164
vorliegende Entwurf einer neuen Bauordnung mit dem
Wohle der Reichshauptstadt unvereinbar sei, weshalb die
zuständigen Instanzen gebeten würden, denselben abzulehnen,
b) Resolution der Innung: „Bund der Bau-, Maurer
und Zimmermeister zu Berlin" vom 3. März er. In der
selben heißt es, daß der Entwurf der neuen Bauordnung die
Ausnutzung von Baustellen weit über die anzuerkennende
Nothwendigkeit beschränke, daß er die Besitzer und die Hypo
thekengläubiger der auf Grund der neuen Bauordnung
errichteten Gebäude, sowie auch in anderer Beziehung die
Miether schädige, und daß er, da er Vorschriften enthalte,
deren Anwendung in die Hand verschiedener Beamten gelegt,
eine verschiedene Auslegung gestatte und dadurch das Recht
der Grundbesitzer und das Ansehen der Verwaltung gleich
zeitig schädige. Die Innung ist ferner der Ansicht, daß für
die Stadt Berlin ohne Einschluß der Nachbarorte Charlotten
burg, Schöneberg u. s. w. überhaupt keine Bauordnung er
lassen werden sollte, weil sonst die Bau- und Besitzverhält
nisse Berlins zu Gunsten jener Orte in unberechtigter Weise
geschädigt werden würden, überdies die sanitären Verhält
nisse der angrenzenden Ortschaften keinenfalls auf der Höhe
derjenigen von Berlin ständen.
e) Beschluß des Vereins der Westvorstadt vom 5. März cr.,
dahingehend, die städtischen Behörden zu bitten, daß eine
Enyuvte-Kommission gebildet werde, um einen allseitig zweck
entsprechenden und befriedigenden Entwurf herzustellen, die
auch darüber gehört werden müßte, auf welche Orte in der
Umgebung der Stadt Berlin die Bauordnung auszudehnen sei.
Der Ausschuß hat von diesen Schriftstücken Kenntniß genommen
und wird dieselben bei der 2. Lesung des Entwurfs mit in Erwägung
ziehen.
v. w. o.
Stryck.
Zu Nr. :;«7.
VII.
Verhandelt Berlin, den 10. März 1885.
Anwesend:
Stadtv. Dr. Stryck, Vorsitzender,
- Scheiding,
- Weiß I.,
- Hanke,
- Franke,
- Salge,
- Geiter,
- Gerth,
- Reichnow,
- Wieck,
- Heyden,
- Schaefer,
- Oechelhäuser,
- Jrmisch,
- Meyer I.
Der Ausschuß hat heute, nachdem das Protokoll der letzten Sitzung
vorgelesen und genehmigt worden war, die zweite Lesung des Entwurfs
vorgenommen. Die hierbei beschlossenen Aenderungen sind folgende:
8- 1-
Alinea 5. Dasselbe ist zu streichen, weil die in demselben ent
haltenen Bestimmungen nicht zum §. 1, der nur von der „Verbindung
mir der Straße" handelt, gehört und soll dessen Inhalt an entsprechender
Stelle im 8- 2 zum Ausdruck kommen.
Ebenso ist das Alinea 5 in dem Entwurf, welches lautet:
Wohngebäude dürfen nur innerhalb der ersten 50 m hinter
der Bauflucht errichtet werden,
ganz zu streichen.
8- 2.
Alinea 1. Am Schluß desselben ist hinzuzufügen:
lieber die Tiefe von 60 m von der Bauflucht und senk
recht zu derselben gemessen, darf das Grundstück nur bis zu
zwei Drittel seiner Grundfläche bebaut werden.
Alinea 2 sub a. In der Zeile „von 450 bis 600 qm und
darüber mindestens 60 qm" sind die Worte „und darüber" zu streichen.
Sub b sind die Abstufungen, wie folgt, zu ändern:
„bis 300 qm mindestens 50 qm,
von 300—450 qm mindestens 60 qm,
von 450—600 qm mindestens 70 qm".
Am Schluß dieses Alinea ist hinzuzufügen:
„Desgleichen bleibt das vor der Bauflucht belegene Vor
gartenterrain, sowie das hinter derselben belegene Zufahrts
terrain bei Ermittelung der Hofgröße außer Berechnung."
Alinea 3. Die Worte „bei bebauten Grundstücken" sind zu
streichen.
