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M 22.
(172-178).
Horlagen
für die
Stadtverordneten-Versammlung ;n Berlin.
172. Protokolle des Ausschusses zur Aorberathung des
Antrages des Stadtv. Scheiding uud vleuossen
wegen elektrischer Beleuchtung des Sitzungssaales
der Stadtverordneten-Bersammlung.
I.
Verhandelt Berlin, den 7. März 1883.
Anwesend:
Stadtv. Bo hm, Vorsitzender,
- Grunert,
- Degmeier,
- Jost,
- Haß,
- Gericke I,
- Samm,
- Maltern,
- Schlesier,
- Schaefer.
Es fehlten:
Herr Stadtv. Bertheim, !
- - Loewcl, entschuldigt,
- - Scheiding, I
- - Weiß,
- - Schulz III.
Die Stadtverordneten - Versammlung hat durch Beschluß vom
21. December v. I. — Protokoll Nr. 4 — zur Vorberathung des vor-
bczcichncten Antrages einen Ausschuß eingesetzt; derselbe hat heute
seine Berathungen beendet, nachdem bereits am 12. und am 24. Januar er.
zu gleichem Zwecke Sitzungen stattgefunden hatten. Zu bemerken ist
vorweg, daß die Ausschußmitglieder eine Besichtigung der elektrischen
Beleuchtung im Reichstagsgcbäude und der mechanischen Fabrik des
Herrn Horn, Hollmannstraßc 35, von welcher derartige Einrichtungen
ausgeführt werden, unternommen haben. Aus den Verhandlungen
selbst wird folgendes mitgetheilt.
In der ersten Sitzung war zur Sprache gebracht worden, daß
dem Vernehmen nach der Magistrat beabsichtige, behufs Herstellung der
elektrischen Beleuchtung im Rathhause, namentlich im Sitzungssaale
der Versammlung und in den Restaurationsräumen des Kellers, eine
Summe in den Etat zu setzen, und gab dies zu einer eingehenden Be
sprechung darüber Veranlassung, ob der Ausschuß seine Berathung auch
auf die letztgenannten Räume ausdehnen solle oder nicht. Die Majorität
entschied sich jedoch dahin, sich strikte an das dem Ausschüsse von der
Versammlung ertheilte Mandat zu halten, welches dahin gehe, darüber
vorzuberathen. ob nach dem Scheiding'schen Antrage eine elektrische
Beleuchtung des Sitzungssaales zu wünschen sei.
In Bezug auf diese Frage wurde von einer Seite ausgeführt,
daß die während der Sitzungen in dem Saale herrschenden, in den
wärmeren Monaten sich fast zur Unerträglichkeit steigernden Zustände,
hervorgerufen durch übermäßige Wärme, schlechte Luft und mangelhafte
Beleuchtung, worüber allgemein geklagt werde, dringend der Abhülfe
bedürften. ‘ Es wurde hierbei zugegeben, daß, was die Beleuchtung be
trifft, Remedur dadurch geschafft werden könne, daß man eine größere
Anzahl von Flammen brennen lasse, ein solches Aushülfemittel werde
aber wieder den Nachtheil einer gesteigerten Wärmetemperatur im
Gefolge haben.
Was den Kostenpunkt anlangt, so hatte der Herr Ttadtbaurath
Blankenstein mitgetheilt, daß zur ersten Einrichtung der elektrischen
Beleuchtung für den Saal etwa 14 000 Jt erforderlich sein, daß aber
die jährlichen Betriebskosten im Vergleich zu den Kosten der gegen
wärtigen Beleuchtung durch Gas sich niedriger stellen würden.
Diese Summe sei, so wurde, anknüpfend an diese Mittheilung,
bemerkt, doch keine so hohe, daß man daran Anstoß nehmen könne,
ein« voraussichtlich durchgreifende Besserung der allgemein anerkannten
äußerlichen Uebelstände des Saales herbeizuführen.
Von anderer Seite wurde hierauf erwidert, daß die Besichtigung
der elektrischen Beleuchtung im Reichstagsgebäude den Eindruck hi'nler-
laffeu habe, als sei es vcrftüht, schon jetzt mit einer gleicharttgen
Beleuchtung des Sitzungssaales der Versammlung vorzugehen, da die
Erfahrung noch nicht gelehrt zu haben scheine, welche Art der Beleuchtung,
ob mittels Bogenlicht oder Glühlicht, für derartige Räume die beste
sei, wenigstens könne nicht zugegeben werden, daß bei einer solche»
Beleuchtung, ipte sie die Mitglieder des Ausschusses im Reichstags
gebäude vorgefunden hätten, ohne störende Belästigung für die Augen
zu arbeiten sei.. Im Uebrigen könne auch der Sitzungssaal nicht für
eine geeignete Versuchsstation gehalten werden, dazu sei die Benutzung
desselben, wöchc älich einmal auf höchstens 3 bis 4 Stunden, zu unbe
deutend, und z dieser geringen Benutzung ständen die Anlagekosten
von 14 000 Jt nn keinem Verhältniß. — Wenn betont werde, daß
die gegenwärtig Beleuchtung des Saales der Abhülfe bedürfe, so
könnten ja, wen die zwingende Nothwendigkeit einer Verbesserung
derselben von de Majorität der Versammlung wirklich anerkannt werden
sollte, dazu die neuen Siemens'schen Regenerativbrenner verwende:
werden. Und > rs die Luft in dem Saale während der Sitzungen
betreffe, die am als schlecht bezeichnet werde, so sei dieselbe bisher
doch wohl immc noch zu ertragen gewesen und werde sich auch in
Zukunft wahrsch nlich nicht derartig verschlechtern, daß man dieserhalb
so erhebliche Au zaben zu machen nöthig habe. Es müsse aber auch
noch darauf hin wiesen werden, wenn wiederholt die Bemerkung ge
fallen sei, die idtischen Behörden dürften sich der epochemachenden
Erfindung gegei ber nicht ablehnend verhalten, daß bereits auf einer
städtischen Gascistalt durch Techniker der Stadt eingehende Versuche
mit der elcktrisicii Beleuchtung angestellt würden, also ein etwaiger
Vorwurf der Teilnahmlosigkeit nach dieser Richtung hin könne als
zutreffend nichttrachtet werden.
Auf diese Einwände wurde entgegnet, daß es für äußerst wichtig
gehalten werdet müßte, den Mitgliedern der Versammlung Gelegenheit
zu geben, übet die Lichtstärke und die Lichtwirkung der elektrischen
Beleuchtung, iwie darüber, wie sich dieselbe im Betriebe und in den
Kosten stellt, tu einem städtischen Gebäude selbst Erfahrungen zu
sammeln uillssich daraufhin ein eigenes sachgemäßes Urtheil zu bilden,
und dazu tnüge vollkommen die einmalige wöchentliche Benutzung
des Saales! Bis jetzt sei nian immer nur auf Dasjenige angewiesen
gewesen, wck die Patentinhaber hinsichtlich des Kostenpunktes ?c. mit
zutheilen fü gut befunden hätten, nunmehr sei es aber doch wohl an
der Zeit, z ial auf diesem Gebiete weitgehende Erfahrungen vor
lägen, nach eichen Betriebsstörungen kaum möglich seien, wenigstens
nicht in gri rem Maßstabe als bei der Gasbeleuchtung, mit eigenen
Augen zu s en. Ob nun Bogcnlicht oder Glühlicht in Anwendung
zu bringen :, darüber werde die Versammlung kein Urtheil zu fällen,