlung zur Sprache gebrachte Nothwendigkeit
der Erweiterung der Abtritts- und Pissoiranlagc haben wir das Gut
achten der Schul-Deputation eingeholt. Dasselbe spricht sich zwar
ebenfalls für eine Vermehrung der Pissoirstände aus, hält aber mit
der städtischen Bau-Deputation die Zahl der vorhandenen Abtrittssitze
für genügend.
Wir beabsichtigen daher nur eine Verbreiterung des Pissoirs, wie