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(Ges.-Sammt, de 1868 S. 277 ff.) und des Artikels I. des Gesetzes
zur Abänderung und Ergänzung des Gesetzes vom 18. März 1868, be
treffend die Errichtung öffentlicher, ausschließlich zu benutzender Schlacht-
Häuser vom 9. März 1881 (Ges.-Samml. de 1881 S. 273 ff.), wird
hiermit, nachdem aus dem städtischen Centralviehhos seitens der Stadt-
gemeinde ein öffentliches Schlachthaus errichtet und in Betrieb gesetzt
worden ist, durch Gcmeindcbeschluß Nachstehendes angeordnet:
8. i.
Innerhalb des Gcmeindebczirks der Stadt Berlin darf das Schlachten
sämmtlicher Gattungen von Vieh, das Entleeren und Reinigen der Ein
geweide des Schlachtviehs, sowie das Enthäuten deffelben — jedoch mit
Ausnahme des Enthäutens der Kälber —, nnr in dem öffentlichen Schlacht
hause auf dem städtischen Centralviehof vorgenommen werden.
8- 2.
Alles in das öffentliche Schlachthaus gelangende Schlachtvieh ist zur
Feststellung seines Gesundheitszustandes sowohl vor als nach dem Schlach
ten einer Untersuchung durch Sachverständige zu unterwerfen.
8. 3.
Sowohl auf den öffentlichen Märkten als in den Privatverkaufs-
stättcn ist das nicht in dem öffentlichen Schlachthause ausgeschlachtete
frische Fleisch von dem daselbst ausgeschlachteten Fleisch derart gesondert
feil zu bieten, daß aus dem öffentlichen Schlachthause kommendes und
nicht daher stammendes frisches Fleisch eine Jedermann kenntliche ge
sonderte Stelle hat.
8- 4.
Diejenigen Personen, welche in dem Gemeindebezirk Berlin das
Schlächtergewerbe oder den Handel mit frischem Fleisch als stehendes Ge
werbe betreiben, dürfen innerhalb des Gemeindebezirks das Fleisch von
Schlachtvieh nicht feilbieten, welches sie nicht in dem öffentlichen Schlacht-
hause, sondern in einer anderen innerhalb eines Umkreises-von acht Kilo-
Metern von den Grenzen des Gcmeindebczirks Berlin gelegenen Schlacht-
stätte geschlachtet haben oder haben schlachten lassen.
8- 5.
Die vorstehenden Anordnungen treten in Kraft:
u) für die Bezirke der Fleischschauämter:
Nr. 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 8 am 1. October 1882;
b) für die Bezirke der Fleischschauämter:
Nr. 4, 9, 10 und 11 am 1. Januar 1883.
Berlin, den 188
Magistrat hiesiger Köuigl. Aaupt- und Residenzstadt.
Zu Nr. H3.
Anlage L.
Allgemeine Begründung der Vorlage vom 5. Februar 1876.
Seit langer Zeit hat die Frage der Errichtung öffentlicher Schlacht
häuser, welche mit einem Viehmarkt in directe Verbindung zu setzen,
sowohl innerhalb der hiesigen Communalbehördcn, wie auch bei fast allen
Gemeindeverwaltungen Deutschlands und außerdeutscher Länder die leb
haftesten Erörterungen und Berathungen hervorgerufen. Das End-
ergcbniß derselben ist bei fast allen größeren Stadtverwaltungen die
Errichtung einheitlicher, dem gesammten Bedürfniß der städtischen Be
völkerung genügender, zu einer einzigen Anlage verbundener Schlacht
häuser nebst Vichmarkt gewesen, und wo dies Resultat, wie z. B. in
Paris und Wien, noch nicht ganz erreicht ist, wird dasselbe, sicheren In
formationen zufolge, für die nächste Zukunft in das Leben treten.
Die Lösung dieser Frage hat in Berlin den Gang genommen, daß
die Stadtvcrordneten-Versammlung eine ihr unter dem 7. December 1867
vom Magistrat erstattete Vorlage,
welche die Errichtung einer einheitlichen, mit einem Vichhofe
verbundenen Schlachthausanlage auf einem besonders hierfür
zu erwerbenden 82 Morgen großen Terrain in Vorschlag
brachte,
nach längeren Berathungen, welche auch innerhalb einer aus der Mitte
der Versammlung niedergesetzten Commission gepflogen wurden, unter
dem 25. Juni 1868 ablehnte.
Noch in demselben Jahre erfolgten die ersten Schritte zur Errichtung
der gegenwärtig der „Viehmarkt-Actiengesellschast" gehörigen Etablissements
im Wege der Privatspeculation.
Das Gesetz, betreffend die Errichtung öffentlicher, ausschließlich zu be
nutzender Schlachthäuser ward unter dem 18. März 1868 publicirt. Kraft
desselben erhielten die Gemeinden die Besugniß, unter Schließung aller
Privatschlachtstätten geg<-n Entschädigung der Inhaber den gesammten
Schlachtbetrieb auf bauliche Anlagen zu concenlriren, welche aus öffent
lichen Mitteln oder durch hierfür zu engaqirende Unternehmer zu errichten
und gegen feste Gebührensätze der allgemeinen Benutzung zu eröffnen sein
sollten. Namentlich wurde aber auch — die Errichtung öffentlicher Schlacht
häuser vorausgesetzt — die sanitäre Untersuchung des zur Versorgung
der Stadt dienenden Fleisches, eine den Gemeinden gesetzlich übertragene
Besugniß.
