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Volume No. 82 (681-692), 3. Dezember 1881

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1881 (Public Domain)

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«84. Vorlage (J.-Nr. ,965. K. A.) - zur Beschluß- 
faffung —, betreffend die Bewilligung eiueS Bei 
trages zu den Kosten des Baues der Neuen 
Kirche. 
Der Stadtverordneten-Versammlung überreichen wir in der Anlage 
Abschrift eines Gesuches des Gemeinde-Kirchcnrathes der Neuen Kirche vom 
3t. October cr. um Bewilligung eines Palronatsbeitrages von 40 000,.# 
zu den Kosten des Umbaues ihres Kirchengebäudes. Bereits in einem 
früheren Schreiben vom 15. März 187l>, worin unsere Genehmigung 
zur Ausführung des Baues nach dem angelegten Plan nachgesucht wurde, 
hatte der Gemeinde.Kirchcnrath unter Hinweis auf seine unzureichenden 
Mittel gebeten, ihm einen recht reichlich bemessenen Patronats beitrag zu 
gewähren. Er hatte ausgeführt, daß ein bloßer, auf das Nothwendigste, 
die Herstellung des Daches und die innere Erneuerung der höchst bau 
fällig gewordenen Kirche, beschränkter Reparaturbau einen Kostenaufwand 
von etwa 50 000 jft. nöthig machen würde, ohne doch den Eindruck eines 
würdigen kirchlichen Gebäudes zu erreichen, und daß wieder, wenn der 
Neubau im Stile und als Längenfortsetzung des deutschen Domes fest 
gestellt werden solle, die dazu erforderliche Summe von 450 000 jft. nur 
etwa zum dritten Theile aus den eigenen Mitteln der Kirche aufzubringen 
sei, während der von dem Baumeister v. d. Hude entworfene, vom Ge 
heimrath Hitzig geprüfte und empfohlene Umbau im Kostenanschläge mit 
206 500 hi. abschließe. Erst nach längeren commissarischen Verhand 
lungen, an denen auch Vertreter des Consistoriums und des Cultus wie 
des Ministeriums für öffentliche Arbeiten theilgenommen, haben wir unter 
besonderer Berücksichtigung des Kostenpunktes von dem durch unseren tech 
nischen Rath vorgeschlagenen vollständigen Neubau Abstand genommen 
und am t8. Juni v. I. unsere Zustimmung zu dem v. d. Hude'schen 
Bauproject gegeben. Nachdem hierzu auch auf Befürwortung des Evan 
gelischen Oberkirchenrathes die Allerhöchste Genehmigung ertheilt worden, 
hat in diesem Jahre der Umbau begonnen und soll zum nächsten Jahre 
vollendet sein. 
In der Eingangs gedachten Vorstellung vom 31. October cr. speci- 
ficirt jetzt der Gemeinde-Kirchenrath die Gesammtkosten, einschließlich der 
früher noch nicht veranschlagten Kosten für Kanzel, Altar, Orgel, innere 
Einrichtung und Architektenhonorar auf 249 000 Ji. und weist nach, daß 
sein gesammter disponibler Kapitalbestand 214 750 betrage, so daß, 
wenn die Stadt einen Patronatsbeilrag von 40 000 jfi. bewillige, der 
Kirche nur noch ein verschwindender Bruchtheil ihres Kapitalvermögens 
verbleibe. 
Unter diesen Umständen wird sich die Stadtgemeinde der Gewährung 
eines Geschenkes in der angegebenen Höhe nicht entziehen können, und 
dies um so weniger, als an Stelle der alten, geschmacklosen Kirche ein 
dem schönsten Platze Berlins entsprechenderer und würdigerer Bau 
treten wird. 
Der Jerusalemskirche haben wir in neuester Zeit gleichfalls 40 000 iAC. 
zum Umbau gewährt, ebenso der Nicolaikirche 30 000 JÜ., der Zwölf 
apostelkirche 30 000 <M„ und so früher noch ähnliche Beträge. Die jetzt 
der Neuen Kirche zu bewilligenden 40 000 Ji. können aus dem Fonds 
der 300 000 Jfi. im Specialetat Nr. 50 pro 1. April 1881/82 zu un 
vorhergesehenen Ausgaben, bei dem bis zum 8. d. M. erst über 85 714 
verfügt ist, entnommen werden. 
Unser ergebener Antrag geht dahin, zu beschließen: 
Die Stadtverordneten-Versammlung bewilligt dem Gemeinde- 
Kirchenralh der Neuen Kirche zur Deckung der durch den Um 
bau des Kirchengebäudes entstehenden Kosten einen Beitrag von 
40 000 c/#, welche aus dem Fonds für unvorhergesehene Aus 
gaben zu entnehmen sind. 
Berlin, den 26. November 1881. 
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt, 
gez. von Forckenbeck. 
Zu Nr. «84. 
Der verehrliche Magistrat als Patron unserer Kirche hat durch sein 
Schreiben vom 18. Juni 1880, früher geltend gemachte und in com 
missarischen Verhandlungen erörterte Bedenken aufgebend, die Genehmi 
gung dazu ertheilt, daß die Neue Kirche nach dem Project des Herrn Re 
gierungsbaumeister ö v. d. Hude neu gebaut werde. Auf Grund einer 
Allerhöchsten Entschließung vom 30. März d.' I. haben daun auch der 
Evangelische Ober-Kirchenrath und das Königliche Cousistvrium der Provinz 
Brandenburg durch die Verfügungen vom 27. und 30. April cr. die 
Reconstruction unseres Kirchengebäudes nach dem v. d. Hude'schen Bau 
plan gutgeheißen. 
Der Bau befindet sich in vollem Gange, nachdem die entbehrlich 
werdenden und nicht mehr verwendbaren Theile des bisherigen Gebäudes 
abgetragen worden sind. Die Gemeinde wendet sich nunmehr durch den 
unterzeichneten Kirchenrath an den verehrlichen Btagistrat der Stadt, ihren 
Patron, mit der Bitte, ihr aus verfügbaren Mitteln einen angemessenen 
Beitrag zu den Baukosten bewilligen und diese Bewilligung bei der Stadt- 
verordncten-Vcrsammlung befürworten zu wollen. Das Project des Um 
baues ist dem Magistrat aus den Verhandlungen genau bekannt. Zur 
Veranschaulichung deS Bildes, welches nach Vollendung dcS BaueS das 
Aeußcre und Innere der Kirche darbieten werden, gestatten wir uns, 
einige photographische Darstellungen beizufügen. Es wird danach keinem 
Zweifel unterzogen werden können, daß daS Gebäude eine würdige, auch 
dem ästhetischen Bedürfnisse seiner künftigen Besucher genügende Stätte 
des Gottesdienstes werden und daß es dem GcnSdarmenmarkt, dessen 
Gesammteindrücke bisher durch die ungewöhnliche Form und Geschmack 
losigkeit der alten Kirche traurig entstellt wurde, zu einer wirklichen Zierde 
gereichen wird. 
Der Bau entspricht somit neben den besonderen Zwecken unserer Ge 
meinde auch einem öffentlichen Interesse der Stadt. Die Kosten des Baues 
werden rund 250 000 betragen. Nach dem mit dem Bauunternehmer 
Herrn Karchow bereits abgeschlossenen, in der Ausführung begriffenen 
Vertrage werden nämlich für den eigentlichen Bau, d. h. alle diejenigen 
Materiallieferungen und Arbeitsleistungen, von welchen nicht weiter unten 
besonders die Rede ist, zu zahlen sein 205 700 t /fC 
Außerdem werden erforderlich: 
1. für Kanzel und Altar zusammen 8 000 c/fC 
für sonstige Gegenstände der inneren Einrich 
tung und Ausrüstung in decorativer Beziehung 5 300 - 
das dem bauleitenden und für den Bau verantwort 
lichen Architecten vertragsmäßig zu gewährende 
auf 4.« pCt. der Bausumme bemessene Honorar 
mit 10 000 » 
die Koste» zur Beschaffung einer neuen Orgel 
zum Ersatz des alten, nicht mehr verwerthbaren 
Werkes mit 20 000 
2. 
3. 
4. 
zusammen 249 000 
oder abgerundet wie oben 250 000 <JC. Diesem Geldbedarf stehen folgende 
verfügbare Kapitalien gegenüber: 
Zu einem besonderen Kirchenbanfonds hat die Gemeinde bis jetzt 
einen in Effecten angelegten Kapitalbestand von 
angesammelt. 
Zu demselben tritt das sonstige Kapitalvermögen der 
Kirchengemeinde, welches besteht- 
a) in ausstehenden Hypothekenforderungen zur 
Höhe von 
b) in Effecten zum Werthe von 
77 400 JC 
61200 
76 150 
der gesammte disponible Bestand an Baukapital beziffert 
sich danach auf 214 750 ,/fC. 
und es ergiebt sich hieraus, daß die Kirchengemeinde selbst für den Fall 
der erhofften Bewilligung eines Patronatsbeitrages von etwa 40000 *4C. 
genöthigt ist, ihr gesammtes Kapitalvermögen, vielleicht mit Ausnahme 
eines verschwindenden Bruchtheils, für den Neubau herzugeben. 
Wir versuchen es nicht, auf irgend einen Rechtsanspruch gegenüber 
der Stadtgemeinde zu fußen, so bestritten das hier einschlagende Kirchen- 
baurccht der Mark in jedem Punkte bekanntlich ist. 
Wir wenden uns an die Vertretung der Stadt vielmehr lediglich in 
der Gewißheit, daß sie an der würdigen Wiederherstellung eines schon 
aus Gründen der Sicherheit nicht mehr haltbaren Kirchengebäudes und 
an einer, dem geläuterten Geschmack der Zeit besser entsprechenden Ge- 
staltung eines ihrer Hauptplätze ein lebhaftes Interesse nimmt. Wir 
sind ferner überzeugt, daß der Magistrat in der Stellung des Patrons 
und als solcher nach der Definition der Gesetze zur Sorge und für die 
Erhaltung und Vertheidigung unserer Kirche berufen, mit uns der Ansicht 
ist: die Kirchengemeinde bringe für die Erneuerung ihrer Gotteshäuser ein 
ausreichendes Opfer, wenn sie ihr ganzes Kapitalvermögen für diesen 
Zweck widmet. Ihr Vermögen wird sich dann zunächst auf das Grund 
stück Kroncnstr. 70 und die Kirchhofsantheile beschränken, deren Revenuen 
zu ihrem erheblichsten Theile durch den jährlichen Ausgabeetat absorbirt 
werden. __ 
Wir dürfen endlich darauf Bezug nehmen, daß die Stadtbehördcn 
bei dem Bau der Dorotheenstädtischen, der Zwölf-Apostel-, der Nicolai- 
uud der Jerusalemskirche ihren Antheil au der Erneuerung und Erhaltung 
der gottesdienstlichen Gebäude der Stadt durch namhafte Zuwendungen 
unter voller Zustimmung der Bürgerschaft bekundet haben. 
Wir sprechen darum, in der Zuversicht der Gewährung, die gehor 
samste Bitte aus: 
der Magistrat wolle der Gemeinde der Neuen Kirche als einen 
Patronatsbcitrag zu den Kosten des Umbaues ihres Kirchen 
gebäudes aus den Mitteln der Stadtgemeinde die Summe von 
Vierzig Tausend Mark bewilligen. 
Berlin, den 31. October 1881. 
Der Gemeinde-Kirchenrath der Neuen Kirche, 
gez. l>. Lisco. 
Prediger.
	        
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