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Volume No. 86 (730-734), 31. Dezember 1880

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1881 (Public Domain)

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nicht für nothwendig, ja nicht für wünschenswerth halte, schon jetzt mit 
der Ausschmückung des ganzen Rathhauses vorzugehen. Man könne dies 
ruhig späteren Zeiten überlasten und dies um so mehr, als der mit der 
Zeit entstehende neue Stoff zu neuen Bildwerken Motive bieten 
werde rc. 
Es sind genau diese Gesichtspunkte gewesen, welche mich veran 
laßten (selbstverständlich war mir nichts davon bekannt, daß dieselben in 
obiger Form in dieser Angelegenheit schon aufgestellt) zur Ausschmückung 
des II. Treppenhauses als Motiv den „Siegeseinzug von 1871" 
vorzuschlagen. Der Gegenstand ist künstlerisch darstellbar, verständlich, 
dem lebendigen Bewußtsein des Beschauers nicht fremd, er hat die Ein 
heit der malerischen Idee für sich und läßt sich in großem Styl dar- 
stellen, und er gehört nicht der Geschichte des Jahres 1866, sondern der 
Zeit an, welche Herr vr. Pflug 1868 als „spätere Zeit" 
bezeichnete. 
Das Protokoll vom 2. Februar 1869 sagt bezüglich des II. Treppen 
hauses selbst: „. . . daß nach dieser Räumlichkeit hin der Schwerpunkt 
nicht nur der historischen, sondern aller Darstellungen fallen 
muß u. s. w. u. s. w." 
Dieser richtigen und wohlbegründeten Forderung und den oben an 
geführten allgemeinen Gesichtspunkten gegenüber nehmen sich die Gutachten 
und Vorschläge der Herren vr. Schnaase, Droysen, Eggers rc. rc. 
mitunter seltsam aus. 
Baurath Wäsemann hatte in seinem ersten Plan die drei Wände in 
kleinere Felder getheilt, mit gemaltem Sockel und Friesen (eine Idee, 
welche wohl vom Treppenhaus des neuen Museums entnommen und von 
ihm später aufgegeben war) und die „Befreiungskriege" als einheit 
lichen Gegenstand der Darstellung vorgeschlagen. 
vr. Schnaase schlägt statt dessen die Geschichte Friedrichs des 
Großen (Einheit der Idee) vor. Es ist charakteristisch, was sich der 
berühmte Kunstgelehrte unter decorativer oder monumentaler Malerei 
gedacht hat, als er — als Schmuck für eine andere Stelle — vorschlug 
(pag 19) .. Andeutungen des stillen Aufschwungs, welcher seit 1806 der 
Befreiung des Jahres 1813 vorarbeitete Die Behandlung dieses 
delicaten Gegenstandes müßte aber eine ächt künstlerische, mehr 
andeutende, als auf die Details der traurigen Wirklichkeit eingehende 
sein". Ich gestehe, daß mich als Künstler eine solche Aufgabe in größte 
Verlegenheit setzen würde! 
vr. Fr. Eggers hält — trotz der zur Bemalung einladenden 
Wandflächen — für das Treppenhaus nur plastischen Schmuck für würdig 
und schlägt Reliefs an den Treppenwangen vor! 
Professor Droysen spricht sich sehr allgemein aus, betont aber den 
Großen Kurfürsten bei Fehrbellin! 
G. Freitag schlägt vor: 1. Die Gründung der Stadt durch 
deutsche Colonisten. 2. Marktleben des 16. Jahrhunderts. 3. Auszug 
der Berliner Freiwilligen. 
Was würde man sagen, wenn ich das Marktleben auf dem Haakschen 
Markt, Dönhofsplatz oder an der Börse von heut zu Tage in Vor 
schlag brächte? Und das Marktleben des 16. Jahrhunderts ist sicherlich 
nicht viel anders oder interessanter vom malerischen Gesichtspunkt aus 
und auch kaum bedeutungsvoller gewesen als das heutige. Ueber die 
Gründung der Stadt glaube ich, daß wir wenig Bemerkens- und Malens 
werthes davon wissen . . . „lassen wir die Todten ihre Todten begraben". 
Der Verein für die Geschichte Berlins schlägt eine einheitliche 
Darstellung symbolisch-allegorischen Charakters vor: In der Mitte „die 
Segnungen des bürgerlichen Friedens", rechts „die Ruhmeshalle Berlins 
des 18. Jahrhunderts", links „dieselbe des 19. Jahrhunderts". Letztere 
beiden Bilder würden Darstellungen in der Weise von etwa Kaulbachs 
„Reformation", den vielen bekannten Ruhmeshallen von Lindenschmidt 
und dem neuesten großen Rathhausbilde Pilotys in München 
„Monachia", sein, ohne einheitlichen Vorgang und inneres Leben, frostige 
Decorationsstücke. Aus dem Mittelbild ließe sich wenigstens eine farbig 
und compositionell intereffante Allegorie machen, welcher ich nur als 
Gegenüber oder zur Ergänzung, logischer Weise, — statt der erwähnten 
Ruhmeshallen — noch „die Schrecken des Krieges" und „den 
Fluch der bösen That", oder etwas Aehnliches wünschte —, womit 
dann alle drei schwerlich gerade besonders für das Berliner Rathhaus ge 
eignet befunden werden möchten! 
Professor Menzel endlich hält sich an Wäsemanns Wandein- 
theilung und bringt außer allegorischen Zwischengestalten und der Re 
formation vorwiegend militairische Gegenstände in Vorschlag, beson 
ders „den Triumpheinzug König Friedrichs, 1745", „der große Kur 
fürst „hoch zu Roß" bei Fehrbellin", und „ein Siegesschlachtfeld, sei 
es Leipzig oder Waterloo" ...... 
Menzels gewaltige künstlerische Kraft würde sicherlich aus jedem 
einzelnen dieser 13 projectirten Bilder, selbst bei sprödestem Stoffe, eine 
in sich interessante Meisterleistung machen, — wenngleich ich glaube, daß 
es auch ihm schwer fallen würde, auf der kleinen Fläche von 10' Breite 
zu 12' Höhe die Reiterschlacht bei Fehrbellin (lebensgroße Figuren vor 
ausgesetzt) darzustellen —; von einer imposanten Gesammtwirkung, oder 
gar von einem festlichen Eindruck würde bei diesem bunten Durcheinander 
von historischen Motiven und Allegorien aber keine Rede sein können, 
und der Charakter des colorirten Geschichtsbilderbuches dürfte schwerlich 
zu vermeiden sein. 
Außerdem könnten sämmtliche vorgeschlagene Gegenstände mit der 
alleinigen Ausnahme etwa des „Siegeseinzugs Friedrichs des 
Großen in Berlin, 1745" in jedes Rathhaus jeder beliebigen Stadt 
der Mark als passender Schmuck verwandt werden. 
Alle Vorschläge, so weit sie sonst auseinander gehen, haben 
als charakteristisches Merkmal nur das Eine gemeinsam, daß sie für 
das II Treppenhaus, „in welches der Schwerpunkt aller, nicht nur der 
historischen Darstellungen fallen muß", auch nicht einen Quadrat 
zoll Raum für die neueste Preußisch-Deutsche Geschichte seit der Regie 
rung Wilhelms I. beanspruchen! 
Darin gehen meine Anschauungen allerdings weit mit denen der er- 
wähnten Herren auseinander, aber ich bin überzeugt, daß auch sie ihre 
Vorschläge von 1865 heute für antiquirt ansehen, und sich nur an die 
in denselben aufgestellten Grundgedanken halten werden, welche ich, wie 
oben gesagt, vollständig theile 
Das aufmerksame Studium dieser früheren Vorschläge und aller bis 
herigen Verhandlungen in der Angelegenheit hat mich zu keiner anderen 
Anschauung bezüglich der von mir gemachten Vorschläge gebracht. Ich 
halte daran fest, daß 
1. der Einzug und festliche Empfang des ersten Deutschen 
Kaisers aus dem Hause Hohenzollern durch die jetzige Reichs 
Hauptstadt, ein historisches und zugleich künstlerisches Motiv 
ist, dem sich keines der in den früheren Vorschlägen angeführten 
an die Seile stellen kann; 
2. daß kein anderes Motiv geeigneter für eine festliche, einheit 
liche Decoration des II. Treppenhauses sein kann; und 
3. daß jede Zersplitterung und künstliche Theilung der Wandflächen 
zur Aufnahme in sich verschiedenartiger Darstellungen schädlich 
und verwerflich ist, weil man damit den mächtigen Eindruck 
einer Action, welche sich über alle vier Wände des Raumes er 
streckt, nie erreichen und damit das aufgestellte Programm nicht 
erfüllen kann, nach welchem der Schwerpunkt aller künstlerischen 
Darstellung in diesem II. Treppenhaus liegen soll. 
Dies wäre, was ich Ihnen, hochgeehrter Herr vr. Hermes, betreffs 
der zur Kenntniß genommenen Actenstücke mitzutheilen wünschte. Die 
an meinen Skizzen vorgenommenen Aenderungen werden Ihnen und deni 
verehrlichen Ausschuffe zeigen, daß ein stärkeres Hervortreten des bürger 
lichen Elements, wie es gewünscht wurde, mit Leichtigkeit zu erzielen ist, 
um so mehr, da es durchaus nicht in meinen Intentionen liegt, für das 
Rathhaus ein militairisches Bild zu malen, wie es etwa ins Zeug 
oder Kadettenhaus gehört. 
Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich 
Ihr 
ergebenster 
A. v Werner. 
An 
den Vorsitzenden des Ausschusses für die Aus 
schmückung des II. Treppenhauses des Rath 
hauses, Herrn vr. Hermes. 
hier. 
731. Vorlage (J.-Nr. 6099. A. V.) — zur Aeußerung —, 
betreffend die Aufnahme von 8 Personen in daS 
NikolauS-Bürgerhofpital. 
Das Curatorium des Nikolaus-Bürgerhospitals hat bei uns die 
Wicderbesetznng von 8 erledigten Stellen durch die nachstehend bezeichneten 
Bewerber, deren Acten wir beifügen, beantragt: 
1. Sattler Johann Wilhelm Gentz, geboren am I. Juli 1807 
zu Naugardt in Pommern, Gartenstr. 51 wohnhaft und seit 
dem Jahre 1830 hiesiger Einwohner, 
2. Posamentier Christian Andreas Schmidt, geboren am 27. Fe 
bruar 1810 zu Annaburg, Hollmannstr. 8 wohnhaft und seit 
dem Jahre 1847 hiesiger Bürger, 
3. Schneidermeister Richard Ferdinand Eberhard Ebel, geboren 
am 25. November 1816 zu Oberwesel a./R., Kurstr. 25 wohn 
haft und seit dem Jahre 1844 hiesiger Bürger, 
4. Friseur Johann Ludwig Adolf Zechel, Scharrenstr. 1 wohn 
haft. am 2. Juli 1819 hierselbst geboren und seit dem Jahre 
1845 hiesiger Bürger, 
5. Schneidermeister Johann Carl Eduard Walter, am 4. Fe 
bruar 1811 Hierselbst geboren, Friedrichstr. 9 wohnhaft und seit 
dem Jahre 1831 hiesiger Bürger, 
6. Schneidermeister Ernst Wilhelm Schüler, geboren am 1. August 
1796 zu Frankfurt a./O., Neue Grünstr. 33 wohnhaft und seit 
dem Jahre 1826 hiesiger Bürger,
	        
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