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562. Protokolle des Ausschusses zur Vorberathung der
Vorlagen, betreffend den Ankauf:
a) eines Theils der Grundstücke Neue Friedrichstr. 54
und Münzstr. 6. sowie der Rochstraste nebst der
Kunowski-Brücke und dem Zollrecht.
b) des Grundstücks Neue Friedrichstr. 55.
I.
Verhandelt Berlin, den 25. September 1883.
Anwesend:
Stadtv. Dr. Kürten, Vorsitzender.
- Bertheim,
- Manegold,
- Nicolai.
- Franke,
- Degmeicr,
- Seibert,
- Maltern,
- Ripberger,
- Spinola,
- Liebermann,
- Baumgarten,
- Simon,
- Schmidt,
- Flesche.
Als Magistrats-Kommissarien:
Herr Stadtrath und Kämmerer Runge,
- Stadtbaurath Blankenstein.
Die heutige Verhandlung des durch Beschluß der Versammlung
vom 28. Juni er. — Prot. Nr. 17 — eingesetzten Ausschusses wurde
von dem Vorsitzenden, unter Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der
Vorlage des Magistrats vom 16. Juni er. (Drucksache Nr. 383),
sowie auf Grund der von ihm eingesehenen Magistratsakten durch
einige, auf die Frage der Erwerbung der Rochstraße rc. bezügliche
Mittheilungen eröffnet. Nachdem hierauf zur weiteren Klärung der
Angelegenheit die hier hauptsächlich in Betracht kommenden §8- 14—17
des für die Anlage der Rochstraße zwischen dem Fiskus und den be
treffenden Unternehmern unter dem 28. Juli 1823 abgeschloffenen Ver
trages, wovon eine Abschrift dem gegenwärtigen Sjtzungsprotokolle
als Anlage beigefügt wird, verlesen worden waren, brachte der Vor
sitzende zur Kenntniß des Ausschusses, daß ihm soeben ein Schreiben
des Herrn Jordan zugegangen sei, durch welches derselbe der Stadt
gemeinde das gesammte Eigenthum der Kunowski'schen Erben an und
in der Rochstraße, also incl. des ganzen Grundstücks Münzstr. 6,
von welchem nach der Magistrats-Vorlage nur die jetzt bestehende
Durchfahrt angekauft werden soll, für den Preis von 475 006 Ji
zum Ankauf anbietet.
Dies Novum gab Veranlassung, die Frage zur Erörterung zu
bringen, ob es im städtischen Interesse liege, der Offerte näher
zu treten.
Im Allgemeinen zeigte sich volle Geneigtheit dazu, diese Frage
nicht kurzer Hand abzuweisen, es wurde auch im Verlauf der Diskussion
von einigen Seiten sehr warm dafür plaidirt, auf die Offerte des
Herrn Jordan einzugehen, um durch keine lästige Bedingung, als
welche die Nr. 2 in der Verhandlung vom 3. April er. mit den
Kunowski'schen Erben bezeichnet wurde, in der freien Verfügung
über das event, erworbene Terrain behindert zu sein, man vergegen
wärtigte sich jedoch, daß es verfrüht sein würde, sich hiermit eingehender
zu beschäftigen, bevor der Magistrat zu der Sache Stellung ge
nommen habe. Die anwesenden Herren Magistrats-Kommissarien er
klärten sich auf Wunsch des Ausschusses bereit, nach dieser Richtung
hin einen Beschluß ihres Kollegiums in dessen nächster Sitzung herbei
zuführen und, falls derselbe zustimmend ausfallen sollte, auch mit
dem Herrn Jordan in nähere Verhandlungen einzutreten.
In Folge dieser Erklärung wurde es für angemessen erachtet, die
weitere Berathung zu vertagen, gleichzeitig wurde aber auch be
schlossen, die Vorlage, betreffend den Ankauf des Grundstücks Neue
Friedrichstr. 33, demnächst in Verbindung mit der Vorlage wegen
Erwerbung der Rochstraße rc. zur Erledigung zu bringen.
Der Vorsitzende wird den Ausschuß wieder zusammenberufen,
sobald ihm mitgetheilt sein wird, daß die Herren Magistrats-
Kommissarien in der Lage sind, sich über den anderweitigen Beschluß
des Magistrats in dieser Sache zu äußern.
v. w. o.
Dr. Kürten.
Zu Nr. 562.
II.
Verhandelt Berlin, den 1. Oktober 1883.
Anwesend:
Stadtv. Dr. Kürten, Vorsitzender,
- Bertheim,
- Manegold,
Stadtv. Franke,
- Degmeier,
- Seibert,
- Mattern,
- Ripberger,
- Spinola,
- Baumgarteu,
- Simon,
- Schmidt.
Als Magistrats-Kommissarien:
Herr Stadtrath und Kämmerer Runge,
- Stadtbaurath Blankenstein.
Es fehlten:
Herr Stadtv. Flesche, I
- - Liebermann, entschuldigt.