Seitdem ist die Bevölkerung der Stadt um Hnndertausendc gestiegen.
Mit dieser rapiden Bevölkerungszunahme ist der Fleischconsum und
mit ihm haben sich die Gefahren für die Gesundheit der Gesammtbcvölke-
rung vermehrt, welche einerseits aus der gar nicht oder nur mangelhaft ge
regelten sanitären Controle des Schlachtviehs vor und nach dem Schlachten,
ganz insbesondere aber daraus entstehen, daß Schlachtungen aller Arten
von Vieh in Privatschlachtstätten, auf Höfen, Kellern rc. inmitten sonstiger
Wohnstätten der Bevölkerung vorgenommen werden.
Welche gesundheitlichen und sonstigen Schädigungen für das Ge
meinwohl sowohl durch den einen, wie den anderen Mißstand entstehen,
ist so oft so nachdrücklich und so überzeugend dargcthan worden, daß eine
besondere Beweisführung hierfür erübrigt.
Jedes größere Gemeindewesen — namentlich einer Großstadt, wo
alle diese Schädlichkeiten sich noch sehr erheblich intensiv steigern — kann
sich deren zweckmäßige Beseitigung unmöglich entziehen. Wir haben eS
deshalb für unsere nicht länger zu verschiebende Pflicht gehalten, der
Lösung jener Aufgabe näher zu treten. Neben den schon angedeuteten
gesundheitlichen Gesichtspunkten war hierbei auch noch derjenige der besseren
Versorgung der Stadt mit gesundem und wohlfeilem Fleisch maßgebend.
In allen Großstädten ist auch dieser Frage die besondere Aufmerksamkeit
der staatlichen wie der städtischen Behörden mit Recht zugewendet; eine
wenn auch nur indirectc Einwirkung auf die Regulirung der Preise jenes
nothwendigsten Subsistenzmittels, ist im Jntereffe der ihrer größten
Mehrheit nach unbemittelten Bevölkerungsklassen als eine nicht zu um
gehende Forderung anerkannt worden.
Die von uns zur Borerörterung und Bearbeitung aller vorstehenden
Fragen niedergesetzte Commission hat sich nach eingehenden Erörterungen
dahin principiell schlüssig gemacht: '
„daß zum Zweck einer wirksamen sanitären Controle des
Schlachtviehs vor und nach dem Schlachten, zur Verhütung ge-
sundheitSgesährlicher Ausflüsse und Miasmen und um endlich
der fortdauernden Steigerung der Flcischpreise entgegen zu wirken,
die Concentrirung des gesammten Viehhandels wie auch des
Schlachtbetriebes auf einen einzigen, möglichst an der Stadt
peripherie und an der Verbindungsbahn beiegenen Punkt
erforderlich und die allein zweckmäßige Maßnahme sei".
Die durch das Gesetz vom 18. März 1868 vorgesehene Entschädi
gung der Inhaber privater Schlachtstättcn ist hierbei unsererseits nicht un
beachtet geblieben. Das Gesetz hat — dies bemerken wir zunächst —
Entschädigungsgrundsätzc festgesetzt, welche exorbitanten oder auch nur
hohen Forderungen nicht günstig sind Die Erfahrung anderer Städte,
welche uns mit der Einführung des Schlachtzwanges vorangegangen sind,
hat diesen Entschädignngspunkt als einen financiell bedenklichen nicht er
scheinen lassen.
Ferner ist aber hier in Berlin nach völlig sicheren Informationen
die Zahl der wirklich entschädigungsberechtigten Inhaber von Schlacht
stätten eine im Verhältniß zur Bevölkerungsziffer der Stadt äußerst
geringe.
Z« Nr. 113.
Anlage C.
Uebersicht
über die Consumtion von Schlachtvieh in Berlin.
ES wurden consumirt:
im Jahre.
Rinder.
Kälber.
Schafe.
Schweine.
1871 . . .
57 732
78 671
178 286
184 863
1872. . .
68185
93 383
137 401
210 743
1873 . . .
71 848
94 043
164 274
2:16 104
1874 . . .
73 466
100 116
152 722
249 722
1875 . . .
73 275
108 102
153 993
246 371
1876 . . .
77 196
102 695
152 239
242 306
1877 . . .
75 006
91 401
150 048
234295
1878 . . .
77 732
91 054
188 074
233 400
1879 . . .
79 490
95 301
196 501
237 800
An Schlachtgclegenheiten sind auf dem städtischen Centralviehhos
vorhanden:
3 Rinder- und 2 Schweineschlachthäuser.
Für das Schlachten der Rinder sind bestimmt die Rinderschlacht
häuser 6. I. d. und 6. I. o.; in den 76 einfachen und 10 Doppel-