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Volume No. 79 (696-717), 29. November 1884

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1884 (Public Domain)

Der Herr Oberbürgermeister machte hierauf, unter Bezugnahme 
auf die im Plenum der Versammlung bemängelte Bezeichnung der als 
Nachfolgerin der Edison - Gesellschaft eingetretenen Gesellschaft als 
„Aktiengesellschaft Städtische Elektrizitäts-Werke", die Mittheilung, daß 
die Gesellschaft diesen Titel, ohne vorher die Zustimmung des Magistrats 
dazu eingeholt zu haben, angenommen habe, daß aber, nachdem auch 
seinerseits diese Benennung gerügt worden, die Gesellschaft sich nunmehr 
„Aktiengesellschaft städtischer Elektrizitätswerke" nenne, wodurch wohl zur 
Genüge ausgedrückt werde, daß diese Werke nicht ein von der Stadt 
gemeinde geleitetes oder ihr zugehöriges Institut seien. 
Des Weiteren gab der Herr Oberbürgermeister auf Grund des 
ihm von dem Vorsitzenden der Aktiengesellschaft zugegangenen ausführ 
lichen Schreibens Auskunft über das von der Gesellschaft bisher 
Geleistete und über die mit Ende Mai n. I. voraussichtlich beginnende 
praftische Thätigkeit derselben. 
Zur Sache selbst und insbesondere mit Bezug darauf, daß die 
vom Magistrate beantragte Erweiterung des mit der Edison-Gesellschaft 
abgeschlossenen Vertrages als eine Monopolisirung der Gesellschaft oder 
als eine Verstärkung des derselben bereits ertheilten Monopols be 
zeichnet worden, ließ der Herr Oberbürgermeister sich dahin aus, daß 
von Ertheilung eines Monopols hier absolut nicht die Rede sein könne, 
da der bezügliche Vertrag in dieser Beziehung ganz bestimmte Ab 
machungen enthalte. Der §. 1 setze nämlich ausdrücklich fest, daß der 
Deutschen Edison - Gesellschaft durch den Vertrag ein ausschließliches 
Recht zur Benutzung der Straßen in dem der Gesellschaft überlassenen 
Gebiet behufs Anlegung elektrischer Leitungen nicht ertheilt werde. 
Der Magistrat werde zu keiner Zeit Widerspruch dagegen erheben, 
daß auch andere Gesellschaften die Konzession erhalten, vorausgesetzt, 
daß dieselben die gleiche Garantie für eine sichere und zuverlässige Aus 
führung darbieten und der Stadt gleich günstige Vortheile gewähren, 
wie die Edison-Gesellschaft. Obgleich der mit der letzteren abgeschlossene 
Vertrag allgemein bekannt geworden sei, habe sich doch keine zweite 
Gesellschaft gefunden, die ebenso annehmbare Anerbietungen gemacht 
hätte. Das von Herrn Plewe vertretene amerikanische System der 
oberirdischen Drahtleitung erscheine für hiesige Verhältnisse wenig 
geeignet und möchte dessen Anwendung hierorts, seiner größeren Ge 
fährlichkeit wegen, kaum die Genehmigung des Polizei - Präsidiums 
erhalten; dasselbe werde auch von ganz unpartheiischen Sachverständigen 
nicht so günstig beurtheilt, wie das Edison - System. Wesentlich sei 
aber der Unterschied in Bezug auf den Kostenpunkt. Herr Plewe 
fordere pro Lampe und Stunde 50 Pf., wogegen nach §. 6 des Ver 
trages mit der Edison-Gesellschaft an letztere dafür nur 40 Pf. zu zahlen 
seien. Von diesen 40 Pf. gingen aber noch die lO pCt. ab, welche der 
Stadt von der Bruttoeinnahme der Gesellschaft zufallen, so daß sich 
der wirkliche Preis auf nur 36 Pf. stellen würde, ungerechnet die event, 
weitere Preißermäßigung, wenn der Reinertrag des Unternehmens 6 pCt. 
des darin angelegten Kapitals übersteigt, in welchem Falle dann noch 
25 pCt. von dem noch Zahlung einer Dividende von 6 pCt. verbleibenden 
Reinerträge in die Stadtkasse fließen. 
Nach den bei der Edison-Gesellschaft eingegangenen Anmeldungen 
zu urtheilen, sei es nun unzweifelhaft, daß das Verlangen nach 
elektrischer Beleuchtung sich mächtig ausdehne, die städtischen Behörden 
würden aber kaum im Stande sein, darauf bezügliche Anträge ab 
zulehnen einfach aus dem Grunde, weil die betreffenden Straßen nicht 
innerhalb des der Gesellschaft überlassenen Gebiets belegen seien. 
