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Aus diesen Gründen wird der Magistrat Sich der von dem König
lichen Polizei-Präsidium geforderten Aufstellung eines Fluchtlinien-
Projects für die durchzulegende Taubenstraße nicht ferner entziehen
können, wolle ein solches vielmehr mit thunlichster Beschleunigung ent
werfen, und der genannten Königlichen Behörde nach eingeholtem Ein-
verständniß der Stadtverordneten-Bersammlung vorlegen.
Berlin, den 22. Februar 1882.
Der Minister der öffentlichen Arbeiten,
gez. Maybach.
Zu Nr. 23« Protokolle des Ausschusses zur Vorbcrathung
der Vorlage (Drucksache 696 de 1883), betreffend die
Durchlegung der Taubenstraffc nach dem Hausvoigtei-
platz.
I.
Verhandelt Berlin, den 22. Januar 1884.
Anwesend:
Stadtv. Dr. Stryck, Vorsitzender,
- Dr. Kürten,
- Haß,
- Reichnow,
- Moses,
- Scheiding,
- Jaenicke,
- Jrmisch,
- Reiß,
- Bauke,
- Grunert,
- Hanke.
Als Vertreter des Magistrats:
Herr Stadtbaurath Rospatt,
- Stadtrath Meubrink.
Es fehlten:
Herr Stadtv. Schmidt, entschuldigt,
- - Schäfer,
- - Samm.
Am Beginn der heutigen Sitzung machte der Vorsitzende Mit
theilung davon, daß nach Maßgabe der Akten die Umwandlung des
Durchgangs zwischen der Taubenstraße und dem Hausvoigteiplatz in
eine offene Straße die Versammlung bereits in älterer Zeit, im Jahre
1846, beschäftigt habe. Damals hätte das Grundstück Am Hausvoigtei
platz Nr. 4 für 32 000 Thaler (96 000 Ji), im Jahre 1847 sogar
für 28 500 Thaler (85 500 Jf) erworben werden können, die Ver
sammlung sei jedoch der Ansicht gewesen, die Durchlegung der Tauben
straße der Privat-Spekulation überlassen zu sollen, erklärte sich aber
im Uebrigen gern bereit, die Ausführung eines solchen Projekts durch
Private durch unentgeltliche Hergäbe der der Kommune in der Tauben
straße gehörigen Scharren zu ermöglichen. Die Angelegenheit habe
darauf geruht, bis im Jahre 1865 der Fabrikant Werkmeister und
Genossen mit dem Projekt wegen Herstellung von Glasdurchgängen
von der Taubenstraße nach dem Hausvoigteiplatz und von letzterem
nach der Jägerstraße hervorgetreten seien, doch habe die Versammlung
auch da wieder die Frage angeregt, ob sich nicht die Durchlegung der
Taubenstraße als eine offene Fahrstraße erzielen lasse. Als die
dieserhalb eingeleiteten Verhandlungen jedoch ergaben, daß der Kosten
aufwand seitens der Stadt 71 000 Thaler (213 000 Ji) betragen
würde, sei das Projekt wieder fallen gelassen worden. Im Jahre 1870
habe dann der Rentier Stubenrauch die Anlegung einer 40' breiten
Fahrstraße beabsichtigt. Aber auch die in Bezug hierauf von dem
Unternehmer gestellten Bedingungen hätten nicht die Zustimmung der
Versammlung gefunden, weshalb aus der Sache damals wieder nichts
geworden sei, thatsächlich erhelle indessen aus den aktenmäßigeu Vor
gängen, daß in erster Linie von der Versammlung immer die An
legung einer offenen Straße in's Auge gefaßt worden sei.
Bei der hierauf stattgefundenen Debatte wurde bemerkt, daß,
nachdem die Stadtgemeinde durch die Entscheidung des Herrn Ministers
der öffentlichen Arbeiten vom 22. Februar 1882 veranlaßt sei, ein
Fluchtlinienprojekt für die Durchlegung der Taubenstraße aufzustellen,
in reifliche Erwägung gezogen werden müsse, wie dies im Interesse
des Verkehrs ohne allzugroße finanzielle Opfer seitens der Stadt am
besten erreicht werden könne.
Dem vorliegenden Projekte des Magistrats ohne weiteres zuzu
stimmen, dafür zeigte sich im allgemeinen vorläufig wenig Geneigtheit,
indem man der Ansicht war, daß dadurch nur ein Provisorium ge
schaffen und die Stadt, wie dies bei dem Durchbruch der Neuen
Wilhelmstraße nach den Linden s. Z. der Fall gewesen, nach nicht
langer Zeit voraussichtlich doch gezwungen werden würde, an Stelle
einer überbauten Durchfahrt eine offene Straße anzulegen.
