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Die neuen Einrichtungen werden es alsdann ermöglichen, die Häuslinge
auch in den Wintermonaten auf den Rieselgütern zu belassen und sie
dort in geeigneter Weise zu beschäftigen.
Die Stadtverordneten - Versammlung ersuchen wir nunmehr wie
folgt zu beschließen:
„Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit ein
verstanden, daß die Mitgliederzahl der Deputation für die
Verwaltung der Kanalisationswerke von 6 Stadträthen und
11 Stadtverordneten auf 4 Stadträthe und 6 Stadtverordnete
vermindert und zur größeren Theilnahme der Deputations
mitglieder an den Geschäften der Güterverwaltung das Kura
torium für die Bewirthschaftung der Rieselgüter aufgelöst werde.
Sie nimmt ferner Kenntniß von den Ausführungen des
Magistrats auf die Fragen b, e, d und e des Beschlusses
vom 1. Mai 1884 und erachtet letztere dadurch für erledigt."
Im Falle des Einverständnisses mit der in Vorschlag gebrachten
anderweitigen Organisation der Deputation für die Verwaltung der
Kanalisationswerke ersuchen die Stadtverordneten-Versammlung wir
noch ergebenst, die Wahl der 8 Stadtverordneten vorzunehmen und
uns die Namen der Gewählten mitzutheilen.
Berlin, den 19. November 1884.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
Zu Nr. 735. Protokolle des Ausschusses zur Borberathung
der Vorlage (Drucksache 697 äs 1884), betreffend eine
anderweitige Organisation der Deputation sür die
Verwaltung der Kanalisationswerke.
I.
Verhandelt Berlin, den 11. November 1885.
Anwesend:
Stadtv. vr. Stryck, Vorsitzender,
- Talke,
- Fischer,
- Nicolai,
- Salge,
- Roeseler,
- Samm,
- Hentz,
- Maliern,
- vr. Kürten,
- Schreiber,
- Moses,
- Sols.
Als Magistrats-Kommissarien:
Herr Stadtrath Marggraff,
Stadtbaurath vr. H ob recht.
Es fehlte:
Herr Stadtv. Flesche.
(Herr Paulsen ist inzwischen ausgeschieden.)
Am Beginn der heutigen Sitzung des mit der Vorberathung der
oben näher bezeichneten Vorlage eingesetzten Ausschusses machte der
Vorsitzende Mittheilung davon, welche Gründe ihn veranlaßt hätten,
diesen bereits am 18. Dezember v. I. gewählten Ausschuß nicht schon
früher zusammenzuberufen. Bekanntlich sei der Eintritt des am
30. Dezember v. I. zum Stadtbaurath für den Tiefbau gewählten
Herrn vr. Hobrecht in die städtische Verwaltung erst Anfangs Mai
d. I. erfolgt. Es habe nun für erforderlich erachtet werden müssen,
demselben Zeit zu lassen, sich in das umfangreiche Gebiet der Tiefbau-
Verwaltung einzuarbeiten, um im Stande zu sein, sich gutachtlich über
die Frage, ob es nicht vielleicht möglich und nützlich sei, die Kanali
sations-Verwaltung mit der Tiefbau-Verwaltung zu verschmelzen, zu
äußern. Hierüber seien die Ferien der Versammlung herangekommen
und da es auch inzwischen dem Herrn Stadtbaurath wegen seiner
vielen anderen Obliegenheiten an Zeit zur Jnformirung über den vor
liegenden Gegenstand gefehlt habe, so hätte dem letzteren erst jetzt
näher getreten werden können.
Ueber die Entstehung der gegenwärtigen Kanalisations-Deputation
theilte der Vorsitzende sodann aus den Akten folgendes mit:
II Im Jahre 1873 beschlossen die städtischen Behörden die Einsetzung
einer „Bau-Kommission für die Kanalisation Berlins" zur Ausübung
der Befugnisse des Bauherrn, insbesondere zur Herstellung eines
schleunigen Geschäftsganges. Nachdem im Jahre 1875 die Kanalisation
angefangen hatte, aus dem Stadium der Vorbereitung und des Baues
zunächst für das Radialsystem III in das Stadium der Wirksamkeit
zu treten, beantragte der Magistrat die Einsetzung einer aus 3 Mit
gliedern des Magistrats und 6 Mitgliedern der Stadtverordneten-Ver
sammlung bestehenden gemischten Verwaltungs-Deputation, auf welche
die Befugnisse der Bau-Kommission für die Kanalisation übergehen
sollten. Die Versammlung stimmte diesem Antrage jedoch nicht sogleich
zu, ersuchte vielmehr unter dem 11. November 1875 den Magistrat,
ihr zuvörderst eine Geschäftsordnung für die neu zu bildende Depu
tation vorzulegen. Diese Angelegenheit ruhte demnächst bis zum
Jahre 1877 und wurde auf Anregung der Versammlung wieder auf
genommen, nachdem zuvor eine für die Sitzungen der Verwaltungs-
Deputationen zu erlassende Geschäftsordnung zwischen den beiden
städtischen Behörden vereinbart worden war. Am 5. April 1877
erklärte die Versammlung sich nach dem Antrage des Magistrats
damit einverstanden, daß für die Verwaltung der Kanalisationswerke
eine aus 4 Mitgliedern des Magistrats und 8 Mitgliedern der Ver
sammlung bestehende gemischte Deputation gebildet werde unter Auf
hebung der Bau-Kommission für die Kanalisation Berlins. Demnächst
und zwar durch Beschluß vom 10. Juni 1881 sprach die Versammlung
den Wunsch aus, für die Verwaltung der Rieselländereien ein besonderes
Kuratorium einzusetzen. Hierüber fand später eine Vorberathung in
gemischter Deputation statt, auf Grund welcher eine Vereinbarung dahin
erfolgte, daß die Kanalisations-Deputation um 5 Mitglieder — 2 aus
dem Magistrat und 3 aus der Versammlung — verstärkt und daß
dann aus der so verstärkten Kanalisations - Deputation heraus eine
besondere Kommission in derselben Zusammensetzung gebildet wurde,
welche die Verwaltung der Rieselfelder als Thätigkeit zugewiesen erhielt.
