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Volume No. 4 (25), 21.Januar 1882

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1882 (Public Domain)

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Herr Stadtverordneter Dr. Hermes, 
- - Weiß, 
- - Fritze, 
- - Franke, 
» - Dr. Stryck, 
- - Dr. Langerhans, 
- - Dr. Kürten, 
« - Namslau, 
- - Grabe, 
- - Richter. 
Von der Stadtverordneten - Versammlung ist in der Sitzung am 
1. September er. die Beschlußfassung über die Vorlage des Magistrats 
vom 29. Juli cr., betreffend den Bau von 10 überwölbten Filterbassins, 
sowie einer mechanischen Sandwäsche ans dem Grundstücke der städtischen 
Wasserwerke zu Tegel, ausgesetzt und der Magistrat ersucht worden, zu 
nächst diese Angelegenheit mit ihr in gemischter Deputation zu berathen. 
Hierzu hat sich der Magistrat bereit erklärt und sind die Mitglieder 
dieser Deputation heute zur Berathung zusammengetreten. 
Der von dem Herrn Vorsitzenden zum Referenten ernannte Herr 
Stadtrath Haack gab zunächst einen kurzen Ueberblick über die bisherigen 
Verhandlungen in dieser Angelegenheit und fugte hinzu, daß von dem 
Königlichen Polizei-Präsidium, welches seit dem Jahre 1878 mehrmals 
die baldige Beseitigung der Uebelstände bei dem von den Tegeler Wasser 
werken gelieferten Wasser gefordert habe, unter dem 29. September cr. 
an den Magistrat ein Schreiben gerichtet worden sei, im welchem das 
selbe darauf hinweise, daß es bei einer ferncrweiten Verzögerung in der 
Erledigung dieser Angelegenheit seinerseits unvcrweilt die ihm durch das 
Gesetz gebotenen Wege zur Abstellung der schweren, durch die Beschaffen 
heit des Wassers der Tegeler Werke bedingten Mißstände einschlagen 
werde. 
Neuerdings seien zwar noch von verschiedenen Seiten Vorschläge zur 
Abhilfe der qu. Uebelstände eingegangen, aus denselben ergebe sich aber 
theilweise eine Unkenntniß der hiesigen Verhältnisse. 
Ueber die Proteste von Einwohnern Charlottcnburgs, sowie der Di- 
rection der Potsdamer Wasserwerke gegen die in dem Gutachten des Di- 
rectors Gill vom 5. Juli cr. enthaltenen Urtheile über die Beschaffen 
heit des von den Charlottenburger (Westend-) und Potsdamer Wasser 
werken gelieferten Wassers habe sich der Director Gill geäußert und halte 
derselbe seine Behauptungen vollständig aufrecht. 
Aus dem Inhalte des aus Charlottenburg eingegangenen Protestes 
ergebe sich schon, daß demselben nur geringer Werth beizulegen sei. 
Auch das von den Potsdamer Werken gelieferte Wasser scheine nicht 
so gut zu sein, wie behauptet worden, da in dem von dem Magistrat zu 
Potsdam eingegangenen Schreiben vom 10. Octobcr cr. angeführt sei, 
daß daselbst in letzter Zeit vielfache Klagen über die Beschaffenheit des 
Wasserleitungswassers ausgesprochen worden seien. 
In Betreff der heute den Mitgliedern der Deputation zugestellten 
Brochure, enthaltend ein Gutachten des Subdirectors Oestcn über die 
Tegeler Wafferwerke und die Entgegnung des Directors Gill hieraus, 
bemerke er. daß er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Curatoriums 
der städtischen Wafferwerke während der letzten Jahre den Subdirector 
Olsten mehrere Male zur Aeußerung seiner Meinung über die qu. An 
lagen aufgefordert, letzterer aber sich zur Sache nicht geäußert habe. 
