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180. Protokoll des Ausschusses zur Vorberathung der
Vorlage, betreffend die Einräumung eines Fenster-
rechts an der Rochstraste fiir das Grundstück Münz-
straste Nr. 7.
Verhandelt Berlin, den 14. März 1885.
Anwesend:
Stadtv. Dr. Kürten, Vorsitzender,
- Mattern,
- de Näve,
- Langenbucher,
- Friederici,
- Hentz,
- Solon,
- Wieck,
- Hanke.
Es fehlte:
Herr Stadtv. Salge.
Als Magistrats-Kommissar:
Herr Stadtrath Voigt.
In dem zur Berathung der Vorlage, betreffend die Einräumung
eines Fensterrechtes an der Rochstraße für das Grundstück Münzstratze
Nr. 7 eingesetzten Ausschüsse kam einstimmig die Ansicht zur Geltung,
daß das von dem Besitzer des qu. Grundstückes gebotene Aequivalent
von 20 000 JC ein, für die demselben erwachsenden Vortheile, viel zu
geringes sei. Es wurde hervorgehoben, daß dem Eigenthümer jenes,
an der Rochstraße in einer Frontlänge von ca. 83 m sich erstreckenden
Terrains damit die günstige Gelegenheit geboten werde, an Stelle von
Wohnungsgelassen, deren Fenster sich nach dem Hof öffneten, Gebäude
zu errichten, welche durch Fenster nach der Straße gelegen und von
der Münzstraße zugängig, einen entsprechenden Miethswerth abwerfen
würden. Die Gemeinde aber habe die Rochstraße als eine Privatstraße
resp. als ein Grundstück erwerben müssen und also ein Interesse,
Vortheile, welche den Adjacenten durch Ausnutzung eines Fensterrechts
längs derselben erwachsen, antheilig für sich in Anspruch zu nehmen.
Es wurde ferner darauf hingewiesen, daß verschiedene Grundstücke
an der Neuen Friedrichstraße auf Grund der Motivirung seitens des
Magistrats, daß die Rochstraße in der Zukunft als eine öffentliche
umgepflastert werden dürfte, durch die Gemeinde angekauft sind, und
ist die Ansicht, daß dann auch die Rochstraße, welche eine direkte Fort
setzung der Dragonerstraße bis zur Neuen Friedrichstraße bildet, ent
sprechend verbreitert und regulirt werden würde, wohl ins Auge, zu
fassen. Dem Besitzer des Grundstücks Münzstraße Nr. 7 würden dann
alle Vortheile längs der ca. 83 m betragenden Straßenfront an solcher
verbreiterten und regulirten Straße erwachsen, ohne daß er eine Ver
pflichtung hätte, zu den bedeutenden Kosten der Straßenverbreiterung,
Pflasterung, Beleuchtung und Entwässerung beizutragen.
Der Ausschuß faßte in Erwägung dieser Gründe einstimmig den
Beschluß, der Stadtverordneten-Versammlung die Annahme folgenden
Antrages zu empfehlen:
Die Stadtverordneten-Versammlung genehmigt, daß dem
Di-. Biesenthal gegen Zahlung von 30 000 JC das Recht
eingeräumt wird, in den auf dem Grundstücke Münzstr. 7
an der Grenze Münzstr. 6 neu zu errichtenden Gebäuden,
welche jedoch Ausgänge nach dem städtischen Grundstücke
resp. der auf demselben belegenen Rochstraße nicht erhalten
dürfen, Fenster für das Erdgeschoß, zwei darüber anzulegenden
Stockwerken und ein Mansardengeschoß anzulegen.
Die Stadtverordneten-Versammlung giebt aber diese Ge
nehmigung nur unter der Bedingung, daß der p. Biesen
thal sich verpflichtet, diejenigen Kosten, welche durch die Er
werbung des Straßenlandes und die spätere Regulirung
resp. eventuelle Verbreiterung der Rochstraße der Gemeinde
erwachsen werden, antheilig zu erstatten, indem er die Er
füllung dieser Verpflichtung sicher stellt. Von diesem später
festzustellenden Betrage sollen jedoch die jetzt einzuzahlenden
30 000 JC in Abrechnung gebracht werden.
Gleichzeitig erklärt die Stadtverordneten-Versammlung
sich damit einverstanden, daß die verdunkelte Grenzlinie durch
Anerkennung der Linie d ä als Grenze berichtigt wird.
Der Druck des Protokolls ist beschlossen und zum Referenten
ist der Herr Stadtv. Mattern ernannt.
v. g. u.
vr. Kürten, de N«ve.
181. Borlage (J.-Nr. 837 F. B. I, 85) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die weitere Beibehaltung der
für den Grundstücks-Erwerbungssonds erlassenen Be
stimmungen vom 24. Dezember 1874.
Die bei der Begründung des Grundstücks-Erwerbungsfonds im
Jahre 1874 für diesen Fonds festgesetzten Bestimmungen, welche zu
nächst auf 5 Jahre — bis Ende 1879 — Geltung haben sollten, sind
sodann durch Beschluß der Stadtverordneten - Vcrsanimlung vom
11. Dezember 1879 — Protokoll Nr. 13 — für 5 weitere Jahre, bis
Ende 1684, beibehalten worden. Es wird also gegenwärtig wiederum
über die Fortdauer dieser Bestimmungen Entscheidung zu treffen sein.