Die Wahl dieser 3 neuen Mitglieder der Versammlung erfolgte am
10. November 1881, die Kanalisations-Deputation zählt seitdem also
17 Mitglieder — 6 Stadträthe, 11 Stadtverordnete —. Bereits im
Jahre 1884 wurde im Schooße der Versammlung zur Sprache gebracht,
daß die große Mehrzahl der in der Kanalisations-Deputation befind
lichen Mitglieder der Versammlung nicht in dem Maße an den Ge
schäften sich zu betheiligen in der Lage sei, als vom Standpunkte der
Versammlung gewünscht werden müsse, und dies hauptsächlich seinen
Grund in der Organisation der Deputation habe, sowie daß speziell
die Stellung des Kuratoriums für die Verwaltung der Rieselfelder
einer Prüfung und eventuellen Aenderung unterworfen werden müsse.
Die Versammlung richtete daraufhin am 31. Januar 1884 an den
Magistrat das Ersuchen, ihr eine Vorlage wegen anderweitiger
Organisation der Kanalisations-Deputation zugehen, event, darüber in
einer gemischten Deputation vorberathen zu lassen, und wiederholte
dies Ersuchen am 1. Mai 1884 gelegentlich der Berathung über den
Bericht der Deputation für die Verwaltung der Kanalisationswerke
pro 1. April 1882/83. Inhalts der Vorlage vom 19. November 1884,
welche heute zur Berathung steht und welche auch noch einige andere
von der Versammlung aufgeworfene Fragen berührt, erkennt der
Magistrat an, daß die Anzahl der Mitglieder der Kanalisations-Depu
tation in keinem Verhältniß zu dem Gcschäftsumfange der Deputation
stehe, daß dieselbe vielmehr den Geschäftsgang und die Berathungen
äußerst schwerfällig mache, weil nicht alle Mitglieder in gleichem Maße
an der Erledigung der Arbeiten betheiligt werden könnten, es dem
Einzelnen an ausreichender Thätigkeit fehle und ihm nicht genügend
Gelegenheit geboten werden könne, fich in allen Zweigen des Kanali
sationsbetriebes so zu orientiren, um für die Berathungen ein sicheres
Urtheil zu gewinnen. Dieser Uebelstand werde besonders noch dadurch
vergrößert, daß der Kanalisations - Deputation ein aus deren Mitte
gewähltes Kuratorium von 2 Stadträthen und 3 Stadtverordneten
zugesellt sei, welches im Wesentlichen die Angelegenheiten der Riesel-
güter-Verwaltung allein bearbeite und dadurch den übrigen Deputations
Mitgliedern die Theilnahme an der Bearbeitung dieser Sachen entziehe.
Der Magistrat hält es deshalb für erforderlich, die Mitgliederzahl der
Deputation auf 4 Stadträthe und 8 Stadtverordnete zu reduziren,
indem er der Ansicht ist, daß diese Zahl zur Bewältigung aller vor
kommenden Arbeiten vollständig genüge und auch gestatte, die einzelnen
Mitglieder in höherem Maße, als jetzt möglich sei, mit der Kontrole
der Rieselgüter-Verwaltung zu beschäftigen, wobei natürlich die Auf
lösung des derzeitigen Kuratoriums für die Bewirthschaftung der
Rieselgüter vorausgesetzt werde.
Bei der über diese Vorlage heute stattgefundenen Generaldiskussion
wurde es allseitig mit Freuden begrüßt, daß der Magistrat selbst die
Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Organisation der Kanalisations-Depu
tation zugebe und zu einer Aenderung derselben die Hand biete. Es
wurde auch anerkannt, daß durch eine Verminderung der Mitgliederzahl
die Mißstimmung, die sich der Mitglieder der größeren Deputation um
deshalb bemächtigt habe, weil sie, obgleich Mitglieder einer so
wichtigen Verwaltungs-Deputation, von der Bewirthschaftung der
Rteselgüter eigentlich so gut wie gar nichts erführen, im Wesentlichen
behoben werden würde, wenn jedes Mitglied ein reichliches Maß
selbstständiger Thätigkeit und Verantwortlichkeit zugewiesen erhalte,
man war indessen der Ansicht, daß nicht die Organisation der
Deputation allein zu erörtern sei, sondern daß auch die Bewirthschaftung
der Rieselgüter an sich mit in die Berathung gezogen werden müsse,
wenn es sich darum handle, Vorschläge zu durchgreifenden Verbesserungen
zu machen. In dieser Beziehung müsse man denn nun sagen, daß bei
einer richtigeren und zweckmäßigeren Arbeitseintheilung auf den Riesel
feldern doch wenigstens so viel zu erreichen sein möchte, daß diese Güter
keine Zuschüsse mehr erfordern, sich vielmehr selbst erhalten. Es sei