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Volume No. 47 (429-451), 20. Juni 1885

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1885 (Public Domain)

Tegeler Wasser 
Wasser aus der Stadt 
Summa. 
vor der 
Filtration 
nach der 
Filtration 
Hochbehälter 
in 
Charlotten 
burg 
W. 
Wtlhelmstr. 
Nr. 75 
S.W. 
Friedrichstr. 
Nr. 41/42 
8.0. 
Schmidstr. 
Nr. 16 
X. 
Friedrichstr. 
Nr. 126 
0. 
Weinmeister- 
straße Nr. 15 
1884. Juli . . . 
1 
1 
2 
3 
3 
2 
4 
2 
18 
August . . . 
2 
0 
3 
4 
4 
3 
2 
2 
20 
September 
0 
0 
1 
4 
4 
1 
0 
0 
10 
Oktober . . 
0 
1 
0 
1 
1 
2 
1 
0 
6 
November. . 
0 
0 
0 
0 
0 
0 
0 
0 
0 
Dezember . . 
0 
0 
0 
0 
0 
I 
2 
0 
3 
1885. Januar. . . 
0 
0 
0 
0 
0 
0 
1 
0 
1 
Februar . . 
2 
0 
0 
0 
1 
0 
0 
0 
3 
März . . . 
1 
0 
0 
0 
2 
0 
1 
0 
4 
Summa 
6 
2 
6 
12 
15 
9 
11 
4 
65 
Die zufolge dieser tabellarischen Zusammenstellung für die neun 
monatliche Beobachtung sich ergebenden Summen der Befunde an den 
einzelnen Entnahmestellen scheinen darauf Hinweisen zu wollen, daß der 
Brunnenfaden noch häufiger in den innerhalb der Stadt befindlichen 
Rohrleitungen vorkommt, als in den außerhalb der Stadt belegenen 
Abschnitten der Wasserversorgungs-Anlagen. Aus den Summen der 
in den einzelnen Monaten geführten Nachweise geht hervor, daß in 
den ersten Monaten der Untersuchung, im Sommer 1884, die Crenothrix 
im Leitungswasser noch häufiger vorgekommen war, als in der späteren 
Zeit. Es muß weiteren Beobachtungen vorbehalten bleiben zu zeigen, 
ob diese thatsächliche Abnahme in den Befunden auf ein allmähliches 
Reinwaschen der Rohrleitung von Crenothrixansammlungen zurückzu 
führen oder nur so zu deuten ist, daß die Crenothrix in den wärmeren 
Jahreszeiten mehr als in den kälteren noch in die Erscheinung tritt. 
Auch in den auf die Prüfung der Filterwirkung gerichteten 
täglichen Beobachtungen wurde bei dem Stralauer Wasserwerke weder 
am Spreewasser noch am filtrirten Wasser eine Verunreinigung mit 
Crenothrix nachgewiesen. Dagegen ergab die Einzelbcobachtung am 
Filter X des Tegeler Wasserwerkes (vom 5. bis 22. Juli 1884) für 
das Seewasser 7 mal, für das filtrirte Wasser nicht einmal einen 
Gehalt von Crenothrix; bei der täglichen Beobachtung am Filter IX 
(vom 30. September bis 29. Oktober 1834) wurde nur einmal und 
zwar im nicht filtrirten Tegeler Seewasser Crenothrix nachgewiesen. 
Wenn zu diesen Befunden noch mit in Rechnung gezogen wird, 
daß es sich hierbei keinesfalls mehr um eine reichliche Ansammlung 
von Crcnothrixflockeu, sondern nur um Spuren des Brunuenfadens 
gehandelt hat, so spricht das Ergebniß der vom Juli 1884 bis April 
1885 im Kaiserlichen Gesundheits-Amte ausgeführten fortlaufenden 
Beobachtungen über die Beschaffenheit des Berliner Lcitungswassers 
mit Entschiedenheit dafür, daß die großen Anstrengungen, welche die 
Stadtverwaltung zur Bekämpfung der durch die Crenothrix in den 
Wasserversorgungs-Verhältnissen bewirkten Kalamität gemacht hat, 
bisher von bestem Erfolg gewesen sind, und daß letzterer voraussichtlich 
auch bei der in Anlage und Betrieb des Tegeler Wafferwerkes ange 
wandten Sorgfalt und Umsicht von Dauer sein wird. 
Veränderung der Beschaffenheit des Wassers auf dem Wege 
von den Wasserwerken nach der Stadt. 
Das Ergebniß der Untersuchung des Wassers aus dem Charlotten 
burger Hochbehälter kann im Vergleich mit dem filtrirten Wasser des 
Tegeler Werkes kaum noch einen Zweifel darüber zulassen, daß das 
Wässer aus seinem Wege, sei es in der Rohrleitung zwischen Tegel 
