1570
356. Vorlage (J.-Nr. 902. G. B.) — zur Beschluß
faffung —, betreffend die Penfionirung des
Kanzleiinspectors Barz.
Die Stadtverordneten-Versammlung wolle beschließen:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß dem
Kanzleiinspector Barz bei seiner am 1. Juli d. I. erfolgenden
Versetzung in den Ruhestand eine Pension in Höhe von jährlich
4000 J{, gezahlt werde.
Begründung.
Der Kanzleiinspector Barz, Bellealliancestr 18 wohnhaft, ist bei
uns um seine Versetzung in den Ruhestand vorstellig geworden, weil er
sich im Alter von 69 Jahren in Bezug auf seinen Körperzustand den
Anforderungen des Dienstes nicht mehr gewachsen fühlt. Unser Ver
trauensarzt hat dies nach dem anliegenden Atteste bestätigt und den
rc. Barz zur Erfüllung feiner Amtspflichten für dauernd unfähig erklärt.
Der Genannte hat eine Dienstzeit von über 51 Jahren, davon
35 Jahre bei der Stadt zurückgelegt, also 11 Jahre mehr als den
neuesten Bestimmungen zufolge nothwendig gewesen wäre, um den höchsten
gesetzmäßigen Pensionssatz von % seines Diensteinkommens = 3 300 oft.
zu erhalten. Er hat sich stets als ein eifriger und pflichttreuer Beamter
gezeigt und als folcher auch dem Bureau der Stadtverordneten-Ver-
fammlung 15 Jahre lang angehört.
Wir beabsichtigen deshalb, über den gesetzmäßigen Pensionssatz hinaus
zugehen und wenn auch nicht seiner uns vorgetragenen Bitte auf Ge-
Währung des ganzen Gehalts als Pension zu entsprechen, so doch eine
solche von 4 000 Jt jährlich zu bewilligen.
Die Stadtverordneten-Versammlung ersuchen wir, sich' hiermit ein
verstanden zu erklären uud damit einem alten Beamten für seine ver
dienstvolle Thätigkeit die wünschenswerthe Anerkennung auszusprechen,
auch zu verhindern, daß er bei seinem Uebertritt in den Ruhestand einen
allzu fühlbaren Nachtheil in seinen äußeren Verhältniffen erleide. Barz
ist außerdem kränklich und bedarf, soll die wohlverdiente Ruhe ihm nicht
auf zu kurze Zeit vergönnt werden, besonderer kostspieliger Pflege, so daß
ihn die mit einer weiteren Herabminderung seines Einkommens nothwendig
verbundenen Einschränkungen in empfindlichster Weise treffen würden.
Eine nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen aufgestellte
Pensionsberechnung, welche über die Dienst-rc Verhältniffe des rc. Barz
das Nähere enthält, fügen wir anliegend bei.
Berlin, den 7. Mai 1882.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
357. Vorlage (J.-Nr. 1072. G. B.) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die Bewilligung von Er-
ziehungSgeld.
Die Stadtverordneten-Versammlung wolle beschließen:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß der
verwittweten Stadtsergeant M üller vom 1. Juli d. I. ab für
ihr jüngstes Kind bis zum vollendeten 15. Lebensjahre deffelben
ein monatliches Erziehungsgeld von 6 oft. gezahlt werde.
Begründung.
Der Stadtsergeant Müller ist nach fünfzehnjähriger tadelloser Com-
munaldienstzeit am 24. März d. I. verstorben, ohne seiner Familie Ver
mögen hinterlassen zu haben. Die Wittwe Henriette, geb. Kania, hier-
selbst Lichtenbergerstr. 12, III Treppen, wohnhaft, ist daher vom 1. Juli
cr. ab einzig und allein auf ihre Wittwenpension von 450 oft. jährlich
angewiesen. Von diesem Betrage ist sie indessen nicht im Stande, sich und
ihre drei Kinder zu erhalten und hat uns deshalb gebeten, ihr für den
jüngsten, 10 Jahre alten Sohn eine Erziehungsbeihülfe zu gewähren.
Nach dem Berichte des Bezirksvorstehers machen die Verhältniffe der
Petentin einen sehr dürftigen Eindruck; zwar bemühen sich die beiden
ältesten Kinder — eine Tochter von 17 und ein Sohn von 15 Jahren —
nach Kräften zu den Kosten des Haushalt« beizutragen, indcffen ist ihr
Verdienst — die Tochter beschäftigt sich mit Näharbeiten, der Sohn fun-
girt als Schreiber bei einem hiesigen Rechtsanwalt — nur ein sehr
geringer.
Unter diesen Umständen und mit Rücksicht darauf, daß der Verstor
bene sich stets zu unserer Zuftiedenheit geführt hat, sind wir bereit, dem
Munsche der Wittwe Müller stattzugeben.
