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Druck von Gebrüder Grunert, Berlin.
Zu Nr. 134.
Ober-Präsidium der Provinz Brandenburg.
0. ?. 1272.
v.
Potsdam, den 10. Februar 1883.
Im Verfolg meiner Erlasse vom 19. Dezember v. I. und
10. v. M., betr. das Regulativ für die Untersuchung des in das
öffentliche Schlachthaus dortiger Stadt gelangende Schlachtvieh, setze
ich den Magistrat ergebenst davon in Kenntniß, daß die Herren Minister
für Handel und Gewerbe, des Innern und für Landwirthschaft rc.
es durch Verfügung vom 17. v. M. abgelehnt haben, die von mir
beantragte Vorentscheidung über das Verhältniß der Polizeibehörde
und der Kommunalbehörde bei Ausführung der Bestimmungen des
Gesetzes, betr. die Errichtung öffentlicher ausschließlich zu benutzender
Schlachthäuser vom über die sachverständige Unter
suchung des in das öffentliche Schlachthaus gelangenden Schlachtviehs
zu treffen, um nicht der Entscheidung über eine nach §. 145 des Zu
ständigkeitsgesetzes vom 26. Juli 1876 und §. 36 des Organisations
gesetzes vom 26. Juli 1880 gegen meinen Beschluß über die Ge
nehmigung des mit dem gefälligen Berichte vom 16. Dezember v. I.
vorgelegten Regulativs statthafte Beschwerde vorzugreifen.
Demnach erwidre ich dem Magistrat nunmehr auf den letzt
gedachten Bericht, daß ich dem durch Gemeindcbeschluß vom 7./8.
Dezember v. I. festgestellten
Regulativ für die Untersuchung des in das öffentliche Schlacht
haus der Stadt Berlin auf dem Central-Vieh- und Schlachthof
gelangenden Schlachtviehs
die nach §. 3 des Gesetzes vom ^o ^März^l881 erforderliche Geneh
migung nur ertheilen werde, wenn
1. im 8. 8 an Stelle des Satzes: „Die Schlachtung solcher
Thiere . . . dem Polizei-Schlachthause überwiesen." im An
schluß an den vorausgehenden Satz die Worte treten: „das
Thier aber der Polizeibehörde zur weiteren Verfügung zu
überweisen"
2. im §. 19 statt: „und in den dafür bestimmten .... über
wiesen zu werden." ebenfalls nur die Worte gesetzt werden:
„und der Polizeibehörde zur weiteren Verfügung überwiesen.
3. im 8. 34 letzte Zeile die Worte „und geschlachtet" gestrichen
werden.
4. im 8- 16 für die Zettelaufschrift anstatt der Worte „mit
Beschlag belegt" die Worte „zurückgewiesen und beanstandet"
gewählt und dem entsprechend überall in den 88- 16, 17,
18, 19, 21 und 29 die Worte „mit Beschlag belegt" und
Beschlagnahme entsprechend geändert werden.
In das eine hierbei zurückfolgende Exemplar des in doppelter
Ausfertigung eingereichten Regulativs sind die verlangten Aenderungen
mit rother Tinte eingetragen worden.
Zur Motivirung des unter 1 bis 3 angegebenen Veränderungen
nehme ich auf meinen Erlaß vom 19. Dezember v. I- Bezug. Was
die Veränderung unter 4 anbetrifft, so sind dem Magistrat aus den
stattgehabten kommissarischen Verhandlungen die Bedenken bekannt,
welche von Seitens des Königlichen Polizei-Präsidiums gegen den
Ausdruck „Beschlagnahme" erhoben worden sind. Ich theile diese Be
denken zwar um derwillen nicht, weil ganz unabhängig von diesem
Wort der 8- 19 des Regulativs vorschreibt, was mit dem ungesund
befundenen Thier bezw. den als ungesund befundenen Theilen eines
solchen geschehen soll und nicht geschehen darf, und eben hieraus sich
ergiebt, welche Bedeutung dem Worte Beschlagnahme im Regulativ
zukommt. Um indessen auch, was diesen Ausdruck anbelangt, den
allgemeinen Gesichtspunkt meines Erlasses vom 19. Dezember vorigen
Jahres festzuhalten, finde ich es angemessen, daß an Stelle der „Be
schlagnahme" die doppelte Bezeichnung „Zurückweisung und Bean
standung" trete, Erstere um anzudeuten, daß das von den städtischen
Sachverständigen als ungesund befundene Thier oder Fleisch von der
Schlachtung in dem städtischen Schlachthause bezw. von dem Consum
in der Stadt definitiv ausgeschlossen sei; Letztere, um hervorzuheben,
daß es übrigens nicht etwa freigegeben, sondern der Polizeibehörde
die weitere Verfügung über dasselbe vorbehalten sei.
Aus dem allgemeinen Gesichtspunkte meines Erlasses
vom 19. Dezember vorigen Jahres ergiebt sich, — wie ich
schließlich bemerke, — als eine selbstverständliche Folge, daß
die Genehmigung des Regulativs nur unbeschadet der Befugnisse der
staatlichen Sanitäts- und Veterinär-Polizei wird erfolgen können; ich
finde aber ebendeshalb, weil ein auf Grund des Gesetzes vom
18. März 1868
9 März 1881 öefaßter Gemeindebeschluß seiner Natur nach in das
Ressort der staatlichen Polizeibehörde nicht beschränkend eingreifen kann,
keine Veranlassung, die Aufnahme einer dieses ausdrücklich anerkennen
den Clausel in das Regulativ selbst zu verlangen.