Dian dürfe auch nicht vergessen, daß gerade in der Wilhelmstraße und 
deren nächster Umgebung sich viele Gebäude des Reichs und des 
Staats befänden, in Bezug auf welche, wenn es verlangt würde, der 
Anschluß an die elektrische Beleuchtung kaum versagt werden könnte. 
Wolle man indessen die Versagung aussprechen, dann sei es allerdings 
fraglich, ob der Stadt das Eigenthumsrecht an den Straßen und das 
Recht zur pekuniären Ausnutzung derselben nicht werde streitig gemacht 
werden. Dem Magistrat werde es schwer sein, die Verantwortung 
dafür zu übernehmen, wenn aus einer derartigen Veranlassung dies 
versucht werden sollte. Hierbei wolle er konstatiren, daß bereits 
Se. Königl. Hoheit, der Prinz Friedrich Karl die Einrichtung seines 
Palais in der Wilhelmstraße zur elektrischen Beleuchtung befohlen 
habe, sowie daß eine ganze Anzahl anderer Anträge aus dem be 
treffenden, sowohl in gesellschaftlicher, als in sozialer Beziehung 
hervorragenden Stadttheile an die Gesellschaft herangetreten seien. 
Die Stadt schädige sich aber auch selbst, wenn sie die Erweiterung des 
Vertrages ablehne, da wohl anzunehmen sei, daß dann in immer 
größerem Umfange für einzelne Institute oder Grundstückscomplexe 
unter Vermeidung der Straßen eine Jndividualbeleuchtung eingerichtet 
wird. Der hieraus für die Stadt erwachsende Schaden bestehe darin, 
daß ihr die Einnahme für Gas verloren gehe, ohne einen Ausgleich 
dafür zu finden in einer ähnlichen Abgabe, wie die von der Edison- 
Gesellschaft contractlich zu leistende. 
Der Herr Kämmerer, Stadtrath Runge bemerkte bezüglich der 
Plewe'schen Offerte außerdem, daß es doch die Aufgabe der städtischen 
Behörden sei, bei dergleichen großen Fragen auch die Interessen der 
Einwohner im Auge zubehalten. Nun erbiete sich Herr Plewe wohl, 
den Pariser Platz und die Straße Unter den Linden, unter gegebenen 
Umständen auch den Potsdamer—Leipziger Platz, sowie die Leipziger- 
straße bis zur Friedrichstraße mittelst Bogenlampen zu beleuchten, 
über die Abgabe von elektrischem Licht an Private schweige 
die Offerte sich aber vollkommen aus. Im Uebrigen glaubte Herr 
Stadtrath Runge noch mittheilen zu sollen, daß Herr Plewe an 
fänglich 75 Pf., dann 60 Pf. und schließlich 50 Pf. pro Lampe und 
Stunde gefordert habe ohne Gewährung der lOprozentigen Abgabe. 
Aus der Mitte des Ausschusses heraus wurde hierauf, wie bereits 
bei der Berathung dieses Gegenstandes im Plenum der Versammlung 
geschehen, wiederum auf den Beschluß der Versammlung vom 
14. Juni 1883 hingewiesen, wonach die Bewilligung der Betriebskosten 
von 26 040 JC für die elektrische Beleuchtung der Leipzigerstraße 2c. 
auf ein ferneres Jahr — bis zum 25. Octobcr d. I. — mit der 
Maaßgabe erfolgt sei, daß die Firma Siemens & Halske dem 
Magistrat jederzeit von den Betriebseinrichtungen Einsicht zu nehmen 
gestattet und demselben auf Verlangen auch das zur Ermittelung der 
Kosten erforderliche Material zur Verfügung stellt. Diese Bedingungen 
seien auch von dem Gas Kuratorium in den bezüglichen neuen Vertrag 
mit Siemens L Halske aufgenommen worden und komme es nun, 
um sich nach der einen oder der anderen Richtung hin schlüssig machen 
zu können, darauf an, vom Magistrate erst noch eine derartige Kosten 
übersicht vorlegen zu lassen. 
Sodann wurde bemängelt, daß der Magistrat es unterlassen habe, 
die Zustimmung der Versammlung zu der weiteren Verlängerung des 
Vertrages mit Siemens & Halske — vom 25. October d. I. ab 
bis 1. März k. I. — einzuholen, sowie ferner, daß die Kosten aus 
den im Gasctat zu Versuchen rc. ausgeworfenen 40 000 JC entnommen 
werden sollten. Von einem Versuch könne hier wohl nicht mehr die 
Rede sein, nachdem bereits zwei Jahre lang die elektrische Beleuchtung 
der Leipzigerstraße bestanden habe, wie denn auch ein solcher Versuch 
doch einmal sein Ende erreichen müsse. 