Ebenso im
Alinea 4 die Worte „oben angegeben".
8- 3.
In der ersten Zeile ist statt der Worte „und nicht höher" zu
sagen „aber nicht höher".
Sub a ist das zweite Alinea wie folgt zu fassen:
„Die Hinterfront der Vordergebäude darf eine Höhe er
reichen, welche gleich der Tiefe des vor ihr liegenden Hofes
ist; sie darf unter allen Umständen aber eben so hoch sein,
wie die Vorderfront. — Bis zu einer Länge von 10 m, von
der Hinterfront des Vordergebäudes ab gemessen, werden
Seitenflügel als zum Vordergebäude gehörig betrachtet und
dürfen demgemäß die Höhe desselben erhalten."
8- 5.
Die von der Sub-Kommission vorgeschlagene und von dem Aus
schüsse bei der ersten Lesung angenommene Aenderung statt „6 m" zu
sagen „5,83 m" ist gestrichen und damit die Fassung nach dem Ent
wurf wieder hergestellt worden.
8- n-
Auch hier ist die Aenderung, nämlich statt „6 m" zu sagen „5,38 m"
gestrichen und die Fassung nach dem Entwurf beschlossen worden.
8- lö.
Das Alinea 5 ist ebenso in dem Wortlaute des Entwurfs ange
nommen worden, die früher beschlossene Aenderung also wieder zu
streichen.
8- 34.
Dieser Paragraph hat nach nochmaliger Erwägung folgende Fassung
erhalten:
„Bei Ertheilung des Rohbau-Abnahme-Scheines wird
gleichzeitig jedesmal durch die Rohbau-Abnahme-Komniission
der Zeitpunkt bestimmt, an welchem mit den inneren und
äußeren Putzarbeiten begonnen werden darf. Gebäude, welche
ganz oder theilweise die Bestimmung haben, zu dauerndem
Aufenthalte von Menschen zu dienen, sollen keinenfalls früher
als 6 Wochen nach vollständiger Eindeckung der Dächer ge
putzt werden."
8- 37.
b) vorübergehend benutzte Räume.
Dem neuen Alinea 1 ist hinzuzufügen:
„Auf die Anlage neuer Closets in alten Gebäuden finden
die vorstehenden Bestimmungen, sofern für genügende Ven
tilation gesorgt ist, keine Anwendung."
Die übrigen Paragraphen blieben gegenüber den bei der ersten
Lesung gefaßten Beschlüssen unverändert und war damit die zweite
Lesung beendet.
Der Ausschuß hat hierauf eine Kommission, bestehend aus den
Stadtv. Dr. Stryck, Heyden, Meyer I. und Wieck, eingesetzt mit
dem Aufträge, die von ihm in erster und zweiter Lesung beschlossenen
Aenderungen einer Durchsicht in Bezug auf die redaktionelle Fassung
zu unterziehen. Die von dieser Redaktionskommission ihrem Wortlaute
nach festgestellten Abänderungsvorschläge sollen sodann der Versamm
lung mit dem Antrage vorgelegt werden,
den Magistrat zu ersuchen, principaliter dahin zu wirken,
daß die von der Versammlung beschlossenen Aenderungen in
dem von dem Königl. Polizei-Präsidium vorgelegten Entwurf
einer neuen Baupolizei-Ordnung mit zur Geltung kommen,
eventualiter dahin bemüht zu sein, daß zunächst eine
EnquZte-Kommission, bestehend aus Mitgliedern
der Königl. Akademie des Bauwesens,
des Reichsgesundheitsamts,
des Königl. Polizei-Präsidiums,
des Magistrats und
des hiesigen Architekten-Vereins
niedergesetzt werde zur Prüfung und Vorberathung einer
neuen Baupolizei-Ordnung für Berlin.
Die vorliegenden Petitionen und Resolutionen, deren in den
früheren Protokollen Erwähnung geschehen ist, ersucht der Ausschuß
durch die Beschlußfassung als erledigt zu betrachten.
Sodann hat der Ausschuß noch beschlossen, mit Rücksicht auf die
große Wichtigkeit des Gegenstandes einen Referenten und einen Cor-
referenten zu bestellen. Zum Referenten ist der Stadtv. Wieck und
zum Correferenten der Stadtv. Heyden gewählt worden.
v. w. o.
Stryck.