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Volume No. 80 (665-673), 26. November 1881

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1881 (Public Domain)

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9. Schulordnung. 
Eine gedruckte Schulordnung wird den Zöglingen mitgetheilt. Ucber- 
tretungen derselben können die Verweisung nach sich ziehen. Dieselbe 
wird vom Director verfügt, nachdem die Zustimmung des Lchrercollegiums 
eingeholt ist. Der Verwiesene hat leinen Anspruch aus Erstattung des 
Schulgeldes. 
10. Zeugniffe. 
Ueber jeden Zögling wird am Schluß des Semesters ein Zeugniß 
aufgestellt. Die Ausfertigung des Zeugnisses erhalten die Zöglinge, 
welche ein solches wünschen. 
6. Die Auftakte«, welche der Schul-Deputation unterstellt find. 
u. Die städtischen Fortbildungsschulen. 
1. Zweck. 
Die städtischen Fortbildungsschulen sind eine Fortsetzung der Gemeinde- 
schulen. Sie sind dazu bestimmt: 
1. die Schulbildung der Jünglinge, welche aus der Volksschule in 
einen practischen Beruf eingetreten sind, zu sichern und durch 
solche Unterweisungen und Uebungen zu ergänzen, welche sowohl 
ihre berufsmäßige als ihre sittliche Tüchtigkeit fördern; 
2. solche Personen in den Elementen zu unterrichten, welche die 
Mängel der Schulbildung ergänzen wollen. 
* 2. Vertheilung der Fortbildungsschulen über die Stadt. 
Die Fortbildungsschulen werden dem Bedürfniß entsprechend er 
richtet, verlegt oder aufgelöst. Ueber das Weichbild der Stadt werden 
sie so vertheilt, daß einerseits alle Einwohner der Stadt eine derselben 
auf mäßig weitem Wege erreichen können, und andererseits in den ein 
zelnen Schulen sich soviel Zöglinge vereinigen, daß ihre Gruppirung nach 
Vorkenntnissen und Lebensalter möglich wird. 
3. Unterrichtsfächer. 
. Jede Fortbildungsschule unterrichtet im Deutschen, Rechnen und 
Zeichnen. 
Wo die Schüler sich dazu finde», soll auch in der Buchführung und 
demnächst in der Geometrie und Physik, sowie im Modelliren unterrichtet 
werden. . 
Andere Fächer, wie Geographie, Geschichte und Gesang, können in 
den Unkerrichtsplan erst ausgenommen werden, wenn für die vorher ge 
nannten Fächer schon Curse bestehen. 
Ausnahmsweise kann auch im Französischen unterrichtet werden. 
4. Unterrichtszeit und Local. 
Der Unterricht wird am Montag und Donnerstag von 7 bis 9 Uhr 
Abends, am Sonntag 8 bis 12 Uhr Vormittags ertheilt. 
In jedem Halbjahr wird während zwanzig Wochen unterrichtet; die 
Ferien fallen in die Ferien der Gemeindeschulen. 
An kirchlichen Festtagen einschließlich des Palmsonntages darf nicht 
unterrichtet werden. 
Als Local wird ein passend gelegenes Gemeindeschulhaus gewählt. 
5. Curatorium. 
Für jede Fortbildungsschule wird ein Curatorium gebildet. Das 
selbe besteht aus dem Hauscurator, dem Rector und drei bis sieben an- 
deren Mitgliedern, die von der Schul-Deputation auf sechs Jahre ge 
wählt werden. 
Das Curatorium wählt den Vorsitzenden aus seiner Mitte. 
Das Curatorium soll den Besuch der Schule in geeigneter Weise fördern 
und controliren, von dem Unterricht Kenntniß nehmen, und durch Be 
rathung mit dem Rector, sowie erforderlichenfalls durch Anträge an die 
Schnl-Deputation dahin wirken, daß der Unterricht den Bedürfnissen der 
Zöglinge möglichst entspreche. 
