Der Herr Oberbürgermeister machte hierauf, unter Bezugnahme
auf die im Plenum der Versammlung bemängelte Bezeichnung der als
Nachfolgerin der Edison - Gesellschaft eingetretenen Gesellschaft als
„Aktiengesellschaft Städtische Elektrizitäts-Werke", die Mittheilung, daß
die Gesellschaft diesen Titel, ohne vorher die Zustimmung des Magistrats
dazu eingeholt zu haben, angenommen habe, daß aber, nachdem auch
seinerseits diese Benennung gerügt worden, die Gesellschaft sich nunmehr
„Aktiengesellschaft städtischer Elektrizitätswerke" nenne, wodurch wohl zur
Genüge ausgedrückt werde, daß diese Werke nicht ein von der Stadt
gemeinde geleitetes oder ihr zugehöriges Institut seien.
Des Weiteren gab der Herr Oberbürgermeister auf Grund des
ihm von dem Vorsitzenden der Aktiengesellschaft zugegangenen ausführ
lichen Schreibens Auskunft über das von der Gesellschaft bisher
Geleistete und über die mit Ende Mai n. I. voraussichtlich beginnende
praftische Thätigkeit derselben.
Zur Sache selbst und insbesondere mit Bezug darauf, daß die
vom Magistrate beantragte Erweiterung des mit der Edison-Gesellschaft
abgeschlossenen Vertrages als eine Monopolisirung der Gesellschaft oder
als eine Verstärkung des derselben bereits ertheilten Monopols be
zeichnet worden, ließ der Herr Oberbürgermeister sich dahin aus, daß
von Ertheilung eines Monopols hier absolut nicht die Rede sein könne,
da der bezügliche Vertrag in dieser Beziehung ganz bestimmte Ab
machungen enthalte. Der §. 1 setze nämlich ausdrücklich fest, daß der
Deutschen Edison - Gesellschaft durch den Vertrag ein ausschließliches
Recht zur Benutzung der Straßen in dem der Gesellschaft überlassenen
Gebiet behufs Anlegung elektrischer Leitungen nicht ertheilt werde.
Der Magistrat werde zu keiner Zeit Widerspruch dagegen erheben,
daß auch andere Gesellschaften die Konzession erhalten, vorausgesetzt,
daß dieselben die gleiche Garantie für eine sichere und zuverlässige Aus
führung darbieten und der Stadt gleich günstige Vortheile gewähren,
wie die Edison-Gesellschaft. Obgleich der mit der letzteren abgeschlossene
Vertrag allgemein bekannt geworden sei, habe sich doch keine zweite
Gesellschaft gefunden, die ebenso annehmbare Anerbietungen gemacht
hätte. Das von Herrn Plewe vertretene amerikanische System der
oberirdischen Drahtleitung erscheine für hiesige Verhältnisse wenig
geeignet und möchte dessen Anwendung hierorts, seiner größeren Ge
fährlichkeit wegen, kaum die Genehmigung des Polizei - Präsidiums
erhalten; dasselbe werde auch von ganz unpartheiischen Sachverständigen
nicht so günstig beurtheilt, wie das Edison - System. Wesentlich sei
aber der Unterschied in Bezug auf den Kostenpunkt. Herr Plewe
fordere pro Lampe und Stunde 50 Pf., wogegen nach §. 6 des Ver
trages mit der Edison-Gesellschaft an letztere dafür nur 40 Pf. zu zahlen
seien. Von diesen 40 Pf. gingen aber noch die lO pCt. ab, welche der
Stadt von der Bruttoeinnahme der Gesellschaft zufallen, so daß sich
der wirkliche Preis auf nur 36 Pf. stellen würde, ungerechnet die event,
weitere Preißermäßigung, wenn der Reinertrag des Unternehmens 6 pCt.
des darin angelegten Kapitals übersteigt, in welchem Falle dann noch
25 pCt. von dem noch Zahlung einer Dividende von 6 pCt. verbleibenden
Reinerträge in die Stadtkasse fließen.
Nach den bei der Edison-Gesellschaft eingegangenen Anmeldungen
zu urtheilen, sei es nun unzweifelhaft, daß das Verlangen nach
elektrischer Beleuchtung sich mächtig ausdehne, die städtischen Behörden
würden aber kaum im Stande sein, darauf bezügliche Anträge ab
zulehnen einfach aus dem Grunde, weil die betreffenden Straßen nicht
innerhalb des der Gesellschaft überlassenen Gebiets belegen seien.