und Charlottenburg oder erst im Hochbehälter, gewöhnlich wieder neue 
Verunreinigungen aufnimmt und namentlich in der äußeren Beschaffenheit 
zu seinem Nachtheil verändert wird. Im Wasser des Charlottenburger 
Hochbehälters finden sich zumeist mehr Mikroorganismen und mit 
bloßem Auge unterscheidbare suspendirle Theile, worunter auch die 
makroskopischen kleinen Süßwasserbewohner Daphnia pulex, Anguilula 
u. bergt., während das in Tegel unmittelbar nach der Filtration 
entnommene Wasser hiervon frei ist. 
Inwieweit in der Rohrleitung eine Veränderung des Wassers 
während seines Laufes nach den Auslässen in der Stadt vor sich geht, 
läßt sich aus den Beobachtungsergebnissen nicht mit Sicherheit entnehmen, 
weil die Rohrstränge in der Stadt mit einander derart in Verbindung 
stehen, daß man von bestimmten Versorgungsbezirken des einen oder 
anderen Wasserwerkes nicht wohl reden und demnach auch eine Unter 
scheidung des Wassers der verschiedenen Entnahmestcllen in filtrirtes 
Spreewasser oder filtrirtes Tegeler Seewasser nicht treffen kann. Aus 
diesem innigen Zusammenhang der Rohrleitungen erklären sich, wenn 
auch nur zum Theil, die Abweichungen im Befunde, welche das in der 
Stadt an verschiedenen Stellen entnommene Wasser sowohl im Gehalt 
an chemischen Bestandtheilen, als auch in der Zahl der Mkroorganismen 
zeigt. Für die in den vorliegenden Untersuchungen bei dem Wasser 
vom Grundstücke Schmidstr. 16 (Gemeindcschule) fast regelmäßig und 
vom Grundstücke Weinmeisterstr. 15 (Sophien-Gymnasium) wiederholt 
hervorgetretene Zunahme im Gehalte an Rückstand und im Glühverlust 
bleibt es zu erwägen, ob nicht doch dieselbe theilweise durch Verun 
reinigungen in der Rohrleitung bedingt ist. 
Ueber die Temparatur des Wassers und deren Veränderung in 
der Rohrleitung liegen die in nachstehender Tabelle verzeichneten Beobach 
tungszahlen (°C) vor. 
1884 
1885 
*3 
<3 
3 
* 
s 
3- 
G 
October 
3 
3 
3 
Q 
d 
3 
Q 
3 
3 
3 
3 
er? 
S-* 
3 
3 
sO 
-3 
a 
Stralauer I 
1. Wasser der Spree vor der Filtration 
21,. 
20,7 
17,5 
10,3 
4,8 
2,6 
0,9 
2,3 
3,o 
Werk » 
2. Wasser der Spree nach der Filtration 
21,3 
20,2 
17,9 
10,3 
5,x 
3,0 
1,0 
2,4 
3,2 
s 
3. Wasser des Sees vor der Filtration. 
21,3 
20,7 
17,2 
13,7 
5,6 
2,7 
0,9 
1,1 
2,9 
Tegeler i 
4. Wasser des Sees nach der Filtration 
21,3 
21,i 
17,3 
11,9 
6,7 
3,5 
1,9 
2,7 
4,0 
Werk > 
5. Charlottenburger Hochbehälter . . . 
21,4 
20,5 
17,2 
11,9 
5,5 
3,0 
1,4 
2,8 
3,5 
. 
6. W. Wilhelmstr. 75 
20,2 
19,8 
17,4 
13,0 
7,9 
4,7 
3,5 
3,5 
4,8 
7. SW. Friedrichstr. 41/42 
19,» 
19,8 
17,8 
12,9 
8,4 
5,8 
3,9 
3,6 
4,7 
in der | 
8. SO. Schmidstr. 16 
19,3 
19,8 
17,3 
11,9 
7,9 
5,2 
3,9 
3,9 
5,3 
Stadt 
9. N. Friedrichstr 126 
20,4 
19,9 
17,9 
13,4 
8,9 
6,0 
4,4 
4,5 
5,7 
10. C. Weinmeisterstr. 15 
20,i 
20,3 
17,7 
12,7 
8,3 
5,8 
4,1 
4,9 
6,8 
Beschaffenheit des Wassers in gesundheitlicher Beziehung. 
Bei der Untersuchung der Wasserproben haben sich in keinem 
Falle Anhaltspunkte dafür ergeben, daß das Berliner Leitungswasser — 
sei es durch seine chemische Beschaffenheit oder durch seinen Gehalt an 
mikroparasitüren Bestandtheilen — eine gesundsheitswidrige Wirkung 
zu äußern im Stande war. Namentlich hat auch die Prüfung der 
im Leitungswasser vorkommenden verschiedenen Formen von Mikro 
organismen auf pathogene Eigenschaften nichts ergeben, was den Verdacht 
der Gesundheitsschädlichkeit irgendwie begründen könnte. 
Berlin, den 4. Mai 1884.
	        
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