Wir sind der Ansicht, daß ebenso wie der Grundstücks-Erwerbungs
fonds selbst so auch die für denselben erlassenen Bestimmungen in
ihrer bisherigen Form beibehalten werden müssen. Die Verhältnisse,
welche zur Begründung des Fonds Veranlassung gegeben haben, dauern
auch heute noch fort und die Festsetzungen, welche für die Verwaltungk.
desselben getroffen worden sind, haben sich im Laufe der Jahre
durchaus bewährt.
Wir können unter diesen Umständen die unveränderte Beibehaltung
der gegenwärtig geltenden Bestinimungcn — zunächst wieder auf
5 Jahre, bis Ende 1889 — nur für durchaus wünschcnswerth erachten
und ersuchen deshalb die Stadtverordneten-Versammlung zu beschließen:
Die Stadtverordneten-Versanimlung erklärt sich damit ein
verstanden, daß die Bestimmungen, betreffend den städftschen
Grundstücks-Erwerbungsfonds vom 24. Dezember 1874, auf
fernere 5 Jahre, nämlich bis zum 31. Dezember 1889, Geltung
behalten.
Von der Beifügung einer Uebersicht über die Einnahmen und Aus
gaben des Grundstücks-lÄwerbungsfonds für die letzten 5 Jahre — ähnlich
derjenigen, welche wir der Stadtverordneten-Versammlung mit unserer
Vorlage vom 2. Dezember 1879 übersandt hatten — haben wir Ab
stand genommen, einerseits, weil der Stadrverordneten-Versammlung
in Folge des gleichzeitig mit dem Eingangs erwähnten Beschlusse an
den Magistrat gerichteten Ersuchens alljährlich bei der Vorlegung des
Finalextraktes eine Nachweisung der Einnahmen und Ausgaben des
Grundstücks-Erwerbungsfonds übersandt, andererseits, weil außerdeni
in Gemäßheit des Beschlusses vom 14. Dezember 1862 — Protokoll
Nr. 12b — in den letzten Jahren allen Vorlagen, bei welchen
es sich um den Ankauf von Grundstücken ä conto des'Grundstücks-
Erwerbungsfonds handelt, eine Auskunft über die augenblickliche finan
zielle Lage dieses Fonds beigefügt wird und die Stadtverordneten-
Versammlung in Folge dessen dauernd über die Geschäfte desselben
unterrichtet ist.
Berlin, den 14. März 1385.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
von Forckenbeck.
Zu Nr. 181.
Bestimmungen,
betreffend den „städtischen Grundstück-Erwerbungsfonds."
Bei der Stadt-Hauptkasse besteht künftig ein abgesondert zu ver
waltender Fonds, welcher den Namen „Grundstück-Erwerbungsfonds"
führt. In Betreff desselben wird mit Zustimmung der Stadtverordneten-
Versammlung vom 29. Oktober 1874 Nachstehendes festgesetz:
8- i
In den Grundstück-Erwerbungsfonds fließen alle für veräußerte,
der Stadtgemeinde gehörende Grundstücke eingehenden Kaufgelder ein
schließlich der Hypotheken-Kapitalien, welche auf deu verkauften Grund
stücken als Kaufgelderreste eingetragen werden.
Ausgenommen sind hiervon jedoch die Einnahmen aus dem Verkauf
solcher Grundstücke, welche entweder zum Grundbesitz der städtischen
Gasanstalten oder der Wasserwerke, der Kanalisation und anderer
selbständig verwalteter städtischer Anstalten gehören oder zum Zwecke
der Regulirung und Verbreiterung von Straßen und Plätzen aus
dem hierfür im Etat ausgesetzten Fonds erworben und später ganz
oder theilweise wieder veräußert werden.
8- 2.
Werden der Stadtgcmeinde gehörende Grundstücke, welche bisher
nicht für Zwecke der Verwaltung benutzt wurden, für solche Zwecke
bestimmt und überwiesen, so gelten dafür folgende Bestimmungen:
a) Findet die Ueberweisung an Verwaltungszweige statt, welche
einen industriellen Charakter an sich tragen (wie z. B. die
Verwaltung der Gasanstalten, der Wasserwerke), oder kommen
städtische Grundstücke und Parzellen für die Zwecke der
Kanalisation zur Verwendung, so wird der Werth der Grund
stücke durch eine von der Forst- und Oekonomie- Deputation
aufzustellende Taxe ermittelt und aus den Fonds dieser Ver
waltungszweige an den Grundstück-Erwerbungsfonds gezahlt,
d) Findet die Verwendung von Parzellen städtischer Grundstücke
bei Regulirung von Straßen und Plätzen statt, so wird
gleichfalls durch eine von der Forst- und Oekonomie-Deputation
aufzunehmende Taxe ermittelt, ob durch die Hergäbe dieser
Parzellen eine Veränderung des Werths des betreffenden
Grundstücks eintritt. Ist dies der Fall, so wird nur der
Minderwerth des Grundstücks aus dem Etatansatz zur Er
werbung von Terrain für Straßenanlagen an den Grundstück-
Erwerbungsfonds gezahlt.