Dian dürfe auch nicht vergessen, daß gerade in der Wilhelmstraße und
deren nächster Umgebung sich viele Gebäude des Reichs und des
Staats befänden, in Bezug auf welche, wenn es verlangt würde, der
Anschluß an die elektrische Beleuchtung kaum versagt werden könnte.
Wolle man indessen die Versagung aussprechen, dann sei es allerdings
fraglich, ob der Stadt das Eigenthumsrecht an den Straßen und das
Recht zur pekuniären Ausnutzung derselben nicht werde streitig gemacht
werden. Dem Magistrat werde es schwer sein, die Verantwortung
dafür zu übernehmen, wenn aus einer derartigen Veranlassung dies
versucht werden sollte. Hierbei wolle er konstatiren, daß bereits
Se. Königl. Hoheit, der Prinz Friedrich Karl die Einrichtung seines
Palais in der Wilhelmstraße zur elektrischen Beleuchtung befohlen
habe, sowie daß eine ganze Anzahl anderer Anträge aus dem be
treffenden, sowohl in gesellschaftlicher, als in sozialer Beziehung
hervorragenden Stadttheile an die Gesellschaft herangetreten seien.
Die Stadt schädige sich aber auch selbst, wenn sie die Erweiterung des
Vertrages ablehne, da wohl anzunehmen sei, daß dann in immer
größerem Umfange für einzelne Institute oder Grundstückscomplexe
unter Vermeidung der Straßen eine Jndividualbeleuchtung eingerichtet
wird. Der hieraus für die Stadt erwachsende Schaden bestehe darin,
daß ihr die Einnahme für Gas verloren gehe, ohne einen Ausgleich
dafür zu finden in einer ähnlichen Abgabe, wie die von der Edison-
Gesellschaft contractlich zu leistende.
Der Herr Kämmerer, Stadtrath Runge bemerkte bezüglich der
Plewe'schen Offerte außerdem, daß es doch die Aufgabe der städtischen
Behörden sei, bei dergleichen großen Fragen auch die Interessen der
Einwohner im Auge zubehalten. Nun erbiete sich Herr Plewe wohl,
den Pariser Platz und die Straße Unter den Linden, unter gegebenen
Umständen auch den Potsdamer—Leipziger Platz, sowie die Leipziger-
straße bis zur Friedrichstraße mittelst Bogenlampen zu beleuchten,
über die Abgabe von elektrischem Licht an Private schweige
die Offerte sich aber vollkommen aus. Im Uebrigen glaubte Herr
Stadtrath Runge noch mittheilen zu sollen, daß Herr Plewe an
fänglich 75 Pf., dann 60 Pf. und schließlich 50 Pf. pro Lampe und
Stunde gefordert habe ohne Gewährung der lOprozentigen Abgabe.
Aus der Mitte des Ausschusses heraus wurde hierauf, wie bereits
bei der Berathung dieses Gegenstandes im Plenum der Versammlung
geschehen, wiederum auf den Beschluß der Versammlung vom
14. Juni 1883 hingewiesen, wonach die Bewilligung der Betriebskosten
von 26 040 JC für die elektrische Beleuchtung der Leipzigerstraße 2c.
auf ein ferneres Jahr — bis zum 25. Octobcr d. I. — mit der
Maaßgabe erfolgt sei, daß die Firma Siemens & Halske dem
Magistrat jederzeit von den Betriebseinrichtungen Einsicht zu nehmen
gestattet und demselben auf Verlangen auch das zur Ermittelung der
Kosten erforderliche Material zur Verfügung stellt. Diese Bedingungen
seien auch von dem Gas Kuratorium in den bezüglichen neuen Vertrag
mit Siemens L Halske aufgenommen worden und komme es nun,
um sich nach der einen oder der anderen Richtung hin schlüssig machen
zu können, darauf an, vom Magistrate erst noch eine derartige Kosten
übersicht vorlegen zu lassen.
Sodann wurde bemängelt, daß der Magistrat es unterlassen habe,
die Zustimmung der Versammlung zu der weiteren Verlängerung des
Vertrages mit Siemens & Halske — vom 25. October d. I. ab
bis 1. März k. I. — einzuholen, sowie ferner, daß die Kosten aus
den im Gasctat zu Versuchen rc. ausgeworfenen 40 000 JC entnommen
werden sollten. Von einem Versuch könne hier wohl nicht mehr die
Rede sein, nachdem bereits zwei Jahre lang die elektrische Beleuchtung
der Leipzigerstraße bestanden habe, wie denn auch ein solcher Versuch
doch einmal sein Ende erreichen müsse.