Erst im September d. I. habe der Subdirector Oesten ihm brieflich 
mitgetheilt, daß er anderer Ansicht als der Director Gill sei, und dem 
nächst auf feine, des Referenten, Vcranlaffung das vorerwähnte Gutachten 
eingereicht. Daß der Subdirector Oesten in einer so wichtigen An 
gelegenheit erst jetzt mit seiner abweichenden Meinung hervorgetreten sei, 
fei zu bedauern. Derselbe habe die verspätete Einreichung damit motivirt, 
daß er erst jetzt mit seiner Ansicht völlig ins Klare gekommen sei, auch 
erst die Resultate der von der Stadtverordneten-Bersammlung empfohlenen 
Versuche habe abwarten wollen. — Nach seiner, des Referenten, Ansicht 
feien aber die Ausführungen des Subdirectors Oesten durch die Ent 
gegnung des Directors Gill widerlegt. 
Von dem Magistrat seien auch die Oesten'schcn Vorschläge geprüft 
worden, derselbe halte indessen an seinem Antrage vom 4. April cr. fest. 
Hinsichtlich der Beschaffenheit des von den Tegeler Werken gelieferten 
Waffers scheine bei der Majorität der Stadtverordneten-Bersammlung 
zwischen der im Juni cr. und der im September cr. stattgehabten Be- 
rathung eine Meinungsänderung eingetreten zu sein, da jetzt von einer 
größeren Zahl von Mitgliedern der Versammlung die schlechte Beschaffenheit 
dieses Wassers und die Nothwendigkeit einer schleunigen Abhilfe der Uebel 
stände anerkannt werde. 
Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Sache empfehle es sich nach 
seiner Ansicht, durch die Berathungen der gemischten Deputation festzu 
stellen: 
1. daß die Beschaffenheit des von den Tegeler Werken gelieferten 
Wassers eine sehr schlechte und eine schleunige Abhilfe der Uebel- 
stände, welche dasselbe zeigt, dringend nothwendig, sowie 
2. daß zu diesem Behufe mit dem Bau von Filterbassins vorzu 
gehen, dagegen aber für jetzt von einer anderweiten Aenderung 
der Tegeler Werke und von der Herstellung neuer Anlagen, 
deren Erfolg zweifelhaft sei und deren Ausführung viel Zeit 
erfordere, Abstand zu nehmen sei. 
Nachdem der Herr Vorsitzende noch mitgetheilt hatte, daß er sich zur 
Zuziehung von Sachverständigen zu dieser Berathung nicht für ermächtigt 
gehalten und deshalb den Director Gill und den Subdirector Oesten 
nicht eingeladen habe, wurde demnächst auf deSfallsigen Antrag in die 
Generaldiskussion eingetreten. 
Wenngleich allseitig die schlechte Beschaffenheit des von den Tegeler 
Werken gelieferten Waffers anerkannt wurde, so wurde doch von mehreren 
Mitgliedern der Deputation eingewendet, daß sie bei der jetzigen Lage 
der Sache noch nicht für den Bau von Filterbassins stimmen könnten. 
Die bisher angestellten Ermittelungen zur Erforschung der Uebel- 
stände, welche sich bei dem Wasser der Tegeler Werke zeigen, und der 
Mittel zu deren Beseitigung, hätten allerdings schon einige Jahre in An 
spruch genommen, es könne jedoch nicht darauf ankommen, ob die Ver 
suche, deren Anstellung die Stadtverordneten-Bersammlung in dem Be 
schlusse vom 2. Juni cr. beantragt hätte, noch etwa ein halbes Jahr in 
Anspruch nähmen, da dieser Zeitraum verhältnißmäßig nur kurz sei, und 
im Falle eines günstigen Resultats der Versuche der Stadt viele Kosten 
erspart würden. 
Hätte der Magistrat diese Versuche, welche von der Stadtverordneten- 
Bersammlung als letzte Experimente angesehen wurden, ausführen lassen, 
wenn auch nur in geringerem Umfange, so würde hierdurch Klarheit ge- 
schaffen worden sein und es hätte jetzt endgiltig in dieser Angelegenheit 
Beschluß gefaßt werden können. 
Zur Ausführung dieser Versuche hätte überdies nach der Ansicht der 
Sachverständigen Beitmeyer und Behrendt ein Zeitraum von 3 Mo 
naten genügt und der Stadtverordneten-Bersammlung würde dadurch ein 
Entgegenkommen bewiesen worden sein. 
Es sei auch anzunehmen, daß durch die Zuführung von Luft in das 
Brunnenwasser die Algen würden gelüstet worden sein und daß als 
dann die abgestorbenen Algen aus den Brunnen hätten entfernt werden 
können. 