Berlin, den 1. Juni 1882.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
358. Vorlage (J.-Nr. 822. S. D. I.) — zur Beschluß
fassung —, betreffeub die commiffarische Beschäf
tigung der Lehrerin Fräulein Pauline Croll in»
Gemeindeschuldienst.
Die Lehrerin Fräulein Pauline Croll, geboren am 26. April 1848,
Köthencrstr. 4 wohnhaft, hat vom 1. Januar 1871 bis 1. April 1872
an der Ludewig'schen, daraus bis I. April 1876 an der Asmus'schen
Privatschule unterrichtet. Als diese Schule aufgelöst wurde, wurde Fräu-
lein Croll nach einer Probelcction und der Untersuchung ihres Gesund
heitszustandes durch den Physikus, welche beide günstig für sie ausfielen,
vom 1. April 1876 ab als Anwärterin im Gcmeindeschuldienst ange
nommen.
Im November 1876 erkrankte Fräulein Croll an Lungenblutung.
Es wurde ihr ein von ihr nachgesuchter längerer Urlaub ertheilt, und
zwar vom 1. April 1877 ab unter Entziehung ihrer Remuneration.
Im August 1878 suchte Fräulein Croll ihre Wiederannahme im
Gemeindeschuldienst nach; diesem Antrage entsprachen wir insoweit, als
wir Fräulein Croll vom 1. October 1878 ab interimistisch an Ge
meindeschulen gegen eine Remuneration von 88 oft. monatlich beschäftigten.
Im April cr. beantragte Fräulein Croll ihre definitive Anstellung
im Gemeindeschuldienst.
Nach dem von uns eingeforderten und hier beigefügten Gutachten
des Geheimen Medicinalraths Herrn Professor l)r. Skrzeczka kann der
selbe trotz dem negativen Ergebniß der Untersuchung nicht umhin, Bedenken
wegen der Zukunft, und in Bezug auf ihre feste Anstellung als städtische
Lehrerin zu äußern.
Bei der unzweifelhaften Tüchtigkeit der rc. Croll, sowie in Anbe
tracht dessen, daß Fräulein Croll seit ihrer Wiederannahme im Gemeinde
schuldienst nicht einen Tag krankheitshalber den Unterricht ausgesetzt hat,
beabsichtigen wir, Fräulein Croll commiffarisch, zunächst gegen eine dem
Minimalgehalt gleichkommende Remuneration von jährlich I 170 oft zu
beschäftigen, so aber, daß die Möglichkeit der Ascension nicht auSge-
fchloffen ist.
Die Stadtverordneten-Versammlung ersuchen wir.
Sich mit der commiffarischen Beschäftigung der Lehrerin Fräu-
lein Pauline Croll im Gemeindeschuldicnst einverstanden zu
erklären.
Berlin, den 7. Juni 1882.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
3-;r». Vorlage (J.-Nr. 1125. G. B.) — zvr Beschluß,
faffung —, betreffend die Bewilligung von Er
ziehungsgelderu.
Die Stadtverordneten-Versammlung wolle beschließen:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß der
verwittweten Stadtsergeant Kühne für ihren am 5. Mai 1876
geborenen Sohn vom I. Juni cr. ab bitz zu deffcn vollendetem
15. Lebensjahre ein Erziehungsgeld von 9 oft. monatlich ge
zahlt werde.
Begründung.
Der am 13. v. M. verstorbene ehemalige Stadtsergeant Kühne,
der seit 1. Juli 1879 pensionirt war, hat eine Wittwe und einen am
5. Mai 1876 geborenen Sohn mittellos hinterlaffen. In Folge eine«
Gesuchs der Frau Kühne haben wir über ihre Lage durch den betreffenden
Bezirksvorsteher recherchiren laffen und berichtet erhalten, daß die Ge
nannte sich eines guten Rufe- erfreut, ohne eigenes Vermögen und in
ihren Verhältniffen durch die lange Krankheit de« Mannes sehr zurück-
gekommen ist.
Die ihr vom 1. Juni cr. ab zustehende Wittwenpension von 450 oft
jährlich reicht zu ihrem und ihres Kindes Unterhalt nicht hin, so daß die
Frau einem Nebenerwerb nachzugehen genöthigt ist. Dieser ist jedoch
äußerst gering anzuschlagen, da er des Kindes wegen nicht außer dem
Hause gesucht werden kann und durch die Besorgung der Wirthschaft häu
fige Störungen erleidet. Der Herr Recherchent hat sich aus diesen Gründen
zu dem Antrage bewogen gefühlt, der rc. Kühne eine Kindererziehung«-
beihülfe zu gewähren.
Wir sprechen uns nach Lage der Suche gleichfalls hierfür aus.
Frau Kühne steht im 41. Lebensjahre und wohnt Manteuffelstr. 91.
Berlin, den 16. Mai 1882.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.