Es wurde ferner ausgeführt, daß alsbald nach Herstellung einer
Durchfahrt, welche die Verbindung zwischen dem Spittclmarkt und dem
Gensdarmenmarkt wesentlich abkürze, sich dort ein ganz erheblicher
Wagenverkehr entwickeln werde und daß, wenn in Folge dessen eine
Erweiterung der Passage vorgenommen werden müßte, ganz außer
ordentlich hohe Kosten entstehen würden. Die dort adjazirenden Grund
stücke der Deutschen Ballgesellschaft würden aber, so meinte man, ganz
erheblich an Werth gewinnen, wenn sie an einer breiten Straße zu
liegen kommen, und deshalb werde die Gesellschaft im eignen Interesse
sich wohl bereit finden lassen, bezüglich der Anlegung einer offenen
Straße die Hand zu bieten und nicht übermäßig hohe Anforderungen
an die Stadt zu stellen.
Nach diesen Erwägungen gelangte der Ausschuß zu dem
Beschluß:
die weitere Berathung für heute abzubrechen und den Magistrat
zu ersuchen, mit der Deutschen Baugesellschaft zuvörderst noch
darüber in Verhandlung zu treten, welche Kosten der Stadt-
gemeinde erwachsen würden, wenn an Stelle einer überbauten
Durchfahrt eine offene Straße in einer Breite von 17 bis
19 Bietern angelegt wird.
Der Vorsitzende wird dem Magistrat von diesem Beschlusse Mit
theilung machen und, sobald die Antwort darauf eingegangen ist, den
Ausschuß wieder zusammenberufen.
Schließlich wird noch bemerkt, daß dieser Berathung eine Be
sichtigung der hier in Rede stehenden Oertlichkeit vorangegangen war,
an welcher sich sämmtliche Mitglieder des Ausschusses, sowie die Herren
Stadtbaurath Rospatt und Stadtrath Meubrink betheiligt hatten,
v. w. o.
Stryck.
Zu Sir. 23«.
II.
Verhandelt, Berlin den 7. April 1884.
Anwesend:
Stadtv. Dr. Stryck, Vorsitzender,
- Haß,
- Reichnow,
- Moses,
- Scheiding,
- Jaenicke,
- Jrmisch,
- Reiß,
- Bauke,
- Schaefer,
- Grunert,
- Hanke,
- Schmidt.
Als Vertreter des Magistrats:
Herr Stadtbaurath Rospatt, ,
- Stadtrath Meubrink.
Es fehlten:
Herr Stadtv. Dr. Kürten, entschuldigt,
- - Samm.
Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls über die vorige
Sitzung theilte der Vorsitzende mit, daß ihm von der Städtischen
Bau-Deputation, Abtheilung II, Abschrift eines Schreibens des König
lichen Polizei-Präsidiums vom 20. März er. zugegangen sei, durch
welches dasselbe den Magistrat ersucht, dahin wirken zu wollen, daß
über das von der Deutschen Bau-Gesellschaft vereinbarte Fluchtlinien-
projekt für die Durchlegung der Taubenstraße thunlichst bald seitens
der Stadtverordneten-Versammlung Beschluß gefaßt werde. Dieser
Mittheilung fügte der Vorsitzende die Bemerkung hinzu, daß cs wegen
der in jüngster Zeit stattgefundenen zahlreichen Berathungen des
Etatsausschusses, welchem er und mehrere andere Mitglieder des heute
tagenden Ausschusses angehört hätten, nicht früher möglich gewesen
sei, für letzteren eine Sitzung anzuberaumen.
Auf den von dem Ausschüsse in der vorigen Sitzung gefaßten
Beschluß bezüglich der event. Anlegung einer offenen Fahrstraße an
Stelle einer überbauten Durchfahrt erwidert der Magistrat unter dem
15. März er., daß er drei von einander abweichende Projekte für
eine offene Straße habe skizziren lassen, und zwar ein Projekt für
eine Straße von 17 m und zwei für eine solche von 19 m Breite,
wobei darauf Bedacht genommen sei, daß möglichst wenig Grundstücke
der Deutschen Bau-Gesellschaft angeschnitten werden, und daß die
Gesellschaft erklärt habe, nur den im Plan A ersichtlich gemachten
Fluchtlinien für eine Straße von 17 m Breite zustimmen zu können.
Gleichzeitig übersendet der Magistrat die von der Gesellschaft präzisirtcn
Bedingungen, unter welchen dieselbe das zur Anlage der neuen Straße
erforderliche Terrain an die Stadtgemeinde abzutreten bereit ist.