Der Herr Stadtrath Runge erwiderte hierauf, daß bereits 
während der Ferien der Versammlung die Verhandlungen mit der 
Edison-Gesellschaft wegen Uebernahme der Beleuchtung der Leipziger- 
straße eingeleitet worden seien, jedoch noch geschwebt hätten, als der 
Vertrag mit Siemens & Halske seinem Ende entgegen ging, und 
daß, da die Zeit drängte und der Magistrat die Verantwortung für 
eine Unterbrechung der qu. Beleuchtung nicht glaubte übernehmen zu 
können, die Verlängerung des Vertrages mit Siemens & Halske 
in der Annahme veranlaßt worden sei, daß die Versammlung dem 
nachträglich zustimmen würde. Die Ausgabe erfolge aus dem Fonds 
für Versuche, weil andere Etatstitel dazu nicht vorhanden seien, und 
gewähre dieser Fonds auch die erforderlichen Mittel. 
Eine andere Ansicht ging dahin, daß es für die Stadt doch 
äußerst wichtig sei, einmal selbst zu ermitteln, was die elektrische Be 
leuchtung eigentlich kostet, denn es sei kaum zu erwarten, daß ein 
Geschäftsmann oder eine Gesellschaft darüber ganz zuverlässige Aus 
kunft gebe. Seien zudem erst die besseren Complexe in der Stadt 
sämmtlich vergeben und nur noch die Außenbezirke im Norden und 
Osten der Stadt, zu deren elektrischer Beleuchtung sich schwerlich ein 
Unternehmer finden werde, übrig, dann sei es zu einem Selbstversuch 
zu spät, zu dem es gegenwärtig kein geeigneteres Feld gäbe, als die 
Leipzigerstraße mit den angrenzenden, der Aktiengesellschaft zuzulegenden 
Straßentheilcn. Dort fänden sich gute Abnehmer vor, und mir großen 
Schwierigkeiten würde das Unternehmen auch nicht verbunden sein, 
indem ja (wie der Herr Oberbürgermeister mitgetheilt habe) die von 
der Firma Siemens L Halste hergestellte Anlage, unter Anrechnung 
der auf die ersten Herstellungskosten bereits geleisteten Zahlungen, nach 
Ablauf des Vertrages für die Summe von 84 000 JC an die Stadt 
auf deren Verlangen abgetreten werden müsse. Allerdings werde es 
erforderlich sein, die Maschinen von dem Grundstücke Wilhelmstraße 95, 
wo sie sich gegenwärtig befinden, nach einem anderen Grundstücke zu 
translociren, weil ersteres sonst nicht zu verkaufen sein würde. Der 
Magistrat sage nun in seiner Vorlage selbst, daß es möglich sei, auf 
dem Markthallen-Grundstücke in der Zimmerstraße eine Dampfmaschine 
zur Erzeugung von elektrischem Licht aufzustellen, von diesem Grund 
stücke möge man also event. Gebrauch machen. 
Der Herr Oberbürgermeister bemerkte zu dem letzteren Vorschlag, 
daß, wenn auch das Markthallengrundstück die Möglichkeit biete, dort 
derartige Dampfmaschinen aufzustellen, man dasselbe für diesen Zweck 
doch nicht in Betracht ziehen möge, um nicht die Ertheilung der poli 
zeilichen Erlaubniß zum Bau der Markthalle an sich zu erschweren 
und noch weiter hinausgeschoben zu sehen. 
Andererseits verhehlte man sich im Ausschuß auch nicht, daß es 
doch seine großen Bedenken habe, seitens der Stadt so ohne Weiteres 
ein Unternehmen zu beginnen, zu dem ganz besondere Vorbedingungen 
gehörten und dessen Prosperität vorläufig noch ganz zweifelhaft sei. 
Gerade die Erwägung, daß man es hier mit einem Versuch tm Großen 
zu thun habe, der Millionen erfordere, habe die städtischen Behörden 
bestimmt, denselben nicht selbst zu machen und es einer Aktiengesellschaft 
zu überlassen, wie sie sich mit dem damit verbundenen Risiko abfinde. 
An dem bezüglichen Beschluß möge man auch vorläufig festhalten. 
Anders liege die Frage, ob es schon jetzt an der Zeit sei, das der 
Aktiengesellschaft eingeräumte Straßennetz zu erweitern. Es solle nicht 
verkannt werden, daß die Gesellschaft, welche drei Jahre Zeit hatte 
bis zum Beginn der elektrischen Beleuchtung und bereits Ende Mat 
k. I. den Anfang machen wolle, viel Anschaffungen gemacht hat, es sei
	        
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