«23
nicht für nothwendig, ja nicht für wünschenswerth halte, schon jetzt mit
der Ausschmückung des ganzen Rathhauses vorzugehen. Man könne dies
ruhig späteren Zeiten überlasten und dies um so mehr, als der mit der
Zeit entstehende neue Stoff zu neuen Bildwerken Motive bieten
werde rc.
Es sind genau diese Gesichtspunkte gewesen, welche mich veran
laßten (selbstverständlich war mir nichts davon bekannt, daß dieselben in
obiger Form in dieser Angelegenheit schon aufgestellt) zur Ausschmückung
des II. Treppenhauses als Motiv den „Siegeseinzug von 1871"
vorzuschlagen. Der Gegenstand ist künstlerisch darstellbar, verständlich,
dem lebendigen Bewußtsein des Beschauers nicht fremd, er hat die Ein
heit der malerischen Idee für sich und läßt sich in großem Styl dar-
stellen, und er gehört nicht der Geschichte des Jahres 1866, sondern der
Zeit an, welche Herr vr. Pflug 1868 als „spätere Zeit"
bezeichnete.
Das Protokoll vom 2. Februar 1869 sagt bezüglich des II. Treppen
hauses selbst: „. . . daß nach dieser Räumlichkeit hin der Schwerpunkt
nicht nur der historischen, sondern aller Darstellungen fallen
muß u. s. w. u. s. w."
Dieser richtigen und wohlbegründeten Forderung und den oben an
geführten allgemeinen Gesichtspunkten gegenüber nehmen sich die Gutachten
und Vorschläge der Herren vr. Schnaase, Droysen, Eggers rc. rc.
mitunter seltsam aus.
Baurath Wäsemann hatte in seinem ersten Plan die drei Wände in
kleinere Felder getheilt, mit gemaltem Sockel und Friesen (eine Idee,
welche wohl vom Treppenhaus des neuen Museums entnommen und von
ihm später aufgegeben war) und die „Befreiungskriege" als einheit
lichen Gegenstand der Darstellung vorgeschlagen.
vr. Schnaase schlägt statt dessen die Geschichte Friedrichs des
Großen (Einheit der Idee) vor. Es ist charakteristisch, was sich der
berühmte Kunstgelehrte unter decorativer oder monumentaler Malerei
gedacht hat, als er — als Schmuck für eine andere Stelle — vorschlug
(pag 19) .. Andeutungen des stillen Aufschwungs, welcher seit 1806 der
Befreiung des Jahres 1813 vorarbeitete Die Behandlung dieses
delicaten Gegenstandes müßte aber eine ächt künstlerische, mehr
andeutende, als auf die Details der traurigen Wirklichkeit eingehende
sein". Ich gestehe, daß mich als Künstler eine solche Aufgabe in größte
Verlegenheit setzen würde!
vr. Fr. Eggers hält — trotz der zur Bemalung einladenden
Wandflächen — für das Treppenhaus nur plastischen Schmuck für würdig
und schlägt Reliefs an den Treppenwangen vor!
Professor Droysen spricht sich sehr allgemein aus, betont aber den
Großen Kurfürsten bei Fehrbellin!
G. Freitag schlägt vor: 1. Die Gründung der Stadt durch
deutsche Colonisten. 2. Marktleben des 16. Jahrhunderts. 3. Auszug
der Berliner Freiwilligen.
Was würde man sagen, wenn ich das Marktleben auf dem Haakschen
Markt, Dönhofsplatz oder an der Börse von heut zu Tage in Vor
schlag brächte? Und das Marktleben des 16. Jahrhunderts ist sicherlich
nicht viel anders oder interessanter vom malerischen Gesichtspunkt aus
und auch kaum bedeutungsvoller gewesen als das heutige. Ueber die
Gründung der Stadt glaube ich, daß wir wenig Bemerkens- und Malens
werthes davon wissen . . . „lassen wir die Todten ihre Todten begraben".
Der Verein für die Geschichte Berlins schlägt eine einheitliche
Darstellung symbolisch-allegorischen Charakters vor: In der Mitte „die
Segnungen des bürgerlichen Friedens", rechts „die Ruhmeshalle Berlins
des 18. Jahrhunderts", links „dieselbe des 19. Jahrhunderts". Letztere
beiden Bilder würden Darstellungen in der Weise von etwa Kaulbachs
„Reformation", den vielen bekannten Ruhmeshallen von Lindenschmidt
und dem neuesten großen Rathhausbilde Pilotys in München
„Monachia", sein, ohne einheitlichen Vorgang und inneres Leben, frostige
Decorationsstücke. Aus dem Mittelbild ließe sich wenigstens eine farbig
und compositionell intereffante Allegorie machen, welcher ich nur als
Gegenüber oder zur Ergänzung, logischer Weise, — statt der erwähnten
Ruhmeshallen — noch „die Schrecken des Krieges" und „den
Fluch der bösen That", oder etwas Aehnliches wünschte —, womit
dann alle drei schwerlich gerade besonders für das Berliner Rathhaus ge
eignet befunden werden möchten!
Professor Menzel endlich hält sich an Wäsemanns Wandein-
theilung und bringt außer allegorischen Zwischengestalten und der Re
formation vorwiegend militairische Gegenstände in Vorschlag, beson
ders „den Triumpheinzug König Friedrichs, 1745", „der große Kur
fürst „hoch zu Roß" bei Fehrbellin", und „ein Siegesschlachtfeld, sei
es Leipzig oder Waterloo" ......