Vor dem 1. October jeden Jahres reicht das Curatorium Vorschläge 
für den im nächsten Etatsjahr zu befolgenden Plan der Schule bei der 
Schul-Deputation ein. 
6. Rector. 
Die unmittelbare Leitung der Schule wird einem Gemeindeschulrector 
kündbar übertragen. 
Die Kündigung erfolgt nur zum 1. April oder 1. October und 
spätestens vier Wochen vor diesen Terminen. 
Der Rector nimmt die Schüler auf, führt die Schülerlisten und 
Frequenztabellen, und den Schriftwechsel mit der Schul-Deputation. 
Er sorgt für die Ordnung der Schule die angemessene Ertheilung 
des Unterrichts und giebt den Lehrern die erforderlichen Anweisungen. 
7. Aufsicht. 
Die Aufsicht über die Schulen sühn die Schul-Deputation durch ihre 
Organe, insbesondere der Schulinspector des Kreises, in welchem die 
Schule liegt. 
8. Aufnahme. 
Der Unterricht an den Fortbildungsschulen ist unentgeltlich. Zur 
Theilnahme an demselben werden nur solche männliche Personen zugelassen, 
welche in Berlin wohnen oder daselbst im Lehrlings- resp. Arbeitsverhältniß 
stehen, nicht mehr schulpflichtig sind und keine eigentliche Schule besuchen. 
Die Zöglinge können die Lehrgegenständc, an welchen sic theilnehmen 
wollen, wählen; wenn für einen Lchrgegenstand aufsteigende Klassen be 
stehen, bestimmt der Rector die Klasse nach der Vorbildung. 
Personen, welche sich zur Theilnahme melden, aber das Ziel der 
Fortbildungsschule bereits erreicht haben, sind von dem Rector auf ge 
eignete andere Anstalten hinzuweisen. 
Die Aufnahme kann zu jeder Zeit erfolgen, so lange noch Plätze in 
den Klassen frei sind. 
Sind die Klaffen gefüllt, so sind die Ausnahmesuchenden an solche 
Fortbildungsschulen zu verweisen, welche noch freie Plätze haben. 
9. Lehrer. 
Die Lehrer werden für die einzelnen Curse von der Schul-Deputation 
auf ein Semester und vorbehaltlich der Entlassung bei der Eingehung des 
CurseS (vergl. Nr. 11) angenommen. 
.Sie sind verpflichtet, den Unterricht nach den Weisungen des Rectors 
zu ertheilen, die erforderlichen Correcturen auszuführen und an den 
monatlich vom Rector abzuhaltenden Conferenzen theilzunehmen. 
Die Lehrer werden'für die wirklich ertheilten Stunden honorirt; 
wenn ein Lehrer zu unterrichten verhindert ist, fällt das Honorar seinem 
Vertreter zu. 
10. Etat. 
Die Lehrer erhalten in der Regel für jede Stunde 2 <Ai„ doch kann 
für jede Stunde Physik, Buchführung, Körperzeichnen, Modelliren ein 
Honorar von 3 cM. bewilligt werden. 
'Der Rector erhält für die Leitung im Minimum jährlich 400 jtC., 
im Maximum jährlich 1 200 jfl.; zwischen diesen Grenzen wird die Re« 
numeration so berechnet, daß halbjährlich so oft 8 c/fC. gezahlt worden, 
als wöchentlich nach dem Lectionsplan Stunden ertheilt werden. 
Der Schuldiener erhält im Minimum jährlich 150 t/fi., im Maximum 
400 <Mr, zwischen diesen Grenzen wird die Remuneration so berechnet, 
daß halbjährlich für die Wochenstunde 3 JL gezahlt weiden. 
Die Fortbildungsschulen benutzen das Inventar und die Lehrmittel 
der Gemeindeschulen, in deren Häusern sie gehalten werden; sie legen aber 
auch für solche Utensilien und Lehrmittel, welche ausschließlich ihren 
Zwecken dienen — Zeichentische, Vorlagen, Modelle u. dgl. —, ein be 
sonderes Inventar an. ' Hierfür wird jährlich ein angemessener Betrag 
bis zu dem Maximum von 200 <At. bewilligt. 
Für Drucksachen, Formulare, Klaffenbedärfniffe wird ein entsprechen 
der Betrag bis zu 120 <AC bewilligt. 
Die Etats der Fortbildungsschulen werden in den Erläuterungen 
zum Stadthaushaltsetat mitgetheilt. Die für sämmtliche Fortbildungs 
schulen erforderliche Summe wird als Pauschquantum bewilligt. 
11. Ankündigung und Einziehung der Curse. 
Vor Beginn des Halbjahres wird bekannt gemacht, welche Curse 
für jede Fortbildungsschule eröffnet werden sollen. 
Die angekündigten Curse werden vier Wochen lang gehalten; nach 
Verlauf dieser Zeit bestimmt die Schul-Deputation auf Grund der vom 
Rector eingereichten Schülerlisten, welche Curse wegen zu geringer Schüler 
zahl wieder einzuziehen sind. 
Curse, welche weniger als 20 Theilnehmer haben, sollen nur dann 
fortgesetzt werden, wenn sie für die Entwicklung der Schule besonders 
wünschenswerth erscheinen. 
12. Lehrplan. 
Für die einzelnen Unterrichtsfächer werden Lehrpläne von der Schul- 
Deputation nach folgenden Gesichtspunkten entworfen. 
Der Unterricht im Deutschen umfaßt Lesen, Schreiben, Orthographie, 
Grammatik und Stilübungen. Er wird in zweimal 2 Stunden wöchent 
lich ertheilt, so daß an jedem Tage mündliche und schriftliche Uebungen 
vorgenommen werden. Mindestens drei aufsteigende Klaffen sind wün 
schenswerth; die erste für Zöglinge, welche Fertigkeit im Lesen und 
Schreiben und einige Sicherheit in der Orthographie erwerben sollen; 
die zweite für solche, welche sich im richtigen mündlichen und schriftlichen 
Ausdruck üben; die dritte für diejenigen, welche Gewandtheit in Geschäfts 
aufsätzen, Bekanntschaft mit den Gesetzen und mit zur Lectüre geeigneten 
Schriften gewinnen wollen. 
Der Rechenunterricht wird in zwei Stunden wöchentlich ertheilt, und 
entnimmt seine Beispiele vorzugsweise aus den gewerblichen Verhältnissen. 
Mindestens drei aufsteigende Klaffen sind wünschenswerth; die erste für 
die Einübung der vier Species und der Decimalbrüche, die zweite für 
die Uebung in den gemeinen Brüchen und den bürgerlichen Rechnungs 
arten; die dritte für die Berechnung der Flächen und Körper nach ge 
gebenen Formeln und für die Elemente der Algebra. 
Der Zeichenunterricht erstreckt sich auf die Anfänge des freien Zeich 
nens, das Zeichnen von Ornamenten, das Zeichnen nach Holzkörpern 
und Gipsen und das geometrische Zeichnen. 
Für diese drei Zweige sind besondere Curse einzurichten, die je nach 
der Schülerzahl noch weiter zu theilen sind. 
Die systematische Projectionslehre, das Maschinenzeichnen und aller 
specielle Fachzeichenunterricht gehen über das Ziel der Fortbildungsschulen 
hinaus. 
Der Zeichenunterricht wird von dem Director der Handwerkcrschule 
revidirt und die Methoden des Zeichenunterrichts werden so gewählt, daß 
die Zöglinge durch ihn für den Besuch der Handwerkerschule zweckmäßig 
vorbereitet werden. 
13. Schulordnungs-Zeugnisse. 
Eine Schulordnung wird für jede Schule entworfen und den Zög-
	        
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