Der Herr Stadtrath Runge erwiderte hierauf, daß bereits
während der Ferien der Versammlung die Verhandlungen mit der
Edison-Gesellschaft wegen Uebernahme der Beleuchtung der Leipziger-
straße eingeleitet worden seien, jedoch noch geschwebt hätten, als der
Vertrag mit Siemens & Halske seinem Ende entgegen ging, und
daß, da die Zeit drängte und der Magistrat die Verantwortung für
eine Unterbrechung der qu. Beleuchtung nicht glaubte übernehmen zu
können, die Verlängerung des Vertrages mit Siemens & Halske
in der Annahme veranlaßt worden sei, daß die Versammlung dem
nachträglich zustimmen würde. Die Ausgabe erfolge aus dem Fonds
für Versuche, weil andere Etatstitel dazu nicht vorhanden seien, und
gewähre dieser Fonds auch die erforderlichen Mittel.
Eine andere Ansicht ging dahin, daß es für die Stadt doch
äußerst wichtig sei, einmal selbst zu ermitteln, was die elektrische Be
leuchtung eigentlich kostet, denn es sei kaum zu erwarten, daß ein
Geschäftsmann oder eine Gesellschaft darüber ganz zuverlässige Aus
kunft gebe. Seien zudem erst die besseren Complexe in der Stadt
sämmtlich vergeben und nur noch die Außenbezirke im Norden und
Osten der Stadt, zu deren elektrischer Beleuchtung sich schwerlich ein
Unternehmer finden werde, übrig, dann sei es zu einem Selbstversuch
zu spät, zu dem es gegenwärtig kein geeigneteres Feld gäbe, als die
Leipzigerstraße mit den angrenzenden, der Aktiengesellschaft zuzulegenden
Straßentheilcn. Dort fänden sich gute Abnehmer vor, und mir großen
Schwierigkeiten würde das Unternehmen auch nicht verbunden sein,
indem ja (wie der Herr Oberbürgermeister mitgetheilt habe) die von
der Firma Siemens L Halste hergestellte Anlage, unter Anrechnung
der auf die ersten Herstellungskosten bereits geleisteten Zahlungen, nach
Ablauf des Vertrages für die Summe von 84 000 JC an die Stadt
auf deren Verlangen abgetreten werden müsse. Allerdings werde es
erforderlich sein, die Maschinen von dem Grundstücke Wilhelmstraße 95,
wo sie sich gegenwärtig befinden, nach einem anderen Grundstücke zu
translociren, weil ersteres sonst nicht zu verkaufen sein würde. Der
Magistrat sage nun in seiner Vorlage selbst, daß es möglich sei, auf
dem Markthallen-Grundstücke in der Zimmerstraße eine Dampfmaschine
zur Erzeugung von elektrischem Licht aufzustellen, von diesem Grund
stücke möge man also event. Gebrauch machen.
Der Herr Oberbürgermeister bemerkte zu dem letzteren Vorschlag,
daß, wenn auch das Markthallengrundstück die Möglichkeit biete, dort
derartige Dampfmaschinen aufzustellen, man dasselbe für diesen Zweck
doch nicht in Betracht ziehen möge, um nicht die Ertheilung der poli
zeilichen Erlaubniß zum Bau der Markthalle an sich zu erschweren
und noch weiter hinausgeschoben zu sehen.
Andererseits verhehlte man sich im Ausschuß auch nicht, daß es
doch seine großen Bedenken habe, seitens der Stadt so ohne Weiteres
ein Unternehmen zu beginnen, zu dem ganz besondere Vorbedingungen
gehörten und dessen Prosperität vorläufig noch ganz zweifelhaft sei.
Gerade die Erwägung, daß man es hier mit einem Versuch tm Großen
zu thun habe, der Millionen erfordere, habe die städtischen Behörden
bestimmt, denselben nicht selbst zu machen und es einer Aktiengesellschaft
zu überlassen, wie sie sich mit dem damit verbundenen Risiko abfinde.
An dem bezüglichen Beschluß möge man auch vorläufig festhalten.
Anders liege die Frage, ob es schon jetzt an der Zeit sei, das der
Aktiengesellschaft eingeräumte Straßennetz zu erweitern. Es solle nicht
verkannt werden, daß die Gesellschaft, welche drei Jahre Zeit hatte
bis zum Beginn der elektrischen Beleuchtung und bereits Ende Mat
k. I. den Anfang machen wolle, viel Anschaffungen gemacht hat, es sei