Menzels gewaltige künstlerische Kraft würde sicherlich aus jedem
einzelnen dieser 13 projectirten Bilder, selbst bei sprödestem Stoffe, eine
in sich interessante Meisterleistung machen, — wenngleich ich glaube, daß
es auch ihm schwer fallen würde, auf der kleinen Fläche von 10' Breite
zu 12' Höhe die Reiterschlacht bei Fehrbellin (lebensgroße Figuren vor
ausgesetzt) darzustellen —; von einer imposanten Gesammtwirkung, oder
gar von einem festlichen Eindruck würde bei diesem bunten Durcheinander
von historischen Motiven und Allegorien aber keine Rede sein können,
und der Charakter des colorirten Geschichtsbilderbuches dürfte schwerlich
zu vermeiden sein.
Außerdem könnten sämmtliche vorgeschlagene Gegenstände mit der
alleinigen Ausnahme etwa des „Siegeseinzugs Friedrichs des
Großen in Berlin, 1745" in jedes Rathhaus jeder beliebigen Stadt
der Mark als passender Schmuck verwandt werden.
Alle Vorschläge, so weit sie sonst auseinander gehen, haben
als charakteristisches Merkmal nur das Eine gemeinsam, daß sie für
das II Treppenhaus, „in welches der Schwerpunkt aller, nicht nur der
historischen Darstellungen fallen muß", auch nicht einen Quadrat
zoll Raum für die neueste Preußisch-Deutsche Geschichte seit der Regie
rung Wilhelms I. beanspruchen!
Darin gehen meine Anschauungen allerdings weit mit denen der er-
wähnten Herren auseinander, aber ich bin überzeugt, daß auch sie ihre
Vorschläge von 1865 heute für antiquirt ansehen, und sich nur an die
in denselben aufgestellten Grundgedanken halten werden, welche ich, wie
oben gesagt, vollständig theile
Das aufmerksame Studium dieser früheren Vorschläge und aller bis
herigen Verhandlungen in der Angelegenheit hat mich zu keiner anderen
Anschauung bezüglich der von mir gemachten Vorschläge gebracht. Ich
halte daran fest, daß
1. der Einzug und festliche Empfang des ersten Deutschen
Kaisers aus dem Hause Hohenzollern durch die jetzige Reichs
Hauptstadt, ein historisches und zugleich künstlerisches Motiv
ist, dem sich keines der in den früheren Vorschlägen angeführten
an die Seile stellen kann;
2. daß kein anderes Motiv geeigneter für eine festliche, einheit
liche Decoration des II. Treppenhauses sein kann; und
3. daß jede Zersplitterung und künstliche Theilung der Wandflächen
zur Aufnahme in sich verschiedenartiger Darstellungen schädlich
und verwerflich ist, weil man damit den mächtigen Eindruck
einer Action, welche sich über alle vier Wände des Raumes er
streckt, nie erreichen und damit das aufgestellte Programm nicht
erfüllen kann, nach welchem der Schwerpunkt aller künstlerischen
Darstellung in diesem II. Treppenhaus liegen soll.
Dies wäre, was ich Ihnen, hochgeehrter Herr vr. Hermes, betreffs
der zur Kenntniß genommenen Actenstücke mitzutheilen wünschte. Die
an meinen Skizzen vorgenommenen Aenderungen werden Ihnen und deni
verehrlichen Ausschuffe zeigen, daß ein stärkeres Hervortreten des bürger
lichen Elements, wie es gewünscht wurde, mit Leichtigkeit zu erzielen ist,
um so mehr, da es durchaus nicht in meinen Intentionen liegt, für das
Rathhaus ein militairisches Bild zu malen, wie es etwa ins Zeug
oder Kadettenhaus gehört.
Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich
Ihr
ergebenster
A. v Werner.
An
den Vorsitzenden des Ausschusses für die Aus
schmückung des II. Treppenhauses des Rath
hauses, Herrn vr. Hermes.
hier.
731. Vorlage (J.-Nr. 6099. A. V.) — zur Aeußerung —,
betreffend die Aufnahme von 8 Personen in daS
NikolauS-Bürgerhofpital.
Das Curatorium des Nikolaus-Bürgerhospitals hat bei uns die
Wicderbesetznng von 8 erledigten Stellen durch die nachstehend bezeichneten
Bewerber, deren Acten wir beifügen, beantragt:
1. Sattler Johann Wilhelm Gentz, geboren am I. Juli 1807
zu Naugardt in Pommern, Gartenstr. 51 wohnhaft und seit
dem Jahre 1830 hiesiger Einwohner,
2. Posamentier Christian Andreas Schmidt, geboren am 27. Fe
bruar 1810 zu Annaburg, Hollmannstr. 8 wohnhaft und seit
dem Jahre 1847 hiesiger Bürger,
3. Schneidermeister Richard Ferdinand Eberhard Ebel, geboren
am 25. November 1816 zu Oberwesel a./R., Kurstr. 25 wohn
haft und seit dem Jahre 1844 hiesiger Bürger,
4. Friseur Johann Ludwig Adolf Zechel, Scharrenstr. 1 wohn
haft. am 2. Juli 1819 hierselbst geboren und seit dem Jahre
1845 hiesiger Bürger,
5. Schneidermeister Johann Carl Eduard Walter, am 4. Fe
bruar 1811 Hierselbst geboren, Friedrichstr. 9 wohnhaft und seit
dem Jahre 1831 hiesiger Bürger,
6. Schneidermeister Ernst Wilhelm Schüler, geboren am 1. August
1796 zu Frankfurt a./O., Neue Grünstr. 33 wohnhaft und seit
dem Jahre 1826 hiesiger Bürger,