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nb Zu dieser Art der Verwendung der 123 943,58 JC hat die
Zersammlung bisher ihre Genehmigung nicht ertheilt, der Rechnungs-
Ausschuß kann auch nicht empfehlen, sich nachträglich damit ein
verstanden zu erklären, zumal die unterm 21. März 1883 niedergesetzte
lemischte Deputation zur Vorberathung der bet den städtischen
Udustriellen Werken in öendung zu bringenden Abschreibungs-
irnndsätze, bezüglich der siädtischen Wasserwerke, ihre Berathungen
loch nicht beendigt hat und sonach die Frage, welche Beträge
Abgeschrieben werden sollen, noch eine offene ist.
Der Rechnungsausschuß beantragt vielmehr zu beschließen:
Die Versammlung legt Verwahrung dagegen ein, daß
durch die Charakterisirung der Summe von 123 943,ss JC
in dem Finalabschluß der städtischen Wasserwerke pro 1. April
1883/84 als Abschreibungen zum Erneuerungs- und Er
weiterungsfonds stillschweigend ein Präjudiz für die noch zu
treffende Entscheidung über die Art der Verwendung geschaffen
werde, erklärt vielmehr ausdrücklich, daß die spätere Ent
scheidung darüber vorbehalten bleiben muß.
Im Uebrigen empfiehlt der Rechnungsausschuß folgende Beschluß
fassung:
Die Versammlung hat Kenntniß genommen von den
Finalabschlüssen der Hauptkasse der städtischen Werke pro
1. April 1883/84, betreffend
a) die Verwaltung der städtischen Gasanstalten,
l>) die Verwaltung der städtischen Wasserwerke und
o) die Kassenvcrwaltung,
und genehmigt — vorbehaltlich der sich bei der Rechnungs
revision etwa ergebenden Erneuerungen — die im genannten
Rechnungsjahre vorgekommenen Etatsüberschreitungen und
zwar:
1. bei den Gasanstalten im Betrage von 105 590,so JC,
2. bei den Wasserwerken im Betrage von 34 632,so JC und
3. bei der Kassenverwaltung im Betrage von 80,94 JC.
IV. Bereits in der Plenarsitzung vom 13. März er., in welcher
die Ueberwcisung der Baurechnung Nr. 2034, betreffend den Neubau
der 87/93. Gcmeindeschule in der Memelerstraße, an den Rechnungs
ausschuß beschlossen wurde, ist von einer Seite darauf aufmerksam
, gemacht worden, daß bei dem Bau dieser Schule Unregelmäßigkeiten
tseitens der Verwaltung vorgekommen seien. Es hätten in Folge einer
kGrenzüberschrettung sowohl die bereits bis zum Straßenniveau aus
gemauerten Fundamente der Turnhalle wieder herausgenommen und
verlegt, als auch die Verbandhölzer zur Turnhalle abgeändert werden
müssen.
Bei der Prüfung der Baurechnung hat sich nun ergeben, daß in
der That beim Beginn des Schulbaues eine Ueberschreitung der Grenze
stattgefunden hat und daß aus Veranlassung derselben der Kommune
folgende Kosten erwachsen sind:
1. für die Veränderung von Erdarbeiten.... 79,14 JC
2. für das Ausmauern und Wiederabreißen der
Fundamente der Turnhalle 196,20 -
3. für die Abänderung von Verbandhölzern. . . 150,oo -
zusammen 425,84
Der Rechnungsausschuß stellte in Folge dessen an den Magistrat
das Ersuchen, denjenigen Beamten zu bezeichnen, welchem die Schuld
an dem vorgekommenen Versehen beizumessen sei und sich gleichzeitig
darüber zu äußern, ob der Betreffende nicht für den der Kommune
entstandenen Schaden verantwortlich gemacht werden könne.
Auf dieser Anfrage wird in der, in der Anlage abgedruckten, das
Sachverhältniß in ausführlicher Weise klar legenden Notatenbeantwortung
vom 21. Oktober resp. 18. November 1884 keine bestimmte Antwort
gegeben.
Aus derselben geht aber auf das Bestimmteste hervor, daß der
Irrthum über die Größe und die Grenzen des zur Schule angekauften
Nicolas'schen Grundstücks dadurch entstanden ist, daß sämmtliche
Interessenten, und zwar der Bevollmächtigte der Verkäufer einerseits
und der zur Entgegennahme der Auflassung autoristrte städtische
Kommissar, sowie der Dezernent der Schuldeputation und der Plan-
kammervcrwalter andererseits, von der Ansicht ausgingen, es decke sich
die zu erwerbende Fläche von 5 600 gm reinen Bautcrrains mit den
beiden im Grundbuche Band III Nr. 198 und Band IV Nr. 222 ver
zeichneten Grundstücken. In Folge dessen sah man davon ab, der
Auslastung den sonst durchaus erforderlichen amtlichen Plan zu Grunde
. zu legen. Aus dem Plane würde sich die Jrrthümlichkeit der obigen
| Ansicht sofort ergeben haben.
Zur Begründung dieser Unterlassung wird in der Notaten-
beanlwortnng der Wunsch nach schleuniger Erledigung der Sache
angeführt, da mit dem Bau bald begonnen werden sollte. Da aber
die Auflassung am 25. Oktober 1879 erfolgte, so konnte des bevor
stehenden Winters wegen mit dem Bau doch nicht gleich begonnen
werden und dürfte also volle Zeit zur Beschaffung des amtlichen
Planes gewesen sein.