Ob der Bau von Filterbassins durchaus nothwendig sei und ob die 
selben unter allen Umständen Abhilfe der Uebelstände gewährten, sei noch 
gar nicht festgestellt. 
Die Bewohner von Charlottcnburg und Potsdam seien mit dem 
ihnen gelieferten, aus Brunnen entnommenen und nicht filtrirten LeilungS- 
waffer im Allgemeinen zufrieden. Wenn dort dennoch einzelne Klagen 
laut geworden wären, so müsse man bedenken, daß kleine Uebclstände sich 
überall zeigen. 
Gegen die Herstellung von Filtern spreche ferner der Umstand, daß 
auch in den Stadttheilen, welche von den Stralaner Werken siltrirteS 
Waffer erhielten, dies Wasser mitunter schlecht sei. 
Der Oesten'sche Vorschlag, die in Tegel vorhandenen Tiefbrunnen 
zum Theil zuzuschütten und flache Brunnen anzulegen, sei ebenfalls be- 
achtenswerth, da gerade die tieferen Wafferschickiten der Brunnen Eisen 
enthielten und hierdurch die Uebclstände deS Waffers der Tegeler Werke 
mit herbeigeführt würden. Auch der Director Gill habe die früher tiefer 
in die Tegeler Brunnen geführten Saugeröhren verkürzt, nm nur aus den 
oberen Schichten Waffer zu entnehmen. Daß bei anderen Brunnen eine 
Aenderung in der Beschaffenheit des Waffers durch die Entnahme des 
selben aus anderen Erdschichten herbeigeführt worden, sei schon öfter vor- 
gekommen. 
Da es ferner nach den Oesten'schcn Angaben nicht ausgeschlossen 
sei, daß flache Brunnen dauernd eben so viel Wasser geben, wie tiefere 
Brunnen, so sei es möglich, daß gar nicht eine so bedeutende Vermehrung 
der Zahl der Brunnen erforderlich werde. Endlich sei auch zu berück 
sichtigen, daß die Ausführung dieses Versuches in geringem Umfange 
nicht kostspielig sei. 
Wenn der Subdirector Oesten erst jetzt mit seinem Vorschlage 
hervorgetreten sei, so müsse berücksichtigt werden, daß er in seiner Stellung 
zu dem Director Gill wahrscheinlich diesem nicht habe entgegentreten 
wollen, und daß er mit seiner Ansicht, welche er vielleicht schon früher 
gehabt habe, erst hervorgetreten sei, nachdem er sich von deren Richtigkeit 
durch reifliches Nachdenken und durch Nachforschungen überzeugt habe. 
Der Magistrat stütze sich bei seinen Anträgen nur aus das Gut 
achten des Directors Gill. Hieran sei jedoch der Magistrat nicht ge 
bunden, es sei vielmehr wünschenswerlh, daß auch noch andere Sachver 
ständige gehört würden. 
Auf diese Anführungen wurde entgegnet, daß durch die bisher an 
gestellten Versuche, deren Kosten einschließlich des Baues zweier Reservoire 
in Tegel und Charlottcnburg sich bereits auf 458 790 <M. belaufen, ge 
nügendes Material beschafft sei, um nunmehr eine endgiltigc Entscheidung 
treffen zu können, und daß höchst wahrscheinlich auch durch neue Versuche 
wesentlich Neues sich nicht ergeben werde. 
Die Beschaffenheit des Waffers der Tegeler Werke sei, wie allseitig 
anerkannt werde, so schlecht, daß es nicht zu verantworten sei, wenn nicht 
sofort eine Entscheidung getroffen würde. Tie Bürgerschaft werde mit 
Recht ungeduldig und könne verlangen, daß endlich den Uebelständen ab 
geholfen werde. 
Die in dem Beschluffe der Stadtverordneten-Bersammlung von 
2. Juni cr. empfohlenen Versuche seien hauptsächlich nur deshalb von dem 
Magistrat nicht ausgeführt worden, weil letzterer diesen Beschluß dahin 
aufgefaßt habe, daß die Versuche bis zum 1. September cr. ausgeführt 
und die Resultate schon am 1. September cr., wo die Stadtverordneten-
	        
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