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stellung und dauernde Unterhaltung der neuen Straße übernimmt, falls
das Projekt perfekt wird.
In Uebereinstimmung mit der Baudeputation ersuchen wir dahe
die Stadtverordneten-Versammlung, zu beschließen:
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich daniit einver
standen:
1. daß nach Maßgabe der vorliegenden Pläne und der in der
Vorlage des Magistrats vom 6. December cr. (Nr. 8019
B. V. II) zu 1 bis 3 gedachten Einschränkungen Bauflucht
linien für eine zur Verbindung des Hausvogteiplatzes mit
der Taubenstraße anzulegende Straße zur Festsetzung
gebracht werden,
2. daß nach erfolgter Festsetzung dieser Baufluchtlinien das
auf der Nordseite der Taubenstraße am Grünen Graben
belegcne Terrain der Stadtgemeinde, soweit dasselbe nicht
zur Anlage der neu projectirten Straße Verwendung findet,
unter gleichzeitiger Aufgabe des Traufrechts auf das an
der Südseite der Taubcnstraße am Grünen Graben be-
legenc Grundstück Nr. 23a, der Deutschen Ballgesellschaft
zum Eigenthum überlassen wird, gegen die Zug um Zug
zu bewirkende pfandfreie Uebereignung desjenigen Terrains
des Grünen Grabens, welches zur Anlage der neu
projectirten Straße erforderlich ist.
Berlin, den 6. December 1883.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
Zu Nr. «»«.
Das hiesige Königliche Polizei-Präsidium hat bei mir unter Vor
legung des Schreibens vom 9. d. M., inhaltlich dessen der Magistrat
die Festsetzung von Fluchtlinien für die nach dem Hausvoigteiplatz durch
zulegende Taubenstraße abgelehnt hat, den Antrag gestellt, über die
Bcdürfnißfrage in Gemäßheit des §. 5 Abs. 3 des Gesetzes vom
2. Juli 1875 Entscheidung zu treffen.
Demgemäß eröffne ich dem Magistrat, daß ich die Bedürfnißfrage
bejahen muß.
Das Recht der Polizeibehörde, die Festsetzung von Fluchtlinien zu
verlangen, ist nach §. 1 Abs. 2 a. a. O. an die Bedingung geknüpft,
daß die polizeilichen Rücksichten die Festsetzung fordern. Diese Rück
sichten sind im 8. 3 a. a. O. dahin präcisirt, daß auf Förderung des
Verkehrs, der Feuersicherheit und der öffentlichen Gesundheit, sowie
darauf Bedacht zu nehmen ist, daß eine Verunstaltung der Straßen
und Plätze nicht eintritt.
Diese Gesichtspunkte treffen bei der von dem Polizei-Präsidium
geforderten Durchlegung der Taubenstraße fast sämmtlich zu.
Der Verkehr in der Mohren-, Jäger- und Oberwallstraße wird
hierdurch zweifellos entlastet werden, die Feuerwehr wird zu dem
Hinterlande dieser Straßen einen neuen bequemen Zufuhrweg erhalten,
von welchem aus sie ihre Operationen durch die zu erbauenden Vorder
häuser nehmen kann, die öffentliche Gesundheit wird durch die zweck
entsprechende Uebcrbrückung des Grünen Grabens im Zuge der neuen
Straße und durch die bessere Möglichkeit der Ueberwachung auf den
kurzen, offen bleibenden Strecken dieses Wasserlaufs nach Süden und
Norden gefördert werden, überdies wird durch eine derartige Straßen
anlage einem seit Jahren von Einheimischen und Fremden beklagten,
die Haupt- und Residenzstadt entschieden verunstaltenden Zustande end
lich ein Ziel gesetzt werden.
Daß hierzu ein Bau, wie ihn „die deutsche Ballgesellschaft"
projektirt hat, nicht ausreichend erscheint, bedarf schon um deswillen
keiner näheren Begründung, weil eine solche doppelte Durchfahrt nicht
auf die Bestimmungen des Gesetzes vom 2. Juli 1875, sondern nur
auf rein privatrcchtliche Abmachungen, deren mangelhafter Schutz
öffentlicher Interessen schon oft zu beklagen war, gestützt werden
könnte. Vollends unannehmbar erscheint der vorgeschlagene Nothbchelf
aber im Hinblick auf die von der Gesellschaft in dem mir ein
gereichten Protocolle vom 5. August v. I. ausgesprochene Weigerung,
die Verpflichtung zur Herstellung und dauernden Unterhaltung einer
fahrbaren Brücke über den Grünen Graben zu übernehmen, denn ohne
diese Brücke ist der geplante sttaßcnähnliche Zustand ohne jede Bedeutung.
Die Besorgniß, daß durch die neue Straßen-Anlage die Nieder-
wallsttaße überbürdet werden könnte, vermag ich nicht als begründet
anzusehen. Aehnliche Befürchtungen wurden beispielsweise bei der An
legung der Scydelstratze für die Stallschreibersttaße laut, haben sich
aber in keiner Weise bestätigt.
Wenn endlich der Magistrat auf die großen finanziellen Opfer
hinweist, welche die Stadtgcmeinde für die Vergrößerung und Ver
schönerung Berlins theils schon gebracht hat, theils noch wird bringen
müssen, so bin ich weit enffernt, diese Opfer zu unterschätzen. Ich
muß aber Bedenken tragen, die behauptete Unmöglichkeit zur Etats-
Belastung mit den hier in Rede stehenden Opfern bei der Dringlichkeit
der Sache anzuerkennen, und aus diesem Grunde dem Polizei-Präsidium
bei Ausübung seines gesetzlich anerkannten Rechts in einem Falle ent-
gegenzutteten, wo es sich darum handelt, einem gradezu unwürdigen
und unerträglichen Zustande recht eigentlich im Herzen von Berlin,
in der nächsten Umgebung der Königlichen Residenzschlösser, ein Ende
zu machen.
Aus diesen Gründen wird der Magistrat Sich der von dem König
lichen Polizei-Präsidium geforderten Aufftellung eines Fluchtlinien-
Projects für die durchzulegende Taubensttaße nicht ferner entziehen
können, wolle ein solches vielmehr mit thunlichster Beschleunigung ent
werfen, und der genannten Königlichen Behörde nach eingeholtem Ein-
verständniß der Stadtverordneten-Versammlung vorlegen.
Berlin, den 22. Februar 1882.
Der Minister der öffentlichen Arbeiten,
gez. Maybach.
«87. Borlage (J.-Nr. 1055 F. 8. B. 83) - zur Beschluftfassung
—, betreffend die Festsetzung des Feuersocietäts-Bei-
trages für das Geschäftsjahr vom 1. Oktober 1882
bis letzten September 1883 auf « ^ pro 100 JC.
Zu unserem Bedauern können wir der Stadtverordneten-Ver-
sammluug über das Geschäftsjahr der städtischen Feuersocietät vom
I. October 1882 bis ultimo September 1883 keinen so günstigen
Bericht abstatten, wie über das Jahr vorher, denn nicht nur die Zahl
der zu vergütenden Brand- und Leuchtgas-Explosionsschäden hat sich
gegen dasselbe, und zwar um 93 Schadenfälle vermehrt, sondern auch
die dafür bewilligten Entschädigungen, unter welche besonders zu
erwähnen sind diejenigen für:
1. Das Grundstück der Berliner Velvet-Fabrik,
Köpnickerstraße Nr. 18/21, und das mitbeschädigtc
Nebengrundstück mit 285 050 JC
2. der Berliner Brauerei - Gesellschaft Tivoli,
Lichterfeldersttaße Nr. 11, mit 53 245 -
3. des Kaufmanns Landsberger, Mulackstraße
Nr. 4/6, und die mitbeschädigten Nebengrund
stücke mit 30 523 »
4. der Tischlermeister Gebrüder Koch, Elisabeth-
Ufer Nr. 55, mit 27 605 -
5. des Kaufmanns Levinstein, Jerusalemerstraße
Nr. 44/45, und die mitbeschädigten Nebengrund
stücke mit 22 218 -
6. des Fräuleins Mader, Grüner Weg 70, und
die mitbeschädigten Nebengrundstücke mit . . 12 578 -
7. des Rentiers El kan, Andreasstraße Nr. 40,
und die mitbeschädigten Nebengrundstücke mit 12 453 -
8. des Fabrikanten Seeger, Manteuffelstraße
Nr. 56, und das mitbeschädigte Nebengrund
stück mit 10 752 -
9. des Eigenthümers Julius Dowe, Colonie-
straße Nr. 28 9 950 -
10. des Actien-Bauvereins „Unter den Linden"
Actien-Gesellschaft, Unter den Linden Nr. 17
und 18 9 488 -
Summa 473 862 , iC
übersteigen die Höhe der Brandentschädigungen des Vorjahres ganz
erheblich, nämlich um ca. 283 000 JC, wenngleich die Versicherungs
summe der neu hinzugekommenen Baulichkeiten mit 60 603 500 JC
um etwa 1 240 000 JC niedriger ist als diejenige der im Jahre vom
1. October 1881/82 neu versicherten Gebäude.
Der Beitrag der Feuersocietät zu den Kosten des Feuerlöschwesens
hat sich gegen das vergangene Jahr etwas, und zwar um ungefähr
22 000 JC vermindert.
Mit Rücksicht auf die bedeutende Steigerung der bewilligten Brand
vergütungen und darauf, daß auch schon im angefangenen Geschäfts
jahre wieder Brände von erheblichem Umfange —, wie diejenigen auf
den Grundstücken der Handelsgesellschaft Loeblich & Sohn» „Waldemar
straße Nr. 27" und des Kaufmanns Treitel, „Alte Jacobstraße
Nr. 20" —, stattgefunden haben, halten wir den verhältnißmäßig
geringen Beittagssatz von 6 Jj pro 100 JC für vollständig gerechtfertigt.
Wir ersuchen daher ergebenst, zu beschließen:
Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit
einverstanden, daß zur Deckung der in dem Zeittaum vom
1. October 1882 bis letzten September 1883 entstandenen,
der Fcuersocictäts-Kasse zur Last fallenden Brandentschädi
gungen, Nebenkosten und Beiträge zu den Kosten des Feuer
löschwesens ein Beitrag von Sechs Pfennigen von jedem
Hundert Mark der gesammten Feuerverstcherungssumme aus
geschrieben werde.
Berlin, den 8. December 1883.
Magisttat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt.
gez. von Forckenbeck.