Zur weiteren Begründung der qu. Unterlassung wird noch angeführt,
daß man glaubte, eine etwaige Differenz in dem Flächenmaße durch
nachträgliche Abtretung der fehlenden Fläche leicht beseitigen zu können,
da die Nicolas'schen Erben Nachbaren blieben und außerdem ein
Kaution von ihnen hinterlegt werden sollte.
Jedenfalls hätte durch Beschaffung des amtlichen Situationsplanes
vor Beginn der Bauausführung, die erst im Frühjahr 1880 stattfand,
und durch Absteckung der Grenzen auf Grund dieses Planes die Sache
klar gestellt werden sollen, umsomehr, als nach der Anwort des
Magistrats ein etwaiges Versehen in der Größenberechnung für möglich
gehalten wurde.
Der Bauverwaltung trifft keine Schuld, denn sie hat auf Grund
der amtlichen Absteckung der Plankammer mit dem Bau beginnen
lassen. Die Plankammer ihrerseits nahm diese Absteckung vor auf
Grund der an die Baudeputation unter dem 2. December 1879
ergangenen Mittheilung der Schuldeputation, wonach eine Fläche von
5 600 qm aufgelassen sei.
Die Schuld liegt allein in der Entgegennahme der Auflassung
ohne amtlichen Plan und darin, daß dieser Plan nicht wenigstens
nachträglich, vor Beginn der Bauausführung, beschafft wurde.
Nach Lage der Sache erscheint es nicht richtig, die Verantwortlich
keit hierfür einer bestimmten Person aufzubürden, dieselbe fällt auf
mehrere Personen.
Wünschenswerth wäre es gewesen, wenn der Magistrat sofort,
nachdem ihm .am 12. Mai 1880 seitens der Plankammer Kenntniß
gegeben, daß die beiden aufgelassenen Grundstücke um 193 qm Bau
land zu klein seien, die Bauverwaltung hiervon benachrichtigt hätte.
Daß dies nicht geschehen ist, dürfte jedoch dadurch zu entschuldigen
sein, daß der Magistrat der Ansicht war, es würde das fehlende
Terrain ohne Schwierigkeit nachgeliefert werden. Als wider Erwarten
dennoch Schwierigkeiten in dieser Beziehung eintraten, beschloß der
Magistrat, von der nachträglichen Auflassung des fehlenden Terrains
abzusehen und lieber die bereits begonnenen Fundamentmauern zu ver
ändern. Nach Lage der Sache war dieser Beschluß völlig gerecht
fertigt.
Die Stadtgemeinde ist nun im Besitz einer um 193 qm kleineren
Fläche, als eigentlich gekauft werden sollte. Dieses kleinere Grund
stück euffpricht aber vollständig seinem Zwecke.
Für die Veränderung an den Fundamenten rc. sind verausgabt
425,84 JC
An Kaufgeld sind dagegen weniger gezahlt 3 667,00 -
Es sind also 3 241,66 JC
weniger baar verausgabt, als der Fall gewesen wäre, wenn 5 600 qm
gekauft worden wären.
Mit Rücksicht hierauf und auf die ganze vorstehend dargestellte
Sachlage hat der Rechnungsausschuß beschlossen, der Versammlung zu
empfehlen, von der Verfolgung eine? Regreßanspruches Abstand zu
nehmen, die Sache für erledigt zu erachten und — da die übrigen
Notaten in zufriedenstellender Weise aufgeklärt und fallen gelassen
worden sind — die Decharge zu ertheilen.
Damit indessen derartige Vorkommnisse für die Zukunft ein für
alle Mal vermieden werden, schlägt der Ausschuß der Versammlung
vor, eine Resolution zu fassen, wonach der Magistrat ersucht wird,
Vorkehrungen zu treffen, daß künftighin Auflassungserklärungen nur
auf Grund von amtlichen Situationspläncn über die Größe der
anzukaufenden Grundstücke entgegengenommen werden dürfen.
Demgemäß wird die nachfolgende Beschlußfassung empfohlen:
Die Versammlung dechargirt die Baurechnung Nr. 2 034,
betreffend den Neubau der 87.Z93. Gemeindeschule in der
Memelerstraße.
Zugleich ersucht sie den Magistrat, Anordnung zu treffen,
daß künftighin Auflassungserklärungen von Grundstücken nur
auf Grund von amtlichen Situationsplänen, in denen die
Größe der zu erwerbenden Grundstücke angegeben ist, entgegen
genommen werden dürfen.
Der Druck des Protokolls ist beschlossen, zum Berichterstatter ist
der Stadtv. Wieck ernannt worden.
a. u. s.
Schmidt. B. Wieck.
Zu Nr. «».
Anlage I zum Protokoll des Rcchnungsausschusses vom
27. Januar 1885.
Beantwortung des Notates I
in der Revisionsverhandlung vom 11. Juni 1884.
Aus den Akten der Schul-Deputation Gem.-Sch. 87,98 Nr. 2
erhellt Folgendes:
Die Nicolas'schen Erben besaßen einen zusammenhängenden
Grundstücks-Complex zwischen der Memeler- und Gubenerstraße.
Hiervon sollten zum Bau eines Doppel-Schulhauses 5 600 qm
für 19 JC pro qm angekauft werden; die Verkäufer sollten dabei die
Verpflichtung übernehmen, das von ihrem Grundstücke in beiden Straßen
zum Bürgersteig erforderliche Terrain unentgeltlich an die Stadtgemeinde
abzutreten, den Bürgersteig in der Gubenerstraße zu reguliren, sobald
der Damm daselbst gepflastert fein würde, und die antheiligen Kosten
für Pflasterung des Dammes in beiden Straßen zu übernehmen.