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Volume No. 75 (679), 17. November 1884

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1884 (Public Domain)

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Druck von Gebrüder Grunert, Berlin. 
zu lassen und vielleicht hierdurch die ungemein schädliche Verheimlichung 
der Krankheit zu begünstigen, und hierdurch wiederum die schleunige 
Rückkehr des Betroffenen zur Arbeit verlangsamen, würden wir für 
fehlerhaft halten. 
Andererseits würde es nicht entsprechend sein, Geschlechtskranke 
und Trunkfällige bezüglich des Krankengeldes den unverschuldet 
Erkrankten völlig gleich zu stellen. 
Wir halten es hiernach für angemessen, Jenen, sofern sie in 
ihrer Wohnung behandelt werden, nur die Hälfte des Krankengeldes 
zukommen zu lassen, welches unverschuldet Erkrankte beziehen; d. i.: 
männlichen Erwachsenen pro Tag . . . 60 ^ 
weiblichen - - - ... 38 - 
jugendlichen männlichen Arbeitern pro Tag 33 - 
- weiblichen - - - 25 - 
Wir glauben endlich, daß es sich empfiehlt, hinsichtlich der 
schuldhaft Erkrankten aller Kategorien fest zu setzen, daß, sofern ihre 
Heilung nur im Krankenhause zweckmäßig und rasch erfolgen kann, 
die Verwaltung ermächtigt sei, solches anzuordnen. 
In diesem Falle wird irgend welche baare Krankenunterstützung 
nicht gewährt. Unsere Befugniß dies anzuordnen ergiebt sich aus dem 
dritten Absatz des Z. 6, wonach wir befugt sind, schuldhaft Erkrankten 
überhaupt kein Krankengeld zu gewähren. 
In diesem Falle wird irgend welche baare Krankenunterstützung 
nicht gewährt. Unsere Befugniß, dieß anzuordnen, ergiebt sich aus dem 
dritten Absatz des §. 6, wonach wir befugt sind, schuldhaft Erkrankten 
überhaupt kein Krankengeld zu gewähren. 
Aus diesen Erwägungen und im Uebrigen gestützt auf die §§. 6 
und 7 des Reichsgesetzes sind die Bestimmungen des §. 13 des Ent 
wurfes hervorgegangen. 
2. Zu II. unseres Antrages vermögen wir nur Folgendes 
anzuführen: 
Ueber den für die neue Einrichtung erforderlichen Geld 
bedarf fehlt es an jeder Grundlage der Beurtheilung. Wir 
glauben zwar, daß die Zahl der versicherungspflichtigen 
Personen, welche der Gemeindekrankenversicherung zufallen 
werden, keine sehr große sein wird. Welchen Umfang der 
durch das Gesetz gewährleistete freiwillige Beitritt zu der 
neuen Institution haben wird, ist heute nicht zu schätzen. 
Gleichwohl kann die neue Einrichtung für den Anbeginn 
nicht völlig ohne Betriebsmittel gelassen werden. 
Sobald Erfahrungen über den Geldbedarf der Gemeinde- 
krankenversicherung vorhanden sein werden, welche sich indeß 
erst im Laufe des kommenden Kalenderjahres gewinnen 
lassen werden, werden wir den entsprechenden Geldbetrag 
etatisiren. Für den Anfang blieb nichts übrig, als ein durch 
ganz allgemeine Schätzung ermitteltes Pauschquantum — 
welches wir auf 10 000 JC beziffert haben — anzugeben, 
um dessen Bewilligung und zur Dispositionsstellung, vor 
behaltlich speciellen RechnungsnachweiscS wir ersuchen. 
3. Zu HI. bemerken wir schließlich noch: 
Da unsere Gewcrbedcputation nach dem Communalbeschluß 
vom Z^ijsteKer 1879 unter 9lnbcrn aud) mit bet 
Verwaltung des gesummten gewerblichen Hülfskassenwesens 
betraut ist, so liegt es in der Natur der Sache, die Gemeinde- 
krankenversicherung — als Hilfs-Einrichtung der Kranken 
versicherung der Arbeiter, welche mit den organisirten Kassen 
untrennbar verbunden ist, — jener Verwaltungs-Deputation 
zuzuweisen. 
Wir fügen zwei Anlagen: 
A. Entwurf zu einem Regulativ, betreffend die Gemeindekranken 
versicherung in der Stadt Berlin, 
B. Zusammenstellung derjenigen Bestimmungen des Rcichsgesetzes, 
betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, vom 15. Juni 
1883, welche sich auf die Gemcindekrankenversicherung beziehen, 
Berlin, den 15. November 1884. 
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt, 
gez. v. Forckenbeck. 
Berlin, den 17. November 1884. 
Der Stadtverordneten - Vorsteher. 
Dr. Straßmann.
	        
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