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Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1885 (Public Domain)

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Berlin, den 18. October 1884. 
In Folge der in dem gefälligen Schreiben vom 15. d. Mts. — 
J.-Nr. 5 586 F. B. 84 — abgegebenen Erklärung ist die Jnhibirung 
der Bauarbeiten an der Markthalle auf dem Grundstück Dorotheen 
straße Nr. 28/30 am gestrigen Tage wieder aufgehoben worden. 
Indem das Polizei-Präsidium den Magistrat hiervon benachrichtigt, 
wird vorausgesetzt, daß die Bauarbeiten ausschließlich auf die Markt 
hallen selbst beschränkt, bezüglich der die Markthallengrundstücke gegen 
die Straße abschließenden Vorderhäuser aber Arbeiten irgend welcher 
Art nicht vorgenommen werden, weil diese Gebäude auf Grund der 
noch schwebenden Verhandlungen voraussichtlich noch Umänderungen 
erleiden werden. Da diese Umänderungen unter Umständen dahin 
führen können, daß auch die Markthallen-Projecte verändert werden 
müssen, so wird von der Erklärung des Magistrats, alles dasjenige 
wieder Abbrechen zu wollen, was dieser Gestaltung entgegentreten 
könnte, ausdrücklich hicrniit Kcnniniß genommen. 
Die Jnhibirung der Bauarbciten ist übrigens nicht auf Anordnung 
des Königlichen Regierungs- und Bauraths Herrn Leßhafft erfolgt, 
sondern auf Antrag des Beztrks-Baubeamten, Herrn Bau-Jnspector 
von Stückradt, von der unterzeichneten Abtheilung verfügt worden, 
weil sich ergeben hatte, daß außer den genehmigten Grenzmauern auch 
die Fundamente für Pfeiler und Säulen gelegt und zum Theil hoch 
geführt waren. 
Königliches Polizei-Präsidium, III. Abtheilung. 
(Unterschrift.) 
An 
den Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt. 
Berlin, den 20. October 1884. 
Dem Magistrat beehrt sich das Polizei-Präsidium auf die gefällige 
Zuschrift vom 8. d. Mts. — J.-Nr. 2 748 F. B. 84 — ganz ergebenst 
zu erwidern, daß das Polizei-Präsidium zu seiner lebhaften Befriedigung 
sich in der Lage befindet, der in dem Eingänge der Erläuterungsschrift 
vom 8. d. Mts. von Wohldemselben hervorgehobenen Sachlage bezüglich 
der Wahl und der Ausnutzung des zur Errichtung der drei Markt 
hallen Lindcnstraße - Friedrichstraße, Zimmerstraße - Mauerstraße und 
Dorothecnstraße - Reichstags - Ufer bestimmten Terrains insoweit 
Rechnung tragen zu können, als diesseits durch die von dem Magistrat 
in der Konferenz vom 4 d. Mts. und in der Erläuterungsschrift vom 
6. d. Mts. abgegebenen Erklärungen und Zusicherungen die in Ver 
kehrs- und sanitäts-polizeilicher Hinsicht bezüglich der Ventilation und 
der Zugänglichkeit der vorgenannten drei Markthallen erhobenen 
Bedenken für erledigt erachtet werden. 
Nicht zu einem gleich günstigen Ergebniß hat jedoch zu dem 
lebhaften Bedauern des Polizei - Präsidiums die diesseits veranlaßte 
Prüfung in feuer- und sicherhcits-polizeilicher Hinsicht geführt. 
Wenn auch in dieser Beziehung die in der Konferenz vom 
4. d. Mts. und in der Erläuterungsschrift vom 8. d. Mts. abgegebenen 
Zusicherungen nicht unwesentlich zu einer günstigeren diesseitigen 
Beurtheilung der drei Bauvorlagcn bezüglich der Bedenken beigetragen 
haben, welche das Ergebniß der vorläufigen, im Interesse der Ermög 
lichung der von dem Magistrat dringend gewünschten Konferenz vom 
4. d. Mts. mit äußerster Beschleunigung bewirkten feuer-polizeilichen 
Prüfung waren, so sind doch bei der Fortsetzung dieser durch die 
Abhaltung der Konferenz vom 4. d. Mts. unterbrochenen Prüfung 
noch mehrere Anstände hervorgetreten, deren weiteren Verfolgung 
behufs deren Behebung sich das Polizei-Präsidium mit Rücksicht auf 
die sehr erhebliche Bedeutung derselben, sowie im Hinblick auf die 
weitreichende Wichtigkeit des Markthallen - Unternehmens bei aller 
Bereitwilligkeit, die städtischen Interessen zu fördern, umsoweniger zu 
entziehen vermag, als dasselbe sich hierbei der ganzen Schwere der 
ihm zur Last fallenden Verantwortung bewußt bleibe» muß. 
Es bleibt hiernach in feuer- und sicherheits - polizeilicher Hinsicht 
noch Folgendes ergebenst zu bemerken. 
1. Die Uebcrdcckung der Höfe der den Markthallen vorliegenden 
Vordergebäude, über welche die Zufahrt zu den Markthallen führt, 
sowie die Uebcrdcckung der Zufahrt selbst im Zuge dieser Höfe kann 
nicht für statthaft erachtet werden. 
Eine solche Ueberdeckung widerspricht dem §. 27 der Bau-Polizei- 
Ordnuug, würde bei einem Schadenfeuer in den solchen Hof um 
schließenden Baulichkeiten, in welchen sich zahlreiche selbstständige wirth- 
schaftliche Betriebe befinden, die ganze Zufahrt durch Rauch unpassirbar 
machen und die Anwendung von Lösch- und Rettungsgcräthen in den 
oberen Stockwerken an solchen Höfen behindern. 
2. Die größeren, neben den Markthallen gelegenen Höfe werden 
mit Zufahrten von den vorgeschriebenen Abmessungen zu versehen sein. 
3. Die Dachflächen der Markthallen werden durch Ausstiege zu 
gänglich zu^machen sein, welche, soweit als irgend thnnlich, in den 
kleinen angrenzenden Luft- resp. Lichthöfen anzubringen sind. 
4. Die in Holzsparren und Holzschaalung beabsichtigte Bedachung 
der Markthallen ist in feuersicher getrennte Unterabtheilungen zu theilen. 
Jede Abtheilung zusammenhängender Holzbedachung darf höchstens 
1 600 qm betragen. Zwischen den einzelnen Abtheilungen werden 
Streifen von mindestens 4 m Breite anzubringen sein, zu welchen 
ausschließlich unverbrennliches Material verwendet wird. 
5. Da die Markthallen - Anlage einem dauernden Bedürfniß 
Rechnung tragen soll, welches ein fast unausgesetzter Betrieb in den 
selben bedingt, so muß es angezeigt erscheinen, nicht nur den unge 
störten regelmäßigen Betrieb der Beurtheilung zu Grunde zu legen, 
sondern auch die Gestaltung der Verhältnisse bei außergewöhnlichen 
Vorkommnissen zu erwägen, wie sie z. B. eine etwa eintretende Panik 
veranlassen würde. 
Das Vorhandensein der Vorbedingungen für die Möglichkeit oder 
die Wahrscheinlichkeit einer solchen Panik dürste nach Lage der Sache 
kaum in Zweifel zu ziehen sein. 
In den Markthallen wird eine große Menge brennbarer Stoffe, 
als: Kisten, Körbe, Stroh, Holzutenstlien, Verpackungs-Material re. 
aufgehäuft. Ein Rauchverbot ist voraussichtlich weder beabsichtigt, noch 
auch wohl durchführbar. Die Bedachung der Markthallen ist in Holz 
sparren und Holzschaalung beabsichtigt; ingleichen sind einige, wenn 
auch nur wenige Feuerungs-Anlagen in den Markthallen unentbehrlich 
und auch in den Projekten vorgesehen. Ferner ist die ganze Grund 
fläche der Hallen unterkellert; die Keller erhalten kein Tageslicht, sondern 
sind nur bei künstlicher Beleuchtung benutzbar, während die Zugänge 
zu denselben, sowie die vermittelnden Aufzüge im Innern der Hallen 
münden. Die Verbindungen mit den Straßenzügen sind mit besonderen 
Gebäuden besetzt, in denen sich selbstständige, von der Markthallen- 
Verwaltung durchaus unabhängige wirthschaftliche Betriebe befinden; 
darunter Lagerräume, Läden und Wohnungen. 
Unter den angegebenen Verhältnissen erscheint die Möglichkeit einer 
Panik durch Feuersgefahr keincssalls ausgeschlossen. 
Bei dem Entstehen einer solchen Panik würden naturgemäß sämmt 
liche in der Markthalle anwesenden Personen mit möglichster Schnelligkeit 
dem unbedrohten Ausgange zueilen, den hierauf mündenden 9 m 
breiten Gang anfüllen und nun gezwungen sein, nur in der Front 
breite der Einfahrten zwischen 3,5 m und 5 m Breite die Straße zu 
gewinnen. Daß hierbei die schwersten Unglücksfälle unausbleiblich 
sind, ist mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten. Noch viel bedenklicher 
würden sich die Verhältnisse gestalten, wenn man annimmt, daß eine 
Panik zur Nachtzeit entsteht, während die Zufahrtsstraße in der Markt 
halle mit 3 Reihen Wagen, wie beabsichtigt, besetzt ist. 
Hierbei unterläßt das Polizei-Präsidium nicht, auf die Thatsache 
ergebenst hinzuweisen, daß bei den vor kurzer Zeit stattgehabten 
Berathungen zwischen Commissarien der Ministerien und des Polizei- 
Präsidiums unter Zuziehung anderer hervorragender Techniker über die 
Vorkehrungen zur Sicherung der Personen in öffentlichen Räumen, in 
welchen eine Ansammlung von Personen stattfindet, es als einer der 
wesentlichsten Grundsätze anerkannt worden ist, daß es durchaus 
unstatthaft ist, die einem Menschenstrom zugewiesene Wegebreite in der 
Stromrichtung zu verringern, weil diese Anordnung zweifellos große 
Unglücksfälle herbeiführen muß. 
Es ist daher durchaus nothwendig, die Verbindungen des Haupt- 
Verkehrganges innerhalb der Markthallen mit den angrenzenden 
öffentlichen Straßen derart anzuordnen, daß die Summe der lichten 
Breiten dieser Verbindungen an keiner Stelle weniger als 9 m beträgt. 
Dieses Maaß von 9 m — welches von den städtischen Behörden 
für den Verkehr im Innern der Hallen selbst für erforderlich erachtet 
ist — als Gcsammtbreitc für die Ausgänge bleibt zwar erheblich hinter 
den sonstigen Vorschriften des aus den vorerwähnten Berathungen 
hervorgegangenen Entwurfes zurück. Dies erscheint indessen bei den 
eigenartigen Betriebsverhältniffen in den Markthallen weniger bedenklich, 
da diesseits das Hauptgewicht auf die Forderung gelegt werden muß, 
daß der Verkchrsweg in den Markthallen in seiner Verbindung mit 
den Straßenzügcn keinerlei Verengung erleidet. Zur Erläuterung 
wird ergebenst hinzugefügt, daß eine Gesammt-Ausgangsbrcite von
	        
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