Der Ober-Präsident, Staatsminister.
Achenbach.
135. Vorlage (J.-Nr. 10631 11. V. II. 83) — zur Beschluft-
fafsung —, betreffend das Projekt zur Abänderung
der nördlichen Banfluchtlinie der Gerichts-Strafte
auf der Strecke zwischen der Pank- und Reinicken
dorferstrafte am Platz M der Abtheilung XI und 2
des Bebauungsplanes.
I. Durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 3. November 1864 ist
für die Nordseite der Gerichtsstraße auf der kleinen Strecke zwischen
der Pank- und Reinickendorferstraße eine Baufluchtlinie festgesetzt
worden, welche in der Verlängerung der für das gegenüber liegende
Eckgrundstück an der Gerichts- und Reinickendorferstraße vorhandenen
Bauflucht liegt.
Sowohl von dem gegenwärtigen Besitzer sowie von dem Vorbe
sitzer des an die gedachte Strecke angrenzenden Grundstückes Reinicken-
dorferstraße Nr. 9 ist zum Zweck anderweiter Bebauung eine Vor
schiebung der jetzigen Baufluchtlinie gewünscht worden und zwar in
der Art, daß die zukünftige Baufluchtlinie die Verlängerung der für
das auf der anderen Seite gegenüberliegende Eckgrundstück an der
Gerichts- und Pankstraße schon bestehenden bildet.
Wir find den diesbezüglichen Anträgen der Besitzer jenes Grund
stücks näher getreten und haben danach auf Vorschlag der Bau-
Deputation beschlossen, die Festsetzung einer neuen Baufluchtlinie in
der beantragten Weise wie dies insbesondere aus dem beifolgenden
Uebersichts- und Situationsplane ersichtlich ist, zu erwirken.
Die Festsetzung der projecfirten Baufluchtlinie liegt allerdings in
erster Reihe im Interesse der Antragsteller, aber gleichzeitig wird durch
dieselbe auch dem Allgemein-Jnteresse genützt. Der der qu. Straßen
strecke gegenüber liegende, durch die Straßenkreuzungen entstandene
Platz M des Bebauungsplanes Abtheilung X 1 und 2 gewinnt durch
die neue Bauflucht nicht unwesentlich an regelmäßiger Gestaltung. Für
den Verkehr in der dortigen Gegend kann dies nur von Vortheil sein,
da eine Erleichterung desselben in Folge dessen ermöglicht wird. Auch
der Umstand, daß die Gerichts-Straße auf besagter Strecke bereits
thatsächlich parallel mit der Fluchtlinie des Grundstücks
an der Ecke der Gerichts- und Paukftraße, demnach auch
parallel mit der projectirten Baufluchtlinie gepflastert ist,
dürfte für die angeregte Festsetzung der Bauflucht bestimmend sein, da
bei Beibehaltung der bestehenden Fluchtlinie eine Veränderung der
jetzigen Straßenrichtung sowohl wie des Jnsclperrons auf dem vorge
legenen Platze früher oder später doch erfolgen muß.
In Uebereinstimmung mit der Bau-Deputation, Abtheilung II.,
ersuchen wir demnach die Stadtverordneten-Versammlung zu beschließen:
Die Stadtverordneten - Versammlung erklärt sich damit
einverstanden, daß nach Maßgabe der vorliegenden Pläne
für die Nordscite der Gerichtsstraße auf der Strecke zwischen
der Reinickendorfer- und der Pankstraße am Platze M der
Abtheilung X 1 und 2 des Bebauungsplanes eine neue Bau
fluchtlinie festgesetzt werde.
II. Für den Fall, daß die projectirte Baufluchtlinie zur endgültigen
Festsetzung gelangt, beabsichtigt der jetzige Besitzer des Grundstücks
Reinickendorferstraße Nr. 9, Kaufmann Paul Haberkern, hier,
Lübbenerstraße Nr. 16 wohnhaft, das seinem Grundstück vorgelegene
und hinter der neuen Fluchtlinie befindliche Straßenterrain in die
Bebauung jenes Grundstücks hineinzuziehen. Da der für das in
diesem Falle von Herrn Haberkern zu erwerbende Terrain, welches
einen Flächeninhalt von 196 gm hat, gebotene Preis von I 000 JC
uns zu gering erschien, sind wir mit p. Haberkern dieserhalb in
Unterhandlung getreten, zufolge welcher er sich schließlich zur Zahlung
eines Erwerbpreises von 5 000 JC bereit erklärte
Wir sind in Uebereinstimmung mit der Bau-Deputation, Abthei
lung II, der Ansicht, daß dieser letztere Preis den in dortiger Gegend
für Bauland gellenden Preisen entspreche und ersuchen die geehrte
Versammlung daher ferner, zu beschließen:
Die Stadtverordneten-Versammlung genehmigt für den
Fall, daß die ad l vorgeschlagene Baufluchtlinie zur Fest
setzung gelangt, den Verkauf des dem Grundstück Rcinicken-
dorferstraße Nr. 9 vorgelegenen bis an die neue Fluchtlinie
reichenden Terrains von 196 gm für den Preis von 5 000 JC
Berlin, den 17. Februar 1883.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
gez. von Forckenbeck.
Berlin, den 19. Februar 1883.
Der Stadtverordneten - Vorsteher,
gez. Dr. Ltraftmann.