M 72.
(583—593.)
Horkagen
für die
Stadtverordneten-Versammlung zn Berlin.
883. Vorlage (J.-Nr. 4887 §.6.83) — zur Beschlufffaffung —,
betreffend den Ankauf einer Parzelle des Grundstücks
Chauffeestraste Nr. 7« für die Gasanstalt in der
Müllerstraste.
Der Eigenthümer S. Friedländer hatte im April d. I. dem
Kuratorium für das städtische Erleuchtungswesen eine Parzelle von
circa 123 Quadratruthen Hinterland seines in der Ehausseestraße Nr. 76
belegenen Grundstückes für den Preis von 360 JC pro Quadratruthe
zum Ankaufe offerirt, welche an die städtische Gasanstalt in der
Müllerstraße angrenzt und deren Bebauung er event, in Aussicht ge
nommen habe.
Das Kuratorium glaubt nach eingehender Prüfung dieser Offerte
und nach mehrfachen Verhandlungen mit dem Besitzer den Ankauf der
gedachten Parzelle unter den später zu erwähnenden Bedingungen aus
den nachfolgenden Gründen empfehlen zu sollen:
Wie der anliegende Situationsplan der Gasanstalt in der Müller-
straße nachweist, ist auf dem noch freiliegenden Grundstücksterrain süd
lich des Schönhauser Grabens die Errichtung eines Gasbehälters von
30 000 edm nutzbaren Inhalt projectirt, welcher für den vollständige»
Ausbau der Anstalt auf die für dieselbe vorgesehene höchste Gas-
production von 170 000 edm an einem Tage noch erforderlich ist. Die
Umfassungsmauern und die dieselben umgebende Erdfföschung sind durch
rothe Kreise angedeutet. Es würde hiernach wohl möglich sein, den
Gasbehälter zu errichten und demgemäß die Anstalt zu der vollen
Leistungsfähigkeit auszubauen, auch ohne daß eine Erweiterung des
Areals der Anstalt eintritt. Indessen erscheint es doch im höchsten
Grade wünschcnswerth und zweckmäßig, auf die Offerte des Eigen-
thümcrs Friedländer einzugehen
Die zum Ankauf angebotene Parzelle ist in dem Situationsplane
mit den Buchstaben a. b. c. d. umschrieben und ergiebt schon der
Augenschein, daß durch Erwerbung derselben eine zweckmäßige Aron-
dirung des Grundstückes der Gasanstalt erzielt wird. Der projectirte
Gasbehälter von 30 000 cdm Inhalt kann in diesem Falle an der
durch blaue Kreise angedeuteten Stelle errichtet werden; dadurch wird
an der Südseite des Schönhauser Grabens ein freier Platz gewonnen,
welcher für die Erweiterung der Geleisanlagen, sowie für die Lagerung
von Kohlen und Cokes in sehr günstiger Weise verwendet werden kann.
Die Erweiterung der Geleisanlagen ist bei der immer zunehmenden
Zahl der Kohlen-, Theer- und Ammoniakwasser-Waggons und mit
Rücksicht auf die vielfachen Beschränkungen bei dem Rangiren der Züge,
wozu bisher das Geleis auf dem Kieler Platze mitbenutzt wurde, was
indessen jetzt polizeilich untersagt ist, dringend erforderlich; auch die
Erweiterung der Kohlen- und Cokeslagerplätze ist bei dem projectirten
Ausbau der Anstalt mit Rücksicht auf die hohen Lagerbestände, welche
sich zeitweise anfanimeln, dringend wünschcnswerth.
Es ist ferner hierbei zu berücksichtigen, daß bei einer Bebauung
der angebotenen Parzelle mit hohen Wohn- oder Fabrikgebäuden sehr
erhebliche Schwierigkeiten bei der Fundamentirung des zu erbauenden
Gasbehälters entstehen können, daß möglicherweise derselbe nur in
größerer Entfernung von der Grenze des Grundstücks würde erbaut
werden können, wodurch, da eine Verschiebung in der Richtung gegen
den Schönhauser Graben nicht möglich ist, eine Verkleinerung des
Durchmessers des Gasbehälters und des nutzbaren Inhalts desselben
bedingt sein würde.
Mit Rücksicht auf diese Verhältnisse hatte das Kuratorium geglaubt,
die Offerte nicht von der Hand weisen zu sollen, ist vielmehr mit dem
Eigenthümer Friedländer in weitere Verhandlung getreten, wobei
es gelungen ist, die ursprüngliche Preisforderung von 360 JC pro
Quadratruthe auf 300 JC (rot. 21,is JC pro Quadratmeter) zu er
mäßigen. Zu diesem Preise empfiehlt das Kuratorium den Ankauf
der Parzelle von circa 123 Quadratruthen (oder 17 ar 45 gm).
Wir können die von dem Kuratorium geltend gemachten Gesichts
punkte nur als berechtigt anerkennen und erachten den Ankauf der
offerwten Parzelle für die Arondirung des Grundstücks der Gasanstalt
in der Müllerstraße im höchsten Grade wünschcnswerth, halten auch
den geforderten Preis von 300 JC pro Quadratruthe für angemessen
und ersuchen daher die Stadtverordneten-Versammlung, nachfolgenden
Beschluß zu fassen:
„Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich mit dem
Ankäufe der aus dem vorgelegten Situationsplane der Gas
anstalt in der Müllerstraße mit den Buchstaben a. b. c. d.
umschriebenen Parzelle des Grundstücks Chauffeestraße Nr. 76
von circa 123 Quadratruthen (vorbehaltlich der genauen Fest
stellung des Flächeninhalts) zu dem Preise von' 300 JC pro
Quadratruthe oder rot. 21,16 JC pro qm einverstanden.
Die Zahlung deS Kaufgeldes erfolgt aus den bereiten
Mitteln des Erneuerungsfonds der Gasanstalten, event, falls
dieser Fonds nicht die erforderlichen Mittel besitzt, aus dem
Restbeträge der im Jahre 1875 mit 15 Millionen JC für
die Erweiterungen der Gasanstalten bestimmten Anleihe."
Wir bemerken hierbei, daß aus dieser Anleihe zur Zeit noch
5 975 000 JC disponibel sind.
Berlin, den 12. October 1883.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. Duncker.
884. Protokoll des Ausschuffes zur Borberathung der
Vorlage (Drucksache Nr. 543), betreffend den Erwerb
der vom Grundstück Groste Frankfurterstraste 27
zur Straffe 8 der Abtheilung XV des Bebauungs
planes erforderlichen Parzelle.
Verhandelt Berlin, den 19. Oktober 1883.
Anwesend:
Stadtv. Schetding, Vorsitzender,
- Nicolai, Vorsitzender-Stellvertreter,
- de Neve, Schriftführer,
- Jrmisch,
- Hacsecke,
- Schäfer,
- Esmann,
- Weiß,
- Talke.