- - Nicolai,
Am Beginn der heutigen Sitzung wurde das Protokoll über die
vorige Sitzung vorgelesen und angenommen, wonächst der Vorsitzende
von dem nachfolgenden Schreiben der Herren Magistrats-Kommissarien
vom 28. September er. Mittheilung machte:
Berlin, den 28. September 1883.
Dem Ausschüsse theilen wir ergebenst mit, daß mir in der An
gelegenheit betreffend die Erwerbung eines Theils der Grundstücke
Neue Friedrichstraße Nr. 34 und Münzstraße Nr. 6, sowie Erwerbung
der Rochstraße und der Kunowsky-Brücke dem von dem Ausschüsse uns
gegenüber bekundeten Wunsche gemäß mit dem Beauftragten der Besitzer
der genannten Grundstücke, ordentlichen Lehrer Herrn Jordan ver
handelt haben. Herr Jordan hatte in seinem Schreiben an den
Ausschuß vom 25. d. Mts. für den ganzen Grundstückscomplex excl.
des Grundstücks Rochstraße Nr. 3, den Preis von 475 000 gefordert.
Derselbe hat in Folge der Besprechung mit uns die Erklärung abgegeben,
daß er die gestellte Forderung um 10 000 JC, also aus 465 000 Jt
ermäßigen wolle. Eine weitere Ermäßigung sei nicht möglich. Dafür
zu sorgen, daß im Falle der Annahme der Offerte seine Mitbesitzer
ihre Zustimmung gäben, erachte er sich für'rverpflichtet.
Von den Verhandlungen des Ausschusses in der Sitzung vom
25. d M. und den Erklärungen des Herrn Jordan haben wir heut
dem Magistrat Kenntniß gegeben. Derselbe hat uns autoristrt und
beauftragt, dem Ausschüsse mitzutheilen, daß er nach nochmaliger Er
wägung der Sachlage und mit Rücksicht auf die von dem p. Jordan
gemachte Offerte der Ansicht sei, daß die Erwerbung des ganzen Grund-
stückscomplcxes excl. Rochstraße Nr. 3 und die Annahme dieser Offerte
im Interesse der Stadtgemeinde liege. Falls der Ausschuß diese
Annahme der Stadtverordneten-Versammlung vorzuschlagen beschließe
und sich also ebenfalls für die Erwerbung des ganzen Grundstücks-
complexes erkläre, werde er (der Magistrat) sich dem anschließen und
dem demgemäß zu fassenden Beschlusse der Stadtverordneten-Ver
sammlung gern zustimmen.
Den Antrag betreffend die Erwerbung des Pollack'schen Grund
stücks Neue Friedrichstraße Nr. 33 hält der Magistrat unverändert fest.
Die Magistrats-Kommissarien.
Runge. Blankenstein.
Nachdem hierauf der Herr Kämmerer in Bezug auf die MiethS-
verhältniffe der Grundstücke Neue Friedrichstraße 33 und 34 und Münz
straße 6 bemerkt hatte, daß die Wohnungen in denselben, mit Ausnahme
einer Wohnung in dem Hause Münzstraße 6, mit den: 1. Oktober 1884
vollständig miethsfrei würden, auch sonstige lästige Bestimmungen auf
denselben nicht ruhten, wurde in die Verhandlung eingetreten. Hierbei
wurde von sämmtlichen Rednern der Ankauf des gesammten, den
Kunowski'schen Erben gehörigen Grundstücks-Complexcs befürwortet,
wobei dieselben von der Ansicht geleitet wurden, daß nur dann und
zwar in Verbindung mit dem Grundstücke Neue Friedrichstraße 33 eine
vortheilhafte Verwerthung dieses Complexes in seinen einzelnen Par
zellen stattfinden könne, wenn die Stadt über denselben nach allen
Richtungen hin freie Verfügung habe, also nicht, wie es in der Ver
handlung vom 3. April er von den Kunowski'schen Erben gefordert
werde, gezwungen sei, die Rochstraße zu erhalten. Verschiedene Umstünde,
insbesondere dieErweiterung des Schulgrundstücks Neue Friedrichstraße 33,
die Erwerbung des zur Anlage der Parallelstraße längs der Stadtbahn
und des Markthallen-Eisenbahnanschlusses erforderlichen Terrains, sowie
der nicht länger aufzuschiebende Bau eines Nothauslasses der Kanalisation
müßten es geradezu als eine Nothwendigkeit erscheinen lassen, sich als
bald in den Besitz des ganzen Areals zu setzen. Wichtig sei es ferner
auch, die hier vorliegenden, rechtlich sehr zweifelhaften Fragen lieber
durch einen Vergleich aus der Welt zu schaffen, als es auf langwierige
kostspielige Prozesse ankommen zu lassen, die außerdem noch den Uebel
stand im Gefolge haben würden, daß es auf längere Zeit hinaus nicht
möglich wäre, zur Beseitigung der begründeten Klagen der Bewohner
in der Gegend der Schönhauser Allee den bereits erwähnten Nothauslaß
zu bauen.
Was nun den von den Kunowski'schen Erben geforderten Kauf
preis betrifft, so wurde derselbe von einer Seite